04

Ich hatte ein dutzend rang niedrige Wölfe getötet und obwohl ich mich an ihrem Blut stärken konnte, war mein Blutdurst noch lange nicht erloschen.

Ich war wie einem Wahn verfallen. Und obwohl der Wald Augen hatte, hielt es mich dennoch nicht davon ab die Wölfe weiterhin zu jagen.

Sie wussten was ich fast jede Nacht tat und es war nur eine Frage der Zeit, bis sie sich an mir Rächen würden aber ich war dieser Gefahr gegenüber blind.

Doch heute war ich dem Kampf überdrüssig. Wolfsblut sättigte mich einfach nicht richtig und als ich erkannte dass es bereits zu dämmern begann, entschied mich ich fürs erste aufzuhören und machte mich auf den Heimweg.

Mechanisch wandte ich mich vom toten Wolfskörper ab und wischte mir die letzten Blutstropfen vom Mund.

Meine Muskel spannten sich bei jedem Schritt an und brannten wie die fließende Lavamasse eines Vulkans. Ich hörte mich selbst Atmen, nahm sogar meinen eigenen Herzschlag war, welches durch das ganze aufgenommene Blut viel zu hastig schlug.

Wie ein Besoffener, der zu viel Alkohol getrunken hatte, torkelte ich über den unebenen Waldboden. Düster ging ich weiter, ignorierte meine eigene Unfähigkeit und verfluchte mein gesamtes unsterbliches Leben ...

Der Luftzug der entstand, als ich das Gutshaus betrat, ließ das Licht einiger Kerzen flackern die Namjoon entzündet haben musste. Ich entledigte mich meiner Robe, die bedauerlicherweise voller Blutflecken war und schmiss sie achtlos zur Seite. Dann begab ich mich Richtung meines Schlafzimmers, als ich aber auf halben Weg inne hielt.

Der Lustknabe.

Jungkook.

Es war als wäre ich vom Blitz getroffen.

Alles was in den letzten Stunden geschehen war, kehrte schlagartig in mein Bewusstsein zurück. Ich grollte verärgert. Was zum Teufel hatte ich mir nur dabei gedacht? Einen jungen Mann aufzunehmen und zu glauben das dies funktionieren könnte? War ich denn von allen guten Geistern verlassen?

Ich fand keine Antwort für das was geschehen war. Minutenlang stand ich einfach nur da und tat nichts, bis leises Stimmengewirr an meine Ohren drang. Mit der Neugierde eines Kindes folgte ich den Stimmen, die mich bis zur angelehnten Küchetür lockten. Leise schlich ich mich näher und biss mir angespannt auf die Lippen.

Was tat ich hier eigentlich? Ich schien gar nicht mehr rational denken zu können und trotzdem sah ich nicht davon ab an der Tür zu lauschen.

"Wie lange lebst du schon hier Namjoon?"

"Oh.. Ich weiß gar nicht genau. Einige Jahre müssten es schon bereits sein."

"Du und der junger Herr, nur ihr beiden? Das Haus ist so riesig. Wie kommt es das du der einzige Diener bist."

"Nun... Der junge Herr ist lieber für sich alleine. Er mag keine Menschen. Es würde nur zu Problemen führen, deswegen hat er sich auch ein Ort außerhalb der Stadt gesucht."

"Hmm.. okay. Wie ist der junge Herr denn sonst so?" begann Jungkook nach kurzer Pause vom neuen. "Du kennst ihn ja am besten. Ist er wirklich immer so ernst wie er sich gibt?"

"Du bist ganz schön neugierig weißt Du das?" Ich hörte Namjoon seufzen.

"Naja er macht mich einfach neugierig."

"Du solltest lieber aufpassen. Steck deine Nase lieber nicht zu tief in Dinge rein die dich nichts angehen." entgegnete mein Diener ernst.

Dieser Junge.. er machte mich so viel neugieriger auf ihn. Am liebsten hätte ich durch den Türspalt gelinst, nur um seine Reaktion zu studieren — aber ich traute mich nicht weiter voran.

"Wieso? Was hat es mit dem jungen Herren auf sich? Du weißt was er ist, oder?"

"Jungkook. Ein gut gemeinter Rat. Je weniger du weißt, um so besser ist es für dich."

"Wieso machst du so ein Geheimnis daraus? Ist ja nicht so als hätte ich es nicht gesehen. Ich weiß was mit seinen Augen und Zähnen passiert ist."

"Wenn du das so genau weißt, wieso hast du dann keine Angst vor ihm und bleibst hier? Du hättest jetzt wo der junge Herr weg ist, die Chance nutzen können und abhauen können. Wieso bist du dann hier geblieben?"

Instinktiv hielt ich den Atem an. Auf diese Antwort war ich genauso gespannt. Ich fragte mich sowieso schon die ganze Zeit, wieso er nicht wie alle Anderen schreiend davon gerannt war.

Jungkook ließ sich mit der Antwort jedoch Zeit.

"Ich weiß es selbst nicht genau." meinte er schließlich und ich spitze aufmerksam die Ohren.

"Natürlich hatte ich Angst. Ich hatte panische Angst geschnappt zu werden und als der junge Herr mich dann entdeckt hatte, dachte ich auch für einen Moment das Herz würde mir in die Hose rutschen. Sein Anblick.. es war furchterregend.. — zumindestens auf dem ersten Blick aber als ich die Zeit hatte ihn länger zu betrachten, war ich eher von seiner Schönheit fasziniert."

Das kam unerwartet und ich wich sofort von der Tür zurück, als hätte ich mich am Türgriff verbrannt. Bereits das zweite Mal in folge, das Jungkook mich so unvorbereitet traf.

"Er hätte dich sofort töten können und du starrst ihn an wie so ein Lüstling?!"

"Was?? N-nein.. also so war das nicht!" entgegnete Jungkook empört und ich hörte die plötzliche Verlegenheit in seiner Stimme.

"Er hat gezögert.. Selbst als die Männer an der Tür waren, hat er gezögert und auf einmal wirkte er auf mich ganz und gar nicht mehr so gefährlich. Er sah eher verwirrt aus und.. ach... Ich weiß auch nicht aber hätte er mich wirklich verletzen wollen, dann hätte er es doch längst getan, oder?"

"Hmm.." darauf wusste selbst Namjoon keine passende Antwort. "Möglich aber du solltest dich nicht zu sehr in Sicherheit wiegen und ich dürfte dir anraten, benimm dich gefälligst vor dem jungen Herren! Er duldet keine Fehltritte."

"Ja Namjoon."

"Gut. Und jetzt eine Frage an dich. Wieso genau bist du eigentlich von den Männern fort gelaufen?"

"Uhm..."

Nun kam ich doch wieder näher. Leise und lauernd trat ich nah an die Tür heran und versuchte meinen hektischen Atem zu kontrollieren. Ich bearbeitete meine Lippen fast zwanghaft mit den Zähnen und wären meine kleinen Waffen ausgefahren, hätte ich mich garantiert blutig gebissen.

Jungkook schien mit der Antwort zu hadern und es wirkte auch nicht so als sprach er gern über die Zeit, die er bei der Gräfin verbracht hatte.

"Sie wollten mich zurückbringen." gestand er anschließend.

"Zu dieser Gräfin?"

"Ja.."

"Hat sie dich schlecht behandelt?"

"Nicht unbedingt..."

"Du willst nicht darüber reden, oder?"

Er stieß ein frustrierten Laut von sich, bevor er murrend verneinte. "Es ist nicht so das ich mich nicht traue darüber zu reden. Ich schäme mich einfach nur. Sie war verheiratet und trotzdem hat sie mich ständig benutz um ihre unerfüllte Lust zu befriedigen, die ihr Göttergatte ihr nicht geben konnte. Ich war es einfach satt. Ich wollte so ein Leben nicht mehr führen und deswegen bin ich geflüchtet."

"Ich verstehe."

"— Außerdem..."

"Außerdem?"

Da lag plötzlich etwas in der Luft das ich nicht zu deuten wusste. Jungkook sprach seltsamerweise nicht weiter und als er nach wenigen Sekunden immer noch nichts geschah, hielt ich es einfach nicht mehr aus und riskierte einen kleinen Blick ins Innere der Küche.

Er stand neben Namjoon und half dem Diener beim Gemüse schneiden. Sein Blick wirkte trüb und nachdenklich. Nichts spiegelte sich in seinen dunklen Augen wieder, so als hätten sie vollständig ihren schönen Glanz verloren. Misstrauisch zog ich die Brauen zusammen.

"Ist schon in Ordnung. Du musst mir nicht alles erzählen, wenn du nicht möchtest. Jeder hat so seine dunkle Vergangenheit."

"Der junge Herr auch?"

"Ja." Namjoon seufzte tief. "Eine die du nicht einmal deinem schlimmsten Feind wünschen würdest..."

Genug. Ich hatte genug gehört. Meine Gedanken tanzten. Unaufhörlich und für meinen Geschmack viel zu heftig.

Ich dachte nie nach. Nie. Ich lebte jeden Tag aufs Neue und ließ alles einfach so auf mich zu kommen. Aber zum ersten Mal in den ganzen dreihundert Jahren, fing ich an zu grübeln.

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