✩ Kapitel 14 ✩

Die kalte Luft und die pfeifende Brise, die Blätter haufenweise von den Bäumen riss, begrüßten uns mit offenen Armen. Wegen des Windes, welcher mir erbarmungslos ins Gesicht blies, zog ich eine gequälte Grimasse. Es war ein wenig beruhigend zu wissen, dass es den anderen nicht besser ging.

Der starke Luftzug verringerte deren Sichtfeld, was dazu führte, dass sie ständig stolperten und zu Boden fielen. Doch sie rappelten sich jedes Mal mit ernsten Mienen auf, wie wahre Ritter in einem unfairen Kampf.

Doch jeder Kampf, sowie jeder Weg fanden irgendwann ihr Ende. Und so standen wir nach einer guten Viertelstunde endlich vor dem Kabinett des Direktors und tappten ungeduldig auf der Stelle.

„Mag jemand vielleicht anklopfen?", fragte ich frech und verschränkte meine Arme auf der Brust.

Nachdem Flink, als die mutigste und schnellste von uns, diese Arbeit erledigt hatte, wurde die Tür ruckartig aufgerissen, worauf wir alle, einschließlich Ruby, erschrocken hochfuhren.

Eine sehr besorgte und zugleich aufgeregte Version von Nai Fortis bildete sich am Eingang.

Ich bemerkte, dass Wasser, oder vielleicht sogar Schweiß, von seinen roten Strähnen auf die hohe Stirn tropfte, dass tiefe Schatten unter seinen Augen lagen und dass seine Wangen, die vorher immer so rosig und rund gewirkt hatten, einen blassen Farbton angenommen hatten und eingefallen schienen.

Doch trotz dieser unmenschlichen Müdigkeit schimmerte Eifer in seinen Augen und noch etwas ... Wut? Empörung? Zorn? Oder war das alles ein und dasselbe?

Altisharo, Freunde.", begrüßte uns Yaak mit einem finsteren Gesichtsausdruck, „worauf wartet ihr noch? Reinkommen!"

Er trat zu Seite, um uns einen freien Weg zu verschaffen. Mit mürrischen Mienen betraten wir den kleinen Raum.

Das Büro sah genau so aus, wie ich es in Erinnerung hatte. Derselbe hölzerne Schreibtisch, auf dem ein stolzes Durcheinander aus Papieren herrschte, gegenüber ein kleines Sofa und der Spiegel, welcher immer noch in der Ecke des Zimmers hing.

„Setzt euch", befahl uns der Direktor und nahm an seinem Stuhl Platz.

Während wir uns auf dem Sofa zusammenquetschten, schauten wir einander immer wieder an und suchten nach einer Unterstützung in diesem unruhigen Moment. Uns war allen bewusst, dass Yaak uns nicht einfach so alle zu sich gerufen hatte. Mit Sicherheit musste es einen wichtigen Grund geben, weshalb er uns am späten Abend unbedingt sehen wollte.

Ich warf ein Blick auf Flink. Diese saß neben Mary und zeigte keine einzige Emotion.
Sie weiß, warum wir hier sind, kam mir der Gedanke, ehe Yaak endlich zur Rede kam.

Shasezha fishas - schlechte Sache ist passiert. Zhasosh - sehr schlecht.", Yaak vergrub sein Gesicht in den Händen und atmete tief aus, „Könige haben gesagt, noch zwei Wochen und keine Absonderlichen mehr. Zu viel Geld für euch ausgeben, sagen sie, zu viel Geld und keine Fortschritte bei euch. Shehe sur - tut mir leid, Freunde."

Totenstille.

„Ihr denkt, ich bin schuld? Shieq! Das ist eine Befehl von oben, ich nichts tun können! Ihr denkt, es ist mir egal? Ist es nicht!" Auf einmal schlug Yaak mit der Faust gegen den Tisch, weshalb die Papiere kurz aufflogen.

Totenstille.

„Sie meinen es nicht ernst, oder?" Kyans Stimme zitterte, „das soll doch nur ein schlechter Witz sein!"
Darauf antwortete niemand etwas. Allen war klar, dass Yaaks Ansage vollkommen ernst gemeint war.

Die Luft im Raum war vor Anspannung so heiß geworden, dass man kaum noch atmen konnte. Ich erstickte an meinen eigenen Gefühlen und kämpfte gegen den Drang an, die Augen auf meinen Ruf zuzumachen und laut heulend aus dem Raum zu laufen.

Verzweifelt schaute ich zu den anderen. Kyan hielt seine Hände zu Fäusten geballert, Dany ließ seinen Blick senken, Marys Augen deckte ein Schleier an Tränen. Und Ruby ... der Wächter war an seiner Grenze, das sah man sofort. Jedoch hielt er sich noch zurück. Das Schlüsselwort war aber leider das noch ...

Plötzlich schoss mir ein wichtiger Gedanke durch den Kopf. Wenn es nämlich unsere Fakultät nicht mehr geben würde, was würde dann aus mir werden? Wo sollte ich dann hin? Auf die Straße?
Nein, dachte ich entschlossen, so darf das nicht enden!

„Können wir das verhindern? Irgendwie?" Alle Blicke richteten sich sofort auf Yaak. Seine Antwort würde alles entscheiden.

„Beweist, dass ihr nicht bloß nur Probleme bringt, beweist eure wahre Kraft! Beweist sie!"

„Aber wie?"

„Einen Weg gibt es immer. Die Frage ist nur, ob man mutig genug ist, ihn zu gehen."

𑁍 𑁍 𑁍

Auf dem Rückweg sprachen wir kein Wort miteinander. Nicht einmal der Sturm war in dem Moment ein Hindernis für uns. Nun gut, bei unserem Zustand sollte sich eher der Wind vor uns fürchten und nicht andersrum.

„Mist! Wir sind verloren!", brach Dany als erster die Stille, nachdem wir zu Hause angekommen waren. Darauf hatte niemand was anzuwenden. Wir waren wirklich verloren. Buchstäblich.

„Ich wette, das hat Nai Fortis extra so gewollt. Das war sein Plan", meinte Kyan forsch und setzte sich auf einen der Holzhocker.

„Worauf willst du hinaus?"

„Findest du denn eine vernünftige Erklärung dafür, dass Yaak uns ab heute nicht mehr in der Schule haben will, wo er erst gestern erfahren hat, dass wir was von dem Spiegel wissen?"

„Zufall", murmelte ich und senkte mein Blick.

„Meinst du? Ich denke nicht. Nai Fortis ist ein Verräter, das ist doch offensichtlich! Und diese Soraya", er verzog das Gesicht, „hast du gesehen, wie komisch sie sich benimmt? Vielleicht versteckt der Direktor zusammen mit seiner Nichte irgendwo in den Wäldern eine ganze Flames-Armee, welche irgendwann durch den Spiegel gehen wird und alles zerstören wird, bis von der Academy nur noch Ruinen übrig bleiben!"

„Das ist doch ein völliger Schwachsinn! Flink konnte nicht. Und Yaak genau so wenig. Warum sollte er, er ist schließlich ein Wave!"

Doch egal wie lange ich Kyan zu überreden versuchte, er blieb fest bei seiner Theorie. Seine Argumente waren nachvollziehbar. Er vertraute den Fakten, nicht den Menschen. Ich, im Gegensatz, blieb auf Yaaks Seite und war fest davon überzeugt, dass er unschuldig war.

Schon viele Unterrichtsstunden hatte ich mit ihm gehabt und kannte ihn daher auch ziemlich gut. Er war eine liebenswürdige, freundliche Person, die nie etwas Kriminelles tun würde. Auch Flink glaubte ich. Ja, sie hatte ihre ganz eigene Art und doch konnte ich mir nicht vorstellen, dass sie etwas derartiges tun würde.

„Das reicht!", knurrte Ruby plötzlich auf, „Jetzt ist es sowieso nicht mehr von Bedeutung, wer Schuld an der ganzen Situation ist. Fakt bleibt Fakt — in zwei Wochen werden wir nicht mehr hier sein. Also fangt mal lieber an, eure Sachen einzupacken, anstatt Zeit für unnötige Streitigkeiten zu verschwenden!"

Mit diesen Worten verließ der Wächter das Wohnzimmer.

„Der ist aber übel drauf", meinte ich.

„Aber er hat recht", meldete sich Dany zu Wort, „Wir sollten es einfach akzeptieren."

Weiter kamen wir mit unserem armseligen Gespräch nicht, da Mary, die vorher schweigend mit der Trauer gekämpft hatte, plötzlich in Tränen ausbrach und wir die nächsten Stunden damit beschäftigt waren, sie zu beruhigen und davon zu überzeugen, dass alles wieder gut sein wird.

Wir wussten allerdings auch, dass es eine große Lüge war. Nichts wird wieder gut sein. Das war so klar, wie dass in dieser Nacht niemand einschlafen wird.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top