41. DAS NINA-PROJEKT

1986 | HAWKINS, INDIANA — Der Morgen brach an, als die ersten Sonnenstrahlen durch die Ritzen der alten Vorhänge im Keller drangen. Die Vögel draußen zwitscherten fröhlich, doch im Inneren des Hauses der Familie Wheeler war es still – eine Ruhe nach dem Sturm der letzten Nacht.

„Hey Dustin, hier ist Eddie, der Verwandte. Bist du da? ... Dustin, kannst du mich hören? Dustin." Die Stimme brach durch die Stille und brachte (Y/N) schlagartig aus dem Halbschlaf. Mit einem leisen Fluch befreite sie sich vorsichtig aus Steve's schützenden Armen, die sie die ganze Nacht hindurch gehalten hatten. Ein sanftes Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie ihn im Schlaf sah. Selbst in der größten Katastrophe konnte sie sich auf seine Wärme und Stärke verlassen.

Doch jetzt war keine Zeit zum Träumen. Sie griff nach dem Funkgerät auf dem Tisch, während die anderen noch tief und laut schnarchten. „Erde an Dustin", sang Eddies Stimme durch den Lautsprecher, bevor sie die Antenne nach oben zog.

„Hey, tut mir leid dich zu enttäuschen, Munson. Aber hier ist (Y/N)", sagte sie müde und rieb sich die Augen, die noch schwer von den Ereignissen der letzten Nacht waren.

„Hender-Schwester, hey! Ahh, du könntest mich doch nie enttäuschen. Ähm- ich brauch eine Essenlieferung. Und das am besten bald, außer ihr wollt, dass ich raus in die Welt spaziere", sagte er, während (Y/N) sich die Schläfen rieb.

„Ich bezweifle zwar stark, dass du dich wirklich heraus traust, da ein wütender Mob hinter dir her ist... aber klar, wir bringen dir was vorbei. Bleib wo du bist und wir sind so schnell wie möglich da", antwortete (Y/N) und versuchte dabei, ihren Humor nicht zu verlieren.

„Ja, ja, ja ähm- besorgst du mir ein Sixpack?"

„Ernsthaft?!"

„Ja, ja, ich weiß es ist super bescheuert, jetzt zu trinken... aber ein kaltes Bier, würde echt helfen meine Nerven zu beruhigen."

Apropos beruhigen. Wo war Max? In der Nacht war sie an (Y/N)'s Seite eingeschlafen, aber jetzt war sie verschwunden. „Äh hey, ich meld mich später. Trink in der Zwischenzeit etwas Orangensaft, Munson. Der ist gut für's Immunsystem", sagte sie schnell, bevor sie das Funkgerät beiseite legte und sich auf die Suche nach Max machte.

„Wag es ja nicht-, Henderson!", hörte sie Eddie noch rufen, bevor sie das Gerät ausschaltete.

„Dusty!", rief (Y/N) energisch, während sie ihren Bruder wachrüttelte. Dustin, der halb über dem Sofa hing, riss die Augen auf und stieß mit dem Kopf gegen den alten Röhrenfernseher hinter ihm. „Solltest du nicht auf Max aufpassen, du Knalltüte?!", fragte sie ihn mit verschränkten Armen.

„Jup, jup, jup, sorry", murmelte Dustin verschlafen und rieb sich die Augen, die noch von Müdigkeit schwer waren.

„Und wo ist sie dann?"

„Sie ist genau da", murmelte er und deutete auf die Couch, wo nur noch Steve lag, tief in den Kissen versunken und laut schnarchend. „Vor einer Sekunde lag sie noch da, genau neben dir. Ich schwör, ich bin nur ganz kurz weggepennt. Nur- nur eine Stunde", verteidigte er sich und sah geschockt auf seine Armbanduhr. Seine Schwester packte ihn am T-Shirt und zog ihn grob auf die Beine. „Auaaah! Sie hat auf dir geschlafen, wie konntest du nicht merken, dass sie weg ist?" Dustin schnaubte und rieb sich den Nacken, während sie die Treppen hinaufstapften.

„Ich habe seit fast drei Tagen kein Auge zubekommen. Tut mir leid, dass ich weggetreten bin", brummte sie zurück. Ihre Stimmen hallten durch das Haus, während sie wie typische Geschwister zankten und sich gegenseitig die Schuld zuschoben.

Die Suche dauerte glücklicherweise nicht lange. Denn als sie die Küche erreichten, sahen sie Max am Kaffeetisch sitzen, die Kopfhörer fest auf den Ohren, während sie mit der kleinen Holly plauderte und leise lächelte. Eine Welle der Erleichterung durchströmte (Y/N), und sie konnte endlich wieder erleichtert ausatmen.

„Guten Morgen, ihr zwei", grüßte Mrs. Wheeler mit einem fürsorglichen Lächeln, als sie eine weitere Ladung dampfender Pancakes auf den Teller stapelte. „Alles okay? Ich habe euch streiten hören."

„Äh, ja, alles... alles ist in Ordnung. Tut mir sehr leid für den Lärm, wir haben nur nach Max gesucht", entschuldigte sich (Y/N) hastig, während Max schließlich zu ihnen hinüberblickte und sie bemerkte.

„Sie wissen ja, wie meine Schwester ist, wenn sie noch nichts gegessen hat", scherzte Dustin und grinste breit, nur um sofort einen Todesblick von (Y/N) zu ernten.

„Ich finde es wirklich süß, wie ihr zusammenhaltet, ernsthaft", sagte Mrs. Wheeler bewundernd.

„Könnt ihr es zur Abwechslung mal in einem anderen Haus versuchen? Vielleicht in eurem eigenen?", grummelte Mr. Wheeler und sah genervt von seiner Morgenzeitung auf, sein Gesichtsausdruck mürrisch wie immer.

„Ich hab sie auch lieb, Mr. Wheeler", lächelte (Y/N) provokant und ging danach hinüber zu Max, um sicherzustellen, dass es ihr gut ging.

„Du bist hier immer willkommen, Dustin. Und deine Schwester natürlich auch", sagte Mrs. Wheeler zu Dustin und warf (Y/N) ein sanftes Zwinkern zu.

„Klar, ihr seid wie Familie", antwortete Dustin lächelnd. Und es stimmte natürlich auch. „Darf ich?", fragte er und zeigte hungrig auf die braunen Pancakes.

„Aber natürlich", lächelte Mrs. Wheeler und strich ihm mütterlich über die Schulter.

„Ja, wieso nicht? Dafür sind wir ja da", antwortete Mr. Wheeler sarkastisch, genauso mies gelaunt wie immer, und nahm einen kleinen Schluck aus seiner Kaffeetasse.

„Okay," grinste Dustin, nur um ihn noch mehr auf die Palme zu bringen und belud seinen Teller mit fünf Pancakes. Vier für sich und einen für den Fall, dass seine Schwester auch etwas essen möchte. Damals hatte sie sich immer um ihn gekümmert, hatte ihm jeden Morgen vor der Schule Waffeln, Pancakes oder Spiegeleier gemacht. Mittlerweile versuchte er, ihr hin und wieder auch etwas zurückzugeben. „Mrs. Wheeler, darf ich eine Tasse Kaffee haben? Nicht für mich, für meine Schwester bitte", fragte er sie leise, als Mrs. Wheeler ihn anlächelte.

„Aber natürlich. Du bist so ein niedlicher Bruder, manchmal wünschte ich, Nancy und Mike würden sich so gut verstehen wie ihr zwei", flüsterte sie ihm zu und reichte ihm die Tasse für seine Schwester.

„Hey", begann (Y/N) schließlich, als sie sich traute, mit Max zu sprechen. Überall lagen Wachsmalstifte und Papiere verstreut.

Max nahm die Kopfhörer ihrem Kopf und zwang sich ein Lächeln heraus. „Hi", grüßte Max zurück und versuchte, das gleiche Lächeln zu erwidern, bevor sie ihren Blick wieder abwandte.

„Du kannst wohl nicht schlafen, hm?", fragte (Y/N) mit sanfter Stimme. Max nickte nur stumm.

„Irgendwelche Leute haben mir ständig Musik in die Ohren gedröhnt", scherzte sie und ein kleines, müdes Lachen entkam ihren Lippen.

(Y/N) lachte kurz auf. „Ja, das waren wahrscheinlich diese rücksichtslosen Freunde von dir."

„Aber Holly hat mir ihre Stifte ausgeliehen. Wir hatten Spaß, oder Holly?", fragte sie das kleine Mädchen mit den blonden Zöpfen, die ebenfalls mit am Tisch saß.

„Mhm", summte Holly nur zurück, starrte nicht einmal hoch und malte weiter auf ihrem Blatt Papier, tief konzentriert wie ihr Vater beim Lesen seiner Morgenzeitung.

„Hast du das in... der Schattenwelt gesehen?", fragte (Y/N) besorgt und starrte auf die roten Zeichnungen, die Max angefertigt hatte.

„Ja, ich habe versucht, es zu malen... ich dachte, es wäre einfacher, es zu malen, anstatt es erklären zu müssen, aber... nicht wirklich", seufzte Max, und (Y/N) sah sie mit einem traurigen Blick an.

„Ist das?", fragte (Y/N) und schob die Zeichnung mit zwei Gestalten darauf zu sich. Die Augen und Münder waren schwarze Löcher, die Arme und Beine unnatürlich verbogen, und sie hingen an einer Art Ranke fest. Chrissy und Fred.

„Es wirkte, als hätte man sie zur Schau gestellt. Und da war überall dieser rote Nebel. Es war wie ein Traum. Ein Alptraum", erklärte Max mit Horror im Gesicht.

„Glaubst du, Vecna will dir Angst machen?"

„Mit Billy, ja. Aber hier war alles... ich weiß nicht, hier war alles anders. Er wirkte überrascht, als wollte er mich nicht da haben", erklärte Max, als Dustin sich plötzlich zu ihnen setzte und seiner Schwester die Tasse hinstellte.

„Vielleicht bist du in seinen Verstand eingedrungen? Er ist auch in deinen eingedrungen, oder? Ist es so weit hergeholt, dass du in seinem bist? So wie Freddy Krüger's Heizungskeller", bemerkte Dustin nachdenklich, als Holly plötzlich aufsah und die anderen fragend anstarrte.

„Freddy Krüger?", fragte sie neugierig und kippte ihren Kopf zur Seite.

„Das ist dieser superverbrannte Typ mit Klingen als Fingern", begann Dustin. „Und er tötet dich in deinen Träumen—"

„Dusty! Ernsthaft?!", unterbrach (Y/N) ihn scharf und deutete mit ihrem Kopf zu der sechsjährigen Holly hinüber, nachdem sie einen großen Schluck aus der Tasse genommen hatte.

„Sorry, ist nur ein Film, nicht echt", versicherte Dustin ihr schnell, während seine Schwester den Kopf schüttelte.

„Mal einfach weiter, Holly. Er ist ein Idiot", sagte (Y/N) nur, und das kleine Mädchen kicherte über ihre Bemerkung.

„Nur, denk mal darüber nach. Was ist, wenn du eine Hintertür in Vecnas Welt geöffnet hast? Vielleicht ist die Antwort irgendwo in diesem... wirklich unfassbar unausagekräftigen Gekritzel. Hmm, ich glaube, wir brauchen Will", seufzte Dustin und hielt eine der Zeichnungen hoch.

„Was du nicht sagst", rollte Max mit den Augen, als (Y/N)'s Blick über die Zeichnungen wanderte. „Ist das ein Fenster?", fragte sie und hob das Blatt Papier hoch, um es sich genauer anzusehen, als Max nickte. Es kam ihr irgendwoher bekannt vor. „Ein Glasfenster mit Rosen...", fügte (Y/N) hinzu.

„Siehst du, ich mal doch nicht so schlecht", grinste Max Dustin an, der ihr einen skeptischen Blick zuwarf.

„Ja, das- ... das hab ich schon mal gesehen. Ganz bestimmt", sagte (Y/N) wie in Trance, vertieft in ihre Gedanken. Sie begann, die Zeichnungen zu falten, sodass sie ihrer Meinung nach einen Sinn ergaben. Dann setzte sie die Teile aneinander und schnappte sich einen schwarzen Filzstift, zog die Kappe mit ihrem Mund ab und umrandete es so, dass eine Art Haus entstand.

Die anderen folgten verwirrt ihren Bewegungen, dann kritzelte sie noch ein paar Fenster und die Veranda dazu, und plötzlich fiel Dustin's Kinnlade hinunter, als seine Schwester die gefaltete Tür als letztes Puzzleteil darauflegte. „Das ist eindeutig ein Haus", stimmte Max ihr zu.

„Nicht nur irgendein Haus. Das ist Victor Creels Haus", antwortete (Y/N) und stand sofort von ihrem Sitzplatz auf.

„Wo gehst du hin?", fragte Dustin, sein Mund vollgepackt mit Pancakes und süßem Sirup.

„Wir müssen sofort Nancy und die anderen wecken", sagte sie entschlossen. Sie hatte recht gehabt – Es ist alles mit ihm verbunden.

Dustin leckte sich die mit Ahornsirup beschmierten Finger sauber, bevor er es ihr gleich tat und ihr in den Keller folgte. Bevor er verschwand, lehnte er sich über Mr. Wheeler und seine Zeitung herüber und stellte seinen benutzten Teller neben die Spüle.

„Danke für das Frühstück, Mrs. Wheeler!", rief Dustin und rannte die Treppe hinunter, ohne die mürrische Antwort von Mr. Wheeler abzuwarten. Aber diesmal guckte Mr. Wheeler ihn nur grimmig an und blätterte aggressiv die nächste Seite in seiner Zeitung um.

Es war ruhig, nur das leise Schnarchen der Freunde erfüllte die Stille, als (Y/N) und Dustin erneut den Keller betraten. Der Boden war kalt unter ihren Füßen, und der muffige Geruch des Kellers erinnerte sie daran, dass die Zeit drängte.

„Nance, wach auf!", sagte (Y/N) und rüttelte ihre beste Freundin sanft an der Schulter.

„Was?", murmelte Nancy müde und blinzelte verschlafen.

„Los, wir müssen zu Creels Haus", erklärte (Y/N) mit einem entschlossenen Funkeln in den Augen. „Du hattest recht, du kleines Genie."

Nancy öffnete sofort die Augen, das Adrenalin durchströmte ihren Körper und ließ sie blitzschnell wach werden. Sie ließ sich von (Y/N) hochhelfen und wandte sich sofort Robin zu, um sie ebenfalls zu wecken. Währenddessen machte Dustin sich an die Arbeit, Lucas und Steve aufzuwecken. Das war leichter gesagt als getan.

„(Y/N)...", flüsterte Steve im Halbschlaf, seine Stimme sanft und verschlafen.

„Nein, ich bin's nur. Steh auf, Alter!", rief nicht (Y/N), sondern ihr Bruder Dustin, als Steve seine Augen aufriss. Sein Blick suchte instinktiv nach seiner Freundin, die gerade zwischen Nancy und Robin saß, die Autoschlüssel hochhielt und ihnen alles erklärte. Und auf ihr Kommando folgten sie ihr alle nach draußen und quetschten sich in Steve's Wagen.

„Und du bist absolut sicher, dass das Creels Haus ist?", fragte Robin skeptisch.

„Ja, ganz sicher. Die Zeichnungen passen perfekt. Das müssen wir unbedingt überprüfen", antwortete (Y/N) entschlossen, als Steve den Motor startete und sie die Zeichnung an Robin reichte. „Außerdem, was haben wir schon zu verlieren?"

„Nun ja, unsere Gesundheit? Unser Leben?", warf Dustin ein, und seine Schwester konnte nicht anders als ihre Augen zu rollen.

„Oh Dusty, immer der Optimist", spottete sie sarkastisch, bevor Steve losfuhr.

Die Luft um das verlassene Haus war dick und schwer, als ob sie mit düsteren Geheimnissen beladen wäre. Die Fenster, einst die Augen des Hauses, waren nun mit Holzbrettern verriegelt und versperrten den Blick auf das, was sich dahinter verbarg. Der Efeu, vertrocknet und braun, rankte sich an den Wänden empor, als hätte er versucht, das Haus zu verschlingen und zu ersticken.

Ein kalter Wind strich durch die Bäume, und das Geräusch raschelnder Blätter erfüllte die Luft. Es war, als ob die Natur selbst vor diesem Ort zurückschreckte, als würde sie instinktiv wissen, dass hier etwas nicht stimmte. Die Schritte der Freunde hallten dumpf auf dem verwitterten Holz, als sie sich dem Haus näherten, ihre Herzen pochten laut in ihren Brustkörben.

„Ja, gar nicht gruselig...", seufzte Steve, seine Stimme von einem Hauch von Nervosität und Unlust durchdrungen, als sie vor dem verwitterten Eingang standen.

„Wir haben keine andere Wahl. Los, brechen wir auf", erwiderte (Y/N) nur und hob den Hammer hoch, bereit, die Tür aufzubrechen. Die zwei trauten sich als erstes nach vorne, der Rest folgte ihnen langsam und beobachteten sie dabei wie sie die Nägel aus der Holzwand entfernten, die die Tür versperrten.

„Okay, wonach sollen wir in diesem Drecksloch nochmal suchen?", erkundigte sich Steve, während er die letzten Nägel entfernte und zu (Y/N) aufblickte.

„Wir sind nicht sicher. Wie wissen nur, dass Vecna dieses Haus wichtig ist", erklärte (Y/N) mit einem Hauch von Anspannung in ihrer Stimme.

„Weil Max es in dieser roter Hirnsuppenwelt gesehen hat?", hakte Steve skeptisch nach.

„So ungefähr", seufzte sie nur und riss die letzten Nägel mit Leichtigkeit aus ihrer Seite raus.

„Vielleicht finden wir einen Hinweis, wo Vecna ist. Wieso er zurück ist, warum er die Creels umgebracht hat und wie wir ihn stoppen können, bevor er zu Max zurückkommt", erklärte Dustin.

„Wir glauben doch nicht-... dass er da drin ist, oder?" Lucas' Stimme zitterte leicht, als er den Gedanken aussprach, den alle zu fürchten schienen.

„Finden wir es heraus", sagte Max kühn, ihre Augen funkelten entschlossen. Die Stille der Gruppe schien einzig und allein von ihrer Entschlossenheit gebrochen zu werden.

„Bereit?", fragte Steve, seine Stimme fest, doch seine Augen suchten nach Bestätigung bei (Y/N). Sie nickte ihm zu, ihre Augen zeigten Mut, gemischt mit einer Spur von Nervosität.

Mit einem ohrenbetäubenden Knirschen fiel die modrige Holzwand, die die Tür versperrte, zu Boden und enthüllte die große Eingangstür mit dem unheimlichen Glasfenster, das eine rote Rose zeigte, nun von Rissen durchzogen.

„Abgeschlossen. Soll ich anklopfen? Vielleicht ist ja jemand zuhause", sagte Steve sarkastisch.

„Brauchst du nicht", warf Robin ein, als sich alle zu ihr umdrehten. Sie hielt einen Ziegelstein in der Hand. „Ich hab einen Schlüssel hier." Alle gingen beiseite und mit einem schnellen Schwung schleuderte sie den Ziegelstein gegen das Glas, das in einem Schauer von Splittern zerbrach. Steve steckte seine Hand durch das entstandene Loch, tastete vorsichtig nach dem Riegel und mit einem leisen Klicken öffnete sich die Tür.

Langsam und vorsichtig traten sie ins Innere des Hauses. Jeder Schritt knirschte auf dem staubbedeckten Boden, und der modrige Geruch von Verfall und Feuchtigkeit hing schwer in der Luft. Die Spinnenweben spannten sich wie geisterhafte Schleier von der Decke bis zum Boden, und der Hauch des kalten Luftzugs ließ ihnen einen Schauer über den Rücken laufen.

„Da hat wohl jemand seine Stromrechnung nicht bezahlt", scherzte Lucas, um die düsteren Umstände etwas schöner zu reden und drückte vergeblich auf den Lichtschalter im Flur.

Dustin hob seine Taschenlampe und schaltete sie mit einem Klick ein, ein spitzbübisches Grinsen auf seinem Gesicht.

Steve zog eine Augenbraue hoch und fragte verwirrt: „Wo habt ihr die alle her?" Seine Verwirrung brachte Dustin dazu, ihn fassungslos anzustarren.

„Muss man dir wirklich alles sagen? Du bist kein Kind", belehrte Dustin ihn mit einem belehrenden Unterton, den nur ein kleiner Bruder perfekt beherrscht.

„Dankeschön", antwortete Steve ironisch, seine Planlosigkeit kein bisschen kleiner geworden.

(Y/N) seufzte und schüttelte mit einem schmalen Grinsen den Kopf. Sie ging zu ihrem Bruder, der seinen Rucksack festhielt, als wäre es eine geheime Schatztruhe. „Hey, was soll das?", brummte er, als sie anfing, darin zu wühlen und ihn stillhielt.

„Hier, Bitteschön, mein Schatz", sagte sie mit einem neckischen Ton und zog eine Taschenlampe heraus, die sie Steve reichte. Sie zwinkerte ihm zu, ihr Lächeln war eine Mischung aus Zuneigung und leichter Belustigung.

„Danke", sagte Steve, sein Stolz auf ihre Unterstützung spiegelte sich in einem breiten Grinsen wider.

Dustin, deutlich genervt, verdrehte nur die Augen und murmelte: „Jajaja."

Die Gruppe bewegte sich langsam weiter in den dunklen Flur, ihre Schritte hallten auf dem alten Holzboden wider. (Y/N) blieb dicht an Steves Seite, ihre Schulter streifte gelegentlich seine, was sie beide beruhigte.

Die düstere Stille des Hauses wurde von Max' Stimme durchbrochen. „Hey Leute?", rief sie, während sie und Lucas ein wenig herum geforscht hatten. „Ihr könnt das alle sehen, oder?" Die Gruppe versammelte sich um eine große Standuhr, die unheimlich an der Flurwand hing und dann nickten sie alle, um Max Sorgen (wenigstens ein kleines bisschen) zu lindern.

„Hast du... das in deinen Visionen gesehen?", fragte (Y/N) nach, als sie mit ihrer Taschenlampe auf das Zifferblatt leuchtete. Max nickte, und man konnte sehen, wie die grausamen Erinnerungen in ihren Kopf zurückkehrten.

Robin versuchte, die Panik zu mildern: „Ich meine-... es- es ist nur eine Uhr, oder?" Sie trat näher und wischte mit der Hand über das staubige Glas. „Nur eine normale, alte Uhr."

Steve runzelte die Stirn und murmelte vor sich hin: „Wieso ist dieser Hexer so besessen von Uhren? Vielleicht war er mal ein Uhrmacher oder sowas?" Seine verwirrte Ernsthaftigkeit brachte die Geschwister dazu, sich ebenfalls verwirrte Blicke zuzuwerfen.

Dustin schüttelte den Kopf und sagte sarkastisch: „Steve, ich glaub, du hast den Fall gelöst."

Steve errötete leicht und wandte sich beschämt ab, während (Y/N) versuchte, ein Kichern zu unterdrücken. Sie legte ihm eine Hand auf den Arm und flüsterte: „Schon okay, Sherlock. Du bist immer noch mein Lieblingsdetektiv."

„Ich weiß nur, die Antwort ist hier... irgendwo", sagte Nancy und sah sich entschlossen um. „Teilen wir uns in Zweiergruppen auf. Robin, du kommst mit mir nach oben." Robin salutierte mit einem schnellen, humorvollen Geste und folgte Nancy die Treppen hinauf.

Steve, (Y/N), Dustin, Max und Lucas sahen sich an und nickten. Max und Lucas bildeten ein Team, während Dustin sich wie immer zu seinen zwei „Eltern" gesellte.

„Hey, und passt auf euch auf, ja?", sagte (Y/N) und drückte Lucas und Max einen kurzen, ermutigenden Blick zu, bevor die beiden in den Keller verschwanden.

Steve drehte sich zu Dustin um und seufzte, bevor er die Treppe hinaufging und sich von (Y/N) führen ließ. „War das ein Seufzer?", fragte Dustin, beleidigt und mit einem skeptischen Blick.

„Ich hab nicht geseufzt!", verteidigte sich Steve, seine Stimme klang genervt.

„Wieso seufzt du?!"

„ICH HAB NICHT GESEUFZT!!"

„Ich hab's gesehen!"

Steve rollte mit den Augen und antwortete: „Wir sind einfach immer Partner, okay?"

„Hast du damit ein Problem?", fragte Dustin verletzt.

„Es wäre halt auch mal cool, etwas Abwechslung zu haben", sagte Steve und zuckte mit den Schultern.

„Meine Schwester ist doch auch immer bei dir, gegen sie hast du auch nichts", verteidigte sich Dustin und warf Steve einen vorwurfsvollen Blick zu.

„Klappe jetzt, oder ich lass euch freiwillig zurück, wenn Vecna kommt, ihr Babies!", rief (Y/N) über ihre Schulter und sah die beiden ernst an.

Das alte, verstaubte Zimmer lag im fahlen Licht der Taschenlampen, die sie mitgebracht hatten. Die Zeit schien hier still zu stehen, während die Spannung in der Luft greifbar war. Steve und Dustin durchkämmten den Raum, ihre Taschenlampen hastig auf jede Ecke gerichtet, auf der Suche nach einem Hinweis, der sie Vecna näher bringen könnte.

„Hey äh, Baby-Henderson?", fragte Steve nach ein paar Minuten des Stöberns, als sie eines der oberen Zimmer erreichten.

„Musst du mich immer so nennen?", erwiderte Dustin genervt, der nur ein paar Schritte vor ihm lief.

„Könntest du vielleicht präzisieren, nach welchen Hinweisen wir eigentlich suchen sollen?", fragte Steve im gleichen Ton, wie Dustin. Er bewegte die Taschenlampe in seine Richtung, um besser zu sehen.

„Tja, die Welt ist voll von offensichtlichen Tatsachen, die niemand jemals bemerkt", antwortete Dustin mit einem schiefen Grinsen und einem Hauch von Überheblichkeit. Die Stille, die auf seine Worte folgte, war beinahe ohrenbetäubend. „Sherlock Holmes", fügte er schließlich hinzu und zuckte nur mit den Achseln, bevor er einfach weiterging und Steve stehen ließ.

„Danke, das ist toll!", rief Steve ihm hinterher, genauso schlau wie zuvor. „Wirklich hilfreich."

„Such einfach nach Sachen, die merkwürdig aussehen – Geheimtüren, Uhren oder Notizbücher", antwortete (Y/N) von der anderen Seite des Zimmers, als sie ihn immer noch planlos herumsuchen sah.

Steve wanderte durch den Raum, seine Augen scharf auf jedes verdächtige Detail gerichtet. Plötzlich fiel sein Blick auf etwas Seltsames – ein Lüftungsschacht im Boden, fast verborgen unter einer Schicht aus Staub und Spinnweben.

„Meinst du, sowas?", fragte er und deutete auf den Schacht, während er sich neugierig davor kniete und die Luke hochhob. Unter der staubigen Abdeckung entdeckte er eine Reihe von Einmachgläsern, die von den feinen Fäden der Spinnweben umhüllt waren. Seine Hand zögerte, als er eines der Gläser hochhob und mit der Taschenlampe hineinleuchtete, doch das, was er sah, ließ ihn plötzlich erschauern – eine tote Spinne, reglos in ihrem behaglichen Netz.

Ein plötzlicher Schreck durchfuhr ihn, und Steve ließ das Glas fallen, während er rückwärts taumelte und dabei unkontrollierte Geräusche von sich gab.

„Was ist los?!", rief (Y/N) besorgt, als er gegen sie prallte und sie ihn sofort aus dem Zimmer zog, um ihn genauer zu untersuchen. Ihre Hände legten sich sanft um seinen Kopf, und sie spürte das pochende Tempo seines Herzens, als ihre Blicke sich trafen – dieselben braunen Augen, die sie so sehr liebte.

„Spinne. Schwarze Witwe. Geh da nicht rein", brachte Steve hastig hervor, während er sich bemühte, die Spinnweben von seiner Jacke zu entfernen, die ihn umgarnt hatten.

„Meine Güte, du hast mir solche Angst eingejagt!", seufzte sie wütend (und erleichtert). „Ich dachte, dir wäre etwas passiert", fügte sie hinzu und begann vorsichtig, die Spinnweben aus seinem Haar zu lösen. „Halt still, ich helfe dir." Ihre Finger strichen zärtlich über sein Haar, während sie ihn beruhigte, und in diesem Moment fühlte Steve sich mehr als je zuvor von ihrer Fürsorge und Liebe umhüllt.

„Wenn eine Spinne ihr Nest da drinnen hat, wirst du sie niemals finden, bis sie Eier gelegt hat und die Babys geschlüpft sind", lachte Robin, die plötzlich an ihnen vorbeihuschte, gefolgt von Nancy.

„Was ist falsch bei dir, Robin?!", fuhr Steve sie an, während (Y/N) noch immer versuchte, die Spinnweben aus seinem Haar zu entfernen. „Robin, ernsthaft!", rief er ihr hinterher, doch Nancy hielt an und wandte sich besorgt zu ihnen um.

„Alles in Ordnung?", fragte sie einfühlsam, ihre Augen voller Mitgefühl.

„Ja, danke. Schon okay, (Y/N) hat alles im Griff", antwortete Steve und warf seiner Freundin einen dankbaren Blick zu, bevor sie zu Robin eilte, um sie anzumeckern.

„Hör nicht auf Robin, du weißt, wie sie ist. Und im Notfall schneiden wir dir eine Glatze", versuchte (Y/N) ihn aufzumuntern, während sie neckend seine Wange rieb und ihm ein beruhigendes Lächeln schenkte.

„Das ist noch viel schlimmer...", seufzte Steve, doch trotz der angespannten Situation konnte er nicht anders, als wegen ihr zu lächeln.

„Ich kann's nicht glauben, dass ihr alle jetzt befreundet seid", sagte Steve in einem Moment der Ruhe. „Wenn wir Vecna gefunden und getötet haben... Also, wenn die Welt gerettet ist, sollten wir alle mal ausgehen. Weißt schon, mehr Zeit zusammen verbringen. Du und ich. Nancy und Jonathan. Robin und vielleicht Vickie?"

Seine Stimme war sanft und nachdenklich, als er von einer Zeit sprach, in der der Kampf gegen das Böse nur noch eine Erinnerung sein würde. (Y/N) konnte nicht anders, als ein wenig zu erröten. Vor ein paar Jahren hätte sie niemals gedacht, dass sie mit Steve Harrington, dem arroganten King der Hawkins High, zusammenkommen würde. Und nun wollte er nichts lieber, als mit ihr und ihren Freunden zusammen zu sein.

„Wer ist Vickie?", fragte Nancy grinsend, als sie zu Robin herüber sah.

Robin zuckte zusammen und ihre Augen weiteten sich leicht, bevor sie verlegen zur Seite blickte. „Äh, nur ein Mädchen aus der Band. Sie ist echt cool, aber wir sind nur Freunde. Platonisch, mit einem großen P," stotterte sie schnell und mied ihr knallrotes Gesicht.

Die Dunkelheit des Creel Hauses umgab sie weiterhin, als (Y/N) die letzten Spinnweben aus Steve's Haar zog. Ihr Lächeln war beruhigend, und ihre sanften Berührungen schienen Steves Nerven zu beruhigen.

„Klingt toll. Okay, hab alles", sagte (Y/N) schließlich und strich ihm eine letzte Haarsträhne aus der Stirn.

„Okay, danke. Äh, am besten machen wir weiter mit... mit der Untersuchung", lächelte Steve verlegen, während er versuchte, seine Gedanken zu ordnen, als sie ihm zunickte. „Die offensichtlichen Sachen, sind nicht was Menschen... bemerken oder... nicht bemerken. Oder- äh- äh", stotterte er mit einem verwirrten Gesichtsausdruck.

(Y/N) verkniff sich ein Lachen und unterbrach sein Gestotter mit einem zärtlichen Kuss. „Sherlock Holmes?", fragte sie sanft, wissend, dass er diese Worte sicherlich von Dustin aufgeschnappt hatte.

„Mhm", nickte er, und ein breites Grinsen verzog sich über sein Gesicht.

Der kalte Wind zog durch die zerbrochenen Fenster des Creel Hauses, als Max und Lucas die anderen zu sich riefen. Die Spannung in der Luft war fast greifbar. Alle Augen richteten sich auf den Kronleuchter an der Decke, dessen flackerndes gelbes Licht ein unheilvolles Schauspiel bot.

„Genau wie die Lichterketten", murmelte Nancy und erinnerte sich an die vergangenen Schrecken. „Ja, als-... als Will in der Schattenwelt war, flackerten die Lichter genauso", fügte sie hinzu, und ein kalter Schauer lief allen über den Rücken.

„Vecna ist hier... in diesem Haus... auf der anderen Seite", flüsterte Lucas, während der Rest die unausgesprochene Wahrheit in der Luft hängen ließ.

Plötzlich erloschen die Lichter, und die Dunkelheit umarmte sie wie ein lebendiges Wesen.

„Hat er den Raum verlassen?", fragte Robin mit einem erstickten Schlucken.

„Hat er uns gehört?", fragte Max, ihre Stimme zitterte vor Angst.

„Kann er uns sehen?", fragte Steve, der Max besorgt ansah.

„Max! Kopfhörer!", befahl (Y/N) und stupste sie an, ohne zu zögern folgte Max der Anweisung.

„Wartet einen Moment! Macht sofort die Taschenlampen aus und verteilt euch", flüsterte Nancy scharf, und alle folgten ihrem Befehl.

„ABER WIR SEHEN NICHTS WENN WIR DIE TASCHENLAMPEN AUSMACHEN!", schrie Steve panisch, doch die anderen ließen ihn zurück. „Ich glaub's nicht...", murmelte er, während die Dunkelheit ihn umfing.

Alle schwärmten aus, suchten in verschiedenen Räumen, als Robin plötzlich einen schrillen Ruf ertönen ließ. „ICH HAB IHN! ICH HAB IHN!", doch als der Rest der Gruppe doch wieder um sie versammelte, erlosch im nächsten Moment ihre Taschenlampe. „Äh, ich hatte ihn..."

Dann flackerte Steves Taschenlampe unheilvoll auf. „Ich glaub, er bewegt sich", sagte er und folgte dem Lichtstrahl, der immer heller wurde. „ER BEWEGT SICH! ER BEWEGT SICH!" Sie stürmten die Treppe hinauf, vorbei an der großen Uhr, bis das Licht oben verschwand. „Ich hab ihn verloren...", seufzte Steve.

„Nein, hast du nicht", widersprach Max und enthüllte eine Geheimtür, hinter der ein schwaches Licht zu sehen war.

„Ein gruseliger Dachboden... natürlich", seufzte Robin, als sie die knarrenden Stufen hinaufstieg.

„Leute, wartet! Was, wenn das eine Falle ist? Leute!", warnte Dustin, aber niemand hörte auf ihn. „Scheiße, scheiße, scheiße."

Der verfallene Dachboden knarrte unter ihren Schritten, als die Gruppe langsam die Treppe hinaufstieg. Eine unheimliche Kälte erfüllte die Luft, die nach Moder und Verzweiflung roch. In der Mitte des Raumes hing eine einzelne Glühbirne an einem dünnen Draht von der Decke, ihr Licht flackerte unregelmäßig und warf geisterhafte Schatten an die Wände. Die Spannung war greifbar, als sie sich umblickten und versuchten, in der Dunkelheit etwas Vertrautes zu erkennen.

Plötzlich begannen ihre Taschenlampen zu flackern, das Licht pulsierte grell und blendend. Jede von ihnen schaltete sich an und aus, als ob sie von einer unsichtbaren Hand manipuliert würden. Das Flackern erzeugte eine unheimliche Atmosphäre, die den Raum in ein bizarres Wechselspiel aus Licht und Schatten tauchte.

„Hey, was passiert hier?", fragte Steve besorgt, seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Die Panik stand ihm ins Gesicht geschrieben, als er sich hilfesuchend umsah.

(Y/N) hob einen Finger an ihre Lippen und signalisierte jedem, keinen Mucks mehr zu machen. Ihre Augen funkelten im flackernden Licht, während sie sich langsam umblickte.

Er ist genau hier.

Auf der anderen Seite.

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