21 ˖⋆࿐໋₊
Der Mann zögert und überlegt scheinbar, seinen Bogen zu senken.
Balin legt sanft, aber bestimmt seine Hand auf meinen Stab und drückt ihn runter. "Lass mich nur machen, Rina." Ich zögere, trete aber zurück und lasse Balin mit dem Mann sprechen. Dieser richtet sofort seinen Bogen auf den alten Zwerg. Während Balin versucht, den Mann zu überreden, uns überzusetzen, legt Fili einen Arm um mich. Zuerst denke ich, es ist wegen des Fremden, doch bald wird mir bewusst, dass er mich stützt, als würde er erwarten, dass ich jeden Moment umfalle.
In meinem Stolz gekränkt schiebe ich ihn von mir weg, schlinge meine Arme um meinen Oberkörper. Er behandelt mich, als wäre ich aus Glas! Ich bin nicht wehrlos, nur etwas... krank. Das ist alles, nichts Ernstes. Zumindest versuche ich, mir das weiszumachen.
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"Wie kommt Ihr darauf, dass ich Euch helfen würde?", fragt Bard und belädt sein Boot mit Fässern. Er traut diesen Zwergen nicht; vor der Magicae hat er großen Respekt. Sie scheint, wenn man sie so ansieht, krank zu sein, doch das bedeutet nicht, dass sie nicht gefährlich ist. Bard hat nicht vor, sie zu verärgern.
Bis vor Kurzem dachte er, die Magicae seien nur eine Legende - doch nun steht eine von ihnen direkt vor ihm. Ich weiß nicht, ob sie gut oder böse ist, aber sie ist mächtig. Sie sich zum Feind zu machen, wäre mehr als unklug.
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Balin versucht weiterhin, Bard zu überreden, die Zwerge, Bilbo und Rina über den Fluss zu bringen.
Kili beobachtet Fili, der wiederum Rina beobachtet und fragt sich dabei, wie lange es wohl dauern wird, bis sein großer Bruder ihr endlich sagt, welche Gefühle er für sie hegt. Kilis beste Freundin scheint sich Filis Zuneigung für sie entweder nicht bewusst zu sein, so denkt der junge Zwerg, oder sie ignoriert jegliche Anzeichen mit Absicht.
Aber warum sollte sie das machen?, überlegt Kili und behält weiter Fili im Auge, der mehr als besorgt um Rina zu sein scheint. Zurecht, die junge Frau sieht nämlich aus, als würde sie jeden Moment umkippen, würde der Wind nur etwas zu stark wehen. Ich habe immer angenommen, dass sie Fili auch mag, denkt Kili weiter. Warum will sie nicht, dass er das weiß? Noch während er den Gedanken beendet, fällt der Groschen: Sie hat Schuldgefühle.
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Er hatte ja keine Ahnung, was für eine Untertreibung das war. Rina hatte nicht bloß Schuldgefühle, nein, sie hatte auch einen Plan; zwar war sie dankbar, dass die Zwerge sie wieder aufgenommen hatten, doch sobald sie den Erebor zurückerobert hatten, wollte sie die Gemeinschaft verlassen, um Azog ausfindig zu machen...
Und ihn ein für alle Mal zu töten.
Eigentlich sollte sie es besser wissen, als ihren Rachegelüsten Folge zu leisten, doch sie konnte nicht anders. Diese Wut und dieser Hass wurden schon seit Jahren in ihrem Inneren geschürt, und so einfach konnte sie diese Gefühle nicht abschütteln. Jetzt, wo sie wusste, dass sie sich nicht gegen Thorin, sondern gegen Azog richteten, hoffte sie, nicht nur für sich und ihre Familie, sondern auch für Thorin und alle anderen, denen Azog je Leid zufügte, Gerechtigkeit zu finden. Wenn er tot ist, kann er niemandem mehr schaden. Da ist sie sich sicher. Der Welt ginge es besser ohne ihn... Und vielleicht kann ich so wiedergutmachen, was ich den Zwergen angetan habe. Aber wie erginge es ihren Freunden ohne Rina? Was würden sie tun, sollte sie sie verlassen?
Sie werden schon klarkommen. Ich bin gefährlich, und zur Zeit scheine ich meine Magie nicht unter Kontrolle zu haben. Vielleicht ist mein Amulett kaputt? Auf jeden Fall muss ich aufpassen, wenn ich meine Magie nutze... Ich will nicht versehentlich jemanden verletzen.
Rina schaut zwischen Bard und Balin vor und zurück. Als Bard andeutet, dass seine Frau gestorben ist, kann sie nicht anders als Mitleid für den Mann zu empfinden. Der Ausdruck in seinen Augen zeigt, dass er seine Frau sehr geliebt haben muss.
Rina kommt nicht umhin, sich zu fragen, ob jemand sie jemals so lieben könnte.
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Fili stellt sich bei Bards Worten mit Grauen vor, wie es für ihn wäre, Rina zu verlieren - ohne zu wissen, dass sie dasselbe denkt. Naja, fast dasselbe: Sie denkt an ihren Traum, den sie in Beorns Hütte hatte und seitdem nicht mehr vergessen konnte. Fili und die anderen waren alle tot... Auch die Orks. Nur sie war übrig.
Bilder von Blut und Flammen, von Chaos und Zerstörung zucken durch ihren Kopf. Ihre Haut kribbelt unangenehm. Was, wenn das nicht nur ein Traum war? Was, wenn... Sie schluckt, ihr Herz setzt einen Schlag aus. Was, wenn ich sowas wie eine Vision hatte? Sie braucht nicht lange nachzudenken, um einen Entschluss zu fällen: Sollte es wirklich eine Vision, eine Warnung gewesen sein, würde sie alles tun, um das Schicksal der Gemeinschaft in eine andere Richtung zu führen und ihre Leben zu retten.
Sie wird aus ihren Gedanken gerissen, als Fili seine Hand auf ihre Schulter legt. Rina zuckt zusammen, sieht ihn an wie ein aufgescheuchtes Reh.
Besorgt und fragend zugleich runzelt Fili die Stirn. "Ist alles in Ordnung mit dir?"
"Ja", brummt Rina, ballt die Hände zu Fäusten. Sofort ist sie gereizt. "Das sagte ich doch bereits."
Fili weiß, dass sie lügt. Er kann sehen, wie ihre Kräfte - ihre Energie - schwinden, und dass, wann immer sie etwas zaubert, ihr Amulett rot aufleuchtet. Es pulsiert beinahe... Dabei sieht es aus, wie- Er stockt. Wie ein Herzschlag. Es schlägt im Rhythmus ihres Herzens, nur... Viel zu langsam.
"Rina..." Überfordert durch seine Erkenntnis und die mögliche Bedeutung, sucht er nach Worten, doch bevor er einen Satz formen kann, wendet Rina sich an Bard. Sie hat gemerkt, dass er misstrauisch ist, weiß aber, dass er drei Kinder durchzufüttern hat. Als er sich weigert, sie über den See zu bringen, meint er auch, dass man zwar ungesehen in die Stadt kommt, aber dafür einen Schmuggler bräuchte. Das bringt die junge Magicae auf eine Idee.
"Dem bezahlen wir das Doppelte", ruft sie mit vor der Brust verschränkten Armen. Thorin wirft ihr einen prüfenden Blick zu, und indem Rina diesen ausdruckslos erwidert, macht sie ihm klar, dass das ihre einzige Chance ist, von Bard über den Fluss gebracht zu werden und so zum einsamen Berg zu gelangen.
Thorin nickt ihr knapp zu, sieht nun, die Hände vor der Brust verschränkt, zu Bard. "Also, was sagt Ihr?"
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Sie töten uns.
Sie schlachten die Zwerge einen nach dem anderen ab, greifen ihre Familien und Verbündeten an. Ich stehe mitten auf dem Schlachtfeld und sehe zu, kann mich nicht rühren. Wut macht sich in mir breit und mein gesamter Hass richtet sich gegen unsere Angreifer. In mir spüre ich die Magie pulsieren, die nur darauf wartet, herauszubrechen und den Orks den Garaus zu machen.
Doch sie tut es nicht. Sie kann es nicht.
Ich kann es nicht. Ich kann meine Freunde nicht schützen...
Gänsehaut überkommt mich, als ich Azogs leise, drohende Stimme direkt neben meinem Ohr höre. "Du hättest mich nie hintergehen dürfen... Jetzt lebe mit den Konsequenzen."
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"Rina!"
Nach Luft schnappend schlage ich die Augen auf. Schon wieder so ein brutaler Traum, und so lebensecht...
Schreie.
Blut.
Zerstörung.
Tod.
Das ist alles, was ich die letzte Zeit in meinen Träumen vorfinde. Ich wollte eigentlich nicht einschlafen, doch Bards Boot - ich bekam mit, wie Bilbo den Fremden nach seinem Namen fragte - schipperte so langsam daher und machte mich schläfriger, als ich ohnehin schon war. Irgendwann fielen meine Augen einfach zu.
Vor mir kniet Fili. Er sieht besorgt drein. So schaut er schon aus, seit ich ohnmächtig wurde, nachdem ich Kili gerettet habe. Er glaubt mir nicht, wenn ich beteuere, dass es mir gut geht. Und ganz ehrlich? Ich würde mir auch nicht glauben. Die anderen tun es sicher auch nicht.
Selbst Thorin sieht immer wieder zu mir rüber, als wolle er sich vergewissern, dass ich noch unter den Lebenden weihe. Dabei bin ich mir sicher, dass ich bloß eine Grippe oder etwas Fieber habe. Nichts, was Medizin nicht heilen kann.
Dass wir keine haben, ist nicht so praktisch, doch ich würde sie sowieso nicht nehmen. Nicht, bevor Kilis Bein geheilt worden wäre.
"Ich wollte dich nicht wecken, aber du sahst aus, als hättest du schlecht geträumt", flüstert Fili mir entschuldigend zu. Aus dem Augenwinkel kann ich, nur eine Armlänge entfernt, Kili und Bilbo neben mir sitzen sehen. Ich weiß nicht, wie lange der Zauber helfen wird, den ich auf Kilis Wunde gelegt habe. Vielleicht hat er schon aufgehört, zu wirken. Ich hoffe, dass wir baldmöglichst an Medizin kommen, um sein Bein zu versorgen, denn ich kenne Bolg.
Seine Pfeile sind immer vergiftet.
Kili schwebt in Lebensgefahr. Dagegen ist das, was ich habe, nichts.
"Schon gut", antworte ich genauso leise, versuche mich an einem Lächeln.
Fili erwidert es nicht. "Hör zu", sagt er ernst, nimmt meine Hände in seine. "Wir können alle sehen, dass du krank bist. Ich glaube, es wäre besser, wenn du vorerst deine Magie etwas schonen würdest... Sie zu benutzen, schwächt dich nur noch mehr."
Schnaubend verdrehe ich die Augen. "Schwachsinn. Kili ist es, um den ihr euch sorgen müsst", murmle ich, damit es niemand sonst hört. Filis Augen durchzieht ein Schatten. "Er sieht beschissen aus, aber nicht so beschissen wie du."
Überrascht wegen seiner Worte, hebe ich die Brauen. "Entschuldige mal - ", beginne ich empört, werde aber von Bilbo neben uns unterbrochen. "Er hat recht", sagt der Hobbit. Sein Blick ist warm und voller Zuneigung und Sorge. "Ich finde, du solltest dich ausruhen. Wir können dich wecken, wenn wir die Seestadt erreicht haben."
"Aber - "
"Rina, mach es einfach." Kilis Stimme klingt streng, doch sein Gesichtsausdruck ist weich. Die drei sehen mich eindringlich an, bis ich ergeben die Hände in die Luft werfe. "Na schön", brumme ich, verschränke die Arme vor der Brust. Fili setzt sich auf den freien Platz zwischen mir und Bilbo, kurz darauf liegt mein Kopf auf seine Schulter. Ich spüre, dass ich kurz davor bin, einzuschlafen.
Deshalb bekomme ich wenig später auch nicht mit, wie Thorin Filis Blick sucht, ihn stumm fragt, was mit mir ist.
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Fili schluckt nur, schüttelt kaum merklich den Kopf. Thorin seufzt still, wendet sich dann ab. Er lässt es sich nicht anmerken, doch auch er macht sich Gedanken. Wieso ist Rina so plötzlich krank geworden?
Was keiner von ihnen zu diesem Zeitpunkt weiß, ist, dass Magicae so etwas wie eine Grippe nicht kriegen. Sie sind immun gegen Krankheiten.
Während Rina weiterhin naiv glaubt, sich bloß erkältet zu haben, überlegt Thorin, wieso das so ist. Bilbo findet, dass dieses kalte Wetter weder ihr, noch Kili oder sonst wem hilft und Kili selbst spürt, wie Rinas Magie nachlässt und sein Bein wieder zu schmerzen beginnt, doch er versucht, sich gegenüber den anderen nichts anmerken zu lassen.
Eigentlich sollte Rinas Zauber länger wirken. Das muss mit ihrer Gesundheit zu tun haben, denkt Kili und mustert seine Freundin forschend. Wenn sie schwach ist, gilt wohl dasselbe für ihre Magie.
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In Gedanken versunken greift Fili wie selbstverständlich nach Rinas Hand, verschränkt ihre Finger ineinander. Ihr Kopf lehnt gegen seiner Schulter, ihr Atem geht ruhig und ihre Brust hebt und senkt sich regelmäßig. Sie schläft... Das ist gut. Sanft streicht er mit seinem Daumen über Rinas Handrücken, sieht zu ihr hinunter. Dabei fällt ihm etwas auf: Unter Rinas Oberteils lugt etwas schwarz-rötliches hervor. Mit zusammengeschobenen Augenbrauen zieht Fili den Stoff ein Stückchen zur Seite.
Er spürt, wie jegliche Farbe aus seinem Gesicht weicht und sein Herz ihm beinahe bis zum Hals springt, als er erkennt, dass ihre Rune sich zu verfärben beginnt. Das kann nicht normal sein! Irgendetwas stimmt nicht mit ihr. Schützend legt er einen Arm um ihren Körper, drückt sie näher an sich, als würde ihre Krankheit so verschwinden. Was auch immer sie hat, es muss ein Gegenmittel geben. Für Kili auch. Ich werde keinen der beiden verlieren... Das kann ich einfach nicht.
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