Prolog

"Seid ihr bereit, um mit dem SternenClan Kontakt aufzunehmen? Der Mond geht schon auf." Ungeduldig schaute Schemenstern zu den anderen Anführern. Das Fell der dunkelgrauen, schwarz gemusterten Kätzin zuckte.

"Wir sind bereit." Dämmerstern begann, die zeremoniellen Worte zu sprechen, als eine Gestalt in den Eingang der heiligen Höhle trat.

Erschrocken fuhren die vier herum. Todesstern fing sich als erstes. Sei Fell sträubte sich, als er knurrte: "Wer bist du, dass du es wagst, diese Zeremonie zu stören?"

Erkennen flammte in Zwielichtsterns Augen auf.

"Eisherz?"

Der hellgraue, weißt gesteifte Kater betrat die Höhle. Sein rechtes Auge schimmerte blau im wenigen Licht der Höhle, während das linke, grüne, gefährlich glitzerte.

"Ja, ich bin es."

"Aber du bist tot! Der Fuchs..." Ungläubig betrachtete die Kätzin den unversehrten Krieger.

"Der Fuchs hat mich nicht gerissen."

"Aber wessen Fell haben wir dann gefunden?" wollte Dämmerstern wissen und deutete mit der Nase auf den grauweißen Fellfetzen, den sie gefunden hatten. Er war blutverkrustet gewesen, aber Harzgold hatte ihn gereinigt.

Ein höhnischer Ausdruck trat in Eisherz' Augen. Gleichgültig musterte er die Anführer und antwortete dann.

"Regenpfotes."

"Was?!" Schemenstern glaubte, sich verhört zu haben. Regenpfote war seit vielen Monden verschollen!

"Du hast schon richtig gehört." wandte er sich an Schemenstern. "Ich habe deine Tochter getötet." Die anwesenden Katzen schnappten entsetzt nach Luft. 

"Aber...wie..." Schemensterns Stimme brach.

"Ich habe es so aussehen lassen, als hätte der Fuchs mich gerissen, indem ich ihr Fell gewaschen und ihren Geruch überdeckt habe." erklärte Eisherz bereitwillig. "Es war einfach. Zu einfach. Aber ihr seid darauf hereingefallen."

"Du Scheusal! Du hast meine Tochter kaltherzig umgebracht!" schleuderte Schemenstern ihm wutenbrannt entgegen. Eisherz nickte.

"Richtig. Und ich werde noch viele mehr töten, wenn ihr nicht tut, was ich sage."

Todessterns Augen verengten sich zu Schlitzen. "Du willst uns drohen?"

"Ganz genau."

"Was willst du?"

"Eure Territorien. Überlasst mir eure Clans und die Territorien." forderte Eisherz. "Wenn der Blutmond am Himmel steht, kommt ihr zum Hügel der Trauerweide. Allein. Entscheidet euch. Verstanden?"

"Dann musst du aber auch allein kommen. Und keine Tricks!" erwiderte Todesstern.

Eisherz nickte. "Keine Tricks."

Ungläubig beobachteten die Anführer, wie er aus dem Bau stolzierte.

"Jetzt ist er verrückt geworden." murmelte Dämmerstern. Schemenstern nickte nur ermattet und starrte eine der Edelsteingespickten Wände an, während ihr langsam klar wurde, was passiert war.

Regenpfote war tot. Sie würde nicht zurückkommen.

⋆✯𝐈𝐜𝐡✯⋆

Unruhig sah Dämmerstern zu den anderen Anführern. Die vier standen auf dem Hügel der Trauerweide, die die Mitte der Territorien bildete. Sie war umhüllt von feinem Nebel. Der helle Dunst hing wie eine Glocke über ihnen, sodass alle Geräuche abgeschirmt wurden und sie sich gegenseitig kaum erkennen konnten.

Nichts als Stille drang durch die dicken Wolkenfetzen, dennoch spitzte Todesstern wachsam die Ohren und sah sich immer wieder aufmerksam um.

Zwielichtstern stand neben Schemenstern, die jüngste von ihnen. Apathisch starrte sie auf den Boden und schien nichts von ihrer Umwelt mitzubekommen, während Zwielichtstern leise auf sie einredete.

Dämmerstern trat unwohl von einer Pfote auf die andere. Die feuchte Kälte des Nebels kroch unter sein Fell und raubte ihm beinahe jegliche Sicht, sodass er näher zu den anderen rückte.

⋆✯𝐈𝐜𝐡✯⋆

Todesstern trat zu den beiden Kätzinnen und schnippte mit dem Schweif, als Zeichen, dass Dämmerstern zu ihnen kommen sollte. Als er zu ihnen stieß, vergewisserte Todesstern sich noch einmal, dass sie wussten, was zu tun war.

"Ihr wisst, was wir besprochen haben?" Erst, als alle nickten, sprach er weiter. "Er wird weder die Clans noch die Territorien bekommen. Macht euch auf alles gefasst."

Schemenstern sah ihm hellwach zu. In ihren himmelblauen Augen blitzte der Durst nach Rache, Gerissenheit und Zorn. Als sie ihre kleine Versammlung wieder auflösten, tippte Todesstern Zwielichtstern mit dem Schweif an. "Wir müssen aufpassen, dass sie", Er deutete auf Schemenstern, die schon wieder in ihrer eigenen Welt versunken war, "Nicht irgendwelchen Quatsch anfängt."

Schemenstern sah kurz zu ihnen herüber, obwohl er geflüstert hatte. 

⋆✯𝐈𝐜𝐡✯⋆

Todesstern zischte etwas und riss Dämmerstern aus seinen Gedanken.

 "Jemand kommt."

Gleich darauf teilte sich der Nebel und Eisherz betrat die feuchtkalte Wiese.

"Habt ihr euch entschieden?"

Todesstern, der älteste von ihnen, trat nach vorn. "Ja, haben wir."

Eisherz' Augen fixierten den Blick des schwarzen, großen Katers. "Wie?"

"Du wirst weder unsere Clans noch unsere Territorien bekommen. Deine Gedanken sind wahnsinnig, dein Verhalten verrückt. Was ist in dich gefahren? Einst warst du ein loyaler Krieger."

Eisherz stieß ein Knurren aus. "Ihr setzt das Leben euer Clangefährten aufs Spiel." betonte er dann möglichst gleichgültig, doch in seinem grünen Auge loderte purer Hass. "Ich habe meine Krieger in allen Lagern positioniert. Wenn ihr euch weigert, werden sie eure Königinnen und Junge auslöschen, bevor ihr auch nur irgendeinen Befehl geben könnt."

Todesstern bewahrte Ruhe, während Dämmerstern ein eisiger Schauer über den Rücken lief. Also meinte Eisherz es wirklich ernst! Damit war auch der letzte Funke Hoffnung, dass alles nicht so schlimm war, verschwunden.

"Du hast dein Versprechen gebrochen." widersprach Zwielicht vorwurfsvoll.

Eisherz' Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. "Also gebt ihr nicht nach?"

"Nein." antwortete Todesstern. Zwielichtstern nickte bestätigend und Dämmerstern beeilte sich, es ihnen gleichzutun. Todesstern hatte recht. Sie waren viel mehr, wenn sie sich zusammentaten. Niemals würden sie ihre Clans dem Untergang weihen! Auch Schemenstern verneinte, während sie aussah, als würde sie dem ehemaligen Krieger gern an die Kehle gehen.

Eisherz musterte sie noch einmal, dann stieß er ein lautes Jaulen aus. Zahlreiche Katzen antworteten, dann wurde der Nebel von unzähligen fremden Katzen zerfetzt, die sich auf die vier Anführer stürzten. Schreie ertönten aus den Lagern.

Mit peitschenden Schweifen und angelegten Ohren wichen Schemenstern und Zwielichtstern zurück. Todesstern wehrte die heranstürzenden Streuner ab. "Wir müssen zu unseren Lagern!" rief er den anderen zu.

Eisherz lachte höhnisch. "Es ist zu spät." frohlockte er. "Seht, da kommen eure Krieger...und überlassen die Schwachen den Meinen. Sollen sie doch kommen! Ihr werdet verlieren und untergehen, wenn ihr euch mir nicht anschließt."

⋆✯𝐈𝐜𝐡✯⋆

Der blutrote Vollmond erhellte den Untergang der Clans im Westen mit grausigen Schein. Überall heulten, jaulten und fauchten Katzen, schaurige Todesschreie verhallten in der nebeligen Luft. Alle kämpften. Blut befleckte das feuchte Gras und den nahen Fluss, dessen blutrote Schaumkronen tödlich im Mondlich glänzten.

Blitzschnell sprang Eisherz auf Dämmersterns Rücken und nagelte ihn an den Boden. Der braune Kater jaulte verschreckt, als er ihm einen Krallenhieb gegen den Kopf versetzte. Dann biss er ihm ins Ohr und riss die Spitze ab. Dämmerstern versuchte, sich auf den Rücken zu drehen und ihn wegzustoßen, aber Eisherz hatte ihn nicht umsonst ausgewählt.

"Ergib dich, und dein Clan ist gerettet. Und du darfst weiterleben." knurrte er höhnisch. Seine Augen funkelten gefährlich.

"Niemals!" fauchte Dämmerstern, dessen Blick von Blut verschleiert wurde, rollte sich herum und riss ihn zu Boden. Doch der hellgraue Kater bäumte sich auf und biss ihm in die Pfote. Schmerzerfüllt fauchend wich Dämmerstern zurück und begann zu humpeln. Binnen weniger Herzschläge überwältigte Eisherz ihn wieder.

"Ergib dich oder STIRB!" kreischte er. Dämmerstern legte die Ohren an und gab sich geschlagen. "Ich ergebe mich. Tu meinem Clan nichts an!" fauchte er und kam taumelnd wieder auf die Pfoten, als Eisherz ihn freigab. Seine verschiedenfarbigen Augen blitzten triumphierend.

"Du bist jetzt der zweite Anführer des EisClans." betonte er. "Und jetzt ruf deinen Clan zusammen und gib ihm Anweißung! Wir müssen den FichtenClan, den SeeClan und den NachtClan überwältige, koste es, was es wolle."

Dämmerstern sprang auf einen höhergelegenen Felsen. "HügelClan!" rief er. Die Kämpfenden hielten einen Moment lang inne, dann lösten sich ein paar der Krieger aus der Schlacht und versammelten sich um ihren Anführer. Mit Schrecken erkannte dieser Schüler unter ihnen. Offenbar waren alle gekommen, die kämpfen konnten - und es hatte bereits viele Verluste gegeben.

"Wir gehören jetzt zum EisClan. Unser Anführer ist Eisherz." erklärte er kurz, bevor er sich verschähmt abwandte. Erschrocken sahen ihn die anderen an. Auch Zwielichtstern, Schemenstern und Todesstern hielten im Kampf inne und sahen vorwurfsvoll herüber. "Du hast uns verraten!" fauchte Schemenstern.

"Müssen wir also jetzt gegen den FichtenClan, den SeeClan und den NachtClan kämpfen?" fragte einer der Krieger,  Waldschatten.

"Ja." Noch immer wich Dämmerstern den Blicken der anderen aus.

"Wem gilt unsere Treue? Unserem Anführer oder anderen Clans?" rief Korallendorn, der zweite Anführer. "Los! Kämpft!" Dann begann der Kampf von neuem.

⋆✯𝐈𝐜𝐡✯⋆

Die Schlacht dauerte lange an, bis nahezu alle Katzen tot oder verwundet waren. Viele brachen erschöpft zusammen. Der Nebel lichtete sich und die in flammenden rotorange aufgehende Sonne erhellte die blutbefleckte Wiese. Im FichtenClan gab es zahlreiche Verluste, von fünfzehn Kriegern hatten nur sieben überlebt, drei davon schwer verletzt. Der SeeClan war nahezu ausgerottet, da dessen Katzen nicht so gut kämpfen konnten. Die siebzehn NachtClan-Krieger hatten ebenfalls acht Katzen einbüßen müssen.

Auch der neue EisClan und der ehemalige HügelClan hatten durch ihre Unterzahl etliche Verluste erlitten, bis ein Großteil der Streuner sich davongemacht hatte, sodass nur eine kleine Gruppe um Eisherz blieb, tödlich wie eh und je.

Keuchend standen Zwielichtstern, Todesstern und Schemenstern Dämmerstern und Eisherz gegenüber. Zwielichtsterns linkes Ohr hatte eine tiefe Kerbe, Kratzer zierten ihre Flanken und ihr Brustfell. Todesstern fehlte büschelweiße Fell und sein schwarzes Fell glänzte von dunklen, frischen Blut aus den Wunden an seinen Seiten. Schemenstern hatte es nicht so schlimm getroffen, doch auch sie hatte mehrere Kratzer abbekommen. 

Dämmerstern hinkte und blutete ebenfalls aus zahlreichen Wunden. Eisherz hingegen war als einziger noch ziemlich fit. Er hatte in vielen Kämpfen mitgemischt, in dieser Nacht waren zahlreiche Katzen allein durch ihn umgekommen, viele weitere hatte er schwer verwundet. Sein glattes Fell war zerzaust und blutverkrustet, aber er sah den anderen mit unverholenem Hass entgegen. Dämmerstern musterte er nur kurz mit verächtlichem Blick, dann wandte er sich an die anderen Anführer.

"Und? Seid ihr immer noch nicht bereit, euch mir anzuschließen?" Er grinste höhnisch. Zwielichtstern senkte den Kopf, Todesstern schwieg und Schemenstern fauchte. "Du Scheusal!" 

Dann stürzte sie sich auf ihn.

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