𝐏𝐚𝐫𝐭 𝟖

Dilê min mirî ye
[Mein Herz ist gestorben]
~ Ebdulqehar Zaxoy

~𒀭~

Er meldete sich nicht. Wieso meldest du dich nicht, Miran? Ich frage mich was ich getan habe. Was ich falsch gemacht habe. War es doch nicht richtig? War diese Beziehung vielleicht doch falsch?

Nein Evîn denk nicht so. Du liebst ihn. Du bist nicht verliebt oder hast einen Crush auf ihn, nein, du liebst ihn. Du willst ihn!

Bereue niemals dass du jemanden liebst, der immer gut zu dir war. Ich sollte es nicht bereuen. Eigentlich gibt es auch nichts zu bereuen, denn ich liebe ihn.

Ich weiß dass ich es tue und daran kann man auch nicht mehr rütteln. Mit Miran ist alles so schön, so farbig, so wundervoll.

Ohne ihn besteht mein Leben aus einem schwarz weiß Film aus einer Kassette. So langweilig, so unnötig. Mit Miran habe ich gelernt wieder zu atmen.

Das Strahlen seiner Augen betäubt all meine Sinne. Ich verliere mich in diesen Strahlen. Die Strahlen seiner Augen führen zu seinem Herzen, dessen Strahlen dem der Sonne gleicht.

Überall taucht er auf. In meinen Morgen Träumen, in meinen Tages Träumen, in meinen Abend Träumen, überall taucht er auf und ich liebe es. Ich liebe es an ihn zu denken, zu wissen dass er mir gehört.

Sein Herz ist für mich, gewidmet für mein Herz. Innerlich spüre ich bei jedem Anblick seinerseits unsere seelische Verbindung.

Ich habe meinen Seelenverwandten gefunden. Anfangs dachte ich dass es Einbildung sei. Wer findet denn auch in so jungen Jahren sein Nasip ?

[Seelenverwandten]

Ich denke nicht dass es bei jedem so ist. Ich habe nie darüber nachgedacht wann ich einen Freund haben will. Ich habe die Sache in Xwedês Händen gelassen.

Jeder, wirklich jeder Mensch hat ein Nasip, so auch ich. Ich habe ihn gefunden, andere vielleicht noch nicht. Doch jeder wird ihn irgendwann finden.

Wenn man ihn nicht auf der Erde findet, dann wirst du ihn in Xwedês Armen finden. Denn selbst wenn dein Nasip nicht mehr hier ist, Xwedê wird ihn für dich aufbewahren.

Doch mittlerweile habe ich Angst. Angst, mein Nasip zu verlieren. Ich habe seit zwei Tagen rein gar nichts von ihm gehört. Ich habe ihn so oft angerufen, dass ich seine Nummer schon auswendig kann. Ich schreibe ihm im Sekundentakt Nachrichten, in der Hoffnung eine Antwort zu bekommen.

Doch Nix kommt.
Rein gar nichts.

Seine Seele ist verstummt.
Meine gleich mit.

Ich will wissen was mit meinem Miran passiert ist. Was wenn ihm etwas zugestoßen ist? ~ ach nein, dann hätte ich das schon längst mitbekommen, oder nicht?

Ich war mir mit alldem unsicher. Mein Herz schlug Alarm, und ich wusste, dass etwas passiert war. Es war einfach so. Ich hätte es wissen müssen. Ich hätte wissen müssen, dass etwas passiert sein musste.

Ich wollte ihn gerade zum fünften Mal anrufen als meine Tür aufgerissen wurde und mein Vater in der Tür stand.

Erschrocken blickte ich zu ihm hoch und starrte in seine wütenden Augen. So hatte ich ihn noch nie erlebt. Das war nicht mein Vater. Na ja, mein Vater war ja schon lange nicht mehr.

Jabo war schon lange nicht mehr wirklich hier. Egal, ich wollte darüber nicht schon wieder nachdenken.

»Jabo çi bû?«, fragte ich ihn besorgt.
[Papa was ist passiert?]

»Dema tu dil ketî wî kurî te bavê xwe difikirî, ha?«, spuckte er mir herablassend vor die Füße.

[Als du dich verliebst hast, hast du da auch über deinen Vater nachgedacht?]

Mein Herz stand still.
Nein.

Woher?
Woher wusste er es?

Ya Xwedê, ich hatte recht.
Wir hatten recht.
Es würde ans Licht kommen.

Doch sag mir bitte, wie?
Wie kam es ans Licht?

Meine Atmung wurde unregelmäßig und ich konnte ihm nicht mehr in die Augen blicken. Erbärmlich. Ja, das war ich. Erbärmlich war ich. Nix weiter.

»Jabo

Er hielt seine Hand hoch, um mir zu signalisieren dass ich still sein sollte.

»Bes ê. Min ji te re çi got bû, ha? Bejê, hayde, ez dixwasim hiz bikim«, sagte er aufgebracht.

[Es reicht. Was hatte ich dir gesagt, huh? Sag es, los, ich will es hören]

»Jabo«, flehte ich.

Er soll mir das nicht antun. Weder mir noch ihm. Wir konnten das beide nicht. Papa atmete tief aus bevor er auf mich zukam. Ich hatte nie Angst verspürt vor meinem Vater, außer jetzt.

Jetzt brodelte die Angst so sehr in mir, dass mein Herz davonlaufen wollte. In den Tod laufen wollte.
Jabo setzte sich auf mein Bett. Gegenüber von mir. Er nahm meine Hände und schaute mir tief in die Augen, um mir zu sagen dass ich weiterreden solle.

Er wollte mich verstehen, hoffe ich zumindest.

»Ez nisanim, Jabo. Min wî dit û ez dil ketim wî. Ez ji wî hez dikim, Jabo. Bi Xwedê, bi wî her tişt ser we dinja ye, xweşe. Dilê min vedibe. Ez dîsa dikarim bikenim, Jabo«

[Ich weiß es nicht, Papa. Ich habe ihn gesehen und mich in ihn verliebt. Ich liebe ihn, Papa. Bei Gott, mit ihm ist alles auf dieser Welt wunderschön. Mein Herz öffnet sich. Ich kann wieder lachen, Papa]

Und wieder atmete er tief ein und aus.

»Evîn-«, er verstummte kurz.

Mein Herz brach. Er hatte mich bei meinem Namen genannt. Er hatte nicht »keçam« [meine Tochter] zu mir gesagt, nein, er hatte sich für meinen Namen entschieden.

Das war das erste mal nach meiner Geburt, dass mein Vater mich mit diesem Namen ansprach. Er hatte es bei meiner Geburt gesagt, als ich das erste mal in seinen Armen lag und danach nannte er mich immer nur »keçam«. Alles andere fiel für ihn weg.

Stumm blickte ich auf unsere Hände, bevor ich meinen Kopf einige Sekunden später wieder erhob und ihm zuhörte.

»Îro, te dilê min hişt, Evîn«
[Heute, hast du auch mein Herz verletzt/verlassen, Evîn]

Vorbei.
Es war endgültig vorbei.
Die Tränen rannten an meinen Wangen herab, als sei es ein Wettrennen.

»Du hast meine Regeln gebrochen, Evîn. Tu dizanî min çi ji te re got bû«, seine Stimme zitterte.

[Du weißt was ich dir gesagt hatte]

»Le Jabo, ma ez çi bikim? Ez çilo aylek vekim? Ma zaroken min ê çilo werin li ser we dinja ye?«, weinte ich ihn voll.

[Aber Papa, was soll ich denn tun? Wie soll ich eine Familie gründen? Wie sollen denn meine Kinder auf diese Welt kommen?]

»Irgendwann, aber nicht jetzt. Du bist zu jung«, sagte er ohne Emotion.

»Ach so, aber bei euch in der Heimat war es okay mit 15 ein Kind zu bekommen? Jabo, ich bin 19. Ich habe doch alles. Ich studiere doch schon. Was steht da im Weg?«, verarschen konnte er mich nicht. 

Meine eigene Oma hatte doch mit 15 ihr erstes Kind gehabt. Mit 19 einen Freund zu haben ist also noch schlimm? Wow.

»Ich habe nein gesagt. Gib mir dein Handy. Du wirst keinen Kontakt mehr zu dem Jungen haben«, er hielt mir seine Hand hin.

Ich schüttelte den Kopf: »Sag mir erst wieso. Du kennst ihn nicht mal!«, wütend blickte ich ihn an.

»WEIL ICH DIESE FAMILIE HASSE, EVÎN«, brüllte er mir ins Gesicht.

Ich zuckte zusammen.
Mein Jabo hatte mich angebrüllt.
Das hatte er noch nie.
Ach Jabo ach.
Möge Xwedê dir den richtigen Weg zeigen.

Mit Tränen in den Augen gab ich ihm mein Handy. Kurz bevor er rausging warf ich ihm einen Satz hinterher, den ich teils bereue, denn danach hörte ich das klicken meines Türschlosses.

»Xwedê te bide ser rêya rast, Jabo«

[Möge Gott dich auf den geraden Weg bringen, Papa]

————

Weinend stand ich auf, zog mich um, bevor ich mich vor mein Qub [kleine Nachstellung des Gebetshauses der Yeziden] aufstellte und mein Gebet murmelte.

Doch nicht nur irgendein Gebet, nein, ich betete die Şahda dîn [Glaubensbekenntnis]

Meine Hände krümmte ich vor meinem Gesicht. Die Hände etwas auseinander. Mein Blick stumm auf mein Qub gerichtet, während ich anfing.

———

Şehda dînê min yek xweda ye
Emîn Cebraîl evîniya Ezdaye ye
Bergeha min roj û mergeh ê

Silavên min li mergehê li Lalişê
Û li xwedanê qubêyê
Şhêxadî Şhêxê min e, ji nûra padşa ye
Şemsê Êzdînê çira ye

Pîrê min Hesin Meman ê
Hoste û merebî ji mala Baban ê
Kaniya Sipî mora min ê
Kaf û mixar û zimzim Heca min ê
Tausî Melek şahda îmana min ê

Amîn
———

Ich liebte es die Glaubensbekenntnis aufzusagen. Doch ich war noch nicht fertig. Ich wollte eine Bitte ausüben. Eine Bitte, die mir hoffentlich das Leben erleichtern wird.

———
Möge Xwedê uns allen das Leben erleichtern.
Möge Xwedê uns allen unser Lachen schenken.

Möge Xwedê diese Welt leiten, wieder die normalen Sitten einführen.

Möge Xwedê den Hass gegenüber uns verschwinden lassen.

Möge Xwedê die alten Generationen unserer Vorfahren zeigen, dass es heute anders ist. Die Liebe anders ist.

Amîn

———

~𒀭~

HIIIIIIII
obsessed mit dem Kapitel for real 🫃🏽

Kuss an anyome09 dank ihr bekommt ihr dieses Kapitel, sonst HAHAHAH wäre gar nix mehr gekommen

[außer die Meldung das Cece watty gelöscht hat, SPAAAASSS]🫃🏽

Na ja, WEHE einer sagt was zu meinen Gebeten/ zu der Glaubensbekenntnis 🙂 sonst *block* aber wie ich euch kenne kommt ja nix 🫃🏽😔

Egaaaall, passt auf euch auf und ballert die Kommis voll 🫃🏽

-CECEEEEEE
-1519 Wörter
11 Seiten

[Emoji des Kapitels 🫃🏽]

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