𝒜 gain - Seycara Orchestral
𝗘𝘃𝗲𝗻 𝘁𝗶𝗺𝗲 𝗶𝘀 𝘀𝗼 𝗽𝗮𝗶𝗻𝗳𝘂𝗹
Die Nacht war schrecklich gewesen. Ich hatte mich mehrmals übergeben müssen und am ganzen Körper gefroren. Erleichterung durchfuhr mich, als ich am nächsten Morgen endlich den Schlüssel im Türschloss hörte.
Sobald die sich die entfernenden Schritte verklungen waren, quälte ich mich auf die Füße. Es war ein Wunder für mich, wie ich nach dieser Nacht noch aufrecht stehen konnte. Ich schleppte mich in mein Zimmer. Außer meiner Arbeit hatte ich tagsüber nichts zu tun. Mein Vater erlaubte mir nicht in die Schule zu gehen und irgendwelche sozialen Kontakte zu pflegen, die mich wegen meinem demolierten Zustand ausfragen würden.
Eigentlich war mein Zimmer eher eine Besenkammer. Es standen genau zwei Möbelstücke hier: Ein wackeliger Holztisch und ein Regal in dem ich meine wenigen Kleidungsstücke aufbewahrte. Auf dem Boden lag eine zerrissene Decke, die ich in irgendeiner Mülltonne aufgetrieben hatte, meine Kleidung hatte ich aus Altkleidersammlungen gestohlen.
Erschöpft rollte ich mich auf meiner Decke zusammen und wickelte mich zitternd darin ein. Ohne irgendetwas zu tun, lag ich einfach nur dort und starrte die Wand an. Ich fühlte mich, als hätte ein Auto mich überfahren. Lange währte meine Ruhe nicht.
"Jimin", brüllte mein Vater laut nach mir und taumelnd stand ich auf und stolperte zu ihm in die Küche. Er sah mir streng entgegen und drückte mir Putzutensilien in die Hand. "Sieh zu, dass die Wohnung sauber ist, wenn ich zurück komme. Und Essen steht dann auch auf dem Tisch, ist das klar?" Gehorsam nickte ich und begann sofort mit der Arbeit.
Mein Rücken schmerzte und immer wieder rutschte mir der Wischlappen aus der Hand. Als ich endlich fertig damit war die Wohnung aufzuräumen, hatte sich zu meinen Schmerzen noch ein starkes Schwindelgefühl dazugesellt. Trotzdem riss ich mich zusammen und kochte meinem Vater Ramen. Erst nachdem alles erledigt war, gab ich der Schwäche in meinen Beinen nach und brach zusammen.
An der Wand tickte die Küchenuhr.
Ich schloss die Augen und die Bewusstlosigkeit drohte mich zu überrollen.
Tick, tick, tick Ich blinzelte und sah auf das Ziffernblatt, welches vor meinen Augen zu verschwimmen drohte. Vierzehn Uhr zwölf. Erneut schloss ich die Augen und mein schmerzender Körper wurde von einem Gefühl der Taubheit überrollt.
Ich hasste mein Leben. Was hatte es eigentlich für einen Sinn zu leben? Ich war die Puppe meines Vaters, ich hatte doch nicht einmal ein eigenes Leben.
Tick, tick, tick vierzehn Uhr fünfundvierzig. In einem halben Jahr würde ich achtzehn werden... wenn ich dann noch lebte. Ich fühlte mich sowohl psychisch, als auch physisch zerstört.
Warum gönnte man mir nicht einmal das normale Leben eines Siebzehnjährigen? Ich sehnte mich nach Liebe und Wärme. Nach jemandem, der mich danach fragte, wie die Schule gelaufen war, nach Freunden, mit denen ich zocken und abhängen konnte. Stattdessen stand ich komplett unter der Kontrolle meines Vaters, der mit mir spielte, mir wehtat und mich wie seine Puppe behandelte.
Tick, tick, tick fünfzehn Uhr vier. Ich war müde. So müde...
Die Wohnungstür klapperte und eilig war ich auf den Beinen und rannte in mein Zimmer, um meinem Erzeuger nicht unter die Augen treten zu müssen. Ich hörte, wie er sich im Eingangsflur die Schuhe von den Füßen kickte und mit schweren Schritten in die Küche lief, wo er mit Geschirr klapperte.
Und dann kam ein wütender Aufschrei. "JIMIN!" Zitternd verließ ich mein Zimmer und trat in die Küche. Der Topf mit Ramen wurde über meinem Kopf ausgeleert. "DU MISSGEBURT HAST ES KOMPLETT VERSALZEN!" Ich zuckte zusammen. Nudeln klebten in meinem Haar und das Wasser floss mir über die Kleidung. Yoongis Kleidung.
Ich wurde am Arm gepackt und zum Herd gezogen. Mein Vater stellte die Herdplatte auf heißeste Stufe und ich begann sofort zu zappeln, als ich merkte, was er vorhatte. Doch brachte ihn nicht von seinem Vorhaben ab. "A-appa", schluchzte ich. Doch er hob mich hoch und drückte mich mit dem Rücken auf die glühende Herdplatte.
Ich schrie. Der Schmerz fuhr mir wie glühende Nadeln durch die Haut. Mein Vater lachte und hielt mich fest, bis ich aufhörte mich zu wehren und dort einfach nur noch schluchzend auf der Herdplatte lag und den Schmerz ertrug. Als ich dann endlich losgelassen wurde, glitt ich kraftlos zu Boden.
Mir wurde wieder schwindelig. Nur am Rande bekam ich mit, wie mir die Jogginghose über die Beine gestreift wurde. Die Dunkelheit und Taubheit umgab mich, wie weiche Watte.
Irgendwann mitten in der Nacht kam ich wieder zu mir. Ich sah an mir herunter und stellte seufzend fest, dass mein Vater mich wieder missbraucht hatte. Wenn die Schmerzen die vorherigen Tage schon schlimm gewesen waren, dann war das hier die absolute Hölle. Ich war mir sicher, dass mein Rücken Brandblasen warf. Ein schrecklicher Gestank von verbrannter Haut erfüllte die Küche.
Ich schaffte es mir die Jogginghose irgendwie überzustreifen. Sie klebte unangenehm an meinem Körper und war voller Nudeln und Gemüse. Schmerzvoll kroch ich zur Haustür. Ich musste hier weg. Einen weiteren Tag würde ich nicht ertragen können.
Es war erniedrigend den ganzen Weg zu Yoongis Wohnung krabbeln zu müssen. Ich verlor mehrmals das Bewusstsein und zählte schon gar nicht mit, wie oft ich zusammenbrach. Es war pures Glück, dass kein Passant mehr unterwegs war, der mich hätte sehen können. Irgendwann hatte ich es geschafft. Mit letzter Kraft drückte ich den Klingelknopf.
Als der Blonde dann tatsächlich verschlafen und mürrisch die Tür öffnete, verlor ich endgültig mein Bewusstsein. Verschwommen sah ich sein erschrockenes Gesicht und hörte, wie er meinen Namen rief, dann holte die Schwärze mich ein.
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