022. Falsches Spiel

𝓌ℯ 𝓅𝓁𝒶𝓎 𝓉ℴ 𝓌𝒾𝓃

James Potter hatte eine alleinige Lösung für all seine Probleme, und das schon sein Leben lang - schon immer: Quidditch.

Nach der missglückten Geburtstagsüberraschung herrschte eine angespannte Stimmung im Schlafsaal der Gryffindorjungen, die nachdem Remus erst zwei Tage nach Sirius' Geburtstag mit der Entschuldigung, seine Mutter sei plötzlich schwer erkrankt und er musste nach Hause fahren, um sie zu pflegen, wieder aufgetaucht war, nun auf ihrem Höhepunkt siedete.

Die grundlegende Anspannung schlug James mittlerweile auf den Magen.

Nie hatte er gut mit Konflikten umgehen können.

Marlene und sein erster Streit - und bei dem aufbrausenden Temperament der jungen McKinnon und dem riesigen Ego des jungen Potter vermuteten alle Außenstehenden, dass ihre Freundschaft den Strapazen nicht standhalten würde - hatte James Potter drei endlose Nächte lang nur wach daliegen und die Schatten, die die Tannen vor seinem Fenster an die Zimmerdecke warfen, anstarren lassen.

So wichtig ihm sein Stolz auch war, nach der dritten schlaflosen Nacht hatte er es nicht mehr ausgehalten, nicht mit seiner besten Freundin reden zu können.

Auch damals kannte er nur eine einzige Lösung für seine Probleme; den besten Zauberersport der Welt.

Doch nachdem er seinen Besen aus dem Schuppen geangelt hatte und zur Tür hinausgestolpert war, um sich zu entschuldigen, kam ihm eben jenes Mädchen mit den kupferfarbenen Haaren entgegen, das er gesucht hatte.

Auch sie ihren Besen unter dem einen Arm, einen schon in Mitleidenschaft geratenen Quaffel unter den anderen geklemmt.

Er war abrupt stehen geblieben und gemeinsam hatten sie bloß gelacht.

»E-es ist so... s... so k-k-k-kalt.«

Eingehüllt in ihre Umhänge, dicke Mäntel und Schals saßen die vier Jungen der ersten Klasse aus Gryffindor auf den Tribünen des schuleigenen Quidditchstadions, das so spät am Abend - zu spät im November, wenn man Sirius, Remus oder Peter fragte - schon in einen Schleierdunst aus Nebel getaucht dalag, während der kühle Herbstwind das braune Laub durch die Luft bließ und die spiegelglatte Oberfläche des schwarzen Sees in Aufruhr versetzte.

Auch wenn die Stimmung, die unter ihnen herrschte noch immer zähflüssig war wie alter Druhbels-Kaugummi, schienen sie sich zumindest gemeinsam über James zu ärgern. Und das war ein Anfang.

Im Gegensatz zu ihnen verfolgte James hellwach das Quidditchtraining der Gryffindormannschaft.

Sieben Spieler auf sieben Besen, die sich einen roten, verbeulten Ball zupassten und Formationen einstudierten, während einer von ihnen, Maverick Wood der Kapitän, mit einer Trillerpfeife zwischen den Zähnen Anweisungen brüllte.

Verbissen zuckten James Augen hin und her, während er die Kälte fortzublinzeln versuchte.

James war zu Beginn des Schuljahres so frustriert gewesen, dass Wood ihn nicht im Team hatte haben wollen, dass er es sogar nicht einmal mehr für nötig gehalten hatte, sie alle von seinem Talent zu überzeugen.

Nach Woods Ansage hatte er es daraufhin bei den anderen Spielern versucht, doch die wollten entweder nichts von seinem Gejammer hören oder klopften ihm bloß auf die Schulter und versicherten ihm, nächstes Jahr würde alles besser werden.

James waren die mitleidigen Blicke seiner Freunde nicht entgangen, doch als sie ihn dazu ermutigt hatten, es noch einmal zu versuchen, bei einem der Traingsstunden zuzusehen, hatten sie wohl nicht in ihrer Gleichung bedacht, dass er das nutzen würde, um sie alle mit zum Quidditchfeld zu schleifen, damit sie sich vertragen würden.

Deswegen saßen sie nun bibbernd aneinander gedrückt auf den hölzernen Rängen und blickten missmutig hinab auf das Spielfeld, auf eine Gelegenheit wartend, dass sie sich davonstehlen konnten.

Remus zitterte schon gar nicht mehr. Ihm war so kalt, dass er Finger und Zehen überhaupt nicht einmal mehr spüren konnte, obwohl er von all seinen Freunden am dicksten eingepackt war, darauf hatte James geachtet. So oft wie Remus krank wurde, wollte James nichts riskieren, dass er sich noch den Tod holte, also legte er ihm jeden Morgen einen Schal um den Hals und versicherte sich, dass er eine dicke Weste unter seinem Umhang und auch warme Wollsocken an den Füßen trug.

»Dein Herz ist mindestens so groß wie dein Ego«, hatte Remus gemurmelt, sich aber nicht mehr gegen die Fürsorge gewehrt.

»E-es ist imm- immer n-n-noch k-kalt«, wiederholte Sirius seine Worte und betrachtete missmutig seine steifen Finger, die an den Spitzen schon bläulich angelaufen waren.

Peter quiekte zustimmend und zog sich seinen Schal enger um den Hals.

James schüttelte bloß den Kopf, doch striff er sich Mütze, Handschuhe und Schal ab und reichte Sirius die Fäustlinge, Peter die rote Wollmütze und Remus den Schal.

»Mir ist eigentlich echt warm«, log er, bevor Remus auch nur protestieren konnte.

Ein besonders guter Lügner war er nicht. Das Klappern seiner Zähne hätte man noch in Hampshire hören können...

Just in diesem Moment schallte aber ein Pfiff über die Ränge hinweg. Wood beendete das Training, stieg vom Besen und verschwand als einziger in den Umkleidekabinen.

James zog die Stirn kraus und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Laut Max wäre das Training erst in frühestens vierzig Minuten zu Ende gewesen.

Besonders Wood wirkte nicht wie einer, der sich etwas zwischen ihn und sein Training stellen ließ und so stellte James überrascht fest, das auch keiner der anderen Teamkollegen dem Kapitän auf den Erdboden folgte.

Ein weiterer Pfiff schoss über das Spielfeld und Max McCoy, Gryffindors Sucher winkte ihnen zu, beide Hände in der Luft, nur ein paar Meter über dem Boden schwebend. Allein der Anblick ließ Remus' Nase ganz grün werden.

»Potter!«, schrie Max, »Worauf wartest du? Auf eine schriftliche Einladung? Schwing dich auf deinen Besen und komm her!«

Völlig überrascht sprang James auf, den Mund weit geöffnet, nicht im Stande mehr herauszubringen als ein stummes Jubeln.

Sirius war jedoch wie sooft nicht auf den Mund gefallen: »Fetzig!«

Mit dem breitesten Grinsen schnappte sich James seinen Besen, der neben ihm auf der Holzbank gelegen hatte, schwang sich hinauf und sauste an die Seite der Teamspieler. Sein Umhang flatterte aufgeregt im Wind.

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»Du wolltest doch Quidditch spielen oder haben wir da etwas falsch verstanden?«, fragte die Jägerin Katherine Bishop mit einem Augenzwinkern und James Wangen verfärbten sich weinrot. Die damit einkehrende Wärme vertrieb das Kältegefühl gänzlich.

Selbst der unerbittliche Wind, der ihm noch entgegenpeitschte, konnte nichts gegen diesen Schutzschild aus purer Freude ausrichten.

Von den Tribünen tönten Sirius' Jubelrufe zu ihm hinüber und auch Remus und Peter waren erstaunt aufgestanden und klammerten sich an die Brüstung, um sich weiter vorbeugen zu können. Peter klatschte begeistert, als James einen Looping vollführte.

Max holte James recht schnell ein, er hatte eine bemerkenswerte Art sich in der Luft zu bewegen, wie ein Pfeil oder eine Kanonenkugel. Zielgerichtet und schnell. Sein Besen war schon ein älteres Modell eines Shootingstars, doch er ließ den Flug so elegant und mühelos aussehen, als wäre er auf einem Silberpfeil oder einem Nimbus unterwegs.

»Also Potter? Mit deinen Tricks kannst du in deiner Freizeit angeben.«

James wollte protestieren, doch da redete Max schon weiter: »Jetzt bringen wir dir ein paar Spielzüge bei - was für eine Position schwebt dir denn vor?«

»Sucher«, antwortete James ohne zu zögern. Max lachte.

»Ja, das wollen viele, nicht wahr? Wieso willst du Sucher sein, Kiddo?«

James stutzte. Mit einer Fragerunde hatte er nicht gerechnet, er wollte endlich spielen, auf seinem Besen durch die Lüfte jagen, doch Max erwartete wohl eine angemessene Antwort.

»Ich-« Ratlos biss er sich auf die Lippe. Weil ich darin gut bin, wollte James schon sagen, doch allein bei der Vorstellung musste selbst er grinsend die Augen verdrehen und sich einen Angeber rügen.

»Wird jetzt endlich gespielt?«, rief Katherine ungeduldig.

Ein wissendes Lächeln, als ob er mehr wüsste, als er zugeben wollte, huschte Max über das Gesicht und er winkte James mit sich, während er wieder zu den anderen zurücksteuerte. »Na, das ist jetzt erstmal egal. Heute spielen wir sowieso nur zum Spaß. Warte kurz, ich lass den Schnatz für dich frei.«

James vertrieb die unschlüssigen Gedanken und flitzte ihm hinterher, den Besenstiel locker umgriffen, während er versuchte Max' Gelassenheit in der Luft zu imitieren. Ein paar Mal geriet er ins Wanken, doch er hielt sich gut.

Max befreite den goldenen Ball und es dauerte kaum fünf Minuten, da hatte sich James' Hand schon darum geschlossen, worauf mächtiger Beifall durch das Stadion dröhnte. Das geschah ein paar Mal, binnen weniger Minuten hielt James den Schnatz immer wieder zwischen den Fingern.

Er zog weitere Kreise durch die Luft, bevor er auf Max und Kate zuflog, die mit Bilius Weasley, dem Treiber, heftig diskutierten.

»Er wird noch wachsen, mit Sicherheit ein ganzes Stück. Hast du seine Hände und Füße gesehen? Jetzt mag er noch relativ klein sein, aber in ein paar Jahren...« Katherine zuckte unsicher mit den Schultern.
Bilius wollte gerade etwas erwidern, als Max' Blick James streifte. Er stieß seinem Freund den Ellenbogen in die Rippen und lächelte dem Jungen freundlich zu.

»Na, Potter? Wie wäre es mit etwas Abwechslung?«

Etwas außer Atem nickte James bloß.

Max machte einen Schlenker um seine Freunde, um parallel zu James' Besen zu stoppen.

»Du fliegst sehr gut, Potter. Man merkt, du hast schon oft auf einem Besen gesessen und weißt was du tust, aber deine Körperhaltung bremst dich.«

»Meine Haltung?« James blinzelte unsicher.

»Deine Knie sind zu weit gespreizt, das gibt einem zwar größeren Halt, sorgt aber für mehr Luftwiderstand.«

»Madam Hooch war mit meiner Haltung zufrieden.«

Max lachte. Er warf Bilius einen Blick über die Schulter zu. »Genauso kritikfähig wie du, Bil.« Kate stimmte ebenfalls in das Lachen mit ein, während Bilius sein Gesicht zu einer Grimasse verzog und seinem Freund die Zunge entgegenstreckte.

»Sehr erwachsen«, witzelte Max, doch die Freude wich der Ausdruckslosigkeit, als er an seinen Freunden vorbei an den Rand des Spielfeldes sah.

Der ganze Spaß war deutlich früher zu Ende als gedacht.

Die Slytherinmannschaft postierte sich an den unteren Rängen und grölte irgendwelche Beleidigungen in die Luft. An ihrer Spitze stand Mannschaftskapitän Steve Laughalot, die Lippen grässlich verzogen, was eine Art fieses Grinsen darstellen sollte. In Wirklichkeit sah es aus, als hätte er einen Klatscher zu oft gegen den Schädel bekommen.

Als sie dann James erblickten verwandelten sich die Beleidigungen in wildes Gegacker, auch sie hatten mitbekommen wie verzweifelt er darum gebettelt hatte, ins Team aufgenommen zu werden und sich ihren Spaß daraus gemacht, ihm bei jeder Gelegenheit zu demonstrieren, was sie von ihm hielten.

Der kleine Potterjunge, nicht gut genug, ein peinlicher Bengel, der allen sein nichtvorhandenes Talent weismachen wollte.

Laughalot stützte sich auf seinen Besen und blickte gehässig in die Luft. »Na, McCoy! Müsst ihr jetzt schon Schüler anlernen, weil ihr sonst keine brauchbare Mannschaft zu Stande bekommt?«

Max und die anderen ließen sich davon nicht beirren. Sie setzten auf dem rostfarbenen Rasen auf, bevor sie die kleine Lücke zwischen sich und den Slytherins überbrückten.

Maxwell war deutlich kleiner und schmächtiger als der Schlangenkapitän, dessen bulliges, langgezogenes Auftreten ihn um beinahe zwei Köpfe überragte und doch konnte James nicht sagen, wer im Augenblick bedrohlicher wirkte.

»Ihr seid eine Viertelstunde zu früh«, sagte Bilius mit verschränkten Armen, seine orangeroten Haare blitzten unter dem Helm hervor, den er im Gegensatz zu dem anderen Treiber noch immer trug - als würde er glauben, ein wenig Schutz könnte auch auf dem Erdboden nicht schaden.

»Oh verzeiht uns bitte. Wir wollten euer Training nicht stören. Fahrt nur fort.« Sarkasmus triefte nur aus Laughalots Poren. Sein Team grunzte belustigt drauf los.

James Blick schoss sofort zu dem Fünftklässler mit den blonden Haaren. Malfoy.

»Nicht nötig«, erwiderte Max kühl. »Spielt schön - wir werden ja sehen, wer den Pokal dieses Jahr mit nach Hause nimmt.«

Laughalot hob beschwichtigend die Hände. »Genau diejenigen, die ihn auch in den letzten zwei Jahren gewonnen haben, McCoy.«

James trat vor, noch ehe Max ihn aufhalten konnte. »Als hätte Slytherin auch nur irgendeine Chance gegen Gryffindor, du schleimiger Flubberwurm!«

Die Slytherins schnaubten und einige prusteten los.
Lucius Malfoy trat zwei Schritte vor, er baute sich vor James zu voller Größe auf und sah mit einem maliziösen Grinsen auf ihn hinab. »Ahja... Potter, hatten deine Kameraden hier genug Mitleid mit dir, um dich spielen zu lassen? Erbärmlich.«

»Das reicht!«, riefen Bilius und Sirius, der zusammen mit Remus und Peter die Tribünen hinuntergeeilt war, nachdem auch sie bemerkt hatten, was auf dem Spielfeld vor sich ging.

James' Lippen bebten, doch er wandte seinen finsteren Blick nicht von Malfoy, der wenig beeindruckt mit den Augen rollte.

Laughalot wandte sich zurück an Max.

»Grüß mir Wood, McCoy und schlag ihm drei Mal auf den Kopf - für ein bisschen Glück. Ihr werdets brauchen.«

Hochnäsig und unnatürlich elegant schwang er sich auf seinen Besen, gefolgt von den restlichen Schlangen.

»Ein Muggelsprichwort, Stevie?«, sagte Bilius überrascht, »Ziemlich gewagt für einen Reinblut-Wichser wie dich.«

»Besser als ein Blutsverräter zu sein, nich' Weasley? Was hat es deiner Familie gebracht, eine Schande für die Gesellschaft zu sein?«, fragte Malfoy.

Bilius war kurz davor sich auf den Slytherin zu stürzen, doch Kate hielt ihn mit aller Kraft zurück, während Max ruhig an James' Seite trat, sich dem Feind direkt gegenüber wissend.

»Auf euer Niveau lassen wir uns nicht herab.«

»Sag das deinen kleinen Kämpfern«, grinste Laughalot und stieß sich vom Boden ab. Er und die anderen sausten in höllischer Geschwindigkeit nach oben, doch Malfoy fand es amüsant, James im Vorbeifliegen, die Brille aus dem Gesicht zu treten, bevor Max ihn zur Seite ziehen konnte. James stolperte zurück, fiel hin, die Hände auf die blutende Nase gepresst.

»Ahh!«

»HEY!«, schrie Sirius wutentbrannt. »Was soll der Drachendung?! Dafür wirst du büßen, Malfoy!«

»Pass auf, gegen wen du dein Wort richtest, Black«, säuselte dieser, bevor er steil nach oben brauste.

Peter eilte zu dem am Boden liegenden James, zupfte ein altes Schnupftuch aus seiner Umhangtasche und reichte es ihm mitsamt der zerbrochenen Brille.

Dankend nahm James sie entgegen, während er mit aller Kraft versuchte die Tränen zurückzukämpfen, doch es half nichts. Der Schmerz stand ihm ins Gesicht geschrieben.

Kate beugte sich ebenfalls besorgt über ihn und runzelte die Stirn.

»Sieht gebrochen aus, Potter. Geh mal lieber zu Madam Pomfrey.«

Ungläubig sah Sirius von Kate zu Max zu Bilius und den anderen. »Wollt ihr denn nichts tun?! Wir können Sie doch nicht davonkommen lassen?« Auch er hatte sich nun neben James ins Gras gekniet. »Jagt ihnen einen Fluch auf den Hals, sonst mach ich das! Malfoy hat es nicht anders verdient!«

Das Lachen der Slytherins ertönte bis zu ihnen hinunter. Sie passten sich den Quaffel zu und schnitten alberne Grimassen. Der Nasenbrecher äffte James nach und spielte einen Ohnmachtsanfall vor. Er verlor beinahe das Gleichgewicht, fiel jedoch leider nicht vom Besen.

»Black, lass gut sein«, grummelte Bilius. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt und die Lippen hart aufeinander gepresst. »Die erleben ihr blaues Wunder schon noch - hier würden wir uns nur selbst Ärger einhandeln... Potter, alles klar bei dir?«

James versuchte seine Tränen vor den Augen aller Anwesenden zu verbergen, nickte nur und hievte sich mit Peters Hilfe wieder auf die Beine.

»Wir bringen dich in den Krankenflügel«, sagte Max, doch Remus trat zum ersten Mal vor und schüttelte den Kopf. Zwischen den Teammitgliedern wirkte er noch viel unsicherer als sonst. Er zitterte, obwohl James nicht wusste, ob das nicht vielleicht auch die Wut sein konnte, die sich in den Augen aller Anwesenden widerspiegelte.

»Wir machen das schon«, sagte er schüchtern und griff zaghaft nach James' Arm, um ihn vom Feld zu ziehen, Peter nahm die andere Seite, während Sirius noch immer ungläubig das Team von Gryffindor musterte.

»Das bisschen Nachsitzen? Davor fürchtet ihr euch?«

»Black, du verstehst nicht...«, setzte Max an, doch Sirius ließ ihn nicht ausreden.

»Ich verstehe wahrscheinlich sehr viel besser als ihr! Ihr seid einfach nur feige.«

Er machte auf dem Absatz kehrt und eilte seinen Freunden hinterher.

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Am nächsten Samstag war es endlich soweit. Das erste Quidditchspiel der Saison: Gryffindor gegen Hufflepuff und James - Dank Madam Pomfrey war seine Nase wieder heile - war natürlich schon längst auf den Beinen, während die anderen drei Jungen in ihrem Schlafsaal noch schnarchend in ihren Betten lagen.

Die ganzen letzten Tage schon war James rastlos gewesen, so auch heute. Nachdem er sich pünktlich um sechs Uhr aus dem Bett geschält hatte, war er schon automatisch, wie in Trance vor den Spiegel im Bad getreten, seine Erscheinung musternd.

James war nicht neu, dass er ein durchaus größeres Ego mit sich trug, als der durchschnittliche Zauberer, doch eitel war er nie gewesen.

Spiegel waren dazu da, um zu sehen, ob man etwas Grünes zwischen den Zähnen hatte, nachdem die Mutter einen gezwungen hatte, das elende Gemüse zu essen. Sie dienten nicht dazu, sich zu bewundern.

James hatte früh gesehen, was Eitelkeit aus einem Menschen machen konnte.
Cynthia McKinnon. Marlenes Mutter, war das beste abschreckende Beispiel.

Doch seit Donnerstag konnte James nicht anders. Jede Gelegenheit, die sich ihm bot, nutzte er, um einen Blick auf seine Nase zu werfen.

Nun, Mr. Potter. Wie ist das passiert?, hatte Madam Pomfrey gefragt.

Ein... äh- Klatscher, ich- , weil ich durfte mit den Gryffindors trainieren, hatte James geantwortet.

Die Heilerin war nicht dumm. Sie hatte ihm kein Wort geglaubt, seine Nase gerichtet und ihn fortgeschickt.

Und alles hätte perfekt sein können, bis...

Was ist mit deinem Gesicht passiert?

Seinen Freunden - und auch anfangs ihm selbst  - war nicht aufgefallen, dass Madam Pomfrey in ihrer Wut darüber, dass James nicht hatte sagen wollen, wie der Nasenbruch zustande gekommen war, nicht ganz so sauber gearbeitet hatte, wie man es von der Heilerin erwarten würde.

Deine Nase... sie ist jetzt schief - das war sie gestern noch nicht. Aber Lily Evans war es aufgefallen.

Voller Panik hatte er sein Gesicht betastet, versucht die ausgeglichene Miene aufrecht zu erhalten.

Er war kläglich gescheitert.

Es stimmt. Sie ist leicht schief - ich wette das hat Madam Pomfrey mit Absicht gemacht, weil sie sauer war. Sirius hatte gelacht und ihm auf die Schulter geklopft. Keine Sorge, das verleiht dir Charakter.

Charakter - super; James schnaubte und starrte sein eigenes Spiegelbild nieder.

Seinen Stolz beiseite zu schieben und Madam Pomfrey zu bitten, die Nase wieder zu richten, kam für James nicht infrage. Niemand sollte sehen, dass es ihn nicht so kalt ließ, wie er vorzugaukeln versuchte.

Erst recht nicht Lily Evans.

James trat noch immer mit der Hand an der Nase aus dem Bad und betrachtete lächelnd seine Freunde.

Sie sahen friedlich aus - Zeit, das zu ändern.

Peter hatte sich im Schlaf beinahe so quer auf seiner Matratze bewegt, dass sowohl Kopf als auch sein halber Oberkörper bedrohlich weit über die Kante hinausragten.

Remus war in sage und schreibe drei Decken gehüllt und gab Schnarchgeräusche von sich, die einem Bergtroll große Konkurrenz gemacht hätten.

Hingegen Sirius schlummerte ruhig und beinahe engelsgleich in seinen Kissen, als könnte er kein Wässerchen trüben... James wusste es besser und so sprang er mit einem Satz auf die Matratze seines besten Freundes und brüllte lauthals durch den Schlafsaal: »AUFSTEHEN!« Hüpfte auf und ab. »Steht auf! HEUTE IST DAS SPIEL!«

Ein Kissen traf ihn mitten im Gesicht.

»Halt die Klappe, James«, nuschelte Remus verschlafen in seine Decken.

»AUFSTEHEN!«

Sirius zappelte sich frei und sah aus von Schlaf beschwerten Augen zu ihm auf. »Tais-toi, gros nul«, blaffte er ihm entgegen.

Das ließ James innehalten.

Peter hob ebenfalls erstaunt den Kopf und fragte: »Du sprichst Schwedisch?«

»Das ist Spanisch, du Idiot«, lachte James und ein weiteres Kissen traf ihn am Kopf.

»Versucht's mal mit Französisch«, grummelte Remus.

»Du kannst Französisch?«

Sirius rollte mit den Augen und gähnte laut. »Wenn ich so unverschämt aus meinen Träumen gerissen werde. Ich war gerade dabei, die Weltmeisterschaft im Drachenreiten zu gewinnen...«

So genervt sie auch waren, James' Mission war ihm geglückt, wach waren nun alle. Er sprang von Sirius' Bett und begann, den anderen Kleidung aus ihren Schränken zu suchen. Er selbst hatte sich schon längst umgezogen, glänzte in Rot und Gold wie eine Reklametafel aus Muggellondon für Gryffindor.

Für Remus legte er einen extra dicken Pulli aufs Bett und dazu noch einen seiner eigenen Schals, die Großmutter Potter früher gerne gestrickt hatte, damit die Frostbeule sich nicht schon wieder eine Erkältung einfangen würde - und am Ende über die Weihnachtsfeiertage krank im Bett lag.

»Zieht die Wollsocken an, die ich euch hingelegt habe. Die Sonne scheint, aber oben auf den Tribünen wird es windig sein.«

Stöhnend und nun endlich kapitulierend, hievten sich die Jungen aus ihren Betten.

Als sie fertig angezogen waren, konnte James schon gar nicht mehr still sitzen. Freudig sprang er Peter entgegen, der als letztes aus dem Bad kam. »Los jetzt! Bald ist der Anpfiff - wir wollen nicht zu spät sein und keine guten Plätze mehr bekommen.«

Und er scheuchte sie aus dem Schlafsaal.

»Sag mal, James?«, fragte Peter als sie gerade über die Ländereien hinunter zum Quidditchfeld liefen, jeder ein Sandwich aus der großen Halle in der Hand, und ihm und den anderen auffiel, dass außer den Vieren noch keine weitere Menschenseele unterwegs war. »Wann genau ist der Anpfiff?«

James zuckte mit den Schultern. »Um elf.«

Abrupt stoppte Remus, woraufhin Peter, der hinter ihm hergetrottet war, direkt in ihn hineinlief und sein Sandwich fallen ließ. »Das ist erst in drei Stunden.«

»Stunden?!«, echoten Sirius und Peter.

»Ich will wieder ins Bett! Und ein neues Sandwich.«

»Stunden... Potter, das ist nicht dein Ernst!«

»Jetzt habt euch nicht so, wir dürfen nicht riskieren, dass die besten Plätze schon weg sind. Das ist Gryffindors erstes Spiel dieses Jahr, das dürfen wir nicht verpassen!« James straffte die Schultern.

Natürlich waren die Plätze noch nicht belegt. Genauer gesagt, war absolut keine Menschenseele auf die Idee gekommen, mehrere Stunden vor Anpfiff auf dem Feld aufzutauchen. - nun, niemand außer James Potter und seinen Freunden.

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Im Nachhinein wünschte James sich wohl, er wäre im Bett geblieben und hätte das Spiel verschlafen.

Das nannte sich eben Karma, wie Remus hinter vorgehaltener Hand Peter zuflüsterte.

Absolut beschämt saß James in der vordersten Reihe, die Ellenbogen auf die Beine gestützt und das Gesicht in den Händen vergraben. Um ihn herum tobte alles. Wilde Anfeuerungsrufe schallten über das Spielfeld, doch was sie dort bejubelten, war das reinste Trauerspiel.

»Gegen Hufflepuff!«, klagte James erneut.

Gryffindor lag 90 Punkte zurück und eine Besserung schien nicht in Sicht.

Während Max McCoy, der Gryffindor-Sucher, über dem Spielfeld seine Kreise zog und wie wild nach dem Schnatz Ausschau hielt, versiebten die Gryffindorjäger ihren nächsten Wurf.

Ein tiefes Stöhnen vibrierte aus der Zuschauermasse, die in Rot und Gold gekleidet war und James schüttelte bloß den Kopf. Die Hufflepuffs - und Slytherins und auch ein paar Ravenclaws - jubelten.

»Was machen die nur...«, seufzte Remus. »Statistisch gesehen hätten sie mittlerweile mindestens einmal treffen müssen... und wenn auch nur durch Zufall.«

»Statklistisch?« Sirius hob verwirrt eine Augenbraue.

»Statistisch, das ist Mathematik... also ich meine -«

»Ich weiß natürlich, was das bedeutet«, protestierte der Black erhitzt.

Peters Wangen verfärbten sich rot, als er sich das Lachen verkniff und murmelte: »Deswegen hast du es 'statklistisch' ausgesprochen...«

Remus feixte, Sirius fand das jedoch überhaupt nicht lustig und wandte sich an James, der ihm als Unterstützung dienen sollte, jedoch war dieser viel zu beschäftigt, sich die Haare zu raufen, während Kate Bishop, Jägerin von Gryffindor, einen weiteren Angriff startete, der vom Hüter des gegnerischen Teams ganz einfach geblockt wurde.

»Der linke Ring war vollkommen ungeschützt!«, schrie er den Tränen nahe.

»Tja, Gryffindor - das war wohl nichts!« Die nervigste Stimme des Jahrhunderts schallte über das gesamte Quidditchfeld.

Corbin West gab den Stadionsprecher und kommentierte eben jene Scharade, die auf dem Feld vor sich ging. Als wirkliches 'Quidditchspiel' wollte James es schon gar nicht mehr betiteln.

West hatte sich in den letzten Jahren den Ruf eines äußerst fairen Moderators aufgebaut, der unter McGonagalls Führung wirklich toll die Spiele kommentierte, während heute nichts davon zu sehen war und jede Silbe, die er von sich gab, in James den Wunsch reizte, ihm ein blaues Auge zu verpassen.

Hufflepuff hatte in der letzten Saison den letzten Platz für den Quidditchpokal belegt, weswegen Corbin nun scheinbar seinen persönlichen Rachefeldzug gegen die anderen Mannschaften führte.

Angefangen hatte das schon bei einigen Trainingsspielen, zu denen er unangekündigt erschienen war und nun ging es bei den offiziellen Spielen weiter - Normalerweise hätte McGonagall ihn auch im Griff gehabt, heute war sie aus unerklärlichen Gründen nicht in der Lehrerloge anzutreffen.

An ihrer Stelle war Professor Beery, doch der hatte nur den Tagespropheten offen aufgeschlagen auf dem Schoß, saß zurückgelehnt und mit geschlossenen Augen auf seinem Sitz und schnarchte, während Corbin sagen konnte, was er wollte, ohne ein Blatt vor den Mund nehmen zu müssen.

Der Hufflepuff war wie die meisten seiner Hausgenossen der Meinung, ihrem Quidditchteam wäre in der letzten Saison bloß übel mitgespielt worden, dass die anderen es auf sie abgesehen hatten, weil sie sie für ein leichtes Ziel gehalten hätten - dass die Aufstellung der letzten Jahre einfach 'miserabel' gewesen war - das hatten ihnen Max und Bilius beim gestrigen Abendessen in der großen Halle verraten -, wollten die Dachse nicht einsehen.

»Kate Bishop versagt. Erneut. Kein Wunder bei dieser Spielaufstellung von Gryffindors Kapitän Maverick Wood. Aber vielleicht liegt es auch bloß an Hufflepuffs fabelhaftem Hüter Torrington. Er hält den Quaffel mühelos und gibt ab an Kapitän Edgar Bones, grandioser Spieler. Spielt weiter an McAllister, der haut mächtig rein, passt zurück zu Bones wieder zu McAllister. Ein wunderschönes Passspiel, fehlt noch Jäger Nummer Drei. Da ist sie auch schon, Eliana McKinnon - tolle Quidditchspielerin und dazu noch auffallend hübsch. Kurze Erinnerung, es steht weiterhin 90 zu Null für Hufflepuff! Fresst das Löwen!«

»Halt doch dein großes Maul, du blaireau!«, brüllte Sirius über das ganze Spielfeld.

Überrascht sah James zu seinem Freund. Sirius zuckte bloß grinsend mit den Schultern. »Ich kann Dummschwätzer nicht leiden.«

»TOOOR! TOR FÜR HUFFLEPUFF!«

Jubel brach bei den gelb-schwarz gekleideten Schülern aus und James und Sirius fokussierten sofort wieder das Spielfeld, wo Edgar Bones gerade die Hände in die Luft riss und sich feiern ließ.

»Eine Glanzleistung von Edgar Bones, von solch raffinierten Spielzügen kann Gryffindor noch etwas lernen.«

Remus seufzte. »Wenn McCoy nicht bald diesen Schnatz fängt, haben wir ein Problem. Der Flügelball nutzt uns nichts mehr, wenn die Dachse 160 Punkte haben und wir immer noch mit Nichts dastehen.«

Sirius betrachtete kritisch das Feld. »Sei nicht so ein Schwarzseher, Lupin.«

»Sagt der, mit dem Namen 'Black'.«

»Ich versuche wenigstens, dem Ganzen hier etwas Positives abzugewinnen... so schwer es auch ist.« Sirius hatte selbst eine gewisse Begeisterung für den beliebten Zauberersport, wenn sie auch nicht so weit ging wie James' Obsession, die diesen in die schiere Verzweiflung trieb.

»Wenn Gryffindor nur mal ein paar Tore werfen würde, wären wir nicht in dieser Lage!« Aufgebracht schlug er auf die Brüstung. »Und Wood könnte mal ein paar mehr Tore halten und seine Arbeit erledigen...«

»Er wirkt, als wäre er nicht bei der Sache... sie alle«, murmelte Peter besorgt. »Hat Wood heute früh nicht diese Absage der Wigtown Wanderers bekommen? Bilius Weasley hat versucht ihn aufzumuntern...«

»Stimmt«, sagte Remus, »Es sieht aus, als hätte er die ganze Strategie aus dem Training über Bord geworfen.«

Und wenn das nicht die größte Blamage seiner Quidditchkarriere verursachte...

James sprang auf. »Was machen sie denn jetzt?!« Die Jungen lehnten sich weiter vor, als Kate, Caspian Grigg und Thomas Wright, die drei Jäger von Gryffindor, mitten in der Luft stehen blieben und wild gestikulierend miteinander zu streiten begannen.

»Sie scheinen sich lieber anzuschnauzen statt Tore zu erzielen«, sagte Sirius in eben jenem Moment als Corbin West genau das Gleiche von sich gab und seine Worte über das gesamte Feld hallten. Sirius verzog angeekelt das Gesicht.

»Jetzt ist doch nicht die Zeit dafür!« James war außer sich. »Was soll denn das?!«

Hüter und Kapitän der Gryffindors, Wood, hatte keine Zeit, sich mit den Problemen auf dem Feld zu befassen, da er sich erneut mit den Angriffen seiner Gegner konfrontiert sah und seine drei Ringe verteidigen musste. Die Treiber schickten Klatscher in die Richtung der Dachse, doch Edgar Bones manövrierte sich galant durch den Beschuss und zielte auf den dritten Ring. An Woods Stelle nahm Max McCoy sich seine Teamkameraden vor. Mit Höchstgeschwindigkeit brauste der Sucher in die Tiefe, das Gesicht so rot wie sein Umhang.

»Wo ist Wood?«, fragte Peter.

James stöhnte. »Der lässt gerade einen weiteren Wurf durch.«

»0 zu 110 Punkten für Hufflepuff - die Löwen kommen heute scheinbar nicht so richtig in Fahrt, was Wood?« Corbin Wests giftiger Unterton triefte nur so von Schadenfreude. »Vor allem aber frage ich mich, was die Jäger von Gryffindor so dringend besprechen müssen? Wie man noch schneller verliert?«

Wood hielt die nächsten zwei Torversuche, während Max es in sekundenschnelle geschafft hatte, seine Freunde auseinanderzutreiben, ehe er zurück nach oben geschossen war.

Dann sah James ihn. Ganz dort unten, umkreiste der goldene Punkt einen der Ringe der Gryffindors.

Max sah ihn als nächster und ließ sich direkt wieder fallen. Er stürzte so rasant in die Tiefe, dass Corbin West ihn beinahe verpasst hätte.

»Was macht McCoy, denn da?«

»Da unten ist der Schnatz«, keuchte James und deutete mit seinem Finger auf den goldenen Fleck, den die anderen Jungen ohne seine Hilfe nie und nimmer gesehen hätten.

»Woah, fetzig!«

Corbin wurde unruhig. »Der Sucher von Hufflepuff nimmt die Verfolgung von Gryffindors Sucher auf, der sich aufgrund des Dramas auf dem Platz einen unfairen Vorteil verschaffen konnte.«

James hüpfte auf seinen Sitz und beugte sich noch weiter über die Brüstung, so dass es aussah, als könnte ihn der nächste Windhauch aufs Spielfeld werfen.

Hufflepuff und Gryffindor lieferten sich ein Rennen, doch für jedes geübte Auge war klar, dass Max eindeutig der bessere Flieger war. Er zog die Beine eng an den Besen, machte sich klein und streckte die Hand weit nach vorne...

»Er hat ihn!« James jubelte, bevor die anderen überhaupt begriffen hatten, was gerade passiert war.

»Er hat den Schnatz!«

»Was?!«

»Max hat ihn!«

Corbin West ließ vor Wut einen Schrei loß, der jedoch durch das Gejubel der rot-goldenen Zuschauerwelle übertönt wurde. »Madam Hooch, das ging nicht mit rechten Dingen zu!«, fauchte West in sein Mikrofon, doch die Schiedsrichterin pfiff das Spiel ab. Die Kapitäne gaben sich die Hand, während der Kommentator weiter wüste Beschimpfungen losließ.

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James, Sirius, Remus und Peter stiegen die Tribüne herab, noch immer jubelnd und fröhlich über den unverhofften Sieg in »letzter Sekunde«, wie James ihn betitelte. »110 zu 150; noch fünf Tore und Max hätte nichts mehr ausrichten können. Das hätten wir nie aufgeholt... wirklich, was war heute nur mit allen los?«

Sie diskutierten weiter, während sie sich mit der Menschenmasse mitbewegten. Kurz erhaschten sie einen Blick auf die Mädchen, doch sogleich waren sie auch wieder in der Menge aus Rot und Gold verschwunden.

»Ah, Mr. Potter, gut, dass ich Sie noch erwische.« Unten angekommen wartete Professor Slughorn, der gerade noch eine Hand auf Severus Snapes Schulter gelegt hatte und diesem zuzwinkerte, bevor sich der Slytherin mit einem hasserfüllten Blick auf James und seine Freunde aus dem Staub machte.

»Hallo, Professor«, nuschelte James. Er war sich unsicher, wieso sein Professor in Zaubertränke das Gespräch mit ihm suchte. Ob er herausgefunden hatte, dass Sirius und er in der letzten Stunde absichtlich die Rattenmilz "vergessen" hatten, um herauszufinden, was passieren würde? Dass das Ganze in einer Explosion enden würde, hatte ja keiner ahnen können, das Feuerwerk sah sogar ganz hübsch aus... für den Moment, der Gestank danach war weniger schön.

»Wie geht es Ihrem Vater? Braut er noch fleißig Zaubertränke? Ihm gehört Potters Potions nach wie vor, nehme ich an? Ein großartiger Erfinder, Ihr Vater.«

Ahh, dachte James. Das schon wieder.

Wie oft sollte er Slughorn noch freundlich absagen?

Er wollte nicht in seinen dämlichen Club. Schon Fleamont Potter hatte James vor Slughorn gewarnt und ihm eingebläut, nicht zu viel zu verraten. Er traute der alten Wellhornschnecke nicht über den Weg, also tat James das auch nicht.

Und außerdem... könnte er Sirius nicht antun.

Denn auch, wenn der Black stehts behauptete, ihm wäre das alles egal. Das war es nicht.

Etwas unbeholfen trat James erstmal einen Schritt zurück, ehe ihm aufging, dass das eventuell als unhöflich gedeutet werden könnte und ging wieder auf seinen Professor zu. »Oh. Ja, Professor. Gut, gut... ihm geht's gut - er versucht ständig seine Tränke zu perfektionieren und etwas Neues zu erfinden, s' macht Mum wahnsinnig, wenn er ständig braut. Letzten Sommer hat es zwei ganze Monate nach faulen Eiern gestunken, wir haben den Gestank nicht wegbekommen...«

Mit Scherzen und heiteren Geschichten vom Thema ablenken, war eine seiner Spezialitäten. Bei dem Lehrer für Zaubertränke schien es bloß nie zu funktionieren.

Der Professor gab ein Geräusch von sich, das man wohl als Lachen identifizieren konnte, doch sicher waren sich die Jungen dessen nicht und in dem ganzen Tumult, der noch immer herabsteigenden Schüler war es auch nicht so einfach, auszumachen.

Schwerere Geschütze, dachte James.

»Dad denkt aber schon seit Jahren darüber nach, alles zu verkaufen und von dem Gewinn nur noch seiner Arbeit im Ministerium nachzugehen. Er tritt für Muggelrechte ein, wie sie wissen.«

»Oho. Oho! Das ist nicht wahr!«

»Ähm, doch, Professor... Mum glaubt zwar nicht dran, sie hält ihm vor, er würde sie damit nur hinhalten und nie wirklich in den Ruhestand gehen, aber das ist der große Plan.«

»Aha. Nun.« Professor Slughorn war ganz grün geworden, als James angedeutet hatte, sein Vater würde Potters Potions verkaufen. Er versuchte, seine Fassung zu wahren, was ihm jedoch auf ganzer Linie misslang. »Natürlich außerordentlich nobel, der Dienst für die Muggel. Verstehen Sie mich nicht falsch, außerordentlich nobel. Ein wahrhaft ehrenwerter Dienst, doch ein solch erfinderisches Talent würde Ihr Vater sicherlich nicht einfach an so eine Sache verschwenden. Ehrenwerte Sache, ganz zweifellos. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin ein Muggelfreund, durch und durch... die Zaubertrankkünste Ihres Vaters sind eine Seltenheit und Sie können nur hoffen, sie geerbt zu haben.«

»Ich gebe mein Bestes, Sir.«

»Freilich, freilich... nun, weswegen ich Sie sprechen wollte, so ist es Tradition, dass ich jährlich ein Weihnachtsfest für... die begabtesten und - nunja - interessantesten Schüler gebe. Es ist eine Möglichkeit, eine Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen. Einige meiner ehemaligen Schüler, wichtige, wichtige Personen werden dem Treffen ebenfalls beiwohnen und ich hatte mich gefragt, ob ich Sie nicht dazu begeistern könnte, uns ebenfalls einen Besuch abzustatten. Erstklässlern wird selten diese Ehre zuteil, Mr. Potter.«

James sagte nichts.

Seine Gedanken rasten und fieberhaft versuchte er sich eine höfliche Ausrede einfallen zu lassen, doch die Worte kamen nicht schnell genug und Slughorn sah ihn bloß abwartend an.

»Ja, also... Danke für die Einladung, Professor. Ich- ich fühle mich geehrt und so«, James räusperte sich.

Sein Lehrer nickte vergnügt, als hätte er damit schon gerechnet.

»Nun, Mr. Potter. Sie müssen mir selbstredend nicht sofort antworten. Sie sind ein vielbeschäftigter junger Mann. Überlegen Sie es sich.«

Mit einer Hand strich er sich über den runden Bauch, nickte einigen Schülern im Vorbeigehen zu, war auf ganzer Linie entspannt.

Seine nächsten Worte sollten James den Grund für die absolute Ruhe verraten. Der Professor hatte noch ein Ass im Ärmel. »Also, ich muss weiter. Mein guter Freund, Hamish MacFarlan hat heute seine Zusage geschickt, daher muss ich noch etwas von dem Schinken bestellen, den er so gerne isst. Sie kennen ihn doch, nicht? Wie ich hörte, haben Sie ein gewisses Interesse an unserem beliebten Zaubersport.«

James klappte der Mund auf.

»Hamish MacFarlan?! Wirklich? Wow. Hamish MacFarlan? Von den Montrose Magpies? Meinen Sie das Ernst?!«

Slughorn lachte. »Sie sagen es. Lassen Sie mir ihre Antwort per Eule zukommen. Das Fest findet am 10. Dezember statt, ich konnte nicht riskieren, dass meine Gäste über Weihnachten in die Ferien fahren.«

Er wollte schon davonwatscheln, da rief James aus: »Ich komme!«

Ein zufriedener Ausdruck breitete sich auf dem Gesicht des Professor aus. »Vortrefflich, mein Lieber. Festumhänge sind gern gesehen.«

Und er verschwand zwischen den Schülern, die zurück zum Schloss stapften, ließ James und seine Freunde allein zurück.

»Was ist da eben passiert?«, fragte er.

»Du, ein "besonderer" Schüler hast dich gerade kaufen lassen, während wir langweiligen Nichtskönner dabei zusehen durften«, maulte Sirius eingeschnappt.

...kaufen lassen...

Es ging eben um eine Chance mit Hamish MacFarlan zu sprechen, das gab es nicht jeden Tag. Vielleicht sogar nur einmal im Leben.

Sirius wollte es Slughorn ähnlich tun und einfach davonbrausen, doch James hielt ihn auf.

»Mit mir hat das alles überhaupt nichts zu tun. Du hast ihn gehört. Es geht bloß um meinen Dad.«

»Eingeladen bist du aber, also worüber willst du dich beschweren?«

Darauf wusste James keine Antwort. Er wollte sich nicht beschweren, er wollte nur, dass Sirius verstand...

Er hatte sich nicht kaufen lassen. Oder?

Immerhin würde auch Severus Snape an dem Abend dort sein und es interessierte sie ja alle, wie der es geschafft hatte, von Slughorn eingeladen zu werden. Wenn man es so betrachtete, könnte man auch sagen, James opferte sich für seine Freunde. Er hatte keine Lust auf dieses alberne Essen.

Aber Hamish MacFarlan....

»Na lasst uns gehen. Ich habe jedenfalls Schlaf nachzuholen, nachdem ich heute früh von irgendjemandem aus dem Bett gescheucht wurde«, sagte Remus erschöpft, grinste James aber zu.

So schnell sollten sie jedoch nicht flüchten dürfen.

»Mr. West, ich bitte Sie! Machen Sie sich nicht lächerlich.« Madam Hooch stapfte missmutig zu ihnen hinauf, dicht gefolgt von keinem anderen als Corbin West.

Die beiden schienen schon eine ganze Weile zu diskutieren und Madam Hooch war kurz vor einer Explosion, das hielt James und Sirius jedoch nicht davon ab, den ein oder anderen Kommentar etwas zu laut zu denken...

»Typisch Hufflepuff, Sport liegt ihnen einfach nicht.« Sirius zuckte mit den Schultern.

James stimmte ihm zu. »Wobei es vermutlich einfach an ihrem Kommentator lag, er hat sie sich zu sicher fühlen lassen...«

Corbin West, dessen Aufmerksamkeit nur darauf lag, Madam Hooch zu überzeugen, den Gryffindors ihren Sieg abzusprechen, blieb abrupt stehen und fixierte die zwei Erstklässler mit seinem Todesblick.

»Mr. Potter, Mr. Black. Machen Sie die Situation nicht noch schwieriger als sie ist«, warnte Madam Hooch, aber was wusste die alte Fluglehrerin schon. Das begann gerade wirklich Spaß zu machen.

»Tja, West. Wenn du nur ordentlich kommentiert hättest, so wie McGonagall, Hauslehrerin von Gryffindor, es dir gestattet hätte, dann hätte euer Haus bestimmt nicht verloren...«

»Ihr kleinen...«

»Muss er jetzt weinen, James?«, fragte Sirius.

»Bestimmt. Jetzt wo er weiß, dass das alles bloß sein eigener Fehler war. Wobei... Gryffindor ist eben besser als Hufflepuff.«

»Ich zeig euch gleich, wie viel besser ihr seid!« Er zückte seinen Zauberstab und Sirius und James taten es ihm gleich, da war Madam Hooch aber schon zwischen sie getreten und hatte ihnen allen dreien den Zauberstab abgenommen.

»Mr. West! Es reicht! Mr. Potter, Mr. Black! Nachsitzen! Ich habe keine Zeit für Ihr frühpubertäres Gezanke! Seien Sie froh, dass ich Ihre Zauberstäbe nicht hier auf der Stelle zerbreche!«

James riss die Augen auf. »Professor! Das war doch bloß...«

»Es interessiert mich nicht, Potter! Sie drei werden abwechselnd wöchentlich die Besen und den Besenschuppen auf Vordermann bringen. Bis zum Ende des Schuljahres und jetzt ab mit Ihnen! Holen Sie sich ihre Stäbe heute Nachmittag bei Ihren Hauslehrern zurück!«

Mit wehendem Umhang stolzierte sie davon. Ließ die Jungen verdattert zurück.

»Das war doch bloß Spaß...«, sagte Peter.

»Spaß ist Spaß bis aus Spaß Ernst wird.«

»Lupin, verschon' uns mit deinen Weisheiten«, ärgerte sich Sirius und stapfte los, die anderen folgten.

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022. Falsches Spiel

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