Kapitel 19. ... zum Lieben und Geliebt werden

Erstaunt blickte Federpfote zu Waldpfote, die zögerlich aufgestanden war und nun ihre Stimme erhob: "Mit Verlaub, wenn ich etwas sagen dürfte. Wäre es nicht möglich, freie Partnerwahl zuzulassen, im Rahmen von strikten Regeln die die Loyalität der Katzen zu ihrem Clan sichert?" Die Anführer hatten ihr nicht zugehört, bloß Windsturm wurde auf die DonnerClan-Schülerin aufmerksam. "Was schwebt dir vor? Sprich ruhig weiter", ermutigte sie Waldpfote.

Diese schien neuen Mut zu fassen und fing neu an, mit lauterer Stimme als zuvor, sodass mehr Katzen auf sie aufmerksam wurden. "Wie wäre es, was die Heilerkatzen angeht, mit folgendem Konzept: Eine weibliche Heilerkatze könnte doch theoretisch einen Gefährten wählen und Junge bekommen, solange es mindestens zwei ausgebildete Heilerkatzen im Clan gibt, sodass der Clan während der Schwangerschaft nicht ohne einen Heiler dasteht. 

Und nach der Geburt könnte es die Aufgabe von allen Königinnen sein, sich um die Junge der Heilerin zu kümmern, damit diese schneller wieder ihren Aufgaben nachgehen kann und die Jungen sich außerdem nicht von ihrer Mutter vernachlässigt fühlen." Mittlerweile hatte Waldpfote auch die Aufmerksamkeit der vier Anführer, die mit gemischten Ausdrücken in ihren Gesichtern den Worten der Schülerin lauschten. 

"Bei männlichen Heilerkatzen reicht dasselbe Prinzip, nur das eben der Heiler nicht in der Kinderstube verweilen muss. Und wenn beispielsweise zwei Heilerkatzen im selben Clan Gefährten sein wollen, dann nur wenn sie ihre Heilerpflichten nicht vernachlässigen und bestenfalls noch eine dritte Heilerkatze vorhanden ist. Und sollten zwei Heilerkatzen aus unterschiedlichen Clans", hier zögerte Waldpfote kurz, als wäre sie sich nicht sicher, ob sie ihre folgenden Worte wirklich aussprechen wollte, "Sollten sie aus unterschiedlichen Clans kommen, könnte man die Regel einführen, dass Katzen ihrem Anführer von einer solchen Liebe berichten müssen. Dann kann man in Ruhe darüber reden, ohne das heimliche Treffen geschehen, die die Loyalität der Katzen auf die Probe stellt. Stattdessen müssen sich die Heilerkatzen für einen Clan entscheiden, zu dem sie gehören und diesen Wechsel mit den Anführern der betreffenden Clans besprechen. 

Das gleiche gilt auch für normale Krieger, die eine Beziehung mit Katzen aus anderen Clans aufbauen wollen. Also so, dass eine Katze zwar im Normalfall ihrem Geburtsclan treu ergeben ist, im Fall einer romantischen Bindung zwischen sich und einer Katze aus einem anderen Clan jedoch die Möglichkeit hat, einmal ihren Clan zu wechseln. Diese Möglichkeit sollte vielleicht begrenzt sein, damit nicht ständig Katzen ihren Clan nach Lust und Laune ändern, das würde der Loyalität der Katzen schließlich auch nicht helfen. 

Dennoch sollten sie sich in einem Kampf nicht zwischen ihrem Clan und der Katze die sie lieben entscheiden müssen, nächtliche Ausflüge ohne das Wissen ihrer Clangefährten unternehmen und ähnliche Sachen unternehmen, die die Treue zum Geburtsclan zerstören würden. Und natürlich sollte ein solcher Clanwechsel von den Anführern der beteiligten Clans abgesegnet werden, sodass es keine Geheimnisse vor einander gibt."

Die Worte kamen aus Waldpfote herausgesprudelt, als hätte sie sich über dieses Thema schon seit längerer Zeit Gedanken gemacht. Ihre Stimme zitterte manchmal leicht und war nicht sonderlich stabil, doch aus ihren Augen sprach die Entschlossenheit und Dringlichkeit, mit der sie ihre Vorschläge präsentierte. Für Federpfote klangen die Worte ihrer Baugefährtin einleuchtend und umsetzbar, doch was würden die Anführer davon halten? Und erst der SternenClan?

Die vier Clananführer hatten schweigend der Schülerin gelauscht, ohne sie einmal zu unterbrechen. Nun saßen sie auf dem umgefallenen Baum und schienen über die gesagten Worte nachzudenken. Sie schienen noch immer in der Luft zu liegen, in der Schwebe, ohne eine genaue Reaktion auf das Vorgeschlagene. Zart und hoffnungsvoll lagen die Worte in der kühler werdenden Nachtluft, selbst die am Himmelsgewölbe funkelnden Sterne schienen den Atem anzuhalten. 

"Ein interessanter Gedankengang", bemerkte Adlerstern und musterte Waldpfote mit einem Blick, den Federpfote nicht deuten konnte. "Allerdings, sehr interessant, und auf jeden Fall ungewöhnlich. Auch, wie ausführlich ihre Gedanken waren. Haben deine Schüler nichts zu tun, dass sie sich den ganzen Tag über so etwas den Kopf zerbrechen können?", fragte Nachtstern an den DonnerClan Anführer gewandt.

Buchenstern runzelte die Stirn über die unterschwellige Missgunst in Nachtsterns Ton und den Vorwurf, faule Schüler im Clan zu haben. "Nun, ich bin jedenfalls sehr stolz darauf, so gebildete Schüler die meinen nennen zu können, die neben ihrem harten Kriegertraining auch existenzielle Gedankengänge entwickeln können. Und ich kann versichern, dass mein Clan fortwährend darauf aus ist, sich zu bilden. Sicherlich gibt es keine Katze, die den ganzen Tag nur in der Sonne sitzt und mit leerem Kopf den Wolken beim Fliegen zuschaut", fügte er noch scharf hinzu. 

Nachtstern erwiderte nichts darauf, stattdessen klinkte sich seine Heilerin, Bachsturm, in das Gespräch ein. "Wenn auch ich etwas dazu sagen dürfte", sie kam zwischen den Wurzeln hervor, sodass man ihren silberglänzenden Pelz sehen konnte, "Von meiner Perspektive aus erscheint mir das Konzept, welches die junge Schülerin vorgeschlagen hatte, gar nicht so abwegig. Das Gesetz der Krieger ist alt, unzählige Blattwechsel hat es überdauert und die Clans zusammengehalten. Doch die Clans entwickeln sich, und vielleicht ist es an der Zeit, dass sich das Gesetz mitentwickelt."

Eine alte SchattenClan-Kätzin stand auf, ihr beinahe gelb wirkendes Fell war erbost gesträubt. "So etwas Verwerfliches kann der SternenClan doch nicht dulden! Wie könnt ihr jungen Katzen es wagen, das heilige Gesetz der Krieger anzuzweifeln und verändern zu wollen? Ihr könnt einem Baum doch nicht einfach die Wurzeln ausreißen, nur weil er euch zu groß geworden ist!", keifte sie entrüstet.

"Nun, der Himmel ist unbedeckt. Kein einziges Wölkchen, der Mond leuchtet friedlich. Scheinbar findet der SternenClan diese verwerflichen Gedankengänge gar nicht mal so verwerflich", bemerkte Silberzunge trocken.

Die gelbe Kätzin fauchte, setzte sich jedoch wieder und starrte zum Himmel hinauf, als könne sie den SternenClan mit ihrem Willen dazu bringen, diesem Schabernack ein Ende zu bereiten. Denn, wie Silberzunge richtig feststellte, war der Nachthimmel unbewölkt und sternenklar.

 Sollten die Clans beispielsweise die bei einer Großen Versammlung herrschenden Waffenruhe gefährden, oder sollten andere unerwünschte Vorgänge ihren Lauf nehmen, so schickte der SternenClan Wolken die den Mond verdecken würden. Und mit einem verdeckten Mond würden die Clans die Versammlung beenden, um den erweckten Unmut des SternenClans nicht noch weiter zu provozieren. 

Doch mit dem nun hell strahlenden Mond und den funkelnden Sternen am Himmel war die Felsenmitte gut ausgeleuchtet, sodas jede Katze die andere in der lichterfüllten Nacht gut erkennen konnte.

Eine FlussClan Kriegerin erhob sich zögerlich, es war die Kätzin, der Federpfote zuvor noch gelauscht hatte, wie sie mit einer Clangefährtin leise diskutiert hatte. Federpfote erinnerte sich, das sie von der anderen Katze Nebelrose genannt worden war. Nun, da sie stand, konnte man ihr an dem wohl genährten Körperbau und dem gut gepflegtem Fell ansehen, dass sie eine FlussClan Kriegerin war.

Sie miaute schüchtern: "Aber hat denn nicht jede Katze, egal welchen Rang sie innehat, welchem Clan sie angehört oder welchem Geschlecht, besitzt denn nicht jede ein Herz zum Lieben, und zum Geliebt werden?" 

Dabei klang ihre Stimme beinahe zerbrechlich, dennoch voller Sehnsucht auf eine freie Welt, in der es keine Vorschriften gab, die einem sagten, wen man zu lieben hatte und wen nicht. Diese tiefen Emotionen schwangen in ihrer Stimme mit und brachten viele Katzen dazu, sich nach ihr umzudrehen. 

Nachtstern, ihr Anführer, miaute mit weicher Stimme: "Nebelrose, du bist noch jung. Diese Flausen können einem schon einmal in den Kopf kommen, wenn man noch jung und unerfahren ist, wenn die Welt einem neu erschei-"
"Nein!"
Federpfote hielt erschrocken inne, als sie realisierte, dass jemand den FlussClan-Anführer unterbrochen hatte. 

"Nein, ihr wisst gar nichts. Auch wenn ihr noch so alt seid und noch so viele Erfahrungen gesammelt habt, von der Liebe habt ihr keine Ahnung, wenn ihr solche Aussagen unterstützt. Gefühle sind nicht an Grenzen gebunden, und genau so wenig kann man sie innerhalb einer bestimmten Grenze zwängen um sie dort anzubinden. Gefühle geschehen, und Liebe ist ein eben solches Gefühl!", miaute Eibenpfote wütend. 

"Eibenpfote...", das Miauen ihres Vaters, Eschenstern, klang fassungslos. "Wie kannst du es wagen, einen Anführer zu unterbrechen? Nach all dem, was du getan hast? Weißt du nicht endlich, wo sich dein Platz befindet?"

Doch Eibenpfote schüttelte nur beharrend den Kopf. "Genau das meine ich. Wenn dir mein kleiner Verstoß wichtiger ist als der Inhalt und der Grund meiner Rebellionen, dann würdest du Weisheit beweisen. So bleibst du ein Dummkopf, ein begrenzt sehendes Mäusehirn das sich an Grenzen klammert und die Augen wie ein Junges zusammenkneift, um es sich bequem zu machen."

Eschenstern sog scharf die Luft ein. "Das reicht!" Nachtstern knurrte dazwischen: "Wie erziehst du deine Schülerinnen, das sie sich solche Frechheiten herausnehmen?" 
Und weitere solcher Bemerkungen wurden in der Katzenmenge laut, doch Eschenstern ignorierte sie. Er fixierte seine Tochter mit einem kalten Blick. 
"Genug. Es ist genug. Endgültig. Deine Zeit als verantwortungslose Schülerin ist vorbei, ich werde dir noch an diesem Abend, vor allen versammelten Clans deinen Kriegernamen geben."

Jede Katze schien genau so verwirrt zu sein wie Eibenpfote selbst, die nicht zu wissen schien, was sie davon halten sollte.

Doch Eschenstern begann, ohne auf das erstaunte Miauen der Katzen einzugehen, mit der traditionellen Kriegerzeremonie an. 
"Auch wenn Dornenzunge leider nicht vor Ort sein kann, oder vielleicht auch zu ihrem Glück, da sie sich schämen würde, eine solch verdorbene Schülerin erhalten zu haben, so würde sie sicherlich damit einverstanden sein, dich nun zur Kriegerin zu machen, Eibenpfote."

Ohne Pause fuhr er fort: "Ich, Eschenstern, Anführer des SchattenClans rufe meine Kriegerahnen an und bitte sie, auf diese Schülerin herabzublicken. Sie hat hart trainiert, um eure edlen Gesetze zu erlernen" , hier schnaubte er einmal verächtlich, fuhr dennoch damit fort, die zeremoniellen Worte aufzusagen, die einen bitteren Beigeschmack in seinem Mund zu hinterlassen schienen, "Und ich empfehle sie euch nun als Kriegerin."

Viele Katzen blickten in den Himmel, als erhofften sie sich eine Reaktion vom SternenClan zu dieser merkwürdigen Prozedur, doch der Nachthimmel blieb stumm und ruhig.

"Eibenpfote", Eschenstern spuckte den Namen seiner Tochter förmlich aus "Versprichst du, das Gesetz der Krieger einzuhalten und den Clan zu beschützen und zu verteidigen, selbst wenn es dein Leben kostet?" Er sprach und blickte Eibenpfote dabei mit äußerster Verachtung an.

Diese miaute zögerlich, noch immer unsicher, was sie von dieser bizarren und surreal wirkenden Situation halten sollte: "Ja?"

Mit grimmiger Vergnügung sprach Eschenstern die abschließenden Worte aus, jede Katze war mittlerweile verstummt und verfolgte diese abstruse Zeremonie mit großen, ungläubigen Augen.
"Dann gebe ich dir, mit der Kraft des SternenClans, deinen Kriegernamen.
Eibenpfote, du hast dem SchattenClan seit deinen Anfängen nur Leid, Schande und Ärger gebracht.
Hast den Ruf beschmutzt und deine Clangefährten penetrant mit deiner unmöglichen Art genervt.
Auf Grund dieser unverwechselbaren Eigenschaften deiner verdorbenen Persönlichkeit, die kein Mentor und keine Strafe mehr zu heilen vermag, wirst du von diesem Augenblick an einen Namen tragen, der dich und alle, die ihn zu hören bekommen, an deine schandvollen Taten erinnern soll.

Von diesem Augenblick soll man dich nur noch als Eibenfluch kennen."

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- 1700 Wörter

Hallo^^
Ein ziemlich geladenes Kapitel, findet ihr nicht auch? 
Waldpfote hat die Clans mit ihrem Vorschlag ziemlich aufgemischt, wie es wohl weitergehen wird...?

Und was haltet ihr von Eschensterns Maßnahme, was denkt ihr, warum die beiden einander so arg hassen? Eine gesunde Vater-Tochter-Beziehung ist das ja nun offensichtlich nicht, leider :,)

Heute habe ich leider keine Katze des Kapitels für euch, dafür aber einen kleinen Cat-Fact, der Warrior Cats eigentlich total unlogisch macht: Katzen miauen in erster Linie nur bei Menschen.
Die Kommunikation mit Artgenossen erfolgt über die Körpersprache. Und doch reden die Katzen in WaCa in Miaulauten miteinander - und ehrlich gesagt finde ich das auch gut so. Zwar vermenschlicht es die Katzen stark, aber die Bücher sind ja auch von und für Menschen geschrieben, right?

Oder wie fändet ihr es, wenn in WaCa stehen würde: Mit seinem wild umherschleudernden Schwanz gab er ihr zu verstehen, wie wütend er war. Beschwichtigend zitterte sie mit ihren Schnurrhaaren, in dem Versuch, ihn zu beruhigen. Irgendwie seltsam und nicht sonderlich ausdrucksvoll, oder? XD


Naja egal, ich wünsche euch noch einen schönen Tag!^^


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