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past
pov. yoongi

Pünktlich zur Mittagspause klingelte mein Handy und ich riss es so stürmisch aus der Hosentasche, dass es mir dabei fast aus der Hand fiel.

Jeongguk hatte gestern Abend nicht angerufen und auf meine Nachrichten hatte er auch nicht reagiert. Allmählich fing ich an, mir ernsthafte Sorgen zu machen und ging in Gedanken unser letztes Telefonat nochmal durch. Hatte ich irgendetwas übersehen?

Mein ungutes Bauchgefühl verstärkte sich, als mir auf dem Display Dr. Lees Name angezeigt wurde.

"Dr. Lee?", nahm ich den Anruf an und kaute nervös auf meiner Unterlippe.

"Guten Tag, Min Yoongi-ssi. Bitte entschuldigen Sie, dass ich stören muss, aber es geht um Jeongguk. Er ist weder gestern, noch heute zu unseren Sitzungen gekommen und ich dachte... Nun ja, Sie wissen wahrscheinlich am ehesten, was los ist? Ich konnte ihn leider nicht persönlich erreichen."

"...Nicht zu den Sitzungen gekommen?", wiederholte ich stirnrunzelnd, "Heute auch nicht?"

"Nein, er... Er ist telefonisch nicht erreichbar. Ich hatte gehofft, Sie wissen mehr."

Der Kloß in meinem Hals wurde so dick, dass ich für einen Moment nicht sprechen konnte. All meine Sinne polten auf Alarmbereitschaft.

Ich versprech's.

Irgendetwas war definitiv nicht in Ordnung.

"Ich versuche, ihn zu erreichen und melde mich dann nochmal. Danke."

Kaum hatte ich das Gespräch mit Dr. Lee beendet, tippten meine Finger schon Jeongguks Kontakt an. Das Herz schlug mir bis zum Hals, während jedes Tuten wie ein Hilfeschrei in meinen Ohren dröhnte.

Nachdem er auch beim dritten Versuch nicht abgenommen hatte, rief ich meine Eltern und Bekannten an, ob irgendjemand von Jeongguk gehört hatte - oder ob er sich im besten Fall bei einem von ihnen aufhielt.

Doch niemand hatte von Jeongguk gehört.

Danke Yoongi. Einfach für... alles.

Sein Anruf, schoss es mir plötzlich den Kopf, sein letzter Anruf. Er hatte sich verabschiedet und ich hatte es nicht bemerkt.

Kurzerhand eröffnete ich meinem Team, wegen eines Notfalls die restlichen Arbeiten an dem neuen Album verschieben und auf der Stelle wieder nach Korea zu müssen. Sie waren verständnisvoller, als ich erwartet hatte.

Eine Stunde später saß ich im erstbesten Flieger zurück nach Busan und verbrachte die gesamte Zeit wie auf glühenden Kohlen. Ich hätte am liebsten vor Angst losgeheult, als mir mein Kumpel Hoseok textete, der netterweise zu unserer Wohnung gefahren war, um nach Jeongguk zu sehen.

Hobi
hey bro
alle lichter sind aus und auf mein klingeln hat niemand reagiert.
ich bin die umliegenden straßen abgelaufen, aber keine spur von jeongguk-ah.

Vor meinem inneren Auge liefen die schlimmsten Szenarien Amoklauf und in allen kam ich nicht rechtzeitig an; in allen hatte ich Jeongguk im Stich gelassen.

Es kam mir vor, als seien Tage vergangen, bis ich endlich vor unserer Wohnungstür stand und mit zittrigen Fingern die Tür aufschloss. Wie Hoseok beschrieben hatte, waren alle Lichter und Heizungen aus, das Bett war ordentlich gemacht und die Küche sauber aufgeräumt.

"Gguk? Gguk-ah?", rief ich panisch und hetzte von Raum zu Raum, bis ich auf dem Esstisch schließlich einen kleinen Zettel fand.

Ich bin schonmal vorgegangen.
Tut mir leid, Yoongi.
Ich liebe dich.
-jk

Auf einmal wusste ich, wo ich hinmusste.

Wir waren so hoch oben, oder nicht?

Wie hatte ich das nicht erkennen können?

Ich ließ alles stehen und liegen, jagte die Treppen hinab und stieg hektisch in mein Auto. Ohne das Bild eines vorbildlichen Verkehrsteilnehmer abzugeben, raste ich durch die Straßen, um so schnell wie möglich ans Meer zu gelangen.

Innerhalb von zehn Minuten hatte ich den Besucherparkplatz erreicht und rannte los.

Bitte, oh bitte Gott, lass es noch nicht zu spät sein.

In meinem ganzen Leben hatte ich noch nie solche Panik verspürt wie jetzt. Meine Beine trugen mich im Sprint an die Klippen und stiegen flink von einem Felsvorsprung zum nächsten.

Jeongguk. Jeongguk. Jeongguk.

Das Atmen fiel mir schwer und mein Herz pochte so stark gegen meine Rippen, dass ich Angst hatte, es würde zerreißen.

"Jeongguk", stieß ich mit tränenden Augen aus, "wo bist du nur?"

Und dann sah ich ihn. Er war allein. An der Klippe. Seine vertraute Silhouette hob sich dunkel gegen den wolkenverhangenen Himmel und blickte starr in Richtung des hohen Leuchtturms.

Oh Jeongguk...

Vor Erleichterung keuchte ich laut auf und stolperte eilens auf ihn zu. Ich wischte mir die Tränen aus den Augenwinkeln.

Es war noch nicht zu spät.

Ich würde nicht zulassen, dass er fiel.

Niemals.

Die Schwerkraft mag stolz sein, doch was nützt es ihr, wenn ich um Weiten stolzer bin?

Jeongguk war Mein. Wer ihn wollte, musste sich gefälligst hinten anstellen - denn ich würde ihn sicher nicht so leicht hergeben.

Sobald er in meine Reichweite gelangt war, hielt ich atemlos inne, schob die Hände in die Jackentaschen und rief so unglaublich heilfroh: "Hier bist du!"

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