𝐅𝐞𝐯𝐞𝐫

𓃥☾🐾✧𓃦

𝒢ewittrig donnernde Atemzüge erfüllten das Zimmer, besorgte Gesichter vermochten die Stimmung tiefgrau zu verfärben. Licht drang durch das Doppelfenster hinein, welches zur Hälfte mit einer Schalosie bedeckt war. Doch reichte jenes Licht bei Weitem nicht aus, um die Augen der Anwesenden zum Erstrahlen zu bringen. An manchen Tagen blieben die Farben wohl einfach fahl.

„Oh mein Schatz...", wisperte eine Frau, sie musste wohl Anfang Vierzig sein, strich ihrem Jungen zart über die knochige Hand. „Mein armer Liebling...", fügte sie noch hinzu, darin ihr schon beinahe salzige Tränen über die Wangen liefen - doch nein, sie musste stark sein. Sie durfte nicht weinen. Umfasste sie die Finger ihres Sohnes einen Gran fester, wollte ihm Halt und Kraft schenken und sich selbst wahrscheinlich etwas Mut.

„Trink doch noch einen Schluck.", murmelte sie, indes sie schon nach dem vollen Wasserglas auf dem hölzernen Nachttisch griff. „Nein, Mama.", erwiderte Cole schwach mit ganz kratziger Stimme, sofort begann er zu husten. Seicht öffnete er seine himmelblauen Iridien, welche von einem dunklen Ring ummantelt wurden - was zusammen mit der blassen Haut ein wirklich kränkliches Bild abzugeben vermochte. Nun, eben ganz seines elendigen Zustandes würdig.

Ruhig zuckten seine Augen durch das kleine Zimmer - seine ganze Familie saß auf (sicherlich fürchterlich unbequemen) hölzernen Stühlen an dem Doppelbett. Sein Vater, seine Mutter, seine Schwester - darin eine Miene wohl düsterer verzogen war, wie die Nächste. Alle kauerten sie hier in diesem Raum, um einem geliebten Familienmitglied in seiner letzte Stunde beizustehen.

Nur Asher, Coles kleiner Bruder war nicht anwesend.

Eine Hitzewelle fegte jäh über seine fahle Haut, an der salziger Schweiß zu kleben vermochte. Dicht gefolgt von einem Schock an klirrender Kälte. Zittrig atmete Cole aus. Eine missliche Übelkeit quälte seinen Bauch seit weiß Gott wie vielen Tagen - in einem aufgeregten Herzklopfer schien es, als müsse er sich heftig übergeben, im Nächsten vermochte nichts mehr als eine gähnende Leere zu herrschen. Doch weder das eine, noch das andere erlaubte ihm, etwas zu essen. Barsche Kopfschmerzen brachten seine Stirn zum Brummen, ziepende Schmerzen seine Ohren zum Erglühen. Ein ständiger Husten war sein Begleiter, darin schaurige Alpträume ihn seines Schlafes beraubten. Fürchterlich, nicht? Cole wollte weinen und doch fehlte ihm die Kraft dafür. Der Tanz auf dem Drahtseil zwischen Leben und Tod war wackelig und er drohte in die Tiefen des Abgrunds zu stürzen.

Was den armen Jungen so quälte?

Das berühmt berüchtigte Matefieber. Die Angst eines jeden Werwolfes.

War man zu lange von seinem Gefährten getrennt, wurde man erst schwach und irgendwann dann unsagbar krank. Omegas erwischte es dabei wohl am Schlimmsten, doch auch Betas oder Alphas verkrafteten jenes gewiss nicht auf Dauer. Vermochte das Krankheitsbild interessanterweise immer unterschiedlich zu verlaufen, doch eines hatten sie alle gemeinsam: Dieses Fieber führte unweigerlich zum Tod.

Nun, zumindest wenn man nicht früh genug wieder die Nähe des Gefährten erfahren durfte.

Doch lag das Leid nicht nur bei dem Betroffenen selbst, nein. Dieses Fieber richtete auch all diejenigen zu Grunde, die ihren Gefährten bereits verloren hatten.

Ein leises Schluchzen erfüllte das Zimmer, betrübt schloss Cole die blauen Iridien. Seine kleine Schwester Ava vermochte schon seit geraumer Zeit bittere Tränen zu vergießen, wohl wissend, baldig ihren geliebten Bruder auf ewig zu verlieren. Wahrscheinlich mischte sich auch noch der Schmerz bitter hinzu, ihn so leiden sehen zu müssen.

„Ich bitte dich, nimm einen Schluck Wasser.", flehte die Frau, die Stirn starr in Kraus gezogen. Doch Cole antwortete ihr nicht, regte sich nicht. An Stelle dessen bettete er seine blasse Wange tiefer in das dunkle Kissen. Sicher, sein rauer Hals brannte bereits vor Durst und doch besaß er kaum die Kraft, ein paar Schlücke Erfrischung zu sich zu nehmen. Sein Rücken bohrte einen peinigenden Schmerz aber und abermals tief in die Knochen, seine Beine zu schwer, um sie noch groß in Bewegung zu setzten.

Der magere Körper lag so bleischwer auf der Matratze, indes jenes Gewicht gleichsam seinen Verstand vernebelte.

Ein Atmezug verging und Cole überkam wieder diese herbe Übelkeit: Jäh vermochte sein Kopf über dem weißen Eimer zu hängen, der seit einer Weile einen festen Platz nebst dem Bett gefunden hatte. Für diesen Reflex schien sein Körper seltsamerweise doch noch einen Gran Kraft ausfindig machen zu können. Sofort wurde jenes mit einem Sticheln im Kopf und einem nervtötenden Piepen im Ohr bestraft. Erbittert strich sich Cole mit dem Handrücken über die trockenen Mundwinkel, hernach er das Wasserglas erblickte, welches ihm seine Mutter auffordernd hinhielt. Mit zittriger Hand nahm er es entgegen, wobei es ungestüm ins Wackeln geriet. Prompt umschlangen die Hände seiner Mutter das Glas, samt Coles langer Finger.

Scheiße, wann war der Junge nur so närrisch schwächlich geworden?

Konnte er nicht einmal sagen wann oder gar wie, doch irgendwann hatte ihn das Fieber gepackt, war einfach da. Listig hatte es sich eingeschlichen, seinen Körper vom einen auf den anderen Herzklopfer geschickt übernommen. Und nun wirbelte es wie ein aufgebrachter Sturm durch seinen Körper.

Das alles nur, weil er seinen Gefährten gerochen hatte, doch nicht rechtzeitig ausmachen konnte, wer er war. Irgendwo in der Stadt hatte er den markanten Geruch einmal aufgeschnappt - es war beinahe unmöglich, ihn zurück zu verfolgen. Der Alpha dahinter hätte praktisch überall her kommen können.

Natürlich hatte es Cole versucht - und wie er das hatte. Beständig hatte er nach diesem Geruch Ausschau gehalten: Zendnerholz, Amber, ein Hauch von Muskat. Doch nie hatte er die passende Person ausfindig machen können - vielleicht war er auch gar nicht mehr am Leben und er konnte ihn deshalb nicht finden?

Das Herz des Omegas begann jäh kräftig zu schlagen, doch vermochte es nicht an der süßen Erinnerung des verführerischen Duftes zu liegen. Ein seltsam ziependes Gefühl kroch seine Lenden hinauf, sein Leib wurde noch schwerer, als er es ohnehin schon war. Mit einem Mal kam ihm sein Körper so klein und beengend wie noch nie vor.

Coles blaue Iridien schlossen sich beinahe wie von alleine, sein Griff um das Glas lockerte sich, hernach seine Hand kraftlos auf die Matratze fiel. Alles drehte sich, indes er fürchterlich müde wurde.

„Cole!", rief seine Mutter alarmiert, stellte das Wasser hektisch beiseite. Durch den Schwung schwappte es über, im Zuge dessen verdunkelten einige Tropfen das helle Holz des Nachttisches.

„Mach die Augen auf, Junge!", die harten Worte seines Vaters drangen nur noch gedämpft an seine Ohren. „Du darfst nicht einschlafen.", fügte er noch bei, eh er seinem Sohn einige Male kräftig gegen die blässliche Wange schlug.

„Ich bin so müde, Papa.", wisperte Cole schwach, mit einem Husten untermalt und doch zwang er sich, die Iridien zu öffnen. Seine Augenlider vermochten schwer auf ihm zu lasten, schickten einen brennenden Schmerz über das ganze Gesicht. „Ich weiß, aber du musst wach bleiben.", erwiderte sein Vater merklich sanfter als zuvor, musterte seinen Jungen voller Sorge.

Coles Augenpaar huschte von dem Anblick seines Vaters, über dessen Schulter zu seiner Schwester, ehe er jedoch die Kraft verlor. Ihre angsterfüllten Gesichtszüge würde er wohl nie wieder vergessen können.

„Nicht einschlafen!", sagte Ava von Furcht erfasst, drängte sich zwischen ihren Eltern hindurch zu ihrem Bruder. Kraftlos ließ sie sich zu Boden sinken, griff nach der knochigen Hand des Omegas.

Doch Cole zeigte keine Reaktion, sein Atem wurde seichter und seichter. Der Junge glaubte sogar, ein strahlend helles Licht zu vernehmen, doch konnte er nicht ausmachen, woher es wirklich kam - es war einfach da und gelang von Atemzug zu Atemzug an Stärke. Sein Körper wurde jäh so leicht, so unbeschwert und es fühlte sich beinahe so an, als würde er fliegen, all die Lasten hinter sich lassen.

Plötzlich jedoch, durchzuckte ein schrilles Klingeln das kleine Haus. Völlig gleich ob es nun daran lag oder an der wispernden Stimme, welche ihm zuflüsterte, er wäre noch nicht soweit, es riss ihn unbarmherzig aus dieser Trance. Cole war mit einem Mal so orientierungslos, blickte aufgewühlt in die blauen Iridien seiner Mutter. Wurde er so abrupt zurück in seinen Körper gezogen, dass dieser nun schwerer zu wiegen schien, wie je zuvor. Indes all die Schmerzen mit einem Herzklopfer zurück kamen.

„Ist schon gut Schatz, das war nur die Klingel.", beruhigte sie ihn sofort, strich zart über sein lockiges Haar. Schenkte sie ihrem Jungen ein aufmunterndes Lächeln, was jedoch nicht ihre  Augen erreichen konnte.

Ein erneutes Klingeln vermochte messerscharf die Stille zu durchschneiden, immer und immer wieder setzte es erneut an, wollte einfach nicht seinen Hinschied finden.

„Vielleicht ist es Asher.", murmelte sein Vater, tauschte mit seiner Gefährtin einen kurzen Blick aus, in welchem sie wohl überlegten, ob sie nun zur Tür gehen sollten oder nicht. „Ich werde nachschauen gehen.", sagte die Mutter schließlich. „Ich bin gleich wieder da okay, Cole?", fügte sie noch aufgeregt hinzu. Natürlich wollte sie bei ihrem kranken Kind bleiben, jenes stand außer Frage. Doch vielleicht brachte Asher endlich die lang ersehnten Neuigkeiten und das wollte sie gewiss als Erste erfahren.

Ein kurzer Blick zurück zu Cole, ehe sie die hölzerne Tür aufstieß, welche beinah an die Wand zu krachen drohte. Huschte sie den schmalen Gang, welche Wände einige Familienbilder zierten und dann die steilen Treppen hinunter. Überschwänglich riss sie die weiße Haustüre auf und tatsächlich - es war Asher. Bei ihm stand ein fremder Junge, der nicht weniger nervös als ihr Sohn selbst wirkte: Unruhig vermochten seine Iridien zwischen denen der Frau hin und her zu zucken, fuhr er mit seinen Fingerspitzen aber und abermals über die gegenüberliegende Hand, indes sein Herz kräftig gegen die starke Brust schlug.

Er würde gleich womöglich seinen Gefährten zum ersten Mal sehen, wer wäre da nicht nervös?

„Mom, ich glaube, ich hab ihn.", teilte Asher sofort mit, die blauen Augen der Frau glitten erneut zu dem Unbekannten, welcher im selbigen Atemzug das Kinn seicht in die Höhe reckte. Ein verlockend süßlicher Duft vermochte jäh an seine Nase zu dringen. Vielleicht war das auch der Grund, warum er sich ohne sich vorzustellen, an der Frau vorbei drückte und ins Innere des kleinen Hauses trat.

Doch jene Unhöflichkeit war in diesem Moment völlig egal.

„Er ist oben.", ließ die Frau ihn ruhelos wissen, doch wäre diese Information gar nicht von Nöten gewesen. Der junge Mann folgte offenbar dem zuckrigen Geruch und wusste so genau, wo er hin gehen musste. „Ich bin übrigens Ellinor.", stellte sie sich vor, indes sie hinter dem Fremden die hölzernen Treppen hinaufstieg. Hektisch erklommen ihre Beine die Stufen, beinahe drohte sie, in den unbekannten Jungen hineinzulaufen, so schnell wollte sie zurück in das Zimmer ihres kranken Kindes.

Asher folgte ihnen gewiss, wenn auch etwas langsamer.

„Lucien", stellte der Alpha sich kärglich vor, wagte einen kurzen Blick über die Schulter. „Freut mich.", gab Ellinor mit einem kurzen Lächeln zurück, welches der Alpha nur seicht erwiderte, ehe er rasch den Kopf zurück drehte. „Es ist gleich das erste Zimmer.", murmelte Ellinor, Lucien stand bereits im Flur, sie selbst erreichte gerade die letzte Stufe.

Coles Augen öffneten sich sofort, als er jäh einen Geruch vernahm, welche sein Zimmer stürmte. Vermochte er ihn sogleich wiederzukennen: Zendnerholz, Amber, ein Hauch von Muskat.

Zuerst dachte er natürlich, er würde sich jenes nur einbilden, war es durch das Fieber gewiss gar kein Ding der Unmöglichkeit. Doch war es wie, als würde ihm eine große Last von den Schultern genommen werden und sein Körper endlich wieder zur Ruhe kommen, alsbald ein großer Alpha das Zimmer betrat. Die Iridien so tiefbraun wie die kurzen Haare, markante Gesichtszüge, die dennoch etwas Sanftes an sich hatten - er war wirklich unfassbar hübsch.

Der Vater Coles, sein Name war John, erhob sich ohne Frage prompt, als der unbekannte Wolf das Zimmer erreicht hatte. Wollte er sich dem Fremden schon in den Weg stellen, denn niemand sollte seinem Sohn zu nahe kommen. War er krank und noch dazu ein Omega, er musste beschützt werden. Doch rief Ellinor genau in diesem Winpernschlag über dessen Schulter: „Asher hat ihn gefunden!"

Sie war sich so sicher, dass er es war. Er musste es einfach sein. Und der Verdacht vermochte sich rasch zu bestätigen, da die beiden Jungs sofort aufeinander reagierten.

Prompt trat John zur Seite und auch Ava erhob sich ohne Zankerei, um Platz schaffen zu können. Dennoch waren sie alle nicht weit von dem Bett entfernt, als sich Lucien vor eben dieses in die Hocke setzte. „Hey...", verließ es honigzart seine volle Lippen, darin er die klamme Wange seines Gefährten mit der Hand umschloss. Zart strich er mit dem Daumen darüber, schenkte ihm ein von Amors Pfeilen getroffenes Lächeln.

„Er heißt Cole.", ließ Ellinor den Alpha wissen, versuchte über die Schulter ihres Gefährten einen Blick auf die beiden Jungs zu erhaschen.

„Hey Cole, ich bin Lucien", stellte sich der fremde Wolf vor, erhielt sogleich ein Nicken als Antwort. Aufmerksam vermochten seine tiefbraunen Iridien über das Angesicht des Anderen zu zucken: Die blonden, lockigen Haare, diese wundervollen blauen Augen. Die süße Nase und die vollen Lippen - selbst diese kränkliche Blässe und die dunklen Augenringe konnten seiner Schönheit in nichts nachstehen.

„Er braucht jetzt viel Körperkontakt.", sagte John plötzlich mit barscher Stimme. Natürlich, er freute sich, dass der Gefährte seines Sohnes endlich gefunden war und doch tat er sich schwer damit, diesen jetzt einem anderen Alpha anvertrauen zu müssen. Allerdings war er und seine Zuneigung das Einzige, was Cole jetzt noch vor dem Tode bewahren konnte.

Lucien nickte nur einen Gran abwesend, ehe er sich ohne groß darüber nachzudenken das grüne T-Shirt über den Kopf zog. „Komm Ava.", sagte John mit bestimmenden Ton, als auch die graue Jogginghose und die Socken achtlos zu Boden fielen. Rasch ging der Alpha um das Doppelbett herum, ehe er die dunkle Bettdecke zurückschlug und sich neben Cole auf die Matratze legte. Sofort schlang er seine starken Arme um den warmen Körper seines Gefährten, drückte seine Nase in dessen Nacken. Tief atmete er ein, ließ sich von dem süßlichen Duft für ein paar aufgeregten Herzklopfer die Sinne benebeln.

Es war irgendwie seltsam, sich ungefragt neben ihn zu legen. Doch sie waren Gefährten und sein Omega brauchte diese Nähe dringend. Es musste also okay sein, eine andere Wahl hatten sie schließlich nicht.

„Ich lasse euch alleine.", ergriff Ellinor mit einem wehmütigen Lächeln das Wort. „Ruf mich, wenn etwas ist.", sagte sie noch an Lucien gewandt, ehe sie das Zimmer verließ. Gewiss trübten noch immer tiefe Sorgen ihre Gedanken, doch sie wusste, dass ihr Sohn nun in guten Händen war. Und das auch, obwohl sie den Fremden erst seit wenigen Minuten kannte. Der Alpha war Coles Gefährte, er würde ihm niemals etwas antuen. Vermochte sein eigenes Leben schließlich ebenso daran zu hängen, warum also sollte er ihm etwas Schlechtes wollen?

„Schlaf erstmal ein bisschen.", verließ gedämpft Luciens Kehle, hernach die Zimmertür ins Schloss gefallen war. „Ich werde bei dir bleiben.", fügte er noch hinzu, ehe er einige federleichte Küsse auf den Nacken seines Gefährten hauchte. Dieser brauchte jetzt erst einmal viel Ruhe, alles andere konnten sie später noch klären.

















Cole atmete einmal kräftig ein und sofort vermochte ein reizender Duft seine Sinne zu betören. All sein Unbehagen war zumindest für diesen Atemzug vergessen, trudelte erst nach und nach wieder ein. Seicht reckte er das Kinn, wollte die Arme und Beine weit von sich strecken, darin er die vom Schlaf noch ganz schweren Iridien nach einigen Wimpernschlägen öffnete. Doch etwas schlang sich fest um seinen Bauch, jäh zuckte sein Blick hinunter: Zwei starke Arme stahlen sich in sein Blickfeld, welche ihn fest an eine sich beständig hebende und senkende Brust drücken. Es musste wohl eine Stirn sein, welche in der Mitte seiner beiden Schultern ruhte - jenes konnte doch niemals gemütlich sein. Cole vernahm einen gleichmäßigen Atem, die Person- nein, sein Gefährte musste wohl tief im Land der Träume versunken sein.

Träumte Cole womöglich selbst noch?

Er und sein Alpha in einem Bett, jenes konnte doch unmöglich der Wahrheit entsprechen. Wo kam er so plötzlich her? Wer hat ihn hergebracht? Etwa Asher, welcher sich ein letztes Mal auf die Suche begeben hatte? Sicher, Cole erinnerte sich dunkel daran, wie ein junger Mann das Zimmer betreten hatte. Das Gesicht nahe an seinem eigenen, die warme Hand um seine Wange, welche ein seichtes Kribbeln ausgelöst hatte. War dies alles womöglich ein Fiebertraum, welcher schon baldig eine schreckliche Wendung nehmen würde?

Oder war er etwa in seinem eigenen, persönlichen Himmel angelangt?

Langsam und bedacht darauf, den Anderen nicht zu wecken, windete sich Cole in der wohltuenden Umarmung. Jenes vermochte sich als gar nicht so einfach heraus zu stellen, da der Griff zwar nicht unangenehm, dennoch fest war. Zu seinem Erstaunen aber, lockerten sich die starken Arme schnell und er konnte einen Gran Abstand gewinnen und sich umdrehen.

Die Augen des Omegas weiteten sich, als er in ein malerisch schönes Angesicht blickte. Scheiße, wie nur konnte ein Mensch so hübsch sein? Cole wagte sogar zu behaupten, noch nie in ein entzückenderes Gesicht wie dieses geblickt zu haben. Alles an diesem war perfekt und selbst jeder noch so kleine Markel trug seinen Teil dazu bei.

Konnte er wohl gar nicht anders, als die Hand unter der dunklen Bettdecke hervorzuheben, die Fingerspitzen zart über die Wange seines Gegenüber streichen zu lassen. Bass erstaunt zuckten seine Iridien über die Gesichtszüge, jedoch noch so kleine Detail ummantelt mit diesem wundervollen Geruch brannte sich tief in sein Gedächtnis.

Himmelblau traf jäh auf Tiefbraun. Ein Lächeln schlich sich auf Coles Lippen, was sein Gefährte gewiss nicht weniger verzückt erwiderte.

„Hey, du bist ja wach.", sagte dieser honigzart, darin er eine verirrte Locke Coles zurückstrich, welche jedoch sofortig wieder an Ort und Stelle fiel. „Wie gehts dir?", wollte er noch wissen, ließ seinen Zeigefinger hauchzart von den Schläfen, bis hin zur Wange streifen und hinterließ ein angenehmes Prickeln.

„Besser.", entgegnete Cole und es stimmte. Der Junge fühlte sich erholt, auch wenn das Wort „Gesund" noch in weiter Ferne zu liegen vermochte. Doch sein Körper fühlte sich leichter an und da waren keine Kopfschmerzen mehr, die seinen Verstand vernebelten. Jenes war noch schon mal ein Anfang oder nicht? „Wie lange hab' ich geschlafen?", wollte er müde wissen, sein dünner Körper streckte sich seicht, darin er das Angesicht einen Gran verzog. „Fast einen Tag.", gab sein Gefährte mit seltsam getrübter Stimme zurück. Sofort schlich sich ein trister Gedanke ein: War er genervt deswegen?

„Oh...", erwiderte Cole leise, indes er langsam begriff, was das eigentlich bedeutete. Gott, er hatte so viele Stunden geschlafen, nichts getrunken, nichts gegessen. „Warst du die ganze Zeit über hier?", schickte er noch unsicher hinterher. Jäh aus heiterem Himmel begann er, sich für seinen Zustand zu schämen.

„Natürlich.", gab der Alpha wahrheitsgemäß zurück. Hatte er jede einzelne Stunde in diesem Bett verbracht und es nur verlassen, um dem Bad oder der Küche einen kurzen Besuch abzustatten. Zu groß war die Angst gewesen, Cole würde ohne ihn aufwachen oder gar noch schlimmer, es gar nicht mehr tun. Der Junge war noch lange nicht über den Berg, jenes wurde Lucien bei dem Anblick der fahlen Haut und den dunklen Augenringen abermals schmerzlichst bewusst.
Beinahe beständig war er in der gleichen Position liegen geblieben: Die Nase tief in den Nacken seines Omegas vergraben, die Hände fest um seinen warmen Körper geschlungen. „Ich wollte dich auf keinen Fall alleine lassen.", nur wenn sein Rücken begonnen hatte, zu ungnädigen zu ziepen, hatte er sich mit einem wachsamen Verstand umgedreht.

Ein gerührtes Lächeln schlich sich auf Coles Lächeln, indes seine blauen Iridien zu funkeln begannen. Die Atmosphäre um sie herum begann jäh zu knistern, wohl eher unbewusst vermochte er seinem Gefährten dabei einen Gran näher zu kommen. Dessen Augen huschten einmal flink zu den Lippen des Omegas, ehe er sich nicht mehr halten konnte und diesem einen kurzen Kuss aufschwatzte. Zu Coles eigenem Verwundern jedoch, erwiderte er und das sogar ohne groß darüber nachzudenken.

Bereits jetzt ließ er sich von ihrer Verbindung listig einlullen. Fühlte es sich einfach so vertraut an, als würde er den Anderen bereits ewig kennen. Darin eine jede seiner sanften Berührungen ein wohliges Kribbeln hinterließ.
Kein Wunder jedoch, ihre Seelen vermochten schließlich eins zu sein, entzweit auf ihren beiden Körper. Sie würden wie die Faust aufs Auge zusammen passen, sich wunderbar ergänzen.

War er schon jetzt völlig überwältigt von diesen Gefühlen, dabei hatten sie sich noch nicht einmal gebissen. Wie toll nur würde alles werden, wenn sie sich erst einmal gegenseitig markiert hatten? Cole kam nicht davon weg, sich wahnsinnig darauf zu freuen.

„Wie bist du hier her gekommen?", platzte es jäh aus ihn hinaus, diese Frage brannte ihm wirklich ungnädig auf der Zunge. Zerstörte er damit wohl erfolgreich ihren Moment, dabei war es doch eigentlich erst einmal völlig gleich, wie sein Gefährte zu ihm gefunden hatte und doch konnte er es nicht lassen. „Asher hat mich aufgesucht und mir erzählt, was los ist. Er muss mich wohl über ein paar gemeinsame Bekannte gefunden haben.", erklärte Lucien nach einem seichten Seufzen. Seine Iridien stahlen sich für ein paar Wimpernschläge auf die nackte Schulter seines Gegenüber. „Zuerst habe ich ihm nicht geglaubt, aber jetzt bin ich doch froh, mit ihm gegangen zu sein.", fügte er noch hinzu, darin seine tiefbraunen Augen zurück zu dem Augenpaar seines Gefährten huschten.

„Du hast mir übrigens einen ganz schönen Schrecken eingejagt!", jammerte der Alpha brüsk, sanftmütig schlug er dem Omega gegen die Schläfe, hernach ihm ein erleichtertes, äußerst melodisches Lachen entkam. Sah er dabei so wundervoll aus, Cole konnte wohl gar nicht anders, als in dieses mit einzusteigen. Auch der Klaps auf seiner Haut war sofort vergessen, obwohl er die Gesichtszüge erst seicht verzogen hatte.

„Ist es jetzt dumm nach deinem Namen zu fragen?", wollte er mit einem Grinsen auf den Lippen wissen, erwartete aber nicht wirklich eine Antwort darauf. „Ich glaube, du hast ihn mir vorhin schon gesagt, aber ich war irgendwie nicht so ganz bei mir."

„Meine Name ist Lucien.", erwiderte der Alpha, ehe sein Lächeln nur noch größer wirkte. „Es freut mich sehr, dich endlich kennenzulernen.", fügte er noch ehrlich hinzu, indes er Cole erneut näher kam. Dieses Mal jedoch, stieß er nur zart dessen Stupsnase an. Dem Omega entkam ein niedlich Lächeln, ehe er die Geste doch glatt wiederholte, seine Nase seicht an der seines Gegenübers rieb.

Sein Alpha war wirklich süß, auch wenn Cole sich sicher war, dass sich auch ganz andere Seiten hinter seinem hübschen Gesicht verbargen. Ihr Charakter vermochte schließlich sehr dominant zu sein, dass er trotz dessen so liebevoll mit ihm umging, erwärmte Cole das Herz.

„Es freut mich auch, dich kennenzulernen.", wisperte er, blieb seinem Gegenüber ganz nah. „Ich dachte schon, ich muss in dem Unwissen sterben, wer du bist.", traurig entrissen sich diese Worte seiner Kehle, dabei hatte er sie doch eigentlich gar nicht aussprechen wollen. Diese Tatsache in Worte gekleidet, schien diesen bitteren Umstand nur noch schlimmer, noch realer zu machen. Lucien konnte doch nichts dafür, warum also ihn damit belasten? Es war sinnlos und doch konnte er diese Worte nicht zurück halten.

„Es tut mir so leid.", vermochte es prompt alarmiert über die volle Lippen seines Gefährten zu kommen. Seine Stirn zog sich in Kraus, darin ein leidliches Matt seine schönen Augen verdunkelte. Sein Blick huschte abermals zu der Schulter seines Gegenüber, zu sehr schämte er sich, beinahe für den Verlust seines eigenen Gefährten verantwortlich gewesen zu sein - wenn auch unwissentlich. „Hätte ich das gewusst dann-"

Cole legte eine Fingerspitze auf den Mund seines Alphas, ließ seine aufgeregten Worte somit ihren Hinschied finden. „Du bist jetzt hier und das ist alles, was zählt."

„Und ich werde dich nie wieder verlassen.", beteuerte Lucien mit festen Blickkontakt, ehe er sanftmütig nach dem Finger seines Omegas schnappte.

Ein Lachen vermochte hernach das kleine Zimmer zu erfüllen.

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