❥ 𝖇𝖊𝖑𝖎𝖊𝖛𝖎𝖓𝖌 𝖞𝖔𝖚 ; eleven

ELEVEN | believing you

Daichi Sawamura x Reader

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Er hatte ein Eigenleben entwickelt, der Regen. Erbarmungslos prasselte er nieder auf das Mädchen und sprach mit seinen fallenden Glasperlen sein tiefstes Mitleid aus. Eigentlich sollte es heute nicht regnen. Eigentlich sollte es die ganze Woche nicht regnen. Eigentlich sollte auch ihre Zukunft ein anderes Bild einnehmen, als die Pinselstriche erhaschen ließen.

Das Mädchen hatte alles verloren und saß trauernd auf der Türschwelle eines Hauses, das nicht mehr da war. Das Gesicht vor dem Schatten der Welt versteckt, war YN schon gar nicht mehr in der Lage zwischen den salzigen Tränen und dem mitfühlenden Regen zu unterscheiden, während der Wind in ihre nackten, dreckigen Füße zwickte und die Grausamkeit ihr Leben umarmte.

Das zerrissene Kleid leuchtete nicht mehr in einem strahlenden weiß und präsentierte nicht mehr die Unschuld, die Kinder in ihren Augen leuchten haben sollten. So jung und doch schon so viel gesehen. So jung und doch hat das Leben sie bereits attackiert, dürstete nach Leid und Unheil.

Der Rauch lag nur noch leicht in der Luft, wurde hauptsächlich vom Regen erstickt, der nur langsam abnahm, noch nicht bereit war, sich von dem trauernden Mädchen zu trennen.

»Hier ist doch bestimmt noch jemand, ganz sicher!« Eifrig kraxelte Daichi einen Haufen aus Schutt herauf, während die Schnitte auf seiner nackten Haut brannten. Dauernd verletzte er sich an den von Melancholie besessenen Geschichten der alten Häuser, doch versuchte er die Schmerzen nach hinten zu schieben. Viel mehr spielte es eine Rolle die Menschen zu finden, die noch atmeten und sich nach Rettung windeten, während der Staub versuchte, ihre Hoffnung zu beerdigen.

»Daichi, wir suchen schon seit Tagen nach weiteren Leute... Ich glaube, so langsam haben wir sie alle beisammen«, murmelte Koshi erschöpft und hielt vor dem zusammengebrochenen Haus inne. Der Vorgang von Rettung vieler Menschen ernährte sich großzügig von den Kräften der Jungen.

»Ich hab's einfach im Gefühl, dass da noch jemand ist. Bitte, Koshi. Hilf mir... diese Person zu finden.« Nur zögernd brachte der Grauhaarige ein Nicken zu Stande. Niemals war seine Intention von einem schwarzen Schleier umhüllt, der sie davon abschirmen wollte, weitere Menschen vor dem Tod zu wahren, nur wünschte sich der Junge allmählich eine Pause. Ungemein schätzte er es, dass ihnen zumindest nicht alleinig die Arbeit auf den Schultern geladen wurde, obwohl er sich selbst als zu jung für solche Tätigkeiten betrachtete.

Der anfänglich stürmende Regen war in ein sanftes Nieseln zurückgegangen, das wie ein Hund über die offenen Wunden leckte.

Von dem Haufen aus Schutt auf dem Daichi stand, hatte er zumindest eine gute Sicht auf die Dinge, die vor ihm lagen - so entging ihm ebenso wenig die Figur einer kleinen Gestalt und erschrocken japste er auf. »Koshi, da ist wirklich noch jemand! Schaut aus wie ein Mädchen«, rief er seinem Kumpel herüber, ehe er unsanft von den Steinen runterrutschte, um mit schnellerer Geschwindigkeit unten landen zu können.

»Nun bring dich doch nicht gleich um, man!«, schimpfte Koshi deshalb, der zu seinem Freund gelaufen kam und sich für wenige Sekunden auf seine Knie abstützen musste, während er so viel Luft wie nötig einsog. »Wo ist sie?«, wollte er wissen, weshalb Daichi sofort in die Richtung zeigte, in welcher sich das arme Kind verbarg, noch immer im Unglauben darüber gekleidet, was passiert war.

»Na dann los jetzt.« Den Schmerz ignorierend, der von von Innen kratzte, nahmen beide die Beine in die Hand und bewegten sich so schnell sie konnten in Richtung des Mädchens, das verzweifelt den Blick auf die öde und tote Landschaft gehaftet hatte. Hässlich. Das war es. Hoffnungsraubend.

»Kleine!« YN zuckte zusammen, nachdem die fremde Stimme an ihr Ohr drang und ihr Augenmerk sofort nach der Lebensform suchte, die sich als zwei Jungen herausstellten (vielleicht 3 Jahre älter als sie es selbst war) und die geradewegs auf sie zu rannten. Es jagte ihr eine unerklärliche Angst ein, das ein Zittern sie überfiel und an den Boden nagelte.

»Bitte hab keine Angst, wir bezwecken nicht dir etwas zu tun!« Sie hatten die Distanz ziemlich geschlossen und standen vor der kaputten Treppe, die zur Türschwelle führte.

Kein Stück bewegte sich das Mädchen, doch ihre Körperhaltung verwandelte sich zu einer angespannten. »Wer seid ihr?« Misstrauen boxte die Worte aus ihr, während YN es nicht wagte, auch nur eine Sekunde den Blick von den beiden zu nehmen.

Daichis Lippen kräuselten sich in ein sanftes Lächeln und auch Koshis harter Ausdruck (der durch die Erschöpfung kreiert wurde) fiel in sich zusammen. »Ich bin Daichi und das neben mir ist mein Freund Koshi. Wir sind aus einem der Nachbarsdörfer und helfen dabei, die Leute von hier in Sicherheit zu bringen. Das ist hier ist kein Ort zum Leben mehr. Komm mit uns mit, es wird alles gut.«

Noch immer lungerte Misstrauen in ihr und sie besah die Jungs vor sich genau. Keine negative Präsenz haftete an ihren schmalen Körpern und das im Gesicht sitzende Lächeln wirkte echt. Die beiden konnten kaum drei Jahre älter als sie sein; und was hätten sie schon für schlechte Intentionen hinter ihren weißen Worten?

YN schwor sich, sollte ein schlechtes Gefühl seine Hand auf ihre Schulter legen, würde sie ohne zu zögern weg rennen. Jetzt aber musste sie versuchen, den beiden etwas Vertrauen entgegen zu bringen und hatte keine andere Wahl als abzuwarten, was sie damit machen würden. Ob sie es in einer Vitrine legten und beschützen, weil es so wertvoll war oder aber würden sie es auf den eiskalten Boden schmeißen, bis es in tausende von Teilen zerschmettern würde, an denen YN sich noch Jahre später schneiden würde?

Nur vorsichtig erhob sie sich und bewegte sich die Treppen runter in Richtung der wartenden Jungen, die ihr aufmunternd zu lächelten.

Und obwohl sich noch immer Faser ihres Körpers dagegen sträubten, ging sie mit den beiden Jungen mit.

*****

»Hier, setz dich«, murmelte Daichi, nachdem sie in das kleine Nest schritten, dass er und seine Mutter Zuhause nannten. Es war geflochten aus Ästen und rund wie eine Kugel. Obwohl es recht klein war, erfolgte nie eine Beschwerde der zwei dort Lebenden, denn bot es alles was sie brauchten. Die kleine Familie war sich einig, dass Luxus nicht alles im Leben war und sich die Freude nicht durch Reichtum in der Brust ansammelte, sondern durch die kleinen Dinge im Leben. Kleine Dinge wie zusammen Frühstücken, zusammen an den See zu spazieren, um die Fische zu beobachten oder auch ein paar nette Worte, die man so unter sich austauschte.

Der Blick des Mädchen schweifte für kurze Augenblicke durch das Nest, ehe ihre Augen wieder an Daichi hafteten, der ihr aufmunternd zulächelte.

»Hast du Hunger, Kleine?« Es wäre ratsam, wenn ihr Name sich bald in Daichis Wissen einschleichen würde, stellte er schweigend fest, während er auf eine Reaktion des Mädchens wartete. Zaghaft nickte sie; obwohl ihr Magen reichlich gefüllt war. Noch immer an Missmut.

»Sag mal, wie heißt du eigentlich?« Er bewegte sich auf den kleinen Schrank zu, in denen die kleine Familie ihr Essen lagerte. »YN«, entfloh es knapp ihren Lippen. Ein minimales Lächeln zierte Daichis Lippen und seine Augen ruhten wenig später auf eine Schüssel gefüllt mit Reis, Soße und Gemüse. Die Schüssel in die Hand nehmend, rotierte er seinen Körper in Richtung Mädchen und hielt es YN entgegen.

»Wäre das was für dich?«, fragte er vorsichtig und erhoffte, das Mädchen würde von ihrem Misstrauen langsam abtauen. In seinem Kopf ratterte es durchgängig, wie er ihr überzeugen konnte, dass er wirklich nichts böses gegen sie plante. YN brachte ein vages Nicken zustande und nahm die Schüssel, die Daichi ihr hinhielt, vorsichtig entgegen. Ein aufmunterndes Lächeln umspielte seine Lippen.

»Du siehst aus wie 10«, kommentierte er nachdenklich, während sie sich das Essen reinschaufelte. So gierig wie sie schlang, sah es aus, als würde die letzte richtige Mahlzeit schon eine Zeit in der Vergangenheit weilen. »Ich bin 12!«, schnappte sie empört, während sich ihre Augenbrauen verengten und Daichi sich belustigt auf die Lippe biss. Auf keinen Fall wollte er das Feuer der Wut in ihr schirren und hielt sein Lachen zurück.

»Ich bin 15«, sagte er stattdessen, »falls es dich interessiert.« Anstatt zu antworten, schlang sie den Rest Essen herunter. Unschlüssig fand die leere Schüssel platz neben ihrer sitzenden Gestalt.

»Hör mal, YN... Ich weiß, dir fällt es schwer mir zu glauben, aber ich will dir wirklich nichts böses. Ich will dir nur helfen, okay? Solange bis wir deine Eltern gefunden haben, kannst du hier bleiben. Das ist doch viel besser als draußen in der Kälte auf irgendwelchen Treppenstufen, nicht wahr?«

Traurigkeit schob sich in ihre Augen. Ihre Eltern. Sie hatte kein Plan, wo ihre Eltern waren - wann YN sie wiedersehen könnte. Unsicher schaute sie an ihre aufgeschürften Hände herunter. Was hatte sie schon zu verlieren? Der immer noch fremdwirkende Junge hatte Recht; In dieser Kuppel, die gefüllt mit wohltuender Wärme war, war es viel angenehmer als draußen. Hier hatte sie zumindest die Sicherheit von Essen. Vielleicht wäre es nicht schlecht, Daichi Glauben zu schenken.

»Okay«, murmelte sie, »ich glaube dir, Daichi.«

Auf Daichis Gesicht malte sich ein Grinsen ab. »Du wirst es nicht bereuen!«

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Ich melde mich auch wieder aus dem Abgrund und hoffe, wenigstens wieder monatliche Updates einbringen zu können ✨

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