drittens / Eine neue Hoffnung

❝ 𝗶 𝘄𝗮𝘁𝗰𝗵𝗲𝗱 𝘆𝗼𝘂 𝗱𝗶𝘀𝘀𝗮𝗽𝗲𝗮𝗿❞

𝐈𝐓𝐀𝐋𝐈𝐄𝐍/𝐀𝐔𝐅 𝐃𝐄𝐌 𝐃𝐀𝐂𝐇: 
„Lass mich gehen"
„Nein, bitte bleib. Du schaffst das"
„Es ist okay"
"Nein... Es tut mir Leid..."
Ihre Schusswunde, nur unweit ihres Herzens war bereits angetrocknet, doch die Blutung hatte das trotzdem nicht gestoppt. Ihr Körper war mit Schnittwunden übersäht und ihre blasse Haut war mit Blut verschmiert.
Mit ihrem verletzten Kopf auf meinen Knien, wirkte sie wie ein Geist - so blass und vom Leben verlassen.
Es hatte nun tatsächlich keine einzige der Scharfschützinnen überlebt. Jeder Puls war entweder bereits verstummt, als ich auf die Dächer sprang, oder ihre Körper waren nicht einmal vor findbar gewesen. Und jeder Körper wies unmengen an Schnittwunden auf; niemals hätte das eine Schusswaffe verrichten können.
Mein Kopf arbeitete, als mein Blick in das leere Gesicht des Mädchen starrte,
Immerhin war jenes Mädchen noch im Besitz eines Pulses gewesen, als ich ankam.
Und ich kannte sogar ihren Namen - Peach.

Den Namen hatten wir uns einmal auf einer Mission ausgedacht; unserer ersten Mission um genau zu sein. Damals fiel sie bei einem verunglückten Sprung auf einen Obststand, geradewegs in die Pfirsiche hinein. Danach hatten wir Ewigkeiten gebraucht und ihren Anzug wieder von dem Glibber zu befreien.
Ein Schmunzeln glitt über meine Lippen. Wir hatten uns eins geeinigt, dass sie älter war als ich es bin. Da aber niemand von uns wusste, wann ihr Geburtstag war, war das höchstwahrscheinlich nur ein imaginärer Fakt, welcher keineswegs der Wahrheit entsprechen würde. Und trotzdem gab es uns immer ein wenig Halt in unserem eintönigen Leben.

Der 'Red Room' legte großen Wert daran, auch den kleinsten Funken einer entstehenden Freundschaft zu ersticken. Ich hatte nie verstanden, welcher Sinn sich dahinter verbarg. Doch jetzt tat ich es; sie wollten uns schützen. Sie wollten uns vor dem Versagen abbringen, uns vor Schmerz schützen. Schmerz wir diesen.
Salzige Tränen bildeten sich in meinen Augen, als ich unbewusst meinen sonst so kühlen Killerblick fallen ließ. Alle Sirenen in meinem Kopf schrillten, doch ich verdrängte ihren Lärm.
All die Jahre wurden wir kontrolliert, wurde uns kein einziger Fehler erlaubt. Und jetzt lag die Academy, welche erst zu den ganzen Toten hier geführt hatte, endliche Kilometer entfernt. Ich hatte Peach und viele andere verloren, doch der ‚Red Room' wird sie einfach ersetzten. Sie nahmen sich was sie wollten.
Ich krampfte mich zusammen, löste meine Position allerdings sofort wieder auf, als sich meine Verletzungen meldeten.

Ich seufzte und mitten in dieser erdrückenden Stille ertönte plötzlich ein lautes Poltern in der Gasse neben mir. Alarmiert stand ich auf und spähte über den Rand des Flachdachs. Noch konnte ich niemanden entdecken, also blieb mir nichts anderes übrig als mich in die Gasse zu begeben.
Mit einen flüchtigen Blick überprüfte ich meine Ausrüstung - es wäre wirklich unpraktisch wenn ich eine meiner Waffen nicht bei mir hätte. Und natürlich hatte ich nicht alle Waffen bei mir - ich hatte einige im Kampf verloren.
Also schnappte ich mir den Dolch und das Magazin Peachs'. „Wir werden uns wieder sehen"
Dann würgte ich noch eine weitere Tablette des Schmerzmittels hinunter, auch wenn mir klar war, dass das mich im Kampf eher schwächte. Trotzdem war eine vernebelte Sicht einfacher zu bewältigen als den Schmerz einer gebrochenen Rippe und eines Bauchschusses. Dann ließ ich noch einen mitleidigen Blick über den Toten Körper des Mädchens gleiten, bevor ich an die angrenzende Regenrinne sprang und geschickt am Boden der Gasse landete.
Jetzt konnte es los gehen.
Und dieses Mal würde es nicht schief gehen.
Hoffte ich zumindest, auch wenn ich keine große Hoffnung hegte.

In den Jahren meiner Ausbildung war alles immer strikt nach Plan gelaufen. Routine. Jetzt war diese Abfolge gebrochen, der Red Room lag Ewigkeiten entfernt von meinem momentanen Standort und die Koordinaten des Stützpunktes hatten mich noch immer nicht erreicht. Es war das erste Mal, dass ich nicht das Gefühl hatte, rund um die Uhr beobachtet zu werden. Ich fühlte mich das erste Mal frei.
Und dennoch war das hier gewaltig falsch.

Meine Hand wanderte in meinen Nacken und erreichte den GPS Chip, welchen jede einzelne "Auserwählte" zu Beginn implantiert bekam.
Um in Sicherheit zu sein. Um überwacht werden zu können.
Doch jetzt war der Sender zerstört. Zumindest funktionierte er nicht mehr. Ich war hilflos, ohne auf jeglicher Hilfe von außen hoffen zu können.
Keiner könnte mich finden.
Und um ehrlich zu sein, war das hier nicht gerade der Ort an dem ich draufgehen wollte.
Ein tiefes Seufzen verließ meine Lunge.
Irgendwie hatte ich nichts gegen dieses Gefühl von 'Freiheit', doch das ganze Geschehen ging mir deutlich gegen den Strich. Der Punkt war, ich hatte versagt. Mal wieder. Und trotzdem war ich lebend davon gekommen. Einfach nur aus Glück. Pures Glück.
Doch ich durfte mich nicht auf mein Glück verlassen. Das alles hätte nie passieren dürfen.

Mir war schon immer klar, dass es uns jungen Frauen nicht guttun konnte, zu Killern ausgebildet zu werden. Zu Waffen zu werden. Doch ich fühlte mich immer gesichert, auf jeder Mission hatte ich ein Back Up. Jemand der mich retten konnte. Der Red Room rettete mich. Und es war meine Bestimmung zu kämpfen.
Es war irgendwie beängstigend zu wissen, dass niemand mehr da sein würde um mir zu helfen, wenn ich erneut versagen würde. Wenn ich scheiterte, wärs das.

Als das Poltern, welches ich schon vom Dach aus vernommen hatte, erneut ertönte und mich aus meinen Gedanken riss, verschmolz ich mit der Dunkelheit der modrigen Sackgasse. Dieses Mal würde ich nicht versagen. Dieses Mal würde es sich nicht um Elite - Agenten handeln. Meine Verzweiflung hatte offensichtlich die Oberhand gewonnen, denn mir selber Mut zuzusprechen sah mir wirklich nicht ähnlich...

Die Gestalt, die nach langen Rumoren aus der Dunkelheit trat, war eindeutig zu massiv gebaut und mit der speziellen Funktion meiner Linsen konnte ich sogar sagen, dass die Person Waffen bei sich hatte: zwei Messer und eine Schusswaffe, allerdings nur noch mit einer Patrone im Magazin. Ganz zu schweigen von den Messern, die beide kurz vor dem Zerbrechen standen.

Gekonnt sprang ich über die auf mich zu kommende Gestalt und landete lautlos auf der anderen Seite der Gasse. Dann rannte ich hinaus auf die Piazza und staß dabei absichtlich mehrere Mülltonnen um, welche scheppernd auf den Boden krachten. Eigentlich konnte ich nur noch hoffen, dass dieser Krach keine Anwohner aufwecken würde. Denn dann würde das alles hier nicht einfacher werden.
Nur wenig später war auch die Gestalt aus der Gasse angerannt gekommen; immerhin war dieser Plan aufgegangen.
Wie ich  erkennen konnte, handelte es sich um einen Mann, etwa Mitte 30. Die Details interessierten mich eigentlich nur wenig, stattdessen fixierte ich den Himmel, welcher mittlerweile von rot-orange in ein fließendes Blau überging.
Was auch  immer dieser Typ wollte, ich müsste ihn schnell erledigen; noch bevor die Bewohner aufstehen würden.

...

Den Mann zu besiegen war viel zur einfach gewesen, eher eine Anfängerübung. Ich hatte kein Motiv für seinen Angriff herausfinden können, doch er stand definitiv unter Drogen und Alkohol, das hatte mit sein schrecklicher Atem verraten. Ich hatte ihn noch in die Gasse, aus der ich gekommen war, geschleppt, bevor er von mir einen Gnadenschuss erhielt. Ja, ein Gnadenschuss - er sah wirklich furchtbar aus.  Jetzt hatte die Stadt wenigstens einen Störenfried weniger.
Die Stadt, wessen Namen ich nicht einmal kannte.

Als die ersten Fenster geöffnet wurden, zog ich mich zurück. Ich hatte nicht vor, mich mit auch nur einem der Toten dieser Nacht blicken zu lassen. Sonst würde ich noch die Polizei oder S.H.I.E.L.D. am Hals haben und darauf konnte ich wirklich gut verzichten.
Da das aber auch hieß, dass ich Peach zurücklassen musste, stattete ich ihrem toten Körper noch einen flüchtigen Besuch ab.
Zum letzten Mal strich ich ihr durch ihre langen braunen Haare und schloss behutsam ihre offenen und leeren Augen. Ich hielt verzweifelt meine Tränen zurück, als völlig unerwartet mein Ohrstöpsel zu knistern begann.
Ich zuckte zusammen.
War ich jetzt schon so verrückt, dass ich mir Sachen einbildete?
Doch das Rauschen stoppte nicht.
Stattdessen wurde Verbindung immer stabiler und schon bald verwandelte sich das Rauschen in eine deutliche Stimme.
Mein Herz machte einen Satz.
Gut, vielleicht war ich doch nicht ganz allein gelassen worden.
Besser ich wäre es.

yayy Kapitel 3! Bzw. eigentlich ist das Kapitel 2.2. Doch ich glaube so ist es angenehmer zu lesen xD
Vielen Dank für schon fast 400 reads!
Was glaubt ihr, passiert als nächstes...?

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top