8

Yuki empfing uns mit einem sehr vorwurfsvollen Maunzen und ich beeilte mich damit sie zu füttern. Dann führte ich Taehyung ins Wohnzimmer und bereitete ihm ein Lager aus Decken und Kissen auf dem Sofa vor. Netterweise hatte Jin sich nach einem etwas längeren Telefonat dazu bereit erklärt mich für die nächsten beiden Wochen krankzuschreiben und ich war ihm dafür mehr als dankbar, schließlich machte er sich damit strafbar.

"Kookie?" Der Kleinere hatte sich zwischen die Kissen gekuschelt. "Schauen wir einen Film?" Ich sah überrascht zu ihm und nickte dann. "Gerne. Lass mich noch Getränke und Snacks holen." Schnell huschte ich in die Küche und bereitete alles vor. Dann trug ich die Knabbereien und das Wasser vorsichtig auf einem Tablett ins Wohnzimmer, wo sich der Schwarzhaarige schon die Fernbedienung geschnappt hatte und durch Netflix zappte. Ich setzte mich auf den Rand des Sofas und stellte das Tablett auf dem Wohnzimmertisch ab. Zum Glück stand der Tisch so nah am Sofa, dass es kein Problem war sich etwas zu Essen zu angeln.

"Kookie", sagte der Ältere erneut und ich wandte den Kopf fragend in seine Richtung. "Komm her. Kuscheln", kommandierte er und schaffte es tatsächlich mich etwas aus dem Konzept zu bringen, sodass das Blut in meine Wangen schoss. Eilig krabbelte ich zu ihm herüber und er schlang einen Arm um mich, bevor er die Decke über uns zog. "Du kümmerst dich echt gut um mich und du glaubst nicht, wie dankbar ich dir dafür bin", hauchte der junge Mann in mein Ohr und hauchte einen Kuss auf meine Wange. "D-das ist doch k-kein Problem, i-ich tu das gerne", stammelte ich. Warum war ich nur so aus dem Konzept gebracht? Das passierte sonst nie.

Wir entschieden uns für Marvel. Doctor Strange. Ich liebte die Marvel Filme. Zufrieden kuschelte ich mich an Taehyung und angelte mir eine Handvoll Chips. "Mach aah", ich schob ihm ein paar der Chips in den Mund, bevor ich die Restlichen aß. Mit Spannung verfolgten wir den Film. Die ganze Zeit hielt der Schwarzhaarige mich fest im Arm und ich genoss das Gefühl. Irgendwie gab es mir Halt und Sicherheit. Ich wandte den Kopf und betrachtete das Seitenprofil des wunderschönen Jungen neben mir. Er könnte locker als Model durchgehen. Noch nie hatte ich jemanden gesehen, dessen ungeschminktes, natürliches Gesicht so perfekt aussah.

Der Kleinere wandte ebenfalls den Kopf und sah mich an. "Kookie, du musst schon auf den Film achten und nicht mich anstarren", kommentierte er mein Verhalten. Ein Teil der Traurigkeit war aus seinen schönen Augen gewichen, stattdessen blitzten sie mich jetzt beinahe übermütig an. Ein Funkeln war in seinen Blick getreten und es gefiel mir. Es gefiel mir sogar sehr gut. Stumm sahen wir uns an. "Du bist echt schön, weißt du das?", fragte ich leise. Seine Augen weiteten sich vor Überraschung. "N-nein, das wusste ich nicht", wisperte er. "Sora hat sowas nie zu mir gesagt. Für ihn war ich nie schön und perfekt genug." Ich hob die Hand und strich ihm vorsichtig eine widerspenstige Haarsträhne aus der Stirn.

"Lass uns keinen einzigen Gedanken mehr an deinen Ex verschwenden, er ist es nicht wert, okay?", murmelte ich. Der Ältere nickte zaghaft. Mein Blick fiel auf seine Lippen. Sie glänzten rot und verführerisch und ich verfluchte mich zum hundertsten Mal dafür mich in Taehyung verliebt zu haben. Mit einer ruckartigen Bewegung riss ich mich aus dem Bann und drehte meinen Kopf widerwillig wieder in Richtung Fernseher. Gerade lag Dr Strange auf der Liege und musste mit einem Stromschock wiederbelebt werden. Krampfhaft starrte ich auf den Fernsehbildschirm und krallte meine Hände in meine Knie.

"Ich liebe Sora nicht mehr. Schon etwas länger nicht. Ich wollte nur geliebt werden. Irgendwie Wärme bekommen", gab der Kleinere neben mir zu und griff nach meiner verkrampften Hand. Sanft kreiste sein Daumen über meine Haut und meine Finger entspannten sich langsam wieder. "Ich war so dumm", wisperte er dann. "Ich habe alles getan, um seine Aufmerksamkeit und Zuneigung zu bekommen. Dabei warst du doch hier. Du gibst mir alles. Und du magst mich so, wie ich bin." Ich schüttelte den Kopf. "Ich mag dich nicht." Er erstarrte. "Was?" Seine Stimme klang kratzig. Jetzt erwiderte ich seinen Händedruck. "Ich liebe dich."

Und in diesem Moment fühlte ich mich so verletzlich. Ich zeigte dem Älteren alles von mir. Versteckte mich nicht länger. Jetzt kannte er meine Gefühle. Ich wandte den Blick vom Fernseher ab und sah ihm direkt ins Gesicht. "Ich habe alles. Wirklich alles dafür getan, damit es nicht mehr passiert. Sogar eine schreckliche Arbeit besuche ich, damit ich den Personen nicht näherkomme. Und trotzdem. Trotz Allem, was ich dagegen getan habe, hast du dich in mein Herz geschlichen. Ich liebe dich. Verdammt nochmal ja, das tue ich."

Seine Augen waren geweitet. Überrascht. Würde er mich jetzt von sich stoßen? Der Moment, wo ich genug Vertrauen gewonnen hatte, um mich vollständig zu öffnen? Würde er mir wehtun und mich entgültig kaputt machen? Doch er tat es nicht. Stattdessen hob er die Hand. "I-ich weiß nicht, ob das hier Richtig ist, Kookie. Ich h-habe mich doch g-gerade erst von Sora getrennt" Seine Finger strichen über meine Wange. Blindlings griff ich nach der Fernbedienung und schaltete den Film aus. Er störte nur noch.

"Du musst dich selber entscheiden, was du jetzt tust", sagte ich ernst. "Ich kann dir nur raten auf dein Herz zu hören." "Mein Herz", antwortete er leise. Und dann: "Kannst du die Augen zu machen?" Verwirrt schloss ich die Augen. "Was hast du vor?" Seine Finger striffen über mein Kinn, meine Wangen, fuhren die Konturen nach. Dann wanderten sie tiefer, bis eine Hand um meinen Nacken geschlungen war und die Andere auf meiner Brust zu Liegen kam. "Ich höre auf mein Herz", hauchte Taehyung gegen meine Lippen. Sein Atem traf auf meine Haut und zittrig holte ich Luft. Seine Nähe brachte mich wirklich aus dem Konzept.

Und dann küsste er mich. Seine Lippen waren trocken und dennoch weich. Sie schmeckten etwas salzig von den Chips und dennoch süß. Und genau das liebte ich an dem Schwarzhaarigen. Er bestand aus so vielen Widersprüchlichkeiten. Es machte ihn besonders. Es machte ihn zu dem Menschen, der er war. Vorsichtig legte ich meine Hände auf seiner schmalen Taille ab und zog ihn näher an mich heran. Immer noch waren meine Augen fest geschlossen. In mir tobten die Gefühle. Und der Kuss raubte mir schier den Atem. Ich wollte mehr. Ich wollte ihn so sehr. Entgegen all meiner Vorsätze. Ich sollte ihn wegstoßen und aus meinem Leben verbannen, bevor er noch mehr Macht über mich hatte, doch das konnte und wollte ich nicht. Es war sowieso schon zu spät. Viel zu spät. Denn vermutlich war es bereits um mich geschehen gewesen, als ich das erste Mal richtig in seine Augen gesehen hatte. Diese wunderschönen Augen, die seine Seele preisgaben.

Der Kleinere bewegte die Lippen stürmisch, beinahe fordernd gegen meine und ich musste mich zusammenreißen den Kuss nicht noch mehr zu verstärken, doch ich wollte den jungen Mann nicht verschrecken. Seine Hand begann über meine Brust zu streichen und ich konnte mir ein leises, wohliges Geräusch nicht verkneifen. Warum bloß war ich ihm so verfallen? Außer Atem löste ich den Kuss. "Darf ich die Augen wieder aufmachen?", fragte ich keuchend. "J-ja", wisperte der Andere schüchtern. Ich blinzelte. Mein Gegenüber hatte gerötete Wangen und geschwollene Lippen. Gott, mir gefiel der Anblick viel mehr, als er sollte. "Was hat dein Herz gesagt?", fragte ich etwas nervös.

"Mein Herz hat gesagt: Nochmal" Er lächelte verlegen und ein breites Grinsen breitete sich auf meinen Lippen aus. "Hat es das? Nun denn so einen Wunsch will ich auf keinen Fall abschlagen." Ich beugte mich nach vorne und beschlagnahmte erneut Taehyungs Lippen.

Verdammt ich liebte ihn so sehr. Seine Hände vergruben sich in meinem Haar, zogen daran und hilflos stöhnte ich dem Kleineren gegen die Lippen. Ich brauchte ihn. So sehr, wie die Luft zum atmen. Mein Herz schlug Purzelbäume und klopfte wild gegen meine Rippen. Er war wie eine Droge. Versetzte mich in einen Rausch und ließ mich immer mehr wollen. Nein, ich würde nie genug bekommen. Endlich war der Schwarzhaarige bei mir. Vollständig bei mir. Und am Liebsten würde ich ihn nie wieder loslassen. Der Ältere kletterte auf meinen Schoß und ich hielt ihn fest. Besorgt löste ich mich. "Du sollst dich doch schonen". Er lachte. "Das Schmerzmittel wirkt sehr gut, gerade tut mir nichts weh, mach dir keine Sorgen." Mit diesen Worten küsste er mich wieder. So stürmisch, dass ich nach hinten kippte und ihn gerade noch bei der Taille stützen konnte, damit er nicht zu doll auf mich fiel.

Taehyungs war ausgehungert und verzweifelt, genauso, wie ich. Wir Beide wollten Liebe. Wir lechzten danach. Und wir fanden sie bei dem Anderen. Griffen danach und hielten uns daran fest, aus Angst das Gefühl würde wieder verschwinden. Ich fühlte ein Sofakissen in meinem Rücken. Meine Position war etwas unbequem, doch das registrierte ich nur im Hintergrund.

Mir war heiß, unendlich heiß. Und dann musste ich mich von Taehyung lösen, da ich einen Hustenanfall bekam.

Jetzt hatte sie mich also doch noch erwischt. Namjoons vorhergesagte Erkältung. Besorgt griff der Ältere an meine Stirn. "Du bist ja ganz heiß, Kookie" Schwach grinste ich. "Ich weiß. Ich sehe echt gut aus." Der Andere schüttelte lächelnd den Kopf. "Das auch, aber ich meinte jetzt eher, dass du Fieber hast." Warum war die Stimmung trotz Allem so locker? Ich ließ mich aufseufzend in die Sofakissen zurücksinken und lächelte den Kleineren an. "Ich liebe dich."

Er schüttelte bloß den Kopf. "Du bist so ein Idiot, Kookie, warum bist du gestern auch ohne Jacke rausgegangen?" "Die Jacke hätte mir nicht viel geholfen, ich lag in einer Pfütze", antwortete ich trocken und mein Gegenüber verdrehte die Augen. "Lass uns einen Arzt rufen."

Jin verbat Taehyung irgendetwas zu tun, er sollte sich schließlich selber schonen. Der Arzt beschloss unverzüglich vorbeizuschauen. Dementsprechend klingelte es auch bald an meiner Wohnungstür.

Ich rappelte mich auf und schlurfte zur Tür, um sie zu öffnen. Sofort kam der Brünette hereingerauscht, vollgepackt mit Tüten, eine von denen duftete verdächtig nach Essen. "Auf die Couch. Alle Beide", kommandierte er und verschwand dann in meine Küche, wo er mit Geschirr herumklapperte und laut vor sich hin werkelte. Ich kehrte zu Tae ins Wohnzimmer zurück und setzte mich neben ihn.

"Soll ich Abstand halten, nicht, dass du dich ansteckst", fragte ich besorgt. Der Ältere lachte mich aus. "Das habe ich schon längst getan, vermutlich und jetzt komm her." Ich kuschelte mich an ihn, doch das schien ihm nicht zu reichen. Verlangend drückte er seine Lippen auf meine und ich erschauerte, bei der Wucht an Zuneigung, die er mir entgegen brachte. Er begehrte mich.

Natürlich erwiderte ich. Ich liebte ihn. Und er war eine einzige Verführung. Seine Nähe raubte mir schier den Atem und ich drohte in meinen eigenen Gefühlen zu ertrinken.

Ein Räuspern ließ uns auseinander fahren. Jin stand vor uns. Wortlos hielt er mir einen Löffel entgegen, auf dem eine dickflüssige Flüssigkeit herumschwappte. "Deine Medizin." Ohne Widerworte schluckte ich sie. Der Älteste im Raum verschwand wieder in der Küche, nur, um ein Tablett mit dampfenden Essen herbei zu balancieren.

"Danke, Jin", bedankte ich mich bei ihm. "Das ist nicht selbstverständlich, was du für uns tust." Er nickte mir lächelnd zu. "Esst und ruht euch aus. Ich glaube das würde euch gerade am Meisten gut tun." Und auch der Schwarzhaarige neben mir griff tüchtig zu, als wir anfingen zu essen.

Ich lächelte zufrieden. "Ich bin so stolz auf dich", wisperte ich dem Kleineren ins Ohr. Er errötete. Währenddessen beschloss unser Privatarzt uns erst mal wieder in Ruhe zu lassen. "Ich komme nachher wieder", drohte er und packte den Überreste seiner ganzen Tüten zusammen, bevor die Haustür mit einem Klappern hinter ihm ins Schloss fiel.

Schweigend aßen Taehyung und ich das Essen, welches vermutlich hausgemacht war und ausgezeichnet schmeckte. Dann kuschelten wir uns auf meinem Sofa aneinander. Es war so kuschelig und warm. Ich fühlte mich so glücklich, es war mir völlig egal, dass ich krank war und inzwischen alle zwei Minuten einen Hustenanfall bekam.

Endlich war ich wieder zu Hause. In den letzten Jahren war ich es nirgendwo gewesen. Und jetzt fiel mir auf, wie sehr ich das gebraucht hatte. Ein Zuhause, wo ich mich sicher und wohl fühlte. Ein Zuhause war kein Ort, es musste auch nicht zwingend eine Person sein. Es war einfach dort, wo man sich am glücklichsten fühlte. Der Schwarzhaarige war mein Zuhause.

"Tae...", murmelte ich schläfrig. Er wandte den Kopf und sah mich mit seinen wunderschönen Augen an. "Wenn ich dir wehtue, oder das Schmerzmittel aufgehört hat zu wirken, musst du es sagen, okay?" Die Augen des Älteren verformten sich zu runden Schlitzen, als er mich anlächelte. "Mach dir keine Sorgen, natürlich werde ich das", beruhigte er mich. "Gut", ich wurde immer träger. "Und Tae?" Er griff nach meiner Hand und spielte mit meinen Fingern. "Ich liebe dich."

Als Antwort platzierte er einen sanften Kuss auf meinen Lippen, was mich zufrieden aufseufzen ließ. Es war still im Raum. Nur zwischendurch hörte man mein Husten, wenn ich wieder einen Hustenanfall bekam.

Ich schloss die Augen und atmete den Eigengeruch des Kleineren ein. Er roch gut. Nach meinem Shampoo, aber auch nach etwas Eigenem.

Meine freie Hand verirrte sich auf seinen Bauch und streichelte ihn sanft.

Leise gähnte ich und vergrub meinen Kopf in Taehyungs Halsbeuge. Er lachte. "Du bist so niedlich", er platzierte einen kleinen Kuss auf meinem Haar. Ich protestierte nicht. Vor jedem Anderen würde ich jetzt einen auf hart und unnahbar machen. Nein, bei jedem Anderen würde ich es erst gar nicht so weit kommen lassen, dass ich als niedlich bezeichnet wurde. Aber bei dem Schwarzhaarigen war ich ich selber. Er durfte alles an mir sehen. Jede Macke und jede Seite, die ich hatte. Ich wollte, dass er mich sah und nicht eine Maske, die ich zur Schau trug.

Erneut gähnte ich. "Du kannst ruhig schlafen, Kookie", wisperte der Ältere leise in mein Ohr. Ich liebte ihn. Ich liebte ihn so sehr und er war so aufmerksam. Er ließ sich von mir umsorgen, sorgte sich aber gleichzeitig auch um mich. "Nur, wenn es dich wirklich nicht stört", murmelte ich. Er lachte erneut. "Nein, es stört mich nicht." Er kniff mir kurz in die Wange und das war dann doch zu viel des Guten, weshalb ich ein Auge öffnete, um ihn empört anzufunkeln. Statt Reue zu zeigen, grinste er nur frech, weshalb ich nur die Augen verdrehte und sie dann wieder schloss.

Ich schlief wie ein Baby. Es war so warm und kuschelig und ich fühlte mich pudelwohl.

Ausgeschlafen wachte ich auf und drehte den Kopf. Immer noch lag ich halb auf dem Kleineren drauf. Er war ebenfalls eingeschlafen und sein Mund war einen kleinen Spalt breit geöffnet. Er sah so friedlich aus. Unwillkürlich musste ich bei seinem Anblick lächeln.

Das Fieber war gesunken. Wie viel Auswirkung Schlaf doch auf die Gesundheit haben konnte. Ich fühlte mich noch besser, als zu vor obwohl ich nicht gedacht hätte, dass das überhaupt möglich war. Mein Blick fiel wieder auf den Schwarzhaarigen. Sanft platzierte ich einen Kuss auf seiner Wange, bevor ich mir eine Decke schnappte und sie über uns zog.

Ich wollte die Wände meines Wohnzimmers umstreichen. Sie sahen mir zu farblos aus. Jetzt, wo mein Leben Farbe bekommen hatte, wollte ich meine Umgebung auch etwas bunter gestalten. Vielleicht ein rotton, oder blau. Ich würde Taehyung fragen. Mal sehen, was er dazu sagen würde.

Der Kleinere regte sich langsam neben mir und mit einem liebevollen Blick musterte ich ihn. "Hey", brummelte er leise, nachdem er seine Augen geöffnet hatte. Ich schmunzelte. "Hallo"

Mein Handy klingelte und zerstörte unsere Zweisamkeit. Ohne auf den Bildschirm zu schauen ging ich dran. "Jeon Jungkook" Am anderen Ende der Leitung war es still. "Hallo?", fragte ich verwirrt nach. "Jungkook." Ich erstarrte. Auch nach einem Jahr ohne Kontakt erkannte ich ihre Stimme wieder. Natürlich tat ich das. "Hallo, Mama", murmelte ich zögerlich. Aber wenigstens legte ich nicht auf, wie ich es noch vor ein paar Wochen getan hätte.

"Wie geht es dir?" Ihre Stimme zitterte und ich musste schlucken. Warum war sie mir trotz Allem noch so verdammt vertraut? "Gut", wisperte ich. "Mir geht es gut."

"Kookie?" Ich drehte mich um und sah zu Taehyung, der inzwischen aufrecht und hellwach dort saß. Stumm streckte er die Arme nach mir aus und ich flüchtete in seine Umarmung. Wie konnte er wissen, dass es genau das war, was ich jetzt brauchte? Halt. Ich brauchte jemanden der mich festhielt, damit ich hier nicht zerbrach.

"Und wie geht es dir?" Ich hasste diesen Smalltalk. "Auch gut." Die Stimme meiner Mutter klang tonlos. Ich kuschelte mich enger an den Schwarzhaarigen und eine stumme Träne rann mir über die Wange. Er küsste sie weg.

"Kookz" Die Stimme meiner Schwester. "Kookz wir vermissen dich." Auch sie klang wie immer. Und so vertraut. Sie waren alle so vertraut. Der Damm brach, als auch mein Vater sich zu Wort meldete. "Hallo Jungkook", klang seine tiefe Stimme durch die Leitung. Und ich legte auf. Ich konnte das nicht. Ich war viel zu schwach dafür.

"E-es tut mir leid", wimmerte ich. "Es tut mir leid." Und ich wusste selber nicht genau, was ich damit meinte. Ob es mir leid tat, dass ich den Kontakt abgebrochen hatte, dass ich aufgelegt hatte oder, dass ich so schwach war. Vermutlich tat mir alles davon leid. Stumm hielt der Kleinere mich fest, küsste meinen Haarschopf und wischte meine Tränen weg. Ich lehnte meine Stirn gegen seine Brust. "Es tut mir leid", hauchte ich wieder.

So schnell konnte man also die Seifenblase, in der ich vorhin noch geschwebt hatte, zerplatzen lassen. Der Schmerz kehrte zurück. Es tat weh. Es tat so weh.

"Kookie", der Ältere nahm mein Gesicht zwischen seine Hände. "Hör auf. Hör auf dich in deinem Schmerz zu vergraben. Das ist keine Lösung. Bitte. Du tust dir damit nur selber weh." Mit großen verweinten Augen sah ich ihn an. "Es tut mir leid", krächzte ich wieder aber dieses Mal war es an Taehyung gerichtet. Er seufzte. "Hör auf dich zu entschuldigen, du Idiot." Ich klammerte mich an ihm fest. "Kuss?" Denn jetzt brauchte ich ihn. Ich brauchte ihn so sehr.

Mit großen, bettelnden Augen sah ich den Schwarzhaarigen an, immer noch kullerten die Tränen unaufhaltsam aus meinen Augen. Wieder seufzte er. Dann verstärkte er seinen Griff an meinen Wangen, fast tat es weh, aber nur fast. Dann legte er seine Lippen auf meine. Meine Fingernägel krallten sich in sein Oberteil. Ich brauchte ihn. Ich wollte doch endlich nach Hause. Er gab mir Sicherheit, ja, ich brauchte ihn so sehr.

Der Kuss schmeckte ganz salzig von meinen Tränen, die jetzt langsam versiegten. Ich liebe dich.

Seine Hände ließen mein Gesicht los und legten sich stattdessen um meine Hüften. Ich streckte mich seinen Berührungen entgegen. Ich brauchte ihn. Vorsichtig glitten seine schlanken Finger unter mein T-Shirt und streichelten ganz sanft über meine Haut. Seine Gesten beruhigten mich. Ich fühlte mich so wohl bei ihm.

Wir lösten uns. "Danke", flüsterte ich und der Kleinere nickte nur etwas atemlos. Seine Hände blieben dort wo sie waren. Eine angenehme Gänsehaut breitete sich dort aus, wo er mich berührte. "Ich liebe dich", murmelte ich gegen seine Lippen. Er lachte und küsste mich erneut.

Ich bewunderte ihn für seine Energie. Sie war so stark, dass sie mich beinahe zu überwältigen drohte. Der Ältere drängte mich langsam rückwärts, sodass ich wieder mit dem Rücken auf dem Sofa lag und die kühlen Polster unter mir spürte. Er war wirklich voller Widersprüche. Einerseits so schüchtern und zurückhaltend und jetzt so stürmisch und verlangend. Ich keuchte leise, als seine Hände über meinen Oberkörper streichelten. Er schien genau zu wissen, was er tun musste, damit ich alle meine negativen Gedanken von zuvor vergaß.

"Tae", wimmerte ich in den Kuss. Er sollte aufhören, es kostete mich jegliche Selbstbeherrschung nicht wie ein Raubtier über ihn herzufallen. Warum war dieser Mann auch eine einzige Verführung?

"Shh", wisperte er. "Ich will zwar nicht mit dir schlafen, aber dich verwöhnen kann ich auch so, weißt du?" Und ich war fassungslos, als ich sein freches Grinsen sah. Er war so ein kleiner Teufel und dennoch ein Engel. Ich liebte ihn. Zum Glück hatte Jins Medizin inzwischen ihre Wirkung entfaltet, sodass ich die Stimmung nicht mit ständigen Hustenanfällen zerstörte.

Ich wollte Taehyung etwas wegdrücken, doch mein Widerstand versiegte sofort, als er seine Lippen auf meinen Hals legte und meine Haut liebkoste. Ich legte den Kopf in den Nacken, um ihm mehr Freiraum zu geben. "D-du musst das nicht tun. Ich zwinge dich nicht", keuchte ich. "Bitte mach nichts, weil du dich gezwungen fühlst." Er küsste sich wieder hoch und beschlagnahmte meine Lippen erneut. "Jetzt sei doch still, Kookie, ich mache das hier ganz freiwillig. Jetzt hör auf dir Sorgen zu machen, okay?" Stumm nickte ich.

Er küsste über meine Kieferlinie und verdammt wieso konnte er das so gut? Meine Haut brannte unter seinen Berührungen.

Ich keuchte erneut leise. Der Ältere lachte. Dann saugte er sich an meinem Hals fest. Sie hatte sich wieder aufgebaut. Meine kleine Seifenblase, in der ich schwebte. Der Schwarzhaarige hatte es geschafft die geplatzten Stücke wieder zusammenzufügen. Ich musste ebenfalls lächeln. Dann schubste ich Taehyung von mir und krabbelte über ihn. "Warum bist du eigentlich so frech?", fragte ich ihn. Und dann fing ich an ihn durchzukitzeln.

Er lachte laut und flehte um Erbarmen. Ich war so glücklich. Er machte mich so glücklich. Es war wundervoll. Schmunzelnd piekte ich ihn immer wieder in die Seite.

Wir waren schon verrückt. In der einen Sekunde lag ich keuchend unter ihm und in der Nächsten kitzelte ich ihn bis zum Geht nicht mehr. Aber es störte mich nicht, dass wir so waren. Im Gegenteil. Ich liebte es. Ich liebte jede Sekunde hier.

Er machte mich so verdammt glücklich.

Es klingelte an der Haustür und widerwillig ließ ich dem Kleineren seine Atempause, da ich aufstehen musste, um zu öffnen.

Dieses Mal hatte Jin Namjoon mitgebracht. "Ich hoffe ihr habt nichts dagegen, dass wir noch ein wenig Zeit mit euch verbringen, nachdem ich euch eure Medikamente gegeben hab?", fragte er und drängte sich an mir vorbei in die Wohnung. Ich lächelte. "Haben wir nicht." Sie waren so gut zu mir. So fürsorglich und freundlich. Und das nur, weil Namjoon mir im Supermarkt ausversehen Wein über die Hose gekippt hatte.

"Ähm Jungkook", meldete sich der Lilahaarige zu Wort. Ich hob fragend eine Augenbraue, als er mich angrinste. "Also ich will ja nichts sagen, aber schau mal in den Spiegel." Er deutete auf meinen Hals. Ich musste lachen. Es störte mich nicht. Vermutlich schimmerte meine Haut jetzt in blauen und roten Tönen.

Es fühlte sich an, als würde ich in einer schimmernden Seifenblase schweben. Alles war so perfekt. Nicht perfekt aber dennoch so wunderschön. Aber mir war bewusst, dass nur eine kleine Erschütterung meine Seifenblase zum Platzen bringen konnte. Denn die Hülle, die mich umgab war dünn und fragil.

Trotz Jins Protesten folgte ich dem Brünetten in die Küche. Namjoon lachte uns aus und sagte: "Tja, Jinnie, endlich mal einer, der genug Mumm hat sich mit dir anzulegen." Ich zuckte mit den Schultern. "Ihr seid immer noch meine Gäste: Also, was kann ich euch anbieten." Der Größte von uns: Namjoon meinte: "Ein Glas Wasser kann nicht schaden."

Es fühlte sich an, als wäre der Lilahaarige mein bester Freund. Denn das dachte ich, wenn ich an ihn dachte: Bester Freund. Und Tae... Ja, was war das Verhältnis zwischen dem Schwarzhaarigen und mir eigentlich? Ich liebte ihn. Und er schien zumindest mehr als Freundschaft für mich zu empfinden. Dennoch waren wir nicht zusammen und das war auch okay so. Ich wollte den Kleineren zu nichts drängen. Es war zu früh. Er hatte sich gerade erst von Sora getrennt. Ich würde ihm alle Zeit und allen Freiraum der Welt geben.

Grinsend goss ich Wasser in ein Glas und Namjoon und ich wurden zur Strafe beide von dem Ältesten gegen die Schulter geboxt. Als dann auch noch Tae im Türrahmen auftauchte, liefen Jins Ohren knallrot an. Wir lachten ihn herzhaft aus. "Komm schon, ich weiß, dass wir uns schonen sollen, aber wir sind nicht aus Glas. Wir können ja wohl mal stehen", kicherte ich. Der Arzt gab sich widerwillig geschlagen.

Wir kochten Abendessen, lachten und alberten herum. Es war ungewohnt für mich diese kleine Wohnung so voller Leben zu sehen. Yuki Strich in dem ganzen Gewimmel um unsere Beine und bettelte nach kleinen Häppchen. Und natürlich hatten wir alle eine Schwäche für sie, weshalb sie bekam, was sie wollte. Diese Katze würde noch ein fetter Klos werden und noch fauler als sie ohnehin schon war. Deswegen sah ich sie nach einer Weile auch strafend an, aber ihr bettelnder Blick erweichte mich, weshalb ich die Augen verdrehte und knurrte: "Tu doch was du willst." Sie rieb sich schnurrend an mein Bein und ich hob sie schmunzelnd hoch, um mein Gesicht in ihrem weichen Fell zu vergraben. Ich mochte zwar genervt tun, aber wir beide wussten, wie sehr ich dieses kleine Tier in mein Herz geschlossen hatte.

Der Schwarzhaarige gesellte sich zu mir und kraulte das Fell meiner Katze. "Sie taucht immer dann auf, wenn sie Essen will, nicht wahr?" Ich nickte lachend. Ein lautes Klatschen ließ uns aufschrecken. Jin hatte seinem Verlobten mit dem Kochlöffel auf den Hintern gehauen, weil Dieser die Zwiebel nicht richtig geschnitten hatte.

Yuki strampelte weshalb ich sie runterließ. Der Lilahaarige rieb sich mit wehleidigem Blick sein Hinterteil, während der Älteste ihn zurechtwies. "Man sägt die Zwiebel nicht, sondern schneidet sie meine Güte und wo wir schon dabei sind: das Messer sollte man auch nicht mit der Schneide nach oben halten. Du Volltrottel." Und mit diesen Worten wurde Namjoon vom Kochen verbannt.

Wir trollten uns schnell ins Wohnzimmer und ließen den Brünetten alleine kochen, bevor hier noch jemand ernsthaft verletzt wurde.

"Wollen wir Wahrheit oder Pflicht spielen?", fragte der Lilahaarige und mit einer Mischung aus Verblüffung und Entgeisterung musterte ich ihn. War das sein ernst? Wir waren nicht einmal betrunken, wozu sollten wir stocknüchtern ein Spiel spielen, welches normalerweise nur alberne Teenager spielten? Zu meinem Überraschen nickte aber der Schwarzhaarige begeistert, weshalb ich mich geschlagen gab.

"Immer im Uhrzeigersinn", meinte Namjoon. Ich zuckte mit den Schultern und nickte. "Taehyung fängt an. Du fragst Jungkook." Ich wählte Wahrheit. "Bist du schwul?" Ich drehte den Kopf und grinste den Älteren, der die Frage gestellt hatte, an. "Ich weiß meine Sexualität eigentlich nicht wirklich und will sie nicht definieren, aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich auf dich stehe. " Er errötete und fing an mit seinen Fingern zu spielen. Ich zuckte nur mit den Schultern und wandte mich an Namjoon." Wahrheit oder Pflicht?" Zu seinem Pech nahm er 'Pflicht'. Ich grinste teuflisch, weshalb mein bester Freund einen panischen Blick bekam. Tja. Sein Pech. Er hatte dieses beschissene Spiel spielen wollen.

"Geh in die Küche und nimm deinem Verlobten für mindestens fünf Sekunden den Kochlöffel weg." Der Kleinere neben mir prustete laut heraus. "Das ist dein sicherer Tod." Namjoon nickte. "Allerdings."

Zittrig schlich er in die Küche und wenig später hörte man einen wütenden Aufschrei. "Was zur Hölle, Namjoon?" Und wie so ein Dämlicher zählte Namjoon laut bis fünf. Dann hörte man ein Klappern, er hatte den Kochlöffel wohl fallen lassen und er hastete zurück ins Wohnzimmer, wobei er laut schrie: "Das war Jungkooks Idee, das war Jungkooks Idee."

Taehyung und ich kugelten uns vor Lachen auf dem Boden.

Nur zehn Minuten später, wurden wir in die Küche gerufen, das Essen stand fertig auf dem Tisch. Es war Reis mit Gemüsecurry. Mir lief das Wasser im Mund zusammen, es sah wirklich lecker aus. "Wenn ihr jetzt aufhört dämliche Kinderspiel zu spielen, dürft ihr zugreifen", sagte der Koch dieses lecker aussehenden Gerichtes streng. Hastig nickten wir.

Taehyung nahm sich dieses Mal nur ganz wenig und besorgt musterte ich ihn. Er wich meinem Blick aus. "Mein Magen kann noch nicht so viel vertragen", murmelte er verlegen. Unter dem Tisch griff ich nach seiner Hand. "Ist okay. Aber wenn was ist und du wieder Schwierigkeiten mit dem Essen bekommst, dann komm zu mir, okay?", flüsterte ich in sein Ohr. "Ich helfe dir. Zusammen schaffen wir das." Der Kleinere nickte und sah mich dankbar an, bevor er mir einen kurzen Kuss auf die Lippen drückte. Ich grinste.

Vielleicht sollte Jin häufiger für uns kochen. Das Essen schmeckte ausgezeichnet. Außerdem war ich froh, dass er es übernahm Taehyung das Schmerzmittel zu spritzen. Ein Arzt wusste das wohl doch noch besser, als ich, wie das ging.

Nach dem Essen wurde mir natürlich verboten abzuwaschen. Das übernahm das verlobte Paar, während Taehyung und ich, die Patienten, auf das Sofa verbannt wurden mit der Anweisung uns nicht zu überanstrengen. Ich fand es okay. So konnte ich wieder die Zweisamkeit mit dem Kleineren genießen.

Wir kuschelten uns aneinander und der Ältere musterte meinen Hals grinsend. "Man sieht es wirklich gut." Neckend stupste ich gegen seine Nase. "Das scheint dich ja nicht zu stören." Er kicherte. "Im Gegenteil." Er war so niedlich. Wie konnte ein Mensch nur so viele Seiten haben? Seine Persönlichkeit hatte so viele Reflexionen, dass ich ihn kaum einschätzen konnte.

Wie konnte man innerhalb von einer Sekunde von heiß auf süß wechseln, oder von schüchtern auf frech. Er war wirklich widersprüchlich dieser junge Mann. Es gefiel mir, dass man ihn nur so schwer einschätzen konnte. Denn so schaffte er es immer wieder aufs Neue mich zu überraschen.

"Ist es nicht unfair, dass du mich markieren durftest, aber ich dich nicht?", meinte ich herausfordernd und zwinkerte ihm zu. Es war scherzhaft gemeint, doch er schaffte es wieder mich komplett aus dem Konzept zu bringen, indem er mich auf sich draufzog und seinen Kopf in den Nacken legte, sodass er seinen Hals freilegte. "Dann markiert mich doch", flüsterte er herausfordernd und biss sich dabei auf die Unterlippe.

Er lag da unter mir. So verletzlich und vertrauensvoll. Gott, wie ich ihn liebte. "Ist es denn okay für dich? Ich habe dir schon gesagt, dass ich dich zu nichts zwi-" Er unterbrach mich indem er mich küsste. "Jetzt mach schon", keuchte er atemlos, als wir uns voneinander lösten.

Und da konnte ich nicht mehr widerstehen.

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