43. Ein echter Verrat

Will PoV:

Harry schwang sich auf den Besen und sauste in die Lüfte, während Percy, Thalia und ich uns um Annabeth drängten, während Gerald uns nur mit einem mörderischen Blick bedachte, der den ganzen Schmerz innehielt, den er wegen Kellys Tod verspürte, bevor er es Hekate gleich tat und verschwand.

Ich konnte ihn noch immer nicht ausstehen, seine Gefühle waren mir nur äußerst bekannt, doch mein Mitgefühl hielt sich nach der Sache mit Nico deutlich in Grenzen. Auch wenn ich glaubte so langsam zu verstehen, wieso er all die verletzenden Dinge gesagt und getan hatte. Die Idee begann in meinem Kopf Gestalt anzunehmen.

Harry flog hinauf, immer weiter gen Himmel in die blutige Höhe.
Ein Krächzen ließ meinen Blick zurück zu Annabeth schnellen, die sich an Percy krallte, als wäre er der letzte Rettungsring auf stürmischer See.

Doch zwei Gestalten, die keine zehn Meter entfernt standen, hatten uns nicht vergessen und wir sie genauso wenig. Percy stellte sich schützend vor seine Freundin, die sich schluchzend die Seite hielt.
"Klee, Manu, nett euch so schnell wiederzusehen", sagte er, doch seine Tonlage verkündete das genaue Gegenteil.

"Du hättest Grichas Rat beherzigen sollen, mein Lieber", sagte Klee. Sie war nicht viel mehr als ein lebendes verwestes Skelett mit blitzenden blauen Augen, die sich wie reines Feuer in meine Haut zu brennen schien.
Manu, der Typ und der zweite Kidnapper Percys, sah auch nicht viel besser aus. Er hatte langes blondes Haar, auf einem Kopf, der so entstellt war, dass er keine Haare mehr haben sollte. Das Orakel von Delphi, die alte Version, hatte dagegen ja beinahe schick ausgesehen.

"Ein Rat?", fragte ich an Percy gewandt, der die beiden nur finster musterte.
"Ihr seid die Guten? Und die wahren Ungeheuer leben in diesem Schloss?"
Klee seufzte auf. Ihr Lächeln war bestimmt einmal schön gewesen, als ihre Haut noch nicht so... abgefressen aussah.

"Es ist wahr", sagte Mãnukaï. "Sollte Hekates ganze Macht schwinden, würde das Zaubererblut sowieso aussterben, auf diese Weise wird unsere Art erhalten - keine Halbblüter mehr, nur noch reine Magie."

Percy schüttelte sich. "Moment - Halbblüter?" Auch ich stutzte bei dem Begriff.
"Zauberer und Hexen, die mindestens einen Muggel in ihren Blutsvorfahren vorweisen können."
Der Begriff Halbblut war auch in der Zaubererwelt etabliert? Oh wie dumm wir doch waren - das hatte Gerald damals gemeint. Er wusste nie... erst als Kelly dann... der Gedanke an Kelly schmerzte. Sie hatte uns alle gerettet. Durch ihren brillianten Verstand.

Der Boden erzitterte. Am Himmel erschienen Harry und Gricha der Drache, Harry feuerte einen Zauber nach dem anderen auf das Untier, doch es schien rein gar nichts zu bringen. Gricha spielte mit Harry wie die Katze mit der Maus, doch am Ende des Tages, gewann das Raubtier, Harry würde nicht mehr viel Zeit bleiben, ehe er erschöpft und ausgelaugt wäre und eine Pause benötigte.

Gricha spuckte ihm einen Feuerball nach dem anderen entgegen, völlig gelangweilt und desinteressiert.
"Wir schützen nur unser Erbe", fuhr Mãnukaï fort, "Das Überleben unserer Rasse."
Er kam mir wie ein ziemlicher Reinheitsfanatiker vor, doch wenn stimmte, was er sagte... nein - das würde noch nicht... oder doch?

Thalia musterte die beiden abschätzig, ihre schwarzen kurzen Haare standen zu allen Seiten ab, während ihre elektrisierenden blauen Augen die Umgebung nach weiteren Feinden scannten, doch die tummelten sich noch auf den Ländereien.

"Hekate wird zu einer der zwölf olympischen Göttinnen und Götter ernannt und wir steigen ebenfalls auf", säuselte Klee weiter. "Das hat sie uns versprochen, wenn wir ihr helfen, die Magie zu retten."
Percy schüttelte ungläubig den Kopf und auch ich konnte nicht fassen, was ich da hörte.

Wie hatte ich nur eine Sekunde lang bezweifeln können, dass Hekate kein selbstsüchtiges Biest war? Nur weil sie sich im Krieg gegen Gaia auf unsere Seite geschlagen hatte? Hekate war die Göttin der Kreuzwege, sie wusste welchen Weg sie gehen musste, um das Ergebnis zu erreichen, dass sie begehrte. Sie wusste den Nebel einzusetzen, um andere glauben zu machen, was nicht war. Hekate war ein Monster, doch das waren die Götter schließlich allesamt, wenn man es sich recht besah.

Percy schnaubte verächtlich. "Ich bitte euch", schnarrte er, "das kauft ihr der alten Hexe doch niemals ab, oder?!"
"Hüte deine Zunge, Perseus, so spricht man nicht von der Meisterin der Magie, der Kreuzwege und der Nekromantie! Sie ist-"
Manu brach ab, er wusste scheinbar selbst, was er da gerade offengelegt hatte.

"Und deswegen bist du ein Idiot", sagte Klee. "Wie konnte ich dich jemals heiraten?" Genervt sah sie ihren Mann an, zückte dann auf einmal einen Zauberstab. Er war wie aus dem Nichts erschienen und erst bei näherer Betrachtung wurde mir klar, dass sie sich tatsächlich eine ihrer Rippen entnommen hatte, statt dem üblichen Holz.

Ob man mit einer Rippe zaubern konnte? Ich wollte es nicht auf die Probe stellen.
"Wir haben geheiratet, weil-"
"Nicht jetzt, Mãnukaï!"
Percy hob Springflut, Thalia packte ihren Sper fester und ich griff mir meinen Bogen und spannte den Pfeil auf die Sehne, noch bevor der blonde Mann sich ebenfalls eines Zauberstabs bemächtigen konnte, doch das hatte er wohl gar nicht vor.

"Aber aber, Perseus", seine Stimme klang bedrohlich ruhig, "du hättest doch mittlerweile Lernen müssen, dass mir deine alberne himmlische Bronze nichts anhaben kann - spätestens jetzt, wo ich dir offenbarte, wer oder... was ich bin."

Irritiert sah ich zu Percy, doch der baute sich bloß schützend vor Annabeth auf, um das meiste von ihr zu verdecken, sollten Klee und Manu angreifen. Annabeth musste hier weg, so schnell wie nur irgendmöglich. Ich brauchte einen ruhigen Ort, wo ich sie heilen konnte.

Zauberei so wehrlos sie ist,
Ist die einzige Waffe gegen die Macht,
Doch wenn du den Ursprung vergisst,
Bist du nicht der letzte der lacht.

"Will", presste Percy zwischen den Zähnen hervor, "schaff Annabeth hier raus."
"Aber-"
"Raus hier! Egal wohin!" Seine Stimme klang scharf wie eine zweischneidige Klinge, sauste mir die Wirbelsäule hinab. Ich konnte seine Anspannung spüren, die geladene Umgebung war ein Zeichen für die Ladung, die sich immer weiter aufbaute und uns jede Sekunde um die Ohren zu fliegen drohte, doch daran könnte Thalia ebenfalls eine Mitschuld tragen.

"Na na, du bewegst dich kein Stück, Solace oder wir machen Hackfleisch aus deinen kleinen Freunden."
Die Tochter des Zeus warf mir einen bedeutungsschweren Blick zu, ich wusste, was zu tun war. Kaum merklich nickte ich und begann im Kopf bis acht zu zählen, ein ganzer Takt eben, doch bei drei warf Thalia ihren Sper und Percy stürmte vor.

Ich ließ Bogen und Köcher fallen, hob Annabeth hoch und eilte mit ihr hinter eine in Schutt gelegte Steinmauer, die uns beiden gerade so genug Schutz bot. Ich schloss die Augen und legte meine Hände auf ihre Wunde, ich spürte das Blut in ihren Adern pulsieren, vernahm den Geruch von Schweiß und Staub. Das Ambrosia und der Nektar arbeiteten, doch es war nicht genug, sie würde noch zwei Tage brauchen, ehe sie sich vollständig erholt hatte.

Ich begann zu summen, erst leise, zaghaft, doch dann immer lauter und mit mehr Kraft - eine Hymne an meinen Vater, Apollo. Annabeths Puls normalisierte sich, ihre Atmung wurde stetiger, kräftiger.

Ich öffnete die Augen, Annabeths Hautfarbe sah beinahe wieder gesund aus. Es wirkte. "Will?", Annabeths Stimme war mehr ein Flüstern, doch trotz allem konnte er die Anstrengung in ihrer Stimme weichen hören.
"Bleib hier und mach keinen Mucks, ich helfe Thalia und Percy."
Ich drückte Annabeth einen kleinen Dolch in die Hand, der an meiner Hose befestigt war, sah mich zu allen Seiten um, ob sich auch kein Monster auf den Weg zu ihr machte und sprang hinter den Felsen hervor, nur um festzustellen, dass Percy und Thalia alles im Griff zu haben schienen, jedenfalls für den Moment.

Außerhalb des Schlosses tobte ein ebenso gewaltiger Kampf wie hier drinnen, jedoch an allen Ecken. Dort draußen brauchten sie Verstärkung und der Drache, der über ihren Köpfen seine Runden zog, trug mit Sicherheit nicht zur Konzentration der Zauberer bei.

Wir mussten Klee und Manu besiegen, oder sie zumindest nach draußen locken. Doch das könnten wir nicht mit unseren Waffen, wir brauchten Magie - das hatte die Prophezeiung vorausgesagt. Wie sehr ich mich in jenem Augenblick doch verfluchte, dass wir die Schule nicht ernster genommen hatten.

"Percy!", rief ich und hechtete zu ihnen hinüber.
Schockiert blickte er auf, die pure Panik in den Augen, so sah er Manu nicht kommen - ich schon, doch ich würde meinen Freund nicht schnell genug erreichen können.

Thalia sah ebenfalls hoch, sie fokussierte mich, Percy und schließlich Manu, der mit seinen Händen in der Luft herum wirbelte, um die Energie daraus zu saugen.
"Wo ist Annabe-"
Da wollte der blonde Ur-Zauberer seine ganze Energie auf den Sohn des Poseidon umleiten, doch in dem Moment, als er uns alle zu Staub zerbröseln wollte, explodierte der Boden unter seinen Füßen.

Ihn und Klee überwältigte der Druck und sie wirbelten in die Luft, eine Mauer neben ihnen brach ein und begrub sie unter dem Schutt.
Percy und Thalia stürzten nach hinten, Thalias Kopf schlug gegen einen Stein.

Schlitternd kam ich zum Stehen. Aus dem dunklen Staub erhob sich eine Gestalt mit erhobenem Zauberstab. Gerald.
"Ich dachte, die könnten etwas Feuer unter dem Hintern gebrauchen."
Klee und Manu waren sicherlich nicht tot, doch bis sie da herauskämen... wir hatten Zeit gewonnen.

Von draußen ertönten Schreie. Gerald sprintete als erster los, ich schnappte mir Percy und Thalia und zog sie auf die Beine. Thalias Benommenheit war beinahe schon gefährlich, ihre Augen blitzten gefährlich, dabei war beinahe nur das Weiße zu sehen.

"Thalia, bleib bei Annabeth. Beschütze sie." Ich deutete zu der eingestürzten Mauer und rannte mit Percy nach draußen.
Der Anblick war beängstigend. Überall standen schwarzmaskierte Zauberer, Monster umzingelten die Schüler und dort hinten erkannte ich Jason, der Leo stützte, während Piper ihnen den Weg frei kämpfte.

"Oh Götter", murmelte Percy.
"Da oben ist Harry!"
Ich deutete in den blutroten Himmel, dessen Wolken nun mehr dem schwarz der Aschefront glichen, als einem fluffigen Schäfchen. Und ganz dort hinten erkannte ich den Wirbelsturm, der sich immer weiter zu uns vorkämpfte. Der nichts als Zerstörung bereithielt und uns alle vernichten würde, wenn wir Hekate bis dahin nicht aufgehalten hätten.

Harry hatte Gricha verletzt, seine Zauber schienen endlich etwas zu bewirken, doch die Feuerbälle wurden ihm gegenüber immer aggressiver.

Er setzte zu einem Looping an, flog einmal um das Ungeheuer herum, versuchte seinen Reptilienschwanz in Feuer zu stecken. Verdammt, Gricha war ein Drache, da würde Feuer wohl wenig nützen...

"Die hellste Kerze auf der Torte ist er wohl nicht", gab Percy von sich, zückte sein Schwert und rammte es einem, auf uns zujagenden, Drakon in den Rachen.
"Das sagst gerade du", grinste ich.
Ich spannte meinen Bogen und schoss ein paar Pfeile ab.

Gricha schoss weitere Feuerbälle auf Harry, dieser legte sich flach auf den Besenstil und bretterte dazwischen hindurch.
"Fliegen kann er aber."
Doch, ich hatte mich zu früh gefreut. Gricha spuckte ihm weitere Flammen entgegen und da geschah es.

Harrys Besen entglitt seinen Händen, er presste die Schenkel zusammen, um sich auf dem Stiel zu halten, doch er kippte nach hinten. Mit den Armen in der Luft rudernd, fiel er in die Tiefen.

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