Kapitel 15. Kätzinnenflüstern

Federpfote tappte nach einer anstrengenden Trainingseinheit hinter ihrem Mentor her ins Lager. Heute hatte Jagdkralle ihr die Schleuder-Technik gezeigt, bei der sie den Gegner mit einem kräftigen Schlag der Vorderpfoten von sich schleudern sollte. Dafür war Jagdkralle unzählige Male auf sie zu gesprungen und Federpfote musste ihn abwehren. Nachdem ihre Vorderpfoten allmählich wehgetan hatten, hatte Jagdkralle ihr noch eine andere Variante der Übung gezeigt. Bei der lag sie auf dem Rücken, und der Gegner sollte über ihr stehen. Normalerweise wäre das eine sehr gefährliche Situation für die am Boden liegende, hilflose Katze, doch mit der Schleuder-Technik konnte Federpfote ihren Mentor mit Hilfe ihrer Hinterpfoten von sich stoßen. 

Das erforderte jedoch jedes Mal sehr viel Kraft, sodass sie sich nun komplett fertig fühlte. Ihre Muskeln taten weh, doch gleichzeitig war sie auch sehr zufrieden mit sich. Jagdkralle schien sie nicht mehr ganz so nutzlos zu finden, seit sie ihre erste Beute erlegt hatte, und hatte mehr Geduld mit ihr. Das harte Training zahlte sich auch definitiv aus, unter dem weichen Fell der zierlichen Kätzin zeichneten sich Muskeln ab, die ihre geringe Größe ausgleichen konnten. Außerdem machte es ihr sehr viel Spaß, die ganzen Techniken zu lernen, auch wenn sie danach wirklich erschöpft war und eigentlich nur noch schlafen konnte.

Besonders bei den Tritten und Schlägen heute hatte sie sich sehr gut gemacht, dafür, dass sie genetisch bedingt nicht sonderlich stark war. Als sie also zum Frischbeutehaufen schlurfte, erlaubte ihr Jagdkralle als Belohnung, sich einen besonders großen Eichelhäher zu nehmen. Federpfote lief, mit der köstlich duftenden Frischbeute im Maul, zu den drei Kätzinnen, die sie am Rande der Lichtung entdeckt hatte.

Sie hörte, wie Sanftpfote gerade miaute: "Welchen Namen er wohl Silberpfote geben wird? Vielleicht Silberschweif, wegen seinem prächtigen Fell?" Lachpfote schnurrte: "Hoffentlich nicht, damit würde er bestimmt sein Leben lang angeben! Seht mal her, ich bin der mit dem tollen Fell, dem ich sogar meinen Namen zu verdanken habe!" Die Kätzinnen schnurrten vergnügt. 

"Hallo, worüber redet ihr gerade?", fragte Federpfote neugierig, nachdem sie ihren Vogel abgelegt hatte. Waldpfote erklärte fröhlich: "Wir spekulieren über die sicherlich bald kommende Kriegerzeremonie von Flammenpfote, Lachpfote und Silberpfote. Was denkst du, welche Namen Buchenstern vergeben wird?" 

Federpfote ließ sich von der Begeisterung der Schülerinnen mitreißen. "Hm, also Lachpfote kriegt bestimmt einen ganz wunderschönen Namen, vielleicht Lachblüte? Das würde passen, schließlich bist du immer so lieb und freundlich wie eine bunte Blume." 

"Seit wann sind denn Blumen freundlich?", witzelte Lachpfote, doch sie konnte nicht überspielen wie geschmeichelt sie von den lieben Worten war. Waldpfote stupste ihre Freundin an. "Wenn du eine Blume wärst, wärst du sicherlich super freundlich! Die freundlichste Blume des DonnerClans." Lachpfote schnurrte verlegen. "Ihr seid doch echt zu süß!" 

Beflügelt von Lachpfotes Reaktion, schlug Federpfote weitere Namen vor. "Wie wäre es mit Lachbeere? Oder Lachbrise? Und Lachfunkeln wäre auch schön, weil du genau so sehr strahlst wie die Sterne, die du so gerne magst."

Sanftpfote staunte: "Federpfote, das sind so schöne Namen! Du solltest die Namen der neuen Krieger bestimmen, ganz ehrlich! Ich hoffe nur, dass Buchenstern ebenso tolle Namen findet." Federpfote widmete sich verlegen ihrem Eichelhäher, der übrigens wunderbar schmeckte, und lauschte Waldpfotes Worten: "Wo wir Kätzinnen jetzt mal so unter uns sind, da muss ich doch etwas fragen. Etwas überaus Wichtiges!" Sie blickte mit theatralischem Ernst in die Runde. Lachpfote legte den Kopf schief. "Was meinst du, Waldpfote?", fragte sie verwirrt. 

Die grünen Augen der weiß-hellbraun gefleckte Schülerin funkelten verschwörerisch, als sie mit leicht gesenkter Stimme miaute: "Gibt es jemanden im Clan, den ihr mögt...?" Federpfote verschluckte sich beinahe an ihrem Bissen Eichelhäher, das sie gerade gekaut hatte. Sanftpfotes Blick flog zu ihr. "Ich glaube, Federpfote ist dafür noch etwas zu jung, oder?" Federpfote hustete etwas, dann protestierte sie: "Gar nicht! Ich bin überhaupt nicht zu jung!" Ihre Ohrenspitzen wurden heiß, als sie bemerket, dass sie sich damit nur noch mehr wie ein Junges anhörte.

Waldpfote schnippte locker mit dem Schwanz. "Ist doch egal, wie alt man ist. Entweder man mag jemanden, oder eben nicht. Das ist nicht an ein bestimmtes Alter gebunden, oder?" Lachpfote fragte interessiert: "Wenn du schon so fragst, Waldpfote, gibt es denn jemanden, den du toll findest?" 

Waldpfote scherzte: "Also dich finde ich auf jeden Fall ganz toll!" Lachpfote gab zurück: "Du bist viel toller als ich!" "Nicht wahr, das ist eine Lüge. Niemand kann toller sein als du!", erwiderte Waldpfote verspielt. Sanftpfote unterbrach die beiden Freundinnen schnurrend: "Ähm, ging die Frage nicht eigentlich auf etwas Anderes hinaus?" Die Kätzinnen fielen in ihr Schnurren ein. 

"Und, wie sieht es nun aus?", fragte Waldpfote neu in die Runde. Sanftpfote senkte zuerst verlegen den Blick. "Oh, Sanftpfote? Gibt es etwas, das du uns möglicherweise mitteilen möchtest?", miaute Lachpfote aufgeregt. Sanftpfotes Augen huschten unangenehm berührt hin und her. Sie leckte sich die Brust, bevor sie murmelte: "Muss das sein, ich meine... Wenn ich euch jetzt einen Namen sagen würde, was würdet ihr denn dann machen?" Waldpfote beruhigte sie: "Also was wir auf gar keinen Fall machen würden, wäre, es überall herumzuerzählen. Das hier bleibt ein Geheimnis unter uns Kätzinnen." Die anderen Schülerinnen nickten ernsthaft. 

Das schien Sanftpfote genügend Mut und Vertrauen zu geben, denn sie verriet: "Ehrlich gesagt, mag ich Tigerstreif schon seit einer Weile. Er ist so ein starker und tapferer Krieger, gleichzeitig ist er aber auch mitfühlend und pflichtbewusst..." Die hellen Augen der sandfarbenen Schülerin leuchteten, während sie über Tigerstreif schwärmte. Federpfote erinnerte sich, dass Tigerstreif der dunkle Kater mit den schwarzen Streifen war, der sie schon manchmal vor einer schroffen Rüge von Jagdkralle bewahrt hatte. Er war sehr muskulös und sicherlich ein starker Kämpfer. Federpfote konnte nachvollziehen, was Sanftpfote an ihm mochte. 

Lachpfote schien jedoch überrascht. "Tigerstreif?", wiederholte sie schon beinahe erschüttert. Sanftpfote drehte ihren Kopf mit den leuchtenden Augen zu ihr. "Ja! Er ist so toll! Und ich habe von den Ältesten gehört, dass er sich in seiner Schülerzeit manchmal nachts aus dem Lager geschlichen haben soll, um durch das Territorium zu streunen und die Sterne zu beobachten. Warum sollte man so etwas tun? Ich schlafe in der Nacht lieber. Dennoch, das macht ihn noch geheimnisvoller und faszinierender, oder? Glaubt ihr, dass er so etwas immer noch macht?" Waldpfote fragte mit gespitzten Ohren nach: "Wirklich? Er beobachtet auch gerne den Sternenhimmel?" 

"'Auch'? Kennst du etwa noch jemanden, der so etwas tut?" Lachpfote zuckte alarmiert mit den Ohren und warf Waldpfote einen beunruhigten Blick zu. Doch Waldpfote lenkte gelassen ab. "Nein, entschuldige. Ich habe mich wohl versprochen, wer würde denn in der Nacht rausgehen um sich die Sterne anzusehen? Das ist doch total gefährlich!", behauptete sie. Lachpfote, Waldpfote und Federpfote tauschten kurz einen verschwörerischen Blick aus. Ja, wer würde das wohl machen...?

Scheinbar war Sanftpfote die einzige der vier Schülerinnen, die noch nichts von Lachpfotes kleinem Geheimnis wusste. Die sandfarbene Schülerin schien nun, nachdem sie ihre Gefühle ausgesprochen hatte, sehr viel selbstbewusster zu sein, sie forderte die anderen Kätzinnen auf: "Und was ist mit euch? Ich kann doch nicht die einzige von uns sein, die einen Kater aus dem Clan attraktiv findet!" "Es muss doch nicht unbedingt ein Kater sein, oder?", warf Federpfote ein. 

Sanftpfote sah sie verdutzt an. "Was soll es denn sonst sein?" Die jüngste der Schülerinnen wurde unsicher. "Naja, eine Kätzin muss doch nicht immer bloß einen Kater mögen, oder? Es kann doch sicherlich auch Kätzinnen geben, die andere Kätzinnen mögen. Oder Kater, die sich in andere Kater verlieben." Skeptisch miaute Sanftpfote: "Und wie wollen solche Gefährten dann Junge bekommen? Das funktioniert doch gar nicht!" 

Waldpfotes Nackenfell sträubte sich leicht. "In einer Partnerschaft geht es doch nicht nur darum, Junge zu bekommen. Es geht darum, sich gegenseitig aufrichtig zu lieben und zu respektieren. Wenn man dann noch eine Familie gründen kann, ist das ja schön, aber man kann auch einen Gefährten haben ohne Junge zu bekommen!" 

Sanftpfote blickte verwirrt. "Aber der Clan braucht doch Nachwuchs? Junge zu bekommen ist etwas sehr Wichtiges! Außerdem, wenn ihr so überzeugt von dieser Idee seid, wo sind denn die ganzen gut funktionierenden, gleichgeschlechtlichen Gefährten?" 

Lachpfote murmelte: "Vielleicht trauen sie sich nicht. Weil sie Angst haben, als seltsam dazustehen. Weil sie nicht verurteilt werden wollen, dafür, dass sie eben nicht so lieben wie andere Katzen. Und das, obwohl es doch etwas Normales sein sollte, jeden so lieben zu lassen, wie er es empfindet. Wir können unsere Gefühle doch nicht steuern, und deswegen sollten wir für sie auch nicht verurteilt werden. Schließlich tut man niemandem damit weh, jemanden zu lieben." Sanftpfote verstummte mit ihrem Dagegenhalten und schien über die Worte von Lachpfote nachzudenken. Sacht stupste Waldpfote ihre orangegemusterte Baugefährtin an. "Das hast du schön gesagt." 

Das fand auch Federpfote, die die Worte der Kätzin berührt hatten. Und gleichzeitig verstand sie nicht, warum es so wichtig war, dass auszusprechen. Warum es so ein großes Thema war. Schließlich war Liebe etwas total Normales, das wusste Federpfote schon, obwohl sie bloß eine junge Schülerin war die mit Liebe gar nichts zu tun haben wollte. Und dennoch, die Clans gingen irgendwie seltsam mit der Liebe um. Heiler durften keine Liebe von einem Partner erfahren, Katzen unterschiedlichen Clans ist die zu große Zuneigung untersagt, und selbst Katzen vom selben Geschlecht sind als Gefährten nicht gerne gesehen. 

Die Clans versuchten, ein Gefühl zu bezwingen und zu kontrollieren, das leichter als jede Feder im Wind durch die Luft wirbelt und jede Katze anstupsen kann. Es ist ein Gefühl, das sich nicht durch den Clan, den Rang, das Geschlecht oder die Herkunft in Kategorien festhalten lässt, Liebe wird immer durch die vom Kopf erfundenen Grenzen und Muster gleiten. Warum stellen wir uns so dagegen, einfach zu lieben?

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- 1500 Wörter

Heute gibt es wieder keine Katze des Kapitels, doch dafür möchte ich euch gerne fragen, wie ihr zu dem Thema steht, über das die Kätzinnen gegen Ende des Kapitels geredet haben.
Seid ihr verliebt? Habt ihr bestimmte Vorstellungen davon, wie Liebe aussehen muss, oder wie euer Partner sein soll? Ist der ganze Schnulzenkram vielleicht gar nichts für euch?

Und, was denkt ihr, habt ihr Shippings in der Story? ;D
Ich kenne das ja immer schon von anderen Fandoms oder Storys, in denen es immer tausende von Shippings gibt xD Habt ihr hier womöglich auch schon zwei Katzen im Blick, von denen ihr sagen würdet, dass sie gut zusammenpassen? ;D 

Was für Namen denkt ihr, werden die drei Schüler bei ihrer baldigen Zeremonie bekommen? :D
Ich hoffe, euch hat das Lesen dieses Kapitels Spaß gemacht, auch wenn es mal nicht sonderlich spannend oder aufregend war. ^^
Ein bisschen Plaudern ist auch mal wichtig, finde ich ;D

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