Kapitel 11. Der Zorn des Mentors

"Federpfote! Federpfote, wach auf!" Eine fremde Stimme hallte durch das Bewusstsein der jungen Kätzin. Sie brauchte einen Moment, um zu realisieren, das mit Federpfote sie gemeint war. Bilder huschten an ihr vorbei, sie erinnerte sich an eben geschehene Ereignisse. Sie hatte auf einer Wiese gestanden, die Strahlen der hochstehenden Sonne hatte alles in ein goldenes Licht getaucht. Mehrere Katzen hatten am Rand der Wiese gestanden und Federpfote stumm angeschaut. Eine besonders durchsichtig scheinende Kätzin hatte immer wieder geflimmert, es war, als ob sie gar nicht wirklich existierte. Federpfote hatte die Katzen verwirrt angeschaut, sie hatten jedoch nur schweigend und mit besorgter Miene zurück gestarrt. 

Wer waren diese Katzen? Warum stand ich dort, wo war diese Wiese? Ihre Erinnerungen beschworen das Bild der flackernden Kätzin hervor, sie hatte ein helles Fell gehabt. Wer war sie? 
Doch Federpfote wurde abrupt aus ihren wirren Gedanken gerissen. "Gedankt sei dem SternenClan, sie atmet wieder!" Die Schülerin schlug blinzelnd ihre Augen auf, und starrte geradewegs in das Gesicht der DonnerClan Heilerin. Diese schien unendlich erleichtert zu sein, gleichzeitig begann sie mit besorgter Stimme an zu schimpfen. "Was ist denn bloß los mit dir, Kleine? Du hast weder eine Verletzung, noch irgendwelche Anzeichen für eine Krankheit. Du bist gesund! Warum wirst du hier einfach so ohnmächtig, das macht man nicht!" 

Federpfote öffnete den Mund, doch heraus kam nur ein Maunzen. "Mama..?" Graufell schüttelte ärgerlich den Kopf. Sie schien wirklich sehr aufgebracht über Federpfotes rätselhaften Zustand zu sein. Dann beruhigte sie sich und miaute freundlicher, mit beruhigender Stimme. "Nein, kleiner, dummer Fellball. Ich bin Graufell, deine Heilerin. Wir sind auf dem Weg zum DonnerClan-Lager. Kannst du aufstehen?" 

Federpfote nickte, der Nebel in ihrem Kopf lichtete sich immer mehr, und ihre Sinne schienen wieder wie immer zu funktionieren. Als sie sich gerade aufrappelte, erschien plötzlich ein silberfarbener Pelz neben ihr. "Heiliger SternenClan, Federpfote, was machst du nur für Sachen?", miaute Glanzfell besorgt und schmiegte sich an ihre Tochter. 

Federpfote behauptete: "Ich habe keine Ahnung, was passiert ist. Aber jetzt geht es mir wieder gut! Schau, ich kann schon wieder ganz sicher laufen." Um ihre Mutter, und alle anderen umstehenden Katzen, zu beruhigen, lief sie ein paar Probeschritte und kam sich auch sehr sicher auf den Beinen vor. Glanzfell atmete erleichtert aus. "Mach das nie wieder...", hauchte sie, in ihren Augen schimmerte noch immer die Angst um ihre Tochter. Federpfote nickte heftig. "Versprochen." Sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie ihrer Mutter solche Sorgen bereitet hatte. 

Buchenstern, der mit dem Rest des Clans am Rande des Geschehens gestanden hatte, und sichtlich genervt von der Störung war, erhob nun seine Stimme: "Wenn es Federpfote nun wieder gut geht, würde ich vorschlagen, dass wir unseren Weg weiterfortführen." 

Auf dem Weg zum Lager blieben Glanzfell und Graufell weiterhin an der Seite der Schülerin, die jedoch keine Zeichen auf Schwäche zeigen ließ. Ohne weitere Vorfälle betraten die Katzen das Lager und schlichen dann in ihre jeweiligen Nester. Buchenstern erinnerte noch einmal an das Verbot, bis zum kommenden Morgen nicht über die Ereignisse der Großen Versammlung zu sprechen. Federpfote huschte gemeinsam mit Sanftpfote in den Schülerbau, Flammenpfote und Silberpfote folgten etwas später. Mit einem leichten Schmunzeln nahm Federpfote den noch frischen Waldgeruch wahr, der an Lachpfotes Fell haftete.

Am nächsten Tag versammelte Buchenstern wie verkündet den DonnerClan, um ihnen von der Prophezeiung zu berichten. Morgenröte hatte jedoch schon einmal eine Jagdpatrouille an Katzen losgeschickt, die die Neuigkeiten nun schon gehört hatten, um Frischbeute ins Lager zu bringen. So lief Federpfote also neben ihrem Mentor Jagdkralle, der freundlichen Kätzin Blattfall und Fleckenpelz mit seinem Schüler Silberpfote, durch den Wald, auf der Suche nach Frischbeute.

Jagdkralle mied es, seiner Schülerin in die Augen zu sehen und wirkte noch kühler als sonst. Federpfote machte das nervös, da sie nicht wusste, welchen Fehler sie begangen hatte, der seine Laune noch tiefer hatte rutschen lassen. Sie nahm sich vor, sich sehr bei der Jagd zu konzentrieren und ihre erste Beute zu fangen, um Jagdkralles Laune etwas zu heben und ihn zu beeindrucken.

So war sie tatsächlich die erste, die mit leicht geöffnetem Maul anhielt und leise miaute: "Dort drüben, hinter der Eiche, ist ein Kaninchen!" Sie befanden sich in der Nähe der WindClan Grenze, das Kaninchen muss von der offenen Fläche in den Wald gehoppelt sein - und damit den DonnerClan Jägern direkt zwischen die Krallen.

Fleckenpelz warf  der jungen Schülerin einen Blick zu. "Gut bemerkt. Du übernimmst zusammen mit Jagdkralle das Kaninchen, wir anderen teilen uns auf und suchen vorsichtig in der Umgebung nach weiterer Beute. Viel Erfolg, das könnte deine erste Beute sein!" Federpfote reckte den Schwanz freudig in die Luft, sie fühlte sich durch Fleckenpelz' Vertrauen gestärkt und zuversichtlich. Ein Blick zu Jagdkralle dämpfte diese Vorfreude auf die Jagd jedoch, denn dieser starrte bloß missmutig und finster vor sich hin. Blattfall nickte ihnen freundlich zu, dann schlichen die Katzen davon und ließen Federpfote mit ihrem Mentor allein.

Der knurrte knapp: "Wenn du dieses Kaninchen entwischen lässt, reiß ich dir die Ohren ab. So, wie es riecht, ist es genau im richtigen Alter und könnte eine Mahlzeit für gleich mehrere Katzen auf einmal sein." Federpfotes zuversichtliche Freude gefror bei dieser Drohung zu einem verängstigten Eisblock. Sie schluckte schwer und nickte stumm, die Nervosität wuchs stetig.

Beide Katzen schlichen sich an die dicke Eiche an, Jagdkralle deutete mit den Ohren auf die andere Seite der Eiche; sie sollten sich aufteilen und das Kaninchen von beiden Seiten angreifen. Federpfote nickte leicht um zu zeigen, dass sie seinen Plan verstand. Dann schlich sie los. Sie trat nur mit den vorderen Teilen ihrer Pfoten auf und hielt den Körper nah an den Boden gesenkt. Sie passte auf, dass ihre Krallen eingezogen waren und sie sie nicht vor Aufregung ausfahren würde, denn sonst könnten die Krallen am Laub hängen bleiben und Geräusche verursachen. Auch achtete sie darauf, dass ihr Schwanz stillhielt und sie nicht durch aufgeregtes Herumpeitschen verraten würde.

Langsam und achtsam schlich Federpfote sich um die Eiche, der Geruch des Kaninchens wurde stärker. Und nun konnte sie einen Teil seiner Löffel schon sehen, sie lugten hinter einem Farnbüschel hervor. Doch dann sah sie Jagdkralles Fell, und ihr Magen verkrampfte sich. Der Druck, das Kaninchen fangen zu müssen, verstärkte sich immer mehr und legte sich wie eine feste Schlinge um ihren Hals. Sie blinzelte und versuchte, ruhig zu bleiben, sich wieder auf die Jagd zu konzentrieren. Doch beim weiteren Vorwärtsschleichen wurde ihre abschweifende Konzentration zum Problem. So blieb ihr Blick an einem auffälligen Blatt hängen, welches sehr hübsch aussah. Doch für die Jagd war es irrelevant und bloß eine Ablenkung, sie musste sich mehr konzentrieren! Federpfote biss die Zähne aufeinander, aus irgendeinem Grund fiel es ihr immer schwerer, ihre Aufmerksamkeit auf einen Punkt zu lenken. Zudem schien schon wieder ein leichtes Wispern und Flüstern im Hintergrund ihres Bewusstseins anzuschwellen, doch sie verdrängte es.

Angestrengt richtete Federpfote ihren Blick auf das braune Kaninchen, es mümmelte friedlich vor sich hin. Doch nun waren die Katzen schon sehr nah dran, bald würden sie angreifen müssen, um die Beute noch zu erwischen, bevor es sie bemerkte. Jagdkralle warf ihr einen Blick zu, suggerierte ihr, das es nun so weit war. Der Knoten in Federpfotes Bauch wurde schwerer, verkrampfter. Ihr Atem ging Flach und hektisch, als sie schließlich vorpreschte. Das Kaninchen riss sofort seinen Kopf in die Höhe, mit großen Augen verharrte es weniger als einen Herzschlaglang, dann sprang es in gewaltiger Geschwindigkeit los. Auch Jagdkralle schoss vor, in seinen Augen lag eine entschlossenes Jagdfieber. Federpfote war direkt hinter der Beute, sie bräuchte nur die Krallen nach dem weichen Fell ausstrecken -  doch sie stolperte über eine Wurzel, fiel der Länge nach mit einem dumpfen Geräusch auf den Waldboden und versperrte Jagdkralle den Weg, der gerade noch zur Seite ausweichen konnte.

Federpfote hörte ein paar Augenblicke lang noch das sich rasch entfernende Trommeln des Kaninchens auf dem Waldboden, dann pochte nur noch ihr Herz. Es schlug laut und schnell, Angst und Scham breiteten sich in ihr aus. Langsam setzte sich Federpfote auf, den Kopf gesenkt, das Fell voller Erde, kleiner Äste und Blättchen. Doch sie machte keine Anstalten es abzuschütteln, saß bloß starr vor Angst da, spürte den brennenden Blick ihres Mentors auf sich. Eine gefährliche Stille herrschte. Dann traf Federpfote der Schlag, Jagdkralle hatte ihr mit eingezogenen Krallen einen Schlag gegen die Wange verpasst. Sie purzelte nach hinten, Jagdkralle stand knurrend über ihr. 

"Wie kannst du es wagen, eine solche Enttäuschung zu sein? Das Kaninchen war klein und leicht zu fangen, du hattest es beinahe zwischen deinen plumpen Pfoten! Und doch hast du versagt. Wegen deiner Tollpatschigkeit, deiner Unfähigkeit, deinem Mangel an Disziplin! Eins verspreche ich dir, wir werden nicht zurück ins Lager kehren, bis du ein Stück Beute gefangen hast. Und ich würde dir raten, dich bei der Jagd endlich einmal anzufangen anzustrengen. Eine nutzlose Katze ist im Clan überflüssig und nicht erwünscht", fauchte er, mit gesträubtem Fell und kalten Augen, die hitzige Blitze auf Federpfote herabzuschießen schienen. Er schien regelrecht angewidert von der Unfähigkeit seiner Schülerin. 

Federpfotes Wange brannte, doch noch stärker brannte der Schmerz in ihrem Herzen. Sie wollte erfolgreich sein, sie wollte ihre Clankameraden beeindrucken und nützlich sein. Sie wollte bewundert werden, wollte geliebt werden. Doch wie es schien, war dieses Ziel unmöglich für sie zu erreichen. Federpfote hatte Angst vor dem Scheitern, doch diese Furcht lähmte sie und hielt sie davon ab, auch nur einen Erfolg zu erzielen. 

Sie blinzelte mit wässrigen Augen zu ihrem vor Wut und Verachtung schier gefüllten Mentor, sie sah in seine Augen und erblickte bloß Hass. Erstickt miaute sie: "Warum hasst du mich so? Warum kannst du mich nicht einfach lieb haben?" 

Zuerst dachte sie, Jagdkralle hätte sie gar nicht gehört. Doch dann bemerkte sie die Veränderung. Sein Körper war erstarrt, sein Kiefer malmte angespannt. Und seine Augen hatten sich verändert. Wieder sah Federpfote diesen seltsamen Ausdruck in seinen Augen, es war Angst.

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- 1600 Wörter


Heyyy^^
Wie hat euch das Kapitel gefallen? 
Was denkt ihr von Jagdkralles Verhalten und Federpfotes Ohnmachtsanfall?

Anyway, was glaubt ihr, wer die Katze des Kapitels heute ist? ;D
Getigert, ein wenig drahtig und mit dunklem Fell.

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