42. Der Ursprung aller Magie
Harry PoV:
Schlitternd kamen Gerald und ich mit der leblosen Kelly vor dem Wasserspeier, der die Treppe zu Dumble- McGonagalls' Büro bewachte, zum Stehen. Schwer atmend stützte ich mich mit meinen Handflächen auf die Knie und versuchte die Luft zurück in meine Lungen zu befördern.
"Sei keine Memme, Potter", blaffte Gerald und nannte dem Wasserspeier das Passwort.
Ich wagte es nicht, ihm in die Augen zu sehen. Sie waren voller Hass, weil Kelly wegen mir umsonst gestorben war. Wenn ich nicht falsch kombiniert hätte, dann... es war nun keine Zeit in Selbstmitleid zu versinken. Wir mussten Kellys Körper in Sicherheit bringen und uns zurück in die Schlacht schlagen. Bei jedem Blick aus den Fenstern, die wir bei unserem Sprint passiert hatten, waren mehr und mehr schwarze Magier aus dem verbotenen Wald aufgetaucht.
Todesser, schoss es mir durch den Kopf, doch Voldemort war gefallen, das hier konnten nicht seine Anhänger sein. Dafür waren es zu viele. Die meisten saßen bequem in ihren Zellen in Azkaban. Mehr oder weniger.
Oder? Die Magie zerpuffte zu Staub... was geschah also mit den ganzen magischen Kreaturen? Angefangen bei den Dementoren bis hin zu Hippogreifen, Thestralen, Zentauren und Flubberwürmern. Würden sie einfach aufhören zu existieren? Was würde mit Hagrid geschehen? Würde er einfach... schrumpfen?
Die Wasserspeier gewährte uns Einlass zu der sich von selbst bewegenden Treppe, da ertönte von draußen ein lauter Schlag, die Wände des Schlosses bebten, Ritterrüstungen brachen in ihre Einzelteile zusammen, Portraits protestierten oder versteckten sich bei ihren Freunden.
"Was war das?", fragte Gerald, doch ich war schon zum nächsten Fenster gehechtet und blickte auf die Ländereien.
Ich runzelte die Stirn, da ertönte der Schlag erneut.
"Der schwarze See explodiert!", rief ich über die Schulter und suchte nach einem plausiblen Grund dafür.
"Hat der Krake keine Lust mehr auf den ganzen Stress?"
"Halt die Klappe, Parker", gab ich von mir und erblickte einen Jungen, der im Gras kniete. Ich schob mir die Brille die Nase rauf und wieder runter, doch ich konnte nicht erkennen, wer es war.
Gerald stellte sich neben mich und sah ebenfalls nach unten.
"Ist das da nicht Jackson und... Annabeth?", fragte er, der leichte Unterton in seiner Stimme, ließ durchscheinen, dass er hoffte, sich zu irren.
"Ich seh's nicht." Wütend über meine furchtbar blinden Augen drehte ich mich zu Kelly um, die noch in der Luft schwebte.
"Bring sie nach oben. Ich versuche da unten zu helfen!"
Ohne seine Antwort abzuwarten, rannte ich los.
"Potter!", rief er mir noch nach, doch da war ich schon die erste Treppe hinunter geeilt.
Ich erreichte das große Eichenportal in eben jenem Moment als Percy mit einer verletzten Annabeth im Arm hineingestürzt kam. Will und Thalia folgten ihm. Nicht nur Annabeth war leichenblass.
"Ich verstehe das nicht", warf Will immer wieder ein, "das macht keinen Sinn."
Percy war völlig neben sich, er ließ Annabeths Hand nicht los, keine Sekunde, doch das schien er nicht einmal so ganz zu bemerken, seine Augen starrten ins Leere, sie waren schwarz, so dunkel und unergründlich, wie die stürmende See, blutunterlaufen und doch so voller Hoffnung.
"Harry, die brauchen dich da draußen!", rief Will, während er aus einem kleinen Medizintäschchen mehrere Flaschen und Tinkturen hervorkramte. "Percy, geh mit ihm."
Der Halbgott sah zum ersten Mal auf. "W-wie bitte?!", krächzte er heiser.
"Komm Percy, Will schafft das, du musst hier weg - wir müssen hier weg, die Welt braucht uns", versuchte Thalia schweren Herzens einzulenken.
"Annabeth braucht uns!"
Thalia schüttelte bedauernd den Kopf. Ich wusste, wie Percy sich fühlte, doch seine Freunde hatten recht. Er wurde an der Front benötigt, obwohl er in diesem Zustand vielleicht mehr sich und andere gefährden würde, als von großem Nutzen zu sein.
"Sie wird nicht sterben, das ist euch doch klar."
Überrascht Geralds Stimme so schnell wiederzuhören, wandte ich den Blick von Percy und Annabeth und sah ihm direkt in die kleinen, dunklen Augen, die mir voller Zorn entgegenloderten.
"Ach nein? Wieso nicht, du-"
"Thalia!", zischte Will, obwohl er Gerald wohl ebenso gerne mit seinen Blicken erdolcht hätte.
"Seid ihr eigentlich wirklich so dumm oder tut ihr nur so?"
Ich biss mir auf die Lippe und versuchte mich zu konzentrieren. Wieso würde Annabeth nicht sterben? Sicher, sie war anscheinend eine ziemlich harte Nuss, doch trotz allem... ihre Verletzungen - wir hofften auf das Beste, doch wie konnte Gerald sich so sicher sein.
"Ihr habt doch von der Prophezeiung angefangen", schnarrte er.
"Und das kluge Kind wird sterben", sagte Will, der offenbar verstanden hatte, worauf Gerald hinaus wollte. "Kelly."
Nun sah Percy auf, er wusste mit Sicherheit noch nicht, dass Kelly tot war, sein Blick fixierte mich, dann Gerald und schließlich einen Punkt hinter uns, ehe er aufsprang, das Schwert gezückt, losstürmte. Gerade drehte ich mich um, erhobenen Zauberstabs nur um einer wunderschönen Frau gegenüberzustehen, die alles andere als wie eine Bedrohung aussah, zunächst.
"100 Hauspunkte für eines meiner lieben Kinder." Ihre Stimme klang verlockend, anziehend, als bestünde sie aus dem betörendsten Amortentia-zauber, nur war dieser mit Gift versetzt.
So schön ihr Aussehen auch wirkte, so hässlich wurde es auch im nächsten Augenblick, als sie das liebreizende Lächeln ablegte und Percy mit einer Spur Hass in den lodernden Höhlen, die ihre Augäpfel sein sollten, musterte.
"Was meinte Annabeth, als sie sagte, dass das Ihr Werk war?!" Percy richtete seine Schwertspitze auf ihre Kehle, doch statt verängstigt zurückzuweichen, lachte sie bloß. So kalt und grausam, so unfassbar leer, ohne jegliche Emotion. Ich hatte bisher nur einen einzigen Menschen so lachen hören und der war vor nicht einmal einem Jahr genau in diesem Schloss gestorben. Würde sie ihm folgen?
"Hekate?", fragte Will, "Wo ist Euer... Fischschuppen...-gewand?"
Fischschuppen?! Bei Merlins pinker Unterhose, was?!
Die Frau ließ ihre langen schwarzen Haare über die Schultern gleiten, sie trug eine Art weißen dorischen Peplos, der an ihrem einen Bein einen langen Schlitz bis hin zu ihrem Oberschenkel zeichnete, unter dem braune Ledersandalen zum Vorschein kamen, die sich mit dunklen Bändern an ihrer goldenen Haut entlangschlängelten.
"Nun Perseus", die Frau, Hekate, schnalzte mit ihrer Zunge, "deine bessere Hälfte hat erkannt, was ihr alle nicht gesehen habt, nicht sehen wolltet und nun kann ich wieder in meiner ganzen Schönheit auftreten."
Mit der Spitze ihres Zeigefingers lenkte sie Percys Schwert von sich weg und deutete hinter sich in die Schatten aus denen drei Gestalten traten. Eine Frau, ein Mann und... eine ziemlich große Eidechse.
"Was-", setzte ich an.
Percy griff sich an die Stirn, als wäre ihm gerade ein Einfall gekommen, als hätte er nun verstanden, doch über das Ergebnis freute er sich keineswegs. Das Eidechsenwesen sah ziemlich mitgenommen aus, es scharrte mit dem Fuß, wenn man ihn als solches bezeichnen konnte, über den Boden und vermied jeglichen Augenkontakt, während die beiden menschlichen Wesen, die definitiv auch schon bessere Zeiten gesehen hatten, streitlustig zu uns hinüber grinsten.
Der Mann ohne Nase, erinnerte mich mit seinen langen strohblonden Haaren an eine Mischung aus Lucius Malfoy und Voldemort höchst selbst. Ein beinahe belustigender Gedanke.
"Freust du dich meine Kinder wiederzusehen, Perseus?", seuselte Hekate. Percys Hände ballten sich zu Fäusten, als wollte er sein Schwert gleich in die nächste Ecke schleudern und auf Hekate mit roher Gewalt zugehen. Wenn sie wirklich für all das verantwortlich war, hätte ich mich dem Faustkampf nur gerne angeschlossen.
"Des Monsters Erben", murmelten Will und Thalia, die die Frau mit hasserfüllten Blicken taxierten.
"Nicht ganz", gestand sie, "doch ihr seid auf dem richtigen Weg. Ich würde mich jedoch nicht als Monster beschreiben, ich bin eine Göttin, und euer schlimmster Alptraum!"
Um uns herum wurde es nebelig, beinahe gespenstisch und dann jagte ein riesiger Feuerball auf mich zu. Gerade sprang ich rechtzeitig zur Seite, riss Thalia mit mir um, während Will Annabeth in Sicherheit brachte. Ich sah nach oben und musste mit Erschrecken feststellen, dass die Decke des Schlosses verschwunden war, nicht mehr existierte, ich sah nur noch den blutroten Himmel, der diese Farbe nicht der Sonne verdankte.
Ein Krächzen. Ein weiterer Feuerball. Doch diesmal war ich vorbereitet. Mit einem Protego konnte ich die Flammen in die entgegengesetzte Richtung lenken.
"Sehr gut, Harry Potter", schnarrte Hekates Stimme an meinem Ohr. "In meiner neuen Weltordnung könnte ich jemanden wie dich gebrauchen."
Neue Weltordnung? Sie schien beinahe verrückter als Voldemort zu sein.
"Hekate!", Thalia ragte neben mir auf. "Wieso tut Ihr das?!" Ich erkannte Geralds Haarschopf, der vor einem weiteren Angriff eines Feuerballs aus dem Weg sprang. Wo kamen diese Dinger her?
"Ach Kind des Zeus, Botin der Artemis - es können wohl nicht alle mit so einem brillianten Verstand gesegnet sein, wie deine liebe Freundin. Doch ohne eins meiner Kinder wäre sie ebenfalls nie darauf gekommen."
Kelly. Ich erinnerte mich an einiges was uns die Halbgötter erzählt hatten, an das was ich selbst über die Griechische Mythologie wusste und ich verstand. Hekate, die Göttin der Magie.
"Der Ursprung. Die Geschichte von Klædila und Mãnukaï, Klee und Manu", Percy erschien nun ebenfalls aus dem Nebel, neben ihm auch Will.
"Doch warum das alles?" Thalia verstand noch immer nicht.
"Über die Jahrtausende ist meine Macht immer schwächer geworden, die Zauberer verliebten sich in Menschen, Muggel, armselige Leute von nicht magischen Blut - je verstreuter, je geringer die Reinheit des magischen Blutes geschützt war, desto mehr Macht verlor ich und als Tom Riddle, Lord Voldemort, einer der letzten die für das Rechte kämpften von uns ging, setzte das eine Kettenreaktion in Gang und ich sah nur eine einzige Möglichkeit mein Überleben zu sichern."
"Götter können nicht sterben", erwiderte Will.
"Aber die Menschen hörten auf an sie zu glauben, sie vertrauten der Magie nicht mehr", krächzte eine Stimme. Annabeth. Ich konnte sie nicht sehen, der Nebel um uns herum war zu dicht, versteckte sie in seinen dicken Schwaden. Percys Augen begannen zu leuchten, obwohl sie alles andere als gesund klang.
Will stürzte zurück in das Ungewisse, um sie zu umsorgen. Würde sie versuchen aufzustehen,... die Konsequenzen wollte ich mir gar nicht ausmalen.
"Was für eine Möglichkeit?", fragte ich, blickte der Göttin in die schwarzen Augen, die wie ein bodenloses Fass mystisch funkelten.
"Dass die Götter mir Hilfe senden wollten, hatte ich nicht bedacht, sonst wäre mein Plan so viel einfacher gewesen, doch er hat so noch viel besser funktioniert und das wohl wichtigste Rädchen im Getriebe warst du Harry."
Ich? Wie-?... Fred.
"Die Zeitreise, die ihr hinter euch habt, war keine gewöhnliche Zeitreise, es war eine durch einen alten Zeitumkehrapparat, eine Zeitreise, bei der ihr nicht eure eigene Achse überschreiben konntet, sondern bloß durch eine Veränderung eine zweite Achse geschaffen habt, eine zweite Achse, die mit jeder Sekunde an Macht gewinnt und dessen Wirbelsturm die Eure bald zu Schutt und Asche zermalmen wird. Du ersparst mir große Arbeit, mein Sohn."
Ich spürte die Wut in mir aufsteigen. Diese Frau hatte mich benutzt, sie hatte den Tod unserer Liebsten gegen uns verwendet, sie schien völlig von Sinnen zu sein, wahnhaft, geisteskrank. Total verrückt.
"Was ist mit der Magie? Wieso ist sie beinahe... weg?"
Hekate lachte mahnisch. "Ich fange noch einmal ganz von vorne an. Mãnukaï und Klædila sind zurück und ich werde wieder bei Null ansetzen, mächtiger als je zuvor. Die Magie, die ganze Magie fließt zurück in meine Adern, dahin wo sie all die Jahre hingehörte, als mein Volk begann mich zu betrügen, die magische Rasse beschmutzte!"
"EIN DRACHE!", Gerald schrie auf und viele Schreie folgten ihm, als der Nebel sich legte, noch immer war die Decke des Schlosses verschwunden, über ihm prangte der blutrote Himmel und keine zwanzig Meter entfernt flog ein giftgrüner Drache umher und schoss Feuerbälle auf umstehende Schüler und Lehrer, die von draußen ins Schloss geflüchtet waren.
"Es scheint, an der Front gibt es Probleme." Hekate lächelte süffisant. "Wie gesagt, ich bin euer schlimmster Alptraum!" Sie löste sich mit dem Nebel in Luft auf und verschwand, einzig und allein das verhallende Lachen blieb zurück und schallte von den kalten Wänden.
"Das ist Gricha, er ist der Drache", rief Percy, das Schwert zwar in der Hand, doch unschlüssig, was er nun tun sollte.
"Ich lenke ihn ab", brachte ich heraus, "auf meinem Besen kann ich ihn vom Schloss weglocken."
Percys meergrüne Augen trafen meine. "Harry diese Narbe da,... war das ein Fluch?" Mein zaghaftes Nicken reichte ihm als Antwort.
"Hör nicht auf, ja? Hör nicht auf zu fliegen, bis es vorbei ist."
"Accio Feuerblitz!", rief ich. Der Besen kam angerauscht und bevor er überhaupt stoppen konnte, hatte ich mich auf ihn geschwungen und mit Leichtigkeit in die Lüfte erhoben.
"He! Du große Eidechse mit Flügeln! Hier bin ich!" Ich schoss ein paar Zauber auf ihn ab, um seine Aufmerksamkeit gänzlich auf mich zu lenken, es klappte.
Ein Drache, ein Besen und ich. Das kannten wir ja bereits...
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