Kapitel 14. Graufells Vision
Graufell war eine schon etwas ältere Heilerin, über sechs Blattwechsel diente sie schon dem DonnerClan als Heilerkatze. Ihr Fell, das von Natur aus grau war, wurde allmählich von weißen Haaren durchzogen die ihr Älterwerden bewiesen. Und doch funktionierten ihre Sinne hervorragend und ihre Erfahrungen als Heilerkatze waren wertvoll, sie sorgte sich um jede einzelne Katze des Clans, ob jung oder alt, Krieger oder Königin. Nur hatte Graufell bisher noch keinen Nachfolger unter den jungen Katzen finden können, den sie hätte ausbilden können um dem Clan nach ihrem Tod in der Obhut einer beflissenen Heilerkatze zurückzulassen.
Sie hoffte, das unter einem der neuen Jungen vielleicht wirklich ein potenzieller Heilerschüler sein könnte, so wie Ahornschweif es sich mit ihrer Namenswahl für die Kätzchen gewünscht hatte. Ein leichtes Schnurren kam aus Graufells Brustkorb, als sie an die süßen Jungen mit den Kräuternamen dachte. Graufell hatte Ahornschweif schon bei zwei weiteren Würfen geholfen, und die Kätzin war die perfekte Jungenmutter. Liebevoll, doch auch voller Strenge und Erfahrungen, mit der sie ihre Jungen zu respektvollen, mutigen Katzen heranziehen würde. Eine wahre Bereicherung für den DonnerClan.
Graufell konnte regelrecht spüren, wie es die Katzen des Clans aufheiterte, die mittlerweile zwei Wochen alten Jungen spielen zu sehen. Jeder wollte unauffällig einen Blick auf die übermütigen Kätzchen erhaschen, wenn sie mal wieder auf dem Platz vor der Kinderstube umherpurzelten.
Die graue Heilerin sortierte in ihrem Bau die Kräuter, die sie soeben mit Lachpfote gesammelt hatte. Da sie keinen Heilerschüler hatte, halfen ihr die Kriegerschüler dabei die Kräuter zu sammeln und ins Lager zu tragen. Sie waren wirklich alle sehr fleißig und hilfsbereit, Graufell freute sich schon auf die nahende Kriegerzeremonie der beiden Kater und Lachpfote, schließlich waren die drei nun schon fast zwölf Monde lang Schüler.
Während Graufell gedankenverloren die Borretschblätter von den Blüten trennte und zu dem Büschel der schon getrockneten Pflanzen legte, wurde ihr plötzlich schwarz vor Augen.
Als sie die Augen wieder öffnete, befand sie sich in einem ihr unbekannten Wald, der lichtdurchflutet war und in dessen Nähe sie einen Fluss plätschern hören konnte. Ein Kater stand vor ihr, majestätisch und prächtig, mit seinem gepflegten Fell das aus einem wilden Muster aus hellen und dunklen Grautönen bestand. Dieser Kater war Graufell nur allzu vertraut, er war ihr Mentor gewesen und hatte vor ihr über den DonnerClan gewacht.
"Löwenzahnblick... Bin ich beim SternenClan?", sie musste sich vergewissern, schließlich war ihr Mentor schon seit einigen Blattwechseln verstorben. Zudem bekam sie Visionen vom SternenClan meist in ihren Träumen, nicht am helllichten Tag während sie ihren Pflichten nachging.
Löwenzahnblick schaute sie eindringlich aus seinen blassen Augen an, er miaute mit klangvoller Stimme: "Die Zeit drängt, die Clans müssen sich besinnen. Ich übermittle diese Botschaft, doch sie kommt vom ganzen SternenClan und betrifft weder bloß den DonnerClan, noch einen anderen einzelnen Clan. Jeder ist betroffen, jeder trägt zur Revolution bei."
Graufell sog scharf die Luft ein. "Revolution? Wovon redest du, Löwenzahnblick?"
Der weise Kater blickte seiner ehemaligen Schülerin tief in die Augen, doch sagen tat er nichts mehr. Er stand da, der Wind umspielte sein verblassendes, wallendes Fell das seinen Kopf wie eine königliche Mähne umhüllte- und nachdem Graufell blinzelte, befand sie sich wieder im Heilerbau, die Borretsch Blüten füllten die Luft mit ihrem erfrischenden Aroma.
Einen Augenblick lang verharrte Graufell im Bau, starrte auf die blauen Blüten und die ovalen, grünen Blätter an den Stängeln der Pflanze. Dann sammelte sie sich ruckartig und verließ eilig ihren Platz, sie musste sofort zu Buchenstern. Während sie auf den Anführerbau zusteuerte, begegneten ihr schläfrige Katzen die die seltener werdenden Sonnenstrahlen des voranschreitenden Blattfalls genossen. Sandschatten, die sandfarbene Älteste, hob den Kopf als sie die Heilerin so unruhig sah. "Graufell, ist etwas passiert?"
Die Heilerkatze antwortete ungeduldig: "Ich muss zu Buchenstern, es tut mir leid, doch es handelt sich um Heilerangelegenheiten. Die muss ich erst mit dem Anführer besprechen." Morgenröte hatte sie miauen gehört und kam näher. "Buchenstern ist gerade auf Patrouille, wir suchen noch immer nach der Katze, die Federpfote damals gemeldet hatte." Graufell runzelte die Stirn. "Immer noch? Es sind doch mittlerweile so viele Tage verstrichen, da wird die Katze doch weitergezogen sein."
Die Zweite Anführerin neigte den Kopf. "Da magst du recht haben, dennoch haben unsere Suchpatrouillen nicht einmal einen fremden Geruch, noch andere Spuren finden können. Das ist äußerst merkwürdig und macht Buchenstern unruhig." Auch Graufell war unruhig, schließlich wollte sie die neuesten Ereignisse mit dem Anführer teilen. "Und habt ihr schon über die Möglichkeit nachgedacht, dass sich Federpfote die Geschichte vielleicht nur ausgedacht haben könnte?", fragte sie vorsichtig.
Nach Sandschattens empörtem Blick beeilte sie sich hinzuzufügen: "Nun, sie ist schließlich noch jung, und junge Katzen verfügen über eine ausgeprägte Fantasie und einen gewissen Sinn für Streiche. Doch Federpfote muss sich die fremde Katze ja auch gar nicht ausgedacht haben, vielleicht hat ihr einer der anderen Schüler einen Streich gespielt?"
Morgenröte runzelte ihr Stirnfell. "Und sie soll also nicht die Stimmen ihrer Clangefährten wiedererkannt haben?", fragte sie zweifelnd. Sandschatten mischte sich ein: "Federpfote ist eine anständige und kluge Katze, sie würde sich eine solche Geschichte nicht ausdenken, und auch die restlichen Schüler sind vielleicht noch jung, doch für ihre Generation sehr reif. Ich traue es Sanftpfote nicht zu, den ganzen Clan aufzuhetzen indem sie eine fremde und mysteriöse Katze vortäuscht. Und genau so wenig traue ich auch Lachpfote, Waldpfote, Silberpfote oder Flammenpfote eine solch jungenhafte Tat zu."
Graufell musste einsehen, das die Älteste recht hatte. Und doch musste sie dringend mit Buchenstern über ihre Vision reden, sich gegenseitig beratschlagen. Sie entschuldigte sich bei den beiden Kätzinnen dafür, dass sie den Schülern so etwas vorgeworfen hatte, dann zog sie ihre Runde über die Lichtung. Am Ältestenbau vorbei, um vorbeizuschauen ob einer der Ältesten etwas brauchte, und dann zur Kinderstube.
Dort erwartete sie das hohe, aufgeregte Maunzen der Jungen. Die vier spielten auf dem Rücken ihrer Mutter und krabbelten immer wieder neu an der Seite hoch, um oben angekommen gleich von einem Geschwisterchen hinuntergeschubst zu werden. Ahornschweif lag mit leuchtenden Augen im weichen Moos und beobachtete ihre munteren Jungen. Ein schildplattfarbenes, das seiner Mutter aufs Haar zu gleichen schien, drehte den Kopf bei Graufells Ankunft.
"Du bist die Kräuterkatze!", miaute sie. Neugierig ließ sie von ihren Wurfgefährten ab und purzelte den Rücken ihrer Mutter hinunter, um direkt vor Graufells Pfoten zu landen. Dort rappelte sie sich unbeholfen auf und richtete die noch unklar sehenden Augen auf die Heilerkatze. "Du riechst so gut, was ist das?" Graufell erklärte: "Ich bin die Heilerkatze des DonnerClans, deswegen habe ich viel mit Kräutern zu tun. Die Duften ganz unterschiedlich und bleiben auch in meinem Fell hängen, wahrscheinlich riechst du die gerade."
Die noch himmelblauen Augen des Jungens wurden groß. "Kann ich auch so toll riechen?" Die Heilerkatze schnurrte. "Dafür müsstest du Heilerin werden, dann kannst du keine Kriegerausbildung machen. Krieger kämpfen und jagen für den Clan, Heilerkatzen haben ihre Kräuter und heilen damit die Wunden der Krieger. Aber gleichzeitig stehen sie auch in Kontakt mit dem SternenClan, das sind unsere Vorfahren. Hat deine Mutter dir schon von ihnen erzählt?"
Das Junge nickte gebannt. Ahornschweif betrachtete ihre Tochter mit warmen Augen. "Komm mal her, Kleines", forderte sie ihr Junges auf, "Wusstest du, warum du und deine Geschwister so heißen, wie ihr heißt?" Das Junge, das sich zwischen die Vorderpfoten seiner Mutter gekuschelt hat, schüttelte den Kopf. Ahornschweif erzählte: "Ihr habt die Namen von Kräutern bekommen, da Graufell eine sehr gute Freundin von mir ist. Aber sie sucht auch gerade einen Schüler, den sie zum Heiler ausbilden kann." Das Junge drehte den Kopf aufgeregt zu Graufell. "Kann ich nicht Heilerschüler werden? Und mit dem SternenClan reden, Krieger heilen und nach Kräutern riechen? Bitte, Mama, darf ich?"
Graufell wurde warm bei dem aufgeregten Miauen. Vielleicht hatte sie ja wirklich einen Schüler gefunden? Eine Katze, die so begeistert von den Tätigkeiten eines Heilers ist, das kam nicht oft vor. Junge Katzen wollten sich gegenseitig jagen, sich an Blätter heranschleichen und ihre kleinen Kampftricks untereinander zeigen. Für Kräuter interessierten sie sich nie, zumindest wäre das Graufell noch nie aufgefallen.
Ahornschweif schnurrte: "Du kannst alles werden, was du willst, meine kleine Maus. Doch für eine Ausbildung musst du erst sechs Monde alt sein, erst dann ernennt dich Buchenstern zum Schüler." Das Junge behauptete: "Ich bin ja schon fast sechs Monde!" Graufell schnurrte ebenfalls. "Fast, Kleines, fast. Genieß erst einmal deine Zeit als Junges, wenn du so weit bist, kannst du dich ja immer noch entscheiden, ob du wirklich den Weg der Heilerkatze gehen willst." Doch für das schildplattfarbene Junge schien die Entscheidung schon festzustehen. "Ich werde Heilerin, die beste und überhaupt!", miaute Rosmarinjunges stolz.
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- 1400 Wörter
Heyy^^
Was meint Löwenzahnblick bloß?
Wird Rosmarinjunges wirklich Heilerin werden?
Und wer ist die Katze des Kapitels?
Fragen über Fragen, vielleicht vermutet ihr schon Antworten? Schreibt mir doch gerne euer Feedback und eure interessanten Theorien in die Kommis, das freut mich jedes Mal riesig!
(Und habt ihr gesehen? Ein Hauch von Schicksal hat bald 1k Reads geschafft! :O Das ist so unglaublich, ich komme nicht drauf klar... Das beste Ostergeschenk überhaupt! xD
Spaß beiseite, es berührt mich schon irgendwie, das so viele Menschen so aktiv meine kleine Fanfiction verfolgen und Feedback geben, Fragen stellen, einfach dabei sind! Und diese absurde Zahl, die unaufhaltsam auch bei diesem Buch erscheinen wird, ist einfach crazy.
Ich habe immer bloß bei anderen Creatern das "k" für Tausend hinter der Reader-zahl gesehen - nie hätte ich mir vorstellen können, das auch bei einem von meinen Werken zu erreichen!
Vielen Dank an jeden einzelnen, der sich die Mühe macht und diese Kapitel liest, sie votet, vielleicht sogar kommentiert! Das macht mich sehr glücklich und motiviert mich, immer weiter zu scheiben! <3)
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