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Jungkook

Nervös tippte ich mit meinen Fingern gegen eins der frisch geputzten Gläser, die vor mir standen und starrte auf die Theke.
Genau genommen starrte ich auf die Stelle, an der Taehyung letzte Woche gesessen hatte. Die Stelle, an der ich seine Nummer bekommen hatte.

Nur dass ich seitdem nichts damit angefangen habe.

Frustriert raufte ich mir die Haare und seufzte tief, während ich die Gläser an ihre eigentlichen Plätze einräumte.

„Alles in Ordnung, JK?"

Ich drehte mich um und erblickte Mingyu mit fragendem Gesichtsausdruck. Ein weiteres Seufzen entfloh meiner Kehle und ich zuckte mit den Schultern, bevor ich schließlich doch den Kopf schüttelte.
„Nein, nicht wirklich... Ich- Ach, keine Ahnung.", murmelte ich, senkte meinen Blick und rieb meinen Nacken.

Mingyu musterte mich ein paar Augenblicke, bevor er einen Finger hob und sein Handy rauskramte. „Warte kurz."
Ich hob meinen Kopf und beobachtete, wie er jemanden anrief.

„Hey, Seokmin! Meinst du, du und Hao könnten vielleicht schon früher zu eurer Schicht kommen? Jungkook und ich würden gern früher aufhören, wir haben was Wichtiges zu klären." Es entstand eine Pause, in der Seokmin scheinbar ins Telefon redete, während ich Mingyu einfach nur neugierig ansah. Als sich ein Lächeln auf dem Gesicht des Größeren bildete, lächelte ich automatisch ein wenig mit.

„Super, vielen Dank, Minnie! Ich weiß das zu schätzen, gib Hao einen Wangenkuss von mir, ja?" Mingyu kicherte leicht nach einer kurzen Pause am Telefon. „Sag ihm, da kommt er nicht dran vorbei. Spätestens wenn ich ihn sehe. ... Ja, bis gleich dann."
Mit diesen Worten legte er auf und wandte sich an mich. „Seokmin und Minghao sind in einer Viertelstunde hier und übernehmen unsere Schicht. Solang schließen wir einfach die Bar, muss unser Chef ja nicht herausfinden."

Erstaunt hob ich meine Augenbrauen. „Mingyu, so wichtig ist das jetzt auch wieder nicht. Die Viertelstunde können wir ruhig noch arbeiten, ich fühl mich schon schlecht genug, Minghao und Seokmin 'ne Stunde früher herzuholen.", protestierte ich, doch der Schwarzhaarige hörte mir nicht zu und bastelte schnell ein provisorisches Schild, auf dem stand, dass die Bar für kurze Zeit geschlossen ist.
Das Schildchen stellte er dann auf die Theke, bevor er mich angrinste, mein Handgelenk packte und mich mit in den Personalraum nebenan zog.

Drinnen angekommen drückte Mingyu mich auf einen der Stühle runter, griff nach zwei Bier aus einem Mini-Kühlschrank – wovon er mir eins reichte – und sah mich dann neugierig an. „Also, was ist los?"

Eine kurze Zeit lang war ich einfach nur beeindruckt davon, wie schnell der Größere Ersatz für uns finden konnte, dabei ungerührt meine Einwürfe ignorierte und jetzt unsere Jobs in Gefahr brachte mit der hirnrissigen Idee, die Bar auf Eis zu stellen, bis die anderen beiden kamen.
Dann gab ich nach, seufzte auf und nahm einen Schluck vom Bier. Ich wollte die Pause genauso sehr wie er.

„Du erinnerst dich an den Typen von letztens, der mir seine Nummer gegeben hat?"

Mingyus Augen leuchteten auf und er grinste schelmisch. „Ja, an den erinnere mich sehr wohl. Ich hoffe ja, es hat sich gelohnt, dass ich in der Zeit die Arbeit für dich übernommen hab? Ich hab mich sogar noch gefragt, seit wann denn der Barkeeper mit seinen Kunden flirtet und nicht anders herum.", schmunzelte er und nippte an seinem Bier.

Das Blut schoss mir in die Wangen und beschämt sah ich auf die Dose in meinen Händen. „So ist das nicht, Mingyu. Ich kannte ihn schon vorher. Um ehrlich zu sein, ich hab keine Ahnung, was da wirklich passiert ist – was überhaupt passiert. Ich kenne ihn noch nicht so lang und trotzdem bin ich ihm irgendwie so verfallen, ich bin ganz unbeholfen. In seiner Gegenwart ist es noch schlimmer, ich weiß überhaupt nicht, wo oben und wo unten ist... Und dazu hab ich mich noch nie vorher in einen Typen verliebt, das ist alles völlig neu für mich."

Gestresst raufte ich mir die Haare, traute mich nach dem schnell runter geratterten Geständnis nicht, Mingyu anzublicken und nahm stattdessen ein paar große Schlücke.

„Und du meintest, es sei nicht so wichtig."

Ich hob erneut meinen Kopf und erblickte Mingyu, wie er mit verschränkten Armen und hochgezogener Augenbraue da stand. Verlegen rieb ich mir den Arm.
„Ist es auch nicht... Ich bin einfach nur frustriert, weil ich so feige bin. Er hat mir seine Nummer gegeben, weil ich ihn mehr aus Versehen als bewusst dazu eingeladen hab, meine Kunstwerke vom Studium anzugucken. Und ich hab ihn bis jetzt immer noch nicht angeschrieben."

Frustriert rutschte ich den Sitz ein wenig runter und starrte an die Decke. Das grelle, kalte Röhrenlicht tat mir in den Augen weh, aber das war mir in dem Moment völlig egal.
Ich hörte, wie Mingyu sich bewegte, und kurz darauf erschien sein Kopf auch schon in meinem Blickfeld. Er hatte ein Grinsen auf den Lippen.

„Darauf wird getrunken. Mit ein wenig Alkohol im Blut fällt es einem bekannterweise ja leichter, jemanden anzuschreiben."

[...]

Mein Kopf dröhnte.

Das war das Erste, das ich mitbekam, sobald ich aufwachte. Stöhnend öffnete ich meine Augen und hielt mir den brummenden Schädel.

Vielleicht ein wenig zu viel Alkohol im Blut gehabt.

Leise Flüche gegen Mingyu murmelnd schnappte ich mir mein Handy, nur um vor Schreck aus meinem Bett zuspringen. Mein Kater, den ich in dem Moment vergessen hatte, meldete sich daraufhin sofort unbarmherzig mit einem Stechen in Kopf und Magen.

Ich hatte absolut verschlafen. Eine gesamte Vorlesung und die nächste begann in wenigen Minuten.
Eilig schlüpfte ich aus meiner alten Kleidung in neue – so schnell mich mein Kater ließ – und brauste mit meiner Tasche aus meinem Zimmer. Doch als ich meinen Autoschlüssel im Flur nicht fand, verfluchte ich nicht nur Mingyu, sondern gleich den gesamten Tag.

Stimmt ja, Hobi hatte heut Morgen einen Arzttermin und ich hab ihm gestern meinen Autoschlüssel dafür gegeben.

Somit verfluchte ich auch noch Hoseok und mich selbst, bevor ich mich umdrehte und Seokjin am Ende des Flurs stehen sah.
„Jin! Gott sei Dank bist du noch da. Kannst du mich bitte, bitte zur Uni fahren? Ich Trottel hab verschlafen und vergessen, dass ich Hobi meinen Wagen geliehen hab."

Der Ältere sah mich überrascht an, kam aber nickend auf mich zu. „Ich hab mich schon gefragt, was du hier noch suchst. Jedenfalls, klar, ich wollte grad sowieso zur Arbeit. Ich kann dich aber nur ein paar Straßen vorher absetzen, ich bin selbst spät dran.", meinte er und zog sich währenddessen seine Jacke an. Fröhlich klatschte ich in die Hände und lief schon voraus aus der Wohnung, mein Mitbewohner mir dicht auf den Fersen.

Als wir ins Auto einstiegen und Jin losfuhr in Richtung Uni, sah der Braunhaarige mich immer wieder neugierig an. „Du siehst schrecklich aus. Warum hast du verschlafen, hast du irgendwie noch die halbe Nacht an deinem Kunstprojekt gearbeitet?"

Verlegen blickte ich aus dem Fenster. „Na ja... Ich habs gestern ein wenig übertrieben mit Mingyu – meinem Arbeitskollegen, falls du dich noch an ihn erinnerst. Wir wollten eigentlich nur ein bisschen was trinken nach der Arbeit...", gegen Ende hin wurde ich immer leiser, bis ich komplett verstummte und stattdessen Seokjins Gelächter das Auto erfüllte.

„Dass ich einmal Jeon Jungkook zur Uni fahren muss, weil er zu viel gesoffen hat und wegen seinem Kater verschlafen hat... Na, das ist mal was! Das werde ich sowas von Hobi nachher erzählen, sorry Kookie."
Damit hatte ich schon gerechnet, weswegen ich als Antwort nur seufzte und es stattdessen kaum erwarten konnte, aus dem Auto zu flüchten.

Nachdem Jins Lachen verebbt war, hielt er auch schon bald darauf an einem Straßenrand und drehte sich mit einem breiten Grinsen im Gesicht zu mir. „Viel Spaß in der Uni, Partymaus."
Mit einem Augenverdrehen verließ ich das Auto, jedoch nicht, ohne mich noch einmal bei dem Älteren fürs Fahren zu bedanken. Danach joggte ich los in die Richtung der Universität, die sich zum Glück auch nach kurzer Zeit vor mir erblicken ließ.

Eilig ging ich durch den Haupteingang meines Institutgebäudes in die Richtung meines Hörsaals. Ich warf einen kurzen Blick auf mein Handy, um die Uhrzeit zu checken, nur um im gleichen Moment jemanden anzurempeln.

„Oh shit, sorry, das war ein-", ich hielt inne, als ich erkannte, in wen ich reingelaufen war.
Taehyung stand vor mir und lächelte mich schief an.

„Ist 'ne kleine Welt, hm?"

Schmunzelnd lief der Schwarzhaarige dann an mir vorbei, winkte mir jedoch nochmal. „Ich muss weiter, sorry! Sahst aber auch so aus, als hättest du keine Zeit für ein Gespräch."

Verblüfft sah ich Taehyung nach, wie er aus dem Gebäude trat, bevor ich mich zusammenriss und weiter zu meinem Hörsaal huschte, denn er hatte Recht – ich hatte keine Zeit für ein Gespräch.

Was zur Hölle sucht er denn hier?

[...]

Den gesamten restlichen Tag verließ Taehyung meinen Kopf nicht mehr. Ich hatte längst aufgegeben, in meinen Vorlesungen noch zuzuhören.

Hatte er nicht gesagt, er studiere Pädagogik? Was hatte er dann in meinem Institutsgebäude gesucht?
Hatte er sich verirrt? Nein, das machte auch dann keinen Sinn.
War er aber dennoch auf der gleichen Uni wie ich? Wenn ja, dann hatte er bestimmt im Hauptgebäude Vorlesungen.

Mit diesem Gedanken im Kopf machte ich mich auf den Weg zu besagtem Gebäude und hielt wie auch schon zuvor nach dem Schwarzhaarigen Ausschau.
Nachdem ich ihn nicht in der Bibliothek entdeckte, sah ich stattdessen in der Cafeteria nach.

Und tatsächlich, da saß er, allein an einem Tisch an der Wand und las in einem Buch.

Meine Verblüffung von vorhin kehrte zurück, während ich mich auf dem Weg zu seinem Tisch machte und mich dann gegenüber von Taehyung auf die Bank fallen ließ.
Der Schwarzhaarige blickte von seinem Buch auf, seine Augen weiteten sich erstaunt bei meinem Anblick. „Oh, Jungkook!"

Wir starrten uns an, ohne, dass einer von uns beiden etwas sagte, bis ich meinen Kopf schief legte. „Sag mir nicht, du studierst auch hier an der Uni."
Das brachte Taehyung dazu, amüsiert zu schnauben. „Doch, ich bin grad von meiner letzten Pädagogik-Vorlesung gekommen."

Ungläubig schüttelte ich meinen Kopf. „Und was zur Hölle hast du dann in meinem Gebäude gesucht? Soweit ich weiß, finden dort keine Pädagogik-Vorlesungen statt.", fragte ich, kam immer noch nicht darauf klar, dass Taehyung an der gleichen Universität wie ich studierte.

Ich bin einfach in ihn reingerannt.

Taehyung lächelte schief. „Tun sie auch nicht. Jimin hatte eine Vorlesung dort, ich hab ihn nur begleitet, bis ich zu meiner eigenen musste.", erklärte der Ältere, woraufhin ich ein leises „Ahh~" von mir gab.

Ich erinnere mich, Taehyung hatte in der Bar erzählt, dass Jimin Tanz studiert.

„Apropos, wie sieht es eigentlich wegen deinen Kunstwerken aus? Ich würde die immer noch liebend gern sehen. Wann hättest du denn Zeit?"
Taehyungs Frage riss mich aus meinen Gedanken und ich blickte wieder auf. Nervös schluckte ich, als der Schwarzhaarige mich so erwartungsvoll anlächelte.

Er will tatsächlich immer noch meine Werke sehen... Oh mein Gott, ist er sauer, dass ich ihm bis jetzt noch nicht geschrieben hab?

Ich räusperte mich und rutschte ein wenig unwohl auf meinem Platz hin und her. „Na ja... Am Wochenende hab ich nichts vor...", murmelte ich leise, woraufhin Taehyung begann zu strahlen. „Klasse, ich auch nicht! Dann komm ich am Wochenende vorbei, ja? Die Adresse hab ich ja schon."
Er grinste breit, bevor er an mir vorbei sah und sein Grinsen im Gesicht noch größer wurde.

„Jiminie! Sieh dir an, wen ich hier getroffen hab."

Ich drehte mich nach hinten, um nach Jimin zu gucken, der tatsächlich gerade mit einem überraschten Gesichtsausdruck auf dem Weg zu uns war. Als er bei uns ankam, wechselte die Überraschung zu einem fröhlichen Lächeln und der Blondhaarige setzte sich neben mich auf die Bank.

„Na, das ist ja mal eine freudige Überraschung... Der hübsche Barkeeper!", Jimin knuffte mir in den Oberarm und verlegen musste ich lächeln.
„Der auch einen Namen hat. Und Jins Mitbewohner ist.", kam es von Taehyung, der seinen besten Freund mit einer gehobenen Augenbraue ansah.

Jimin rollte mit den Augen nach diesem Kommentar. „Ich kenne Jungkooks Namen, Taehyungie, keine Sorge. Diemal erinnere ich mich an ihn."
Dann lächelte er wieder mich an. „Bist nicht nur ein hübscher, sondern auch ein toller Barkeeper. Und Hoseoks Party war der Knüller, auch wenn ich mich nicht an viel erinnere. Pardon, apropos."

Schmunzelnd winkte ich ab. „Alles gut, ich nehms dir nicht übel, dass du dich nicht an mich erinnert hast. Wir haben uns ja nur kurz gesehen.", meinte ich, woraufhin das Lächeln des Blonden noch breiter wurde, bevor es nach Taehyungs Kommentar erstarb.

„Du solltest dich eher bei mir und Yoongi entschuldigen für das Fiasko nach dem Geburtstag."

Jimin stöhnte und drehte sich schmollend zu seinem besten Freund. „Ich hab mich doch schon tausendmal bei euch entschuldigt! Was soll ich denn noch machen?"
„Jetzt mit mir kommen und mir ein Sandwich kaufen.", Taehyung erhebte sich mit einem breiten Grinsen im Gesicht, steckte sein Buch unter seinen Arm und schnappte sich Jimins Handgelenk, der sich jammernd mitziehen ließ.

„Wir schreiben nachher!", rief Taehyung mir lächelnd über seine Schulter hinweg zu, während ich den beiden Streithähnen schmunzelnd hinterher sah. Mein Magen begann zu kribbeln.

Ich hab mich einfach für dieses Wochenende mit Taehyung verabredet... Und außerdem ging er auf die gleiche Uni wie ich! Vielleicht könnte ich ihn dann ja öfter sehen?

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Vielen lieben Dank für 1k reads!!
Das bedeutet mir viel :3

Ich bin grad in nem Flow,
so früh ein weiteres Update gabs ja glaub noch nie von mir XD

Hab auch schon das nächste Kapitel vorgeschrieben, gehe jetzt dann duschen und schreibe danach noch weiter.
Bin seit ein paar Tagen echt motiviert fürs Schreiben, muss ich richtig ausnutzen, vielleicht kann ich ja dann endlich regelmäßiger updaten :D

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