Kinsky

Berlin, 2085

Ein blasses Gesicht blickte Elias entgegen. Eisgraue Augen starrten in seine. Müde, und doch entschlossen. Aber hauptsächlich müde.

,,Security!" Der Schrei kam nicht von seinem verzweifelt dreinblickenden Spiegelbild auf der Fensterfront. Stattdessen war es der Anzugträger davor, der sich mit Schweißperlen auf der Stirn an den Rand seines Schreibtisches klammerte. ,,Beeilt euch, verdammt!" Das Mikrofon des Funkgeräts knackte.

,,Sie sind nicht schnell genug", murmelte Elias. ,,Ich kann in einer Sekunde abdrücken."
Theodor Kinsky, Sohn von Adam Kinsky und Konsul über die Neudeutsche Nation, wand sich unter diesen Worten wie eine Hausratte in den Krallen einer herumstreunenden Katze.

,,Es gibt keinen Ausweg", erklärte er dennoch mit einem selbstsicheren Lächeln. Es sah erzwungen aus. ,,Du begehst Selbstmord."

,,Postaggressionellen Suizid", verbesserte Elias. Sein Griff festigte sich und erhöhte den Druck auf den Auslöser. Das Zittern seiner Hand versuchte er zu ignorieren.
Es klickte leise. Beim nächsten Klicken würde die Kugel aus dem Lauf schießen.
Der junge Mann schloss die Augen, die vor Anstrengung und Schlafmangel brannten.

Drei...

...Zwei...

Pause.

Kinsky atmete auf. Der selbstbewusste Ausdruck war auf sein Gesicht zurückgekehrt. ,,Na bitte. Ich wusste, dass du nicht-"
Schuss. Sein Körper sackte zu Boden.

Mit stockendem Atem ließ Elias die Pistole sinken. Wie angewurzelt stand er da, als wäre er nichts weiter als Zeuge eines grausamen Verbrechens geworden. Und sah, wie die Rücklichter des Zuges langsam in der Ferne verschwanden, dessen Weichen er soeben gestellt hatte.

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