𝟐𝟗 | 𝐥𝐨𝐧𝐞𝐬𝐨𝐦𝐞
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DIE STUMMEN TRÄNEN wischte ich mir hektisch von den Wangen, als ich den Stark Tower endgültig verließ. Einen Plan wo ich jetzt unterkommen könnte hatte ich nicht. Seit dem ich S.H.I.E.L.D. mehr oder weniger den Rücken gekehrt hatte, um somit ein Teil der Avengers werden zu können, war Steves Wohnung mein letzter Wohnsitz gewesen.
Ich hatte keine Freunde, weder konnte ich mein altes Zimmer in der Zentrale beziehen. Ich war nun allein und das wohl endgültig.
Auch wenn meine Wut Steve und den restlichen Avengers gegenüber noch immer präsent war, konnte ich ihnen nicht die Schuld an meiner jetzigen Situation geben. Mein größter Fehler war es gewesen, diesen Planeten überhaupt wieder betreten zu haben. Warum musste ich vor der Situation in Asgard nur fliehen? Warum hätte ich mir das alles nicht noch länger durch den Kopf gehen lassen können?
Während ich, umgeben von den vielen Wolkenkratzern, die Straßen New Yorks entlang ging, dabei auf die riesigen, grell leuchtenden Werbetafeln blickte und mich an den Menschenmassen vorbei drückte, spürte ich, wie fremd ich mich hier doch plötzlich fühlte.
Die Stadt, in der ich die letzten fünf Jahre verbracht hatte, die für mich eigentlich Heimat sein musste, war mittlerweile zu einem Ort geworden, an dem ich mich nicht mehr willkommen fühlte.
Lag es an Asgard? Konnte mich die kurze Zeit die ich dort verbracht hatte so schnell mit diesem Ort verbinden? Das Gefühl, welches mir Asgard gab, konnte mir New York einfach nicht mehr geben, so sehr ich es mir auch wünschte. Diese Verbundenheit, die ich tief in dem Moment spürte, als ich den Planet zum ersten Mal betrat, gab es hier auf der Erde nicht. Das Loki einiges zu diesem Gefühl beitrug, konnte ich jedoch auch nicht ganz abstreiten.
Da ich noch immer in meinen Gedanken gefangen war hatte ich gar nicht realisiert, dass mich mein Körper mittlerweile raus aus der Innenstadt geführt hatte. Erst als ich das riesige Gebäude in der Ferne sah, wusste ich wieder wo ich mich befand. Es war die Hauptzentrale von S.H.I.E.L.D., der Ort, den ich so lang mein Zuhause genannt hatte.. auch wenn er das wohl nie wirklich war.
So viele Jahre hatte ich hier verbracht, für Nick Fury gearbeitet, einfach weil ich nicht wusste, was meine Aufgabe sein sollte. Zu was wäre ich sonst schon in der Lage gewesen? Wenn ich denn überhaupt je eine andere Wahl gehabt hätte. Ich verspürte seit je her immer das Gefühl mich beweisen zu müssen, anderen Menschen zu imponieren, ihnen einen "Gefallen" zu tun, aber wofür das Ganze? Um am Ende nur von allen allein gelassen zu werden? Und selbst wenn mich die Personen nicht verlassen wollten, dann fand ich schon einen Grund, sie von mir zu verjagen.
Ein unangenehmes Gefühl breitete sich in meinem Körper aus, als ich das Gelände betrat. Doch mein Ziel war es nicht das Gebäude zu betreten, denn meine Zeit hier war schon längst beendet. Ich konnte einfach nicht zurück, es würde zumindest nie wieder so sein wie früher. So egoistisch sich das auch anhören mag, aber warum sollte ich für einen Planeten kämpfen, zu dem ich mich nicht mehr verbunden fühlte?
Ich setzte mir meine Kaputze über den Kopf, zog sie etwas mehr in mein Gesicht, damit mich niemand erkennen würde, während ich schnellen Schrittes über den weitläufigen Platz ging.
Mein Herz begann zu rasen, als ich das Tor des Friedhofs öffnete und dieses leise wieder hinter mir schloss. Hier lagen nahezu alle S.H.I.E.L.D. Agents begraben, die in Missionen getötet wurden. Damals gruselte es mich immer vor diesem Ort. Jedoch nicht wegen der Angst, dass ich irgendwann hier liegen könnte, sondern davor, dass es jemand war der mir Nahe stand.
Mittlerweile war das aber leider nicht mehr nur eine Sorge, sondern die Realität geworden. Mit zitternden Beinen ging ich durch den riesigen Friedhof, der beinahe schon endlos wirkte. Auch wenn ich eigentlich keinen von ihnen kannte, spürte ich eine Gewisse Art von Trauer. So viele Agents hatten über die letzten Jahre ihr Leben gelassen und das, weil sie andere Menschen beschützen wollten.. worunter mittlerweile leider auch Phil zählte.
Als ich vor seinem Grabstein stand, bildete sich eine Gänsehaut auf meinem Körper. Ein Meer aus Blumen in den verschiedensten Farben lag davor. Ein sanftes Lächeln bildete sich auf meinen Lippen, als ich realisierte, dass ich wohl nicht die Einzige gewesen war, dessen Leben er zum positiven beeinflusst hatte.
Es war das erste Mal, dass ich ihn hier besuchte. Sanft strich ich mit meinen Fingerspitzen über den eingravierten Namen und legte daraufhin meine Hände auf den kühlen Grabstein. Es war beinahe so, als würde ich mich dadurch mit ihm verbunden fühlen.
,,Hey.. Phil.. I-Ich weiß gar nicht so recht wie ich anfangen soll. Es ist wirklich viel passiert seit dem du.. seit dem du nicht mehr da bist", begann ich brüchig zu sprechen. Auch wenn ich natürlich wusste, dass er mich nicht hören konnte, fiel es mir schwer die folgenden Worte auszusprechen.
,,Loki.. der Mann, der dich getötet hat.. ich habe es geschafft ihn zu besiegen. Ich weiß, dass du wahrscheinlich nichts anderes von mir erwartet hast, aber danach ist noch einiges geschehen.. zwischen uns. So wie ich dich kenne, wärst du die letzte Person, die mich dafür verurteilen würde, aber..", kurz atmete ich durch, schloss meine Augen.
,,.. ich habe mich doch wirklich in ihn verliebt..", meine Stimme brach bei diesen Worten, eine einzelne Tränen lief meine Wange herunter, tropfte auf das Grab unter mir. ,,Ich weiß, dass es absurd klingt, aber er ist nicht mehr der, den du kennengelernt hast. Er rettete mir das Leben, war derjenige, der mir half herauszufinden, woher ich wirklich komme. Du kannst es wahrscheinlich kaum glauben, aber ich stamme tatsächlich aus Asgard. Ein Happy End gibt es aber trotzdem nicht, denn meine Familie wurde kurz nach meiner Flucht getötet..", immer mehr Tränen liefen mir das Gesicht herunter, auch wenn ich ein schwaches Lächeln dabei nicht verlor.
Es war schön, mit Phil zu reden, auch wenn er mir nicht antworten konnte. Doch ich wusste, selbst wenn er noch leben würde, hätte er mich dafür nie verurteilt.. das war einfach nicht seine Art. ,,I-Ich will darauf eigentlich auch gar nicht mehr näher eingehen.. auch wenn es wirklich gut tut mit dir darüber zu reden.. vielleicht erzähle ich dir ja ein anderes Mal davon", flüsterte ich, strich immer wieder sanft über den Marmor.
,,I-Ich bin eigentlich nur hier um dir zu sagen, w-wie sehr ich dich vermisse..", sprach ich brüchig, lehnte mich dann mit meiner Stirn gegen den kalten Stein und hielt für einen Moment inne. Nur mein leises Schluchzen war das einzige, dass noch zu hören war.
,,I-Ich weiß immer noch nicht wie ich das alles ohne dich schaffen soll Phil. Du warst all die Jahre für mich da, gabst mir das Gefühl nicht allein zu sein. Ich fühle mich für deinem Tod schuldig und dafür, dass ich Gefühle für deinen Mörder entwickelt habe.. aber wenn es doch eigentlich falsch ist, warum fühlt es sich dann so gut an? Warum kann ich seit dem ich hier bin nicht aufhören an Loki zu denken? Warum muss Liebe so verdammt schmerzhaft sein?", wimmerte ich, während all meine Tränen auf die Blumen unter mir fielen.
Wie sehr ich mir in diesem Moment wünschte, dass Phil schützend seine Arme um mich gelegt hätte und mir sagen würde, dass ich am Ende doch mit allem klar käme.. denn gerade fühlte sich das nicht so an. Doch auch wenn mir dieser kleine Moment etwas Kraft gab wusste ich, dass es nie wieder so sein würde wie früher. Es gab keinen Agent Coulson mehr bei dem ich Rat suchen könnte, wann immer ich ihn brauchte.
Was blieb mir also anderes übrig, als zu akzeptieren was geschehen war und damit weiterzuleben? Leider war das aber leichter gesagt, als wirklich getan. Wie mein Leben jetzt wohl aussehen würde, wenn er nicht gestorben wäre? Wäre ich dann noch immer bei S.H.I.E.L.D. oder sogar doch bei den Avengers? Wäre ich jemals nach Asgard gereist, hatte mich in Loki verliebt?
Langsam hob ich meine Stirn wieder von dem Marmor, blickte noch einmal auf seinen Namen. Die Tränen in meinem Gesicht wischte ich mir aus dem Gesicht, während sich das schwache Lächeln wieder auf meinen Lippen bildete.
,,Bitte sei mir wegen Loki nicht böse, okay? Ich habe ihn spüren lassen, dass dein Tod nicht umsonst war.. aber meine Gefühle kann ich einfach nicht abstellen", sprach ich, legte die wenigen Blumen, die ich vorher von einer Wiese gepflückt hatte auf sein Grab und stand daraufhin auf. Ich wäre am Liebsten noch für Stunden hier verblieben, doch, als wollten mir die Götter etwas damit sagen, begann es plötzlich wie aus Eimern an zu regnen. Deshalb zog ich mir meine Kaputze wieder über den Kopf, lehnte mich ein letztes Mal herunter zu dem Grabstein, gab diesem einen sanften Kuss und machte mich auf den Weg zurück in die Innenstadt.
Wohin genau wusste ich nicht. Weder konnte ich bei jemanden übernachten, noch hatte ich Geld um mir etwas für die Nacht zu suchen. Doch gerade als ich das Tor des Friedhofes schloss und schon ein paar Meter über das Gelände von S.H.I.E.L.D. lief, spürte ich plötzlich etwas Ungewöhnliches.
Ich konnte nicht ganz zuordnen was es war, bis die Erde plötzlich unter mir begann zu beben und sich über mir ein riesiger Lichtstrahl offenbarte. In binnen von wenigen Millisekunden erfasste dieser mich und zog mich mit in den Himmel.
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Auch wenn die Reise kaum ein paar Sekunden dauerte, musste ich mich erst daran gewöhnen, wieder fest auf dem Boden zu stehen. Natürlich wusste ich, dass es nur Bifrost sein konnte, der mich auf der Erde erfasst und zurück nach Asgard gebracht hatte. Trotzdem konnte ich kaum realisieren, wieder hier zu sein. Es waren nicht einmal zwei Tage vergangen, die sich jedoch fast unendlich anfühlten.
Meine Beine zitterten und von der Reise war mir übel und schwindelig geworden. Ich war mir wirklich nicht sicher, ob ich mich jemals an die Reise durch den Bifrost gewöhnen würde. Nach dem ich mich wieder etwas gefangen hatte, waren es Heimdalls goldene Augen, die mich beobachteten. Er zog gerade wieder das Schwert aus der Vorrichtung um das Tor zu den anderen Welten wieder zu schließen. Da nur er allein hier war, nahm ich an, dass er sich dazu entschieden hatte mich wieder zurückzubringen.
,,Heimdall.. warum hast du das getan?", fragte ich, wollte mir meine Freude darüber wieder hier zu sein nicht allzu sehr anmerken lassen. Es war ein Fehler gewesen überhaupt erst von hier zu fliehen, das war mir auf der Erde schnell bewusst geworden.
,,Lady Layla, bei ihrer Abreise hatte ich den Eindruck, dass sie nicht aus vollster Überzeugung gehen wollten. Deshalb erlaubte ich mir einen Blick auf Midgard und sie zu werfen. Verzeihen sie, dass ich sie ohne ihre Zustimmung hierher zurückgeholt habe. Aber Lady Layla, sie wirkten dort so allein und unglücklich..", entschuldigte sich Heimdall bei mir, auch wenn er das überhaupt nicht musste. Natürlich wäre es besser gewesen, mich zu warnen, bevor ein riesiger Lichtstrahl mich ins Weltall schleudern würde, aber das konnte ich ihm schon nachsehen.
Von meinen Gefühlen etwas zu sehr gesteuert, lief ich auf Heimdall zu und umarmte ihn. ,,Danke dir.. ich wäre wohl zu stur gewesen um von allein wieder hierher zu kommen", sagte ich, löste mich daraufhin wieder von ihm. Heimdall schenkte mir nur ein leichtes Lächeln. ,,I-Ich sollte jetzt lieber los..", murmelte ich, verabschiedete mich von ihm und lief daraufhin über die Regenbogenbrücke zurück zur Stadt.
Als ich es endlich durch die Massen der Asen geschafft hatte, erreichte ich den goldenen Palast. Hektisch rannte ich die Flure entlang, vorbei an den Zofen und Wächtern, denn ich hatte einen bestimmten Raum im Sinn.
Völlig außer Atem blieb ich vor der Tür meines Ziels stehen und ging mir noch einmal schnell mit den Fingern durch mein zerzaustes Haar. Die Vorfreude ihn wieder zu sehen, ließ mich strahlen. Wir könnten jetzt endlich glücklich werden.. ich hatte mich endlich für ihn entschieden, die Vergangenheit akzeptiert. Was sollte dann also noch zwischen uns stehen?
Als ich all meinen Mut gesammelt hatte, drückte ich die Klinke langsam nach unten. Mein Herz raste, als ich Loki sah, der gerade auf dem Bett lag und in einem seiner vielen Bücher laß. ,,Ich sagte doch, keinen Bes-", sagte er genervt, doch brach seinen Satz ab, als er auf sah, direkt in meine Augen. Ich konnte mein Lächeln einfach nicht mehr zurückhalten, trat daraufhin einen weiteren Schritt in das Zimmer.
Loki fokussierte mich, änderte dabei seinen Gesichtsausdruck jedoch überhaupt nicht. Ich wollte gerade auf ihn zugehen, ihn in meine Arme schließen, ihn küssen, als er begann seine Stirn zu runzeln.
,,Was willst du von mir?", sprach er plötzlich mit solch einer Abneigung, dass es mir eine Gänsehaut gab.
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Hey, ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen, über Feedback würde ich mich sehr freuen. :)
lea <3
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