14. NICHT ALLEIN
1984 | HAWKINS, INDIANA — Die Nacht legte sich über Hawkins, als Dustin die nächsten Worte aussprach, und eine Welle von Nervosität in uns allen (nun, zumindest bei mir) auslöste.
„Hey, Steve?" Dustin's Stimme zog seine Aufmerksamkeit auf sich, und er wandte sich meinem Bruder zu, ein Hauch von Neugier in seinen Augen, als er eine Braue hob. „Willst du die Nacht vielleicht hierbleiben? Es wird schon dunkel, und wir könnten morgen früh gleich nach Dart suchen."
Steve räusperte sich leicht und strich sich mit einer Hand durch sein braunes Haar, ein leicht nachdenklicher Ausdruck auf seinem Gesicht. „Oh, ähm ... ja, klar. Wenn das für deine Schwester in Ordnung ist?", antwortete er schließlich und drehte sich zu mir um, während ich bemüht war, kein großes Ding daraus zu machen.
Meine Wangen fühlten sich etwas warm an, als ich versuchte, meine Nervosität hinter einem Lächeln zu verbergen. „Ähhh... ja... natürlich. Genau wie früher..." Meine Stimme klang ein wenig zu langsam, ein wenig zu leise, als ich an die unbeschwerten Tage unserer Kindheit dachte, als wir gemeinsam durch die Nachbarschaft streiften und keine Sorgen kannten.
Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, doch tief in mir nagte der Zweifel, ob er sich überhaupt noch an unsere gemeinsamen Erlebnisse erinnern konnte. Vielleicht waren sie längst verblasst, vergessen in den Wirren der Zeit.
Wir drei gingen ins Haus zurück und ich machte mich bettfertig: Ich schlüpfte in meine gemütlichen Pyjama-Shorts und zog mir ein lockeres Shirt über. Während Steve sich, wie ich annahm im Badezimmer unten fertig machte, beschloss ich noch ganz schnell mit Dustin zu reden. Steve Harrington's Anwesenheit in unserem Haus war ungewohnt, aber auf eine seltsam beruhigende Art und Weise auch vertraut.
Als ich vor seiner Tür stand, spürte ich eine Mischung aus Erschöpfung und Nervosität in mir aufsteigen. Die Ereignisse des Tages hatten mich müde gemacht, aber auch innerlich aufgewühlt. Ich fragte mich, wie der nächste Tag verlaufen würde und ob wir es schaffen würden, Dart wiederzufinden.
Ich klopfte und wartete auf seine Antwort. Hinter der Tür hörte ich ein merkwürdiges, schnelles Rascheln und das leise, hektische Murmeln von Dustin, bevor er schließlich ein gedämpftes "Komm rein!" rief.
„Können wir kurz reden?" Meine Worte klangen leiser als ich wollte, als ich Dustin ansprach. Ein nervöses Zucken seiner Schultern war die einzige Antwort, die ich bekam, aber immerhin signalisierte er mir, dass ich in sein Zimmer kommen durfte. Ich trat ein und fand ihn etwas sonderbar vor seinem Bett stehend vor. Ein Teil von mir war erleichtert, dass er mal nicht in einer seiner neuesten Erfindung vertieft war, sondern mir tatsächlich zuhörte.
„Dustin, hör zu, ich weiß, dass du nur helfen willst, aber..." Meine Stimme zitterte leicht, als ich versuchte, die Worte richtig zu wählen. „Aber wir sollten Steve nicht schon wieder in eine dieser Sachen hineinziehen. Ich meine ... ich habe immer noch Schwierigkeiten zu schlafen ... jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, sehe ich dieses verdammte Ding vor mir ... und ich habe immer noch ständig diese Albträume ... und es macht mir einfach Angst, etwas Ähnliches noch einmal durchzumachen."
Ab diesem Punkt setzte sich Dustin auf sein Bett und ich nahm auf dem Stuhl neben seiner Badezimmer-Tür Platz. Die Tür war angelehnt, und ich spürte eine gewisse Erleichterung, als ich merkte, dass das Badezimmer leer war. Denn wäre jemand darin gewesen, hätte ich niemals, all diese Dinge erzählt, die ich gerade herausgelassen hatte.
„(Y/N), wenn du das nicht machen willst, ist das schon okay", meinte Dustin und sah mich verständnisvoll an.
Ich schüttelte meinen Kopf entschieden. „N-Nein. Ich ... ich möchte dir helfen. Auch wenn es mir Angst macht, ich möchte für dich da sein. Du sollst nicht alleine damit fertig werden müssen, Dusty." Meine Worte klangen unbeholfen, aber ich meinte es aus tiefstem Herzen. „Was ich sagen will ... Du hast Steve gefragt, ob er uns hilft ... und naja, ich habe ihn wirklich gern... oder sagen wir, zumindest mehr als letztes Jahr. Und es tut mir irgendwie leid, dass wir ihn nach einem Jahr wieder in eine Monsterjagd verwickeln." Dustin stand auf und zog mich in eine herzliche Umarmung. Ich ruhte mein Kinn auf seinem Lockenkopf und drückte ihn fest an mich, während ich seine Wärme und seinen Trost spürte.
„Ich frag Steve später, ob er uns wirklich helfen will. Wenn nicht, ist er weg, bevor du morgen wach bist. Mach dir keine Sorgen, (Y/N)."
„Hab dich lieb, Kleiner", sagte ich und löste langsam die Umarmung, während ich seinen Blick festhielt.
„Ich dich auch. Gute Nacht."
„Gute Nacht", lächelte ich sanft, bevor ich mich zum Gehen wandte. Doch bevor ich sein Zimmer verließ, hielt ich einen Moment inne und sog langsam die Luft ein. Ein eigenartiger Geruch lag in der Luft, eine Mischung aus Chemikalien und etwas Süßem. „Meine Güte, hier riecht es wie in einer Chemiefabrik", murmelte ich verwirrt, ohne zu wissen, was es war, das meine Nase erreichte und den Raum erfüllte. Dann verließ ich zufrieden sein Zimmer und ließ ihn in Ruhe schlafen.
Als ich die Hawkins High betrat, wirkte alles zunächst normal. Doch etwas war anders. Die Flure waren menschenleer, was angesichts der üblichen Betriebsamkeit seltsam war. Das Licht flackerte unregelmäßig, ein unheilvolles Zeichen, das meine Nerven strapazierte. Dennoch setzte ich meinen Weg fort, durchsuchte die verlassenen Gänge nach einem Lebenszeichen. Aber es war, als wäre ich in eine Geisterstadt geraten, eine verlassene Hülle meiner vertrauten Schule.
Als ich die Tür eines Klassenzimmers öffnete, traf mich die Leere wie ein Schlag. Kein Schüler, kein Lehrer, nur ein unheimliches Schweigen, das von den kahlen Wänden widerhallte. Doch etwas stimmte nicht. Ein undeutliches, bedrohliches Rauschen drang an meine Ohren, ein unheimliches Gefühl, das sich in meinem Inneren ausbreitete und meine Sinne in Alarmbereitschaft versetzte. Ich wagte es, näher an die Wand zu treten, nur um zu erkennen, dass das Rauschen von dort kam.
Dann geschah es. Der Schrecken, den ich in meinen Träumen so oft erlebt hatte, manifestierte sich vor meinen Augen. Der Demogorgon, sein groteskes Wesen verzerrt und unheilvoll, versuchte, sich aus der Wand zu winden, seine Präsenz eine düstere Drohung in der düsteren Atmosphäre. Panik ergriff mich und ich rannte, so schnell ich konnte, hinaus in den Flur, um mich der Realität zu entziehen.
Doch die Welt um mich herum hatte sich verändert. Wo einst die vertrauten Korridore waren, erstreckten sich nun düstere Schatten und beklemmende Dunkelheit. Spinnweben spannten sich zwischen den Wänden, ein klebriges Netz des Unbehagens. Ein unheimlicher Schleim bedeckte den Boden, und ein dumpfer, bedrohlicher Geruch hing in der Luft. Die Dunkelheit verschlang alles, und ich war gefangen in einem Albtraum, der meine schlimmsten Ängste zum Leben erweckte.
Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinunter, als ich mich fragte, ob ich etwa auf der Anderen Seite gestrandet war, in jenem schrecklichen Reich, das jenseits unserer Realität lauerte.
Die Panik ergriff mich mit eiserner Faust, als ich verzweifelt nach einem Ausweg suchte. Mein Herz hämmerte wild in meiner Brust, und mein Atem kam in hastigen, flachen Stößen. Jeder Gedanke war gefüllt mit der unmissverständlichen Dringlichkeit, diesem Ort zu entkommen, der wie ein labyrinthischer Albtraum wirkte. Ich musste hier weg! Sofort!
Doch dann, plötzlich und unerwartet, stand er dort, vor mir, seine dunkle Gestalt ein bedrohlicher Schatten in der Dunkelheit. Der Demogorgon.
Seine Präsenz war erdrückend, und ich konnte den fauligen Geruch seines Atems spüren, der sich in der stickigen Luft ausbreitete. Ich stand wie festgefroren da und konnte mich nicht rühren, als seine furchterregende Gestalt näher kam, seine scharfen Zähne entblößte und einen ohrenbetäubenden Schrei ausstieß, der die Dunkelheit durchdrang und meine Seele zu zerschmettern schien.
Angst und Verzweiflung umhüllten mich wie ein undurchdringlicher Nebel, als ich spürte, wie die Kälte des Todes mich zu umschlingen drohte. Mein Herz hämmerte wild in meiner Brust, und meine Hände zitterten vor Angst. Doch bevor der Demogorgon mich verschlingen konnte, entrang sich meiner Kehle ein lauter, panischer Schrei.
Mit einem jähen Ruck erwachte ich in meinem Bett, der Schweiß auf meiner Stirn und meine Augen weit vor Entsetzen. Heiße Tränen rannen meine Wangen hinab, während ich mich langsam der Realität bewusst wurde und erkannte, dass alles nur ein Traum gewesen war. Doch die Erinnerung an den Alptraum blieb haften, und ich konnte das unheilvolle Gefühl nicht abschütteln, dass der Demogorgon in den Schatten meiner Träume lauerte, bereit, jederzeit wieder zuzuschlagen...
„(Y/N)?", hörte ich plötzlich jemandes Stimme leise rufen, was mich aus meinen Gedanken aufschrecken ließ. Die Zimmertür öffnete sich langsam, und ich erblickte nicht den Monster, sondern Steve, der besorgt in meine Richtung sah. „Hey, alles okay bei dir?"
Ein Hauch von Erleichterung durchströmte mich, als ich sein vertrautes Gesicht sah, doch mein Herz hämmerte immer noch wild in meiner Brust nach dem Alptraum, der mich soeben gequält hatte. „Ja... Ähm mir geht's gut. Tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe", murmelte ich, meine Verlegenheit kaum verbergend, während ich unauffällig versuchte, die Tränen von meinen Wangen zu wischen.
„Schon okay, ich ... Ich konnte auch nicht schlafen", versicherte er mir mit einem ruhigen Tonfall. „Hattest du einen Alptraum?", fragte Steve, während er näher auf mich zukam, vermutlich um sicherzustellen, dass es mir wirklich gut ging. Ich schwieg und nickte einfach, meine Gedanken noch von meinem Albtraum umnebelt.
Steve ließ sich ans Fußende meines Bettes fallen und drängte sanft darauf, dass ich ihn ansah. „Du hast es gesehen, oder?" Seine Worte waren leise, aber voller Mitgefühl, und ich konnte die tiefe Sorge in seiner Stimme spüren.
Ich nickte ihm erneut zu, unfähig, meine Angst zu verbergen. „Es stand direkt vor mir, seine Klauen drohten mich zu zerreißen. Ich konnte seine messerscharfen Zähne sehen, bereit, zuzubeißen. Und... und ich war ganz alleine", gestand ich ihm, während ich kämpfte, nicht erneut in Tränen auszubrechen. Doch die Erinnerungen drängten sich unaufhaltsam in mein Bewusstsein, und eine einsame Träne fand ihren Weg über meine Wange. Letztes Jahr, wäre ich fast von diesem verdammten Demogorgon gefressen worden. Diese Erinnerung verfolgte mich fast jede Nacht...
Vergeblich versuchte ich, die Tränen wegzuwischen, in der Hoffnung, dass Steve sie nicht bemerken würde. Doch natürlich entging ihm nichts, bei meinem Glück. Ich auf keinen Fall, dass Steve Harrington mich so sah – verletzlich und ängstlich.
Was dann geschah, überraschte mich zwar etwas, aber gleichzeitig beruhigte es mich auch. „Hey, schon okay", sagte Steve sanft, als er meine Hand ergriff. Sein Daumen strich in sanften Kreisen über meinen Handrücken, und langsam spürte ich, wie meine Angst nachließ. „Es war nur ein scheiss Albtraum. Es ist okay, Angst zu haben", fügte er hinzu, seine Worte waren tröstend und beruhigend.
Ich schaute ihn mit einem immer noch etwas traurigen Blick an, doch er schien unbeirrt zu sein und setzte alles daran, mich zu beruhigen. „Nur wer Angst spürt, kann wirklich mutig sein", sagte er mit einem Hauch von Weisheit in seiner Stimme.
Sein ermutigender Satz zauberte mir tatsächlich ein kleines Lächeln auf die Lippen, das Steve erwiderte. Doch was ich nicht wusste, war, dass er lächelte, weil er es geschafft hatte, mich zum Lächeln zu bringen.
„Seit wann so weise, Harrington?", scherzte ich, um die Spannung etwas zu lösen.
„Tja, ich habe weit mehr zu bieten als nur meine unwiderstehlichen Haare, Henderson", konterte er und spiegelte meinen amüsierten Tonfall.
Dankbar nickte ich und als er sicher war, dass ich mich wieder beruhigt hatte, wollte er aufstehen, um zurück ins Wohnzimmer auf seine Schlafgelegenheit auf der Couch zu gehen. Bevor er jedoch aufstehen konnte, griff ich schnell nach seiner Hand und hielt ihn davon ab, sich zu erheben. „Steve?", begann ich, meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
„Ja?"
„Könntest du bitte heute Nacht hier bleiben?"
Er hielt kurz inne. „Ja, ähm klar. So ... so wie früher", erwiderte er und versuchte vermutlich, mich erneut zum Lächeln zu bringen. Er griff nach einem Kissen und einer Decke, die sich am Fußende meines Bettes befanden, und machte es sich auf dem Fellteppich am Boden gemütlich.
„Du ähm... kannst auch neben mir schlafen ... so wie damals", schlug ich vor. Diesmal war er derjenige, der lächeln musste, als ich seine Worte wiederholte. Er schnappte sich sein Zeug und legte sich neben mich. Wir beide lagen auf dem Rücken und starrten an die Decke. Ich konnte immer noch nicht einschlafen wegen meines Alptraums, doch Steve schien ebenfalls wach zu bleiben. So vergingen einige Minuten, bis er seinen Kopf leicht zu mir drehte. Ich bemerkte seine Bewegung und wandte meinen Kopf ebenfalls zu ihm, sodass wir uns nun direkt ansahen.
„(Y/N)?"
„Ja?"
„Du bist nicht alleine, okay? Du hast Dustin. Du hast die Kids ... und du hast mich." Die Worte schienen aus ihm herauszuplatzen, als könne er sie nicht länger zurückhalten. „Ich lasse nicht zu, dass dir etwas passiert."
„Danke", flüsterte ich und schenkte ihm wieder ein kleines Lächeln, das er erwiderte. Unsere Blicke trafen sich, und ich spürte erneut dieses eigenartige Kribbeln im Bauch. Sein Blick wanderte von meinen Augen zu meinen Lippen und wieder zurück. Doch bevor irgendetwas passieren konnte, räusperte er sich kurz und drehte seinen Kopf zur Decke.
„Oh, äh ... Gute Nacht."
„Gute Nacht", erwiderte ich und versuchte, meine Augen zu schließen.
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