Kapitel 4. Versagen und wieder aufstehen
- ν є я g α η g є η н є ι т -
- ~ 𝟹 𝙱𝚕𝚊𝚝𝚝𝚠𝚎𝚌𝚑𝚜𝚎𝚕 𝚞𝚗𝚍 𝚎𝚕𝚏 𝙼𝚘𝚗𝚍𝚎 𝚣𝚞𝚟𝚘𝚛 ~ -
"Was machst du denn für ein Gesicht?"
Die fremde, verwunderte Stimme ließ Weißpfote aufhorchen. Soeben noch hatte sie unter einem Busch gehockt und hatte sich vollends ihren frustrierten Gedanken gewidmet, nicht ohne Grund hatte sie sich so verkrochen. Doch dieser schwarze Kater, der da angetappt kam, hatte sie trotzdem entdeckt. Weißpfote sah genauer hin. Der Kater trug etwas im Maul, es war grünlich und roch intensiv nach Pflanze.
Sie rümpfte die Schnauze.
"Was hast du denn da?", fragte sie, ohne auf seine Bemerkung einzugehen.
Die grünen Augen des Katers funkelten, als er die Pflanze ausspuckte.
"Das ist Huflattich", miaute er. "Wir verwenden die Blätter, um Husten, Wunden und Magenbeschwerden zu behandeln. Das wirst du aber mit der Zeit sicherlich auch noch lernen, Huflattich gehört zu dem Grundlagenheilerwissen, das alle Schüler vermittelt bekommen."
Weißpfote kniff die Augen zusammen.
"Du bist ein Heilerschüler, oder?"
"Ja. Und du bist Weißpfote, richtig?"
Überrascht stellte sie die Ohren auf.
"Woher weißt du das?"
Der Kater schnurrte und setzte sich vor die erstaunte, noch immer im Gebüsch hockende Weißpfote. Die Zweige stachen ihr ins Fell, seit sie sich etwas aufgerichtet hatte, doch sie war zu sehr auf den schwarzen Kater konzentriert, um sich darum zu scheren.
"Als Heilerschüler kriegt man ein bisschen was mit, wenn im Heilerbau geplaudert wird. Außerdem bin ich nur ein bisschen nach dir zum Schüler ernannt worden, du kannst dich aber wahrscheinlich nicht mehr an mich erinnern."
Sie zog nachdenklich die Nase kraus.
"Nein, nicht wirklich."
Vage konnte sie sich daran erinnern, dass sie und ihre Wurfgefährtinnen nicht immer allein in der Kinderstube gewesen waren, doch dass dieser Kater dazugehört hatte, wusste sie nicht. Was aber natürlich Sinn machte. Schließlich sah er nicht viel älter als Weißpfote aus. Doch Weißpfote achtete meist nicht auf die anderen Clankatzen, sie war zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
"Und wer bist du?", fragte sie ihn deshalb, obwohl ihr ihr Unwissen etwas unangenehm war. Sie sollte wohl langsam mal anfangen, alle Mitglieder ihres Clans kennenzulernen. Wie sah das denn aus, wenn sie die Hälfte der Katzen nicht kannte?
Weißpfote wusste, dass ihre Wurfgefährtinnen mehr mit den anderen Katzen unternahmen, sowohl mit den Schülern als auch den Kriegern. Doch Weißpfote lehnte ihre Einladungen zu irgendwelchen Treffen immer ab, da sie solche Momente als Gelegenheit sah, zu trainieren, während ihre Schwestern sich nicht um ihre Ausbildung kümmerten. Dabei war sie am motiviertesten, der Gedanke von Fortschritt trieb sie immer weiter.
"Rabenpfote. Freut mich, dich auch mal kennengelernt zu haben. Beerenfuß erzählt immer viel Gutes von dir, wenn sie sich etwas Wacholder oder Schwarzen Holunder von uns holt", bemerkte er.
Doch die schmeichelnden Worte verfehlten ihre Wirkung. Statt erfreut zu sein, blickte Weißpfote nur unglücklich zur Seite und wünschte sich, sie könnte in einem sich unter ihr auftuenden Kaninchenbau verschwinden.
"Wohl kaum", murmelte sie bitter.
Rabenpfote legte den Kopf schief.
"Was meinst du? Glaubst du, dass ich lügen würde?"
Sie wand sich.
"Das nun nicht, doch ich bin wirklich nicht gut. Um ehrlich zu sein, bin ich eine totale Versagerin als Schülerin", gestand sie ihm betrübt.
Rabenpfote saß abwartend da.
Sie seufzte.
"Es ist nur ... Heute hatte ich das erste Mal richtig Jagdunterricht. Nicht nur die Form oder das Anschleichen, sondern alles zusammen. Mit dem Ziel, ein richtiges Tier zu fangen, nicht nur auf ein herabfallendes Blatt zu springen oder so. Und ich habe schon auf diesen Moment gewartet, ehe ich überhaupt Schülerin geworden bin."
Sie biss die Zähne zusammen.
"Aber ich habe total versagt. Die Maus ist mir einfach entwischt, ich war viel zu langsam. Richtig träge. Und außerdem war ich kurz wie gelähmt, weil ich einfach nicht wusste, was ich nun tun sollte. Ich war total überfordert mit der Situation. Statt der Maus also hinterherzuspringen, hockte ich einfach nur da wie ein am Boden festgefrorenes Küken."
Sie schloss die Augen und musste sich dazu durchringen, sich wieder etwas zu beruhigen.
"Danach bin ich einfach weggerannt. Und habe mich hier versteckt. Ich meine, wie soll ich denn Beerenfuß wieder unter die Augen treten? Einen Mond lang bin ich nun schon ihre Schülerin und was kann ich? Doof dreinschauen, wenn eine Maus vor mir quicklebendig umhertänzelt."
Ihre Stimme versagte kläglich. So wütend und verächtlich ihre Worte auch klangen, war sie eigentlich eher unfassbar traurig. Sie hatte sich selbst schon wieder enttäuscht. Es schon wieder verpatzt, sich zu beweisen. Es war genau dasselbe wie damals, als sie beim Rennen gegen Nachtpfote wegen diesem dummen Stolpern verloren hatte.
"Als ich das erste Mal Kräuter sortieren sollte, bin ich mit einem Maul voll Ringelblumen gegen einen Baum gerannt."
Verblüfft blickte Weißpfote auf. Rabenpfote hatte es sich mittlerweile gemütlich gemacht und leckte beiläufig seine Vorderpfoten.
"Ich war so eifrig, dass ich den Baum nicht gesehen habe. Das hat ganz schön wehgetan, doch schlimmer war das Wissen, dass der halbe Clan es gesehen hatte. Ich war total niedergeschlagen und traute mich die nächsten Tage kaum mehr, überhaupt etwas zu sagen oder jemandem in die Augen zu schauen. Obwohl niemand den Vorfall erwähnte, war ich mir sicher, dass man mich mittlerweile für ein gegen Bäume rennendes Eichhörnchen hielt."
Weißpfote entwischte ein amüsiertes Schnurren.
"Bis mir irgendwann, zwar wirklich spät, aber immerhin, klar wurde, warum mich niemand mehr mit dem Vorfall aufzog."
Unwillkürlich hielt sie den Atem an und spitzte die Ohren.
"Weil es niemand mehr wusste. Es hatte nie jemanden interessiert, dass ich gegen einen Baum gelaufen war. Das, was mich für so viele Tage beschäftigt und klein gehalten hatte, hatte jeder andere schon nach mindestens einem Sonnenaufgang wieder vergessen. Und willst du wissen, warum, Weißpfote?"
Er senkte verschwörerisch die Stimme und Weißpfote beugte sich unwillkürlich ein Stück vor. Sie nickte mit weit aufgerissenen Augen.
"Sie vergaßen meinen Patzer so schnell, weil sie selbst wieder und wieder so etwas erlebten. Jedem passiert so etwas. Egal, wie jung oder wie alt, wie erfahren oder wie ungebildet du bist, dir wird immer etwas Peinliches passieren und so ergeht es jedem. Doch die einzige Person, der das so sehr auffällt, bist du. Wenn du zurück zu Beerenfuß gehst und dich erklärst, dann, so versichere ich es dir, wird sie überrascht sein. Weil es für sie vollkommen normal ist, dass der Schüler nicht bei seinem ersten Versuch etwas fängt. Du kannst nicht in allem ein Naturtalent sein."
Du kannst nicht in allem ein Naturtalent sein.
Dieser Satz hallte in Weißpfote nach. Sie schwieg. Aber sie wollte doch ein Naturtalent sein, das war es, wonach sie sich sehnte. Doch wahrscheinlich hatte Rabenpfote recht. Sie war weder ein Naturtalent im Rennen, wie ihre Schwester Nachtpfote mit ihren langen Beinen es war, noch war sie ein Naturtalent im Jagen.
Und wenn sie kein Naturtalent war, musste sie eben arbeiten und üben, um mit all den anderen, die schon von Geburt an besser in manchen Sachen waren, mithalten zu können.
"Danke", brach sie schließlich das Schweigen. "Das tat gut, dass du mit mir geredet hast."
Sie stand auf.
Rabenpfote tat es ihr nach, den intensiv riechenden Huflattich noch zu seinen Pfoten.
"Gehst du jetzt zurück zu Beerenfuß?", fragte er neugierig.
Sie schüttelte leicht den Kopf.
"Nein."
Rabenpfote nickte. Er wusste wohl, was sie tun würde. Seltsamerweise machte das Weißpfote glücklich. Rabenpfote war ein Kater, den sie vorher noch nie wahrgenommen hatte, doch allein diese einzige Begegnung hatte eine besondere Verbundenheit zwischen den beiden Jungkatzen geschaffen. Zumindest sie empfand es als eine besondere Verbundenheit. So, wie sie mit ihm geredet hatte, hatte sie noch nie mit einer anderen Katze geredet.
Weder mit ihren Wurfgefährtinnen, noch mit ihrer Mutter oder ihrer Mentorin.
Sie nickte ihm zum Abschied zu. Rabenpfote blinzelte gutmütig zurück, während er sein Kräuterbündel wieder aufnahm.
Und so gingen sie vorerst wieder getrennte Wege. Er zurück ins Lager, sie in die Tiefen des Waldes.
Sie würde heute Beute fangen. Und wenn ihr zehn Mäuse davonliefen, die elfte Maus würde zwischen ihren Zähnen baumeln.
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- 1200 Wörter
Uiuiui, Rabenpfote - bei wem klingelt's da?
Das wird doch wohl nicht der Kater vom Anfang sein ...?
*macht erschrockenes Gesicht*
Spaß beiseite, ihr habt sicher schon direkt gemerkt, wer der junge Katerich ist und nun bin ich gespannt auf eure Charakteranalyse xD
Möge der SternenClan eure Pfade erhellen ;D ~
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