𝒜 sky full of stars - Coldplay
𝗜𝘁 𝘄𝗮𝘀 𝗿𝗶𝗴𝗵𝘁, 𝘄𝗮𝘀𝗻'𝘁 𝗶𝘁?
Mein Blick huschte unruhig durch den holzvertäfelten Saal und eine unangenehme Spannung lag in diesem Raum, während die Richter sich zum Beraten des Urteils zurückzogen. Unsicher kaute ich auf meinen Fingernägeln herum und sah niedergeschlagen zu dem Angeklagten. Mein Vater.
Es war das erste Mal seit Jahren, dass ich ihn nüchtern sah. Er wirkte müde. Kraftlos. Als wäre all seine Wut, die er die ganzen Jahre mir gegenüber gehegt hatte, aus seinem Körper gesaugt worden.
Ich wandte den Blick ab und seufzte. Es tat weh ihn so zu sehen. Hilfesuchend griff ich nach Yoongis Hand. Der junge Arzt saß neben mir auf der Holzbank und lächelte mich aufmunternd an. Unwillkürlich rückte ich näher an ihn und er legte seinen Arm um meine Schulter. Die andere Hand griff erneut nach meiner und der Ältere verschränkte liebevoll unsere Finger.
Sofort wurde ich ruhiger. Dankbar sah ich dem Blondschopf in die Augen, bevor mein Blick wieder zu den Richtern glitt, die anscheinend zu einer Einigung gekommen waren und an ihre Plätze zurückkehrten.
Der oberste Richter ergriff schließlich das Wort. "Der Angeklagte ist hiermit für schuldig befunden worden und wird zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren verurteilt. Ohne Bewährung."
Erleichtert seufzte ich auf und ließ mich in Yoongis Arme fallen. Der junge Arzt fing mich auf und schlang die Arme fest und schützend um mich. Meinem Vater schenkte ich keinen einzigen Blick mehr. Ich war froh, dass das Ganze vorbei war. Dass die Hölle, die ich hatte durchleben müssen, nun ein endgültiges Ende gefunden hatte.
"Lass uns zur Feier des Tages etwas Essen gehen", flüsterte Yoongi in mein Ohr und ich nickte bereitwillig.
Wir verließen das Gebäude und machten uns auf den Weg in die Innenstadt. Die warmen Strahlen der Nachmittagssonne schienen in mein Gesicht und unwillkürlich musste ich blinzeln, bevor ich schützend meine Hand über meine Augen hielt, um das helle Licht abzuschirmen. In der Fußgängerzone gab es ein kleines Restaurant, welches den Namen "Joe's Ramen" trug. Yoongi und ich steuerten darauf zu.
Während wir an unserem Tisch auf unsere Bestellungen warteten, griff ich nach der Hand des Älteren. "Wir haben das Richtige gemacht, oder, Hyung?", fragte ich etwas verunsichert. "Es war richtig ihn anzuzeigen, oder?" Der Blondschopf sah mich besorgt an. "Natürlich war es das. Warum sollte es denn falsch sein? Dieser Mann hat dir aufs Übelste wehgetan, Jimin."
Ich senkte den Blick. "Ich frage mich nur, was meine Mutter dazu sagen würde. Was, wenn sie jetzt wütend auf mich ist?"
"Oh Jimin." Der junge Arzt seufzte und drückte meine Hand. "Deine Mutter würde sicherlich voll und ganz hinter dir stehen. Dein Vater ist nicht mehr die Person, die sie liebte. Er hat sich verändert. Und ich bin mir sicher, dass sie mit allen Mitteln versucht hätte dich vor dem, was er dir angetan hat, zu schützen wäre sie noch am Leben."
Joe, der Besitzer des Restaurants, stellte zwei dampfende Schüsseln mit Ramen vor uns auf den Tisch. Ich ließ die Hand meines Mitbewohners los, um nach meinen Essstäbchen zu greifen. "Der Alkohol hat ihn verändert. Er war nicht immer so, weißt du? Er hat mich geliebt", flüsterte ich. "Und ich habe ihn auch geliebt, tief in mir tue ich es noch"
Traurig musterte Yoongi mich. "Das ist auch völlig in Ordnung. Egal, was er tut, er ist immer noch dein Vater", antwortete er und ich nickte mit gesenktem Kopf, während ich verunsichert in meinen Nudeln herumrührte.
"Na komm. Vom Anstarren wirst du auch nicht satt", sagte der Ältere aufmunternd und wir begannen zu essen.
Nachdem wir unser Essen gegessen hatten, versuchte der Blondschopf mich dazu zu bewegen mit ihm shoppen zu gehen. "Komm schon, Jiminie", bettelte er. "Wenn du nichts kaufen willst, dann kauf ich halt nur was für mich selber. Naja eigentlich würde ich es für uns Beide kaufen, da du dich ja auch an meinem Kleiderschrank bedienst", er grinste frech.
Kopfschüttelnd gab ich nach und ließ mich in den nächsten Laden ziehen: H&M.
Der junge Arzt erstand sich mehrere T-Shirts und zwei Paar Jogginghosen. Zufrieden mit seiner Ausbeute lief Yoongi auf dem Heimweg neben mir her und strahlte mich an. Ich konnte nicht anders, als sein Lächeln zu erwidern, auch, wenn ich Shopping Touren eigentlich hasste. Es fühlte sich einfach nicht richtig für mich an Geld für etwas auszugeben, das nicht unbedingt nötig war.
Als ich noch bei meinem Vater gelebt hatte, hatte ich immer einen kleinen Anteil von meinem Gehalt abzweigen müssen, was aber nicht viel gewesen war. Dieses hatte ich für Lebensmittel oder Verbandszeug ausgegeben. Mehr konnte ich damals mir nicht leisten. Den Rest meiner Sachen hatte ich aus Altkleidersammlungen und Mülltonnen geholt.
Wir gelangten bei unserer Wohnung an und Yoongi reichte mir die Schlüssel, damit ich aufschließen konnte. Wir betraten die Wohnung und ich begab mich sofort ins Wohnzimmer, wo ich mich aufs Sofa fallen ließ und erschöpft aufseufzte. Mein Mitbewohner hingegen verschwand im Schlafzimmer, wo er vermutlich die neue Kleidung in den Kleiderschrank sortierte.
Als sich der Ältere wenig später zu mir auf das Sofa setzte, streckte ich sofort bettelnd meine Arme nach ihm aus. Er rückte näher an mich heran und zog mich auf seinen Schoß.
"Du, Jimin?", fragte er auf einmal aus heiterem Himmel. "Hm?", erwiderte ich. "Hattest du schonmal einen Freund oder eine Freundin?" Ich lief rot an und schüttelte verlegen den Kopf. "Um ehrlich zu sein, weiß ich noch nicht einmal, welche Sexualität ich habe", gab ich leise zu. Der Blondschopf strich mir beruhigend über den Rücken. "Das ist doch nicht schlimm, du musst dich nicht dafür schämen."
Eine Weile schwiegen wir. Dann fragte ich schüchtern: "Hattest du schonmal einen Freund oder eine Freundin?"
Yoongi nickte. "Eine Freundin. Aber das war, bevor ich festgestellt habe, dass ich gar nicht auf Mädchen stehe. Ich bin sowieso eher mit ihr zusammen gekommen, weil ich nicht wie der unerfahrenste Volldepp in unserem Freundeskreis wirken wollte."
Ich musste kichern. "Dieser Begründung macht dich aber dennoch zum Volldepp." Spitzbübisch grinste ich den Älteren an, der daraufhin anfing zu schmollen. "Es war halt uncool an unserer Schule, wenn man noch nie ne Beziehung hatte oder so."
Meine Miene wurde wieder ernster. "Das war es an meiner Schule auch. Aber mein Vater hätte mich umgebracht, hätte ich eine Beziehung angefangen. Einfach aus dem Grund, dass mein Partner oder meine Partnerin natürlich meine ganzen Verletzungen bemerkt hätte und auch mit zu uns nach Hause gewollt hätte. Und du hast ja selber gesehen, dass unser Haus nicht im besten Zustand war."
Der Blondhaarige schlang beide Arme noch enger um mich und legte seinen Kopf auf meiner Schulter ab. "Ich würde nicht nicht umbringen, solltest du mal Jemanden finden und hier hin bringen."
Ich lächelte ihn an. "Ich brauche aber momentan niemanden. Ich hab doch dich."
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