✓|09. Von Magie umgeben

⊱ψ•Jason•ψ⊰

Zusammen mit Percy hatten wir uns früh morgens, noch bevor die anderen überhaupt aufgestanden waren, auf den Weg zum Frühstück in die große Halle gemacht, doch wir hatten das Labyrinth aus Gängen, Korridoren und Treppen vergessen, so dass es uns beinahe unmöglich war, allein den richtigen Weg zu finden.

"Es ist wirklich lustig, das seine Mutter ihn nach der Hauptstadt von Italien benannt hat, findest du nicht auch?"

Percy redete schon eine ganze Weile, doch ich war mit den Gedanken völlig woanders gewesen, so dass ich bloß ein Achselzucken und ein "Hmh?" von mir geben konnte.

"Rom", sagte er, als wäre es selbstverständlich. "Gerade du solltest das doch witzig finden." Er grinste. "Frank und Hazel hätten gelacht."

Völlig irritiert versuchte ich herauszufinden, worüber er überhaupt sprach, doch ich konnte einfach nicht durchblicken. Ich sollte wohl mal meine Brille putzen...

"Er und Henry scheinen ziemlich gut miteinander befreundet zu sein."

Wir irrten noch ein wenig umher, ehe uns ein nettes Mädchen mit gelb-schwarz gestreifter Krawatte den Weg wies und wir beinahe zeitgleich mit unseren Zimmergenossen beim Frühstück eintrafen.

"Morgen", sagten Ron und Harry.

"Wo wart ihr heute früh?", fragte Neville.

"Spazieren", sagte ich.

"Auf der Suche nach Essen", fügte Percy grinsend hinzu.

"Dann seid ihr hier genau richtig", strahlte Ron und deutete auf die üppig gedeckten Haustische, von wo der Duft nach frischen Toasts meine Sinne vernebelte.

"Ich hoffe, ihr habt blaue Pancakes auf dem Speiseplan." Percy leckte sich verträumt über die Lippe.

"Blau?" Dean zog eine Augenbraue in die Höhe.

"Blau schmecken sie eben am besten."

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Mit einem überhäuften Teller voll Toast, einem Croissant, vier Pancakes, die leider nicht blau waren, zwei Muffins und einem Brötchen konnte für Percy der Tag starten. Ich hingegen genehmigte mir zwei Butter-Brötchen mit Speck und Eiern und beäugte meinen Freund, wie er genüsslich zulangte.

"Wo isst du das alles hin?", fragte Ginny, Rons Schwester, überrascht, als sie sich mir gegenüber neben einem überaus müden Harry niederließ.

"Ach das ist doch gar nichts. Percy hat schon um einiges mehr verdrückt." Ich lachte. "Der einzige, der ihm vielleicht Konkurrenz machen könnte, wäre wohl Leo..." Schockiert über meine Worte hielt ich inne. Für einen Augenblick, nur ganz kurz hatte ich vergessen, dass er tot war.

Percy überspielte meinen Aussetzer, in dem er entgegnete, dass Grover, sein bester Freund, wohl dreimal so viel essen könnte, wie er selbst.

"Allerdings isst er hauptsächlich Müll... und Käse-Enchiladas."

Er fuhr sich über die Mundwinkel und sah dann zu mir. "Hab ich noch was im Gesicht? Die Mädchen dahinten gucken so seltsam." Er schielte hinüber zu einem der anderen Tische, wo fünf Fünftklässlerinnen kichernd hinter vorgehaltener Hand tuschelten.
"Laut Annabeth esse ich wie eine Hyäne auf Speed."

Ich prustete los und verteilte dabei Brotkrumen über den halben Tisch.

"Entschuldigung", murmelte ich, doch den Zauberern schien es nicht viel anders zu gehen. Sie husteten und prusteten.

"Woher weiß sie denn, wie sowas aussieht?", lachte Ron, nachdem er sich etwas beruhigt hatte.

"Sie ist Annabeth Chase, sie weiß einfach alles", erwiderte Percy und warf seiner Freundin einen stolzen Blick zu.

"Oh, wie Hermine also", sagte Ron, "Sie ist wirklich genial, furchtbar intelligent." Hermine wurde rot.

"Du meinst Herma?", fragte Percy nach. Ich versuchte mit einem gespielten Husten mein Lachen zu übertönen.

"Hermine", korrigierte Ron.

"Gesundheit." Percy lud sich einen weiteren Pfannkuchen auf und ertränkte ihn in Ahornsirup.

"Glaubst du nicht, sie gehen unter?" Ich deutete auf seinen Teller und die Pfannkuchen.

"Wie sollen sie denn sonst schwimmen lernen?"

•| ⊱ψ⊰ |•

Unsere erste Stunde war Verteidigung gegen die Dunklen Künste bei einer neuen Professorin, die daher noch keiner kannte.

"Ich habe sie nicht beim Festmahl gestern gesehen", sagte Hermine nachdenklich und vertiefte ihre Nase wieder hinter den Seiten ihres Buches.

Um ehrlich zu sein, konnte ich die Ähnlichkeit zwischen ihr und Annabeth nicht sehen. Bestimmt war Hermine intelligent, doch ansonsten war sie zurückhaltend, beinahe schüchtern und eher unauffällig, während Annabeth eine Naturgewalt war.

Wir saßen alle zusammen in einem steinernen Korridor an die Wand gelehnt und warteten auf den Rest der Klasse und die Lehrerin.

"Percy", rief auf einmal jemand und Annabeth kam glücklich auf uns zugelaufen.
Sie begrüßte ihn mit einem Kuss und zog uns beide auf die Füße.

Im eben selben Augenblick schwang die Tür zum Klassenzimmer wie durch Zauberhand auf und offenbarte einen großen mit Holz verkleideten Raum.
Mehrere Tischreihen zogen sich hindurch bis vor zum Pult, hinter dem ein Geist schwebte.

Das war nichts ungewöhnliches mehr, in Hogwarts waren mir - trotzdessen, dass wir erst seit gestern hier waren - schon einige Geister über den Weg gelaufen. Über Sir Nicolas bis hin zu Peeves, dem Poltergeist, der einen gerne mal mit Gegenständen bewarf.

Es war der Geist eines Mädchens, überaus jung mit einem dunklen Zopf, in den Silberfäden gewebt worden waren. Auf ihrem Kopf saß eine Tiara, die hell im Schein der Fackeln aufblitzte, während ihre kupferfarbene Haut mit dem Licht verschmolz. Sie sah aus wie eine persische Prinzessin.

Ihr Outfit erinnerte mich an meine Schwester. Der Pelzkragen, das silber und... das Wappen der Artemis.

"Zoe?!" Percy blieb der Mund offen stehen.

Der Name rief in mir eine Erinnerung an ein Gespräch wach, dass ich vor wenigen Monaten mit Nico geführt hatte. Ein Einsatz der Jägerinnen der Artemis, zu denen auch Bianca, Nicos Schwester, gehörte. Zoe und sie hatten beide ihr Leben gelassen, doch Zoe war zu den Sternen zurückgekehrt.

"Was machst du denn hier?" Percy ging schnellen Schrittes auf sie zu, Annabeth ihm dicht auf seinen Fersen.

"Wer ist das?", fragte Ron an mich gewandt.
"Das ist Professor Nightshade", sagte Hermine, "Sie unterrichtet Verteidigung gegen die Dunklen Künste."

"Und das weißt du jetzt, weil..."

"Ihr Name steht an der Tafel und das ist eben unsere erste Stunde."

Ron grummelte etwas Unverständliches und zog Harry mit sich an einen Tisch in der zweiten Reihe.
Ich tat es ihnen gleich und ließ mich hinter sie neben ein brünettes Mädchen aus Ravenclaw fallen, die zusammen mit Annabeth angekommen war.

Percy und Zoe schienen sich angeregt zu unterhalten, doch als auch die letzten Schüler eintrudelten, war er gezwungen sich mit Annabeth an den Tisch neben mir zu begeben und sein Buch herauszuholen.

"Die könnt ihr gleich wieder wegstecken", rief sie gebieterisch und deutete auf die Schulbücher, "Ich bin hier, um euch auf das vorzubereiten, was kommen wird."

Eine dramatische Pause ließ eine Gänsehaut über meine Arme kriechen.

"Ihr alle habt erfahren müssen, dass die Magie schwächer zu werden scheint. Wie wollt ihr euch noch verteidigen, wenn euch keine Zauberei mehr bleibt? Ihr sollt dem nicht schutzlos ausgeliefert sein und deswegen müsst ihr lernen, euch auch ohne Zauberstab zu verteidigen."

Empörtes Gemurmel kam aus den Reihen der Hexen und Zauberer.
"Wird das also wie bei Umbridge?", rief ein Ravenclaw aufgebracht und schüttelte den Kopf.

"Wir spezialisieren uns nicht auf theoretische Konzepte, falls Sie darauf hinauswollen, Mr. Prescott", sagte Professor Nightshade scharf.

Der junge Prescott schrumpfte ein wenig auf seinem Sitz, doch Zoe fuhr unbeirrt fort: "Ihr werdet Verteidigungsmöglichkeiten lernen, Kampftechniken, mit nur minimalem bis gar keinem Zauberstabeinsatz. Das ist besonders wichtig, da noch keiner weiß, ob die Magie der Erde gänzlich entzogen oder nur abgezweigt wird. Letzteres wäre ein besonderes Problem..."

"Weil jemand die ganze Magie für sich allein beanspruchen würde und wir hilflos wären", beendete Hermine den Satz.

"Also", rief Zoe, "Hoch mit euch und stellt euch paarweise zusammen. Das wird eine anstrengende Stunde."

•| ⊱ψ⊰ |•

Zoe hatte nicht übertrieben. Für all diejenigen, die diese Form von körperlicher Aktivität nicht gewohnt waren, musste die Unterrichtsstunde eine reine Qual gewesen sein.

Über die nächsten Stunden hinweg sah man immer wieder Gryffindors und Ravenclaws, die sich streckten und sich die überanspruchten Schultern rieben.

"Boah, ich tick aus!", klagte Ron nun schon zum siebten Mal. "Wie können euch nicht die Knochen weh tun?"

"Tägliches Training", sagte Percy und zuckte mit den Schultern, als wir aus unserer letzten Stunde für den heutigen Tag hinausschlenderten. Währenddessen diskutierten Harry und Hermine über die eben besprochenen Fakten zu Geschichte der Zauberei und den Hexenverfolgungen.

"Du hast bei Binns aufgepasst?", fragte Ron irritiert, drängte sich an uns vorbei, um sich zwischen seine besten Freunde zu quetschen.

Professor Binns, der Lehrer für Geschichte der Zauberei, war wie Zoe ein Geist, doch im Gegensatz zu ihr, war er weder zu Lebzeiten noch jetzt wirklich lebhaft gewesen und so zog sich sein Unterricht in überdimensionale Längen, so dass es einem vorkam, die Decke würde uns auf den Kopf fallen.

"Nein, Harry, du verwechselst das. Die Hexenverbrennung war 1672 nicht 1768", sagte Hermine.

"Wer ist Harry?", fragte Percy verwirrt. Stumm sah ich zwischen ihm und den drei Jugendlichen, die vor uns liefen, hin und her.

Ich deutete auf den schwarzhaarigen mit der runden Brille. Percy nickte verstehend und sagte: "Gut, dass es mir jetzt aufgefallen ist, sonst hätte das noch peinlich werden können. Rom, Harry und Herma. Das muss ich mir merken."

Ich verkniff mir das Lachen und schritt zusammen mit Percy und den drei Gryffindors durch das Schloss hinaus zum Ufer des schwarzen Sees, wo wir uns unter einer großen Eiche niederließen und die letzten starken Sonnenstrahlen des Jahres genossen.

Rons Schwester Ginny stieß mit Will, Nico und Annabeth im Schlepptau nur wenige Minuten später dazu.

Hermine zog aus ihrer Tasche, die wirklich winzig war, neun kleine Bierflaschen hervor und reichte jedem eins.

"Ihr dürft in der Schule Bier trinken?", fragte Annabeth skeptisch und musterte die Etiketten.

"But-butter-b-bier", las Percy angestrengt vor und rümpfte angeekelt die Nase. "Was soll das denn sein?"

Schockiert sahen die Zauberer uns an. "Das ist ein Witz oder?", sagte Ron. "Ihr kennt kein Butterbier?"

Unisono schüttelten wir den Kopf.

"Das kann man an warmen Tagen kalt oder im Winter heiß genießen", schwärmte Ron, "es ist das beste Getränk überhaupt!"

"Du klingst wie Mr. D", grinste Percy. Ich lachte. Jetzt, wo er es sagte... Mr. D schwärmte von seiner Coke - oder dem Wein - genauso, wenn nicht sogar mehr.

"Wie wer?" Ginny hob eine Augenbraue.

"Unser... ähm Direktor", murmelte Annabeth. "Er hat einen Faible für Coke Zero."

"Und ihr nennt ihn Mr. D?"

"Ähm... ja?"

"Amerika ist wirklich seltsam", sagte Ron schmunzelnd.

"Oh und ihr erst", erwiderte Nico und deutete auf Hermine, die ihre Butterbierflasche mit dem Zauberstab entkorkte. "Ihr macht alles mit Zauberei, als wärt ihr bloß faul. Wie wollt ihr damit umgehen, wenn die Magie wirklich... verschwindet?"

Darauf wusste keiner von ihnen eine richtige Antwort und so blieben sie bloß stumm und starrten auf die spiegelglatte Oberfläche des Sees.
Plötzlich schoss ein Tentakel durch das Wasser und verschwand so schnell auch wieder, wie er aufgetaucht war.

"Ist das der Riesenkraken?" Percy saß sofort kerzengerade im Gras und fixierte die Stelle, an der eben noch einer von acht Armen des Meerestieres emporgestoßen war.

Harry nickte.

"Dann wird es Zeit, dass ihn mal jemand besucht."

"Algenhirn, nein!", rief Annabeth ihm noch hinterher, doch er war schon die letzten Meter über die Wiese gerannt, riss sich das Tshirt und den Umhang über den Kopf und hechtete ins kalte Nass.

"Algenhirn?", fragte Hermine.

"Er hat ja auch bloß Algen im Kopf."

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