( 02 )
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Der Flug in den Osten Südkoreas dauert aufgrund der Wetterlage tatsächlich ewig. Mit deinem Kopf an die Fensterscheibe gelehnt und mit den Hände auf deinem Schoß ruhend, starrst du auf die Welt unter dir herab, liest ab und zu etwas in einem Roman oder schläfst einige Zeit. Ihr habt schon aufgrund eines Schneesturms auf halber Strecke landen und dort einige Stunden im Flieger warten müssen.
Als du nach etwa einer Stunde wieder aufwachst, bemerkst du, dass Jin wohl ebenfalls wach geworden sein muss.
Er ist in herumliegendes Magazin über Autos vertieft und hat wohl noch nicht bemerkt, dass du ebenfalls wieder die Augen geöffnet hast.
Du überlegst, ob er tatsächlich einem Gespräch mit dir aus dem Weg geht. Dir ist wie gesagt bewusst, dass er wahrscheinlich einfach eine große Angst hat, seinen Vater wieder zu treffen und keine Lust auf einen Streit mit diesem hat. Jedoch verstehst du seinen Pessimismus in dieser Sache nicht immer ganz; schließlich wird sein Appa ihm schon nicht die Augen auskratzen, oder? Naja, vielleicht ist er aber einfach müde.
„Sag' mal, wo wohnt dein Vater ansonsten eigentlich?", fragst du dann schließlich doch, um ein Gespräch zu beginnen.
„In irgendeiner protzigen Strandhütte in der Nähe von Daegu - der genaue Ort ist dir wahrscheinlich nicht bekannt", meint er nach einiger Zeit und legt seine Zeitschrift gähnend zur Seite.
„Aber du bist in Gwacheon geboren...", meinst du weiter, da dir nichts besseres einfällt. „Ja, aufgewachsen bin ich aber jedoch aufgrund Eommas Tod in der Nähe von Daegu. Inzwischen wohnt mein Dad wieder da und ist irgendwie als Lehrer durchgestartet. Ihm war's wahrscheinlich zu langweilig auf dem Land und es gab zu wenige Weiber, die er flach-"
„Ah ja, okay", entgegnest du, als du bemerkst, worauf diese Konversation hinauslaufen wird. „Und wie alt wird dein Vater noch gleich?"
Er gähnt. „34."
Du stutzt. Noch nie hast du ihn nach dem Alter seines Vaters gefragt... aber so jung hast du ihn hingegen auch nicht geschätzt. „Aber du bist doch..."
„Schon 18, ja. Er war 15 Jahre alt, als ich geboren wurde, und wurde einige Wochen später 16", erwidert er verächtlich und schließt seufzend die Augen. „Aber können wir bitte aufhören, über ihn zu reden? Ich weiß zwar, dass ich ihn heute Abend nach Ewigkeiten wiedertreffen werde, aber denk daran, dass ich das alles nur dir zu Liebe tue."
Du nickst verständnisvoll. „Klar."
Dein Blick wandert zurück zum Fenster, um besser nachdenken zu können. Vielleicht will er ja einfach keinen Sex mehr mit dir haben, da er sich doch fürchtet, ebenfalls so früh Vater zu werden und die Erziehung des Kindes nicht in Griff bekommen zu können, so wie sein Vater - laut deinem Freund. Nachdenklich reibst du dir über die Fingernägel. So hast du die Dinge wirklich noch nie betrachtet...
~*~
Dass ihr euch beinahe im Gebirge befindet, bemerkst du kaum, dass du das Flugzeug verlassen hast. Die Kälte schlägt dir entgegen, als ihr je mit einem Koffer und Rucksäcken in der Hand den Weg zu eurem Taxi, welches euch zum Skihotel fahren wird, auf euch nehmt.
In dem Auto ist es zumindest einigermaßen warm. Da der Taxi-Fahrer jedoch nicht schlau genug gewesen ist, vor der langen Fahrt über die steilen und engen Straßen zu tanken, habt ihr schließlich aussteigen müssen, um den Weg selbst auf euch zu nehmen. Zumindest hat es aufgehört zu schneien, und du kannst die Skipiste bereits von Weitem sehen, als ihr eine kurze Pause einlegt. Obwohl die Kälte dich vollends umgibt, wird dir unglaublich heiß in deinen Winterklamotten.
Der Schweiß steht dir auf der Stirn und du drehst dich ächzend zu deinem festen Freund um: „Sag' mal, wo ist dieses Hotel denn jetzt genau?"
Suchend blickst du dich um, und hoffst wirklich, dass es in dieser Unterkunft eine Sauna und am besten noch ein warmes Schwimmbad geben wird.
Jin legt nicht gerade viel Wert auf Komfort. Ihr würdet wahrscheinlich nach wie vor euer Essen über einem Feuer kochen, wenn du eure Wohnung nicht eigenständig eingerichtet hättest.
„Hinter diesem kleinen Stück Wäldchen. Ich weiß, dass es einem so vorkommt, als wäre es mitten im Nirgendwo, aber dort kannst du schon den dazugehörigen Ort sehen", versucht er dich zu ermutigen, doch du kannst gerade keinen Gedanken daran verwenden.
„Kannst du deinen Vater nicht anrufen, dass er uns irgendeinen Fahrer hier runterschickt?", meinst du keuchend und legst erschöpft den Kopf in den Nacken. Man, hasst du diese Eiseskälte.
„Hier ist kein Netz... Aber es ist nicht mehr so weit, (y/n)", Er lächelt gequält, sodass ihr unter diesen lebensmüden Umständen eine Abzweigung einschlagt. Hoffentlich frieren meine Füße nicht ab, kommt es gleich in den Sinn, als ihr das Wäldchen durchquert, in dem hoffentlich keine Tiere lauern.
(...)
Nach einiger Zeit kommt zumindest ein Gebäude in Sicht, und je mehr du davon zu sehen bekommst, desto mehr beginnst du zu staunen: Es ist eine hochmoderne Anlage, die mitten auf einem Hügelchen und hinter einigen Tannen versteckt steht.
Dieses hochmoderne Hotel, das auf einer Erhöhung über den Dächern des Ortes thront und von dem man einen perfekten Ausblick auf die Piste hat, sieht wirklich gut aus. Total aus der Puste betrachtest du die vielen Etagen, die Balkone und Terrassen und den großen Garten mit dem dampfenden Pool. Alles wird durch einen hohen Sicherheitszaun eingezäunt.
„Du hast mir nie erzählt, dass dein Appa so reich ist", hauchst du nach wie vor überrascht und stützt dich auf deinem großen Koffer ab.
„Warte erstmal, bis du die Suiten siehst, die er für uns gebucht hast. Da gibt es noch mehr Schnick-Schnack...", seufzt er. Ihr begebt euch zum Eingang.
Auch wenn du es Jin nicht direkt sagen willst, da du weißt, dass er auf solche Dinge keinen Wert legt, beginnst du seinen Vater insgeheim dafür zu mögen. Aber was sollst du sagen? Du magst nunmal luxuriöse Unterkünfte...
Der Portier begrüßt euch freundlich, und weiß bereits im Vorhinein, um wen es sich bei seinen neuen Gästen handelt. Während euch das Gepäck abgenommen wird, kommt euch eine ältere Dame entgegen, die Jin wie aus dem Nichts um den Hals fällt.
„Jinnie, mein Junge! Lass dich ansehen!"
Du schätzt die Frau auf etwa Ende 50 und beobachtest, wie sie deinen Freund das braune Haar verwuschelt, ehe sie ihre roten Lippen zu einem Grinsen verzieht.
„Und da ist ja deine Freundin! (y/n), nicht wahr?", lacht sie und deutet eine Verbeugung an, woraufhin du nur schmunzeln und es ihr nachtun kannst.
„Also Jin hat echt nicht übertrieben, was dich angeht..." Verlegen kratzt er sich am Hinterkopf. Natürlich empfindest du es nicht als schlimm, dass er von dir schwärmt. „Ach ja, (y/n), das ist meine Großmutter Kim Hye-mi... Oma, das ist (y/n)."
Erneut verbeugt ihr euch voreinander.
Eine Großmutter, wie man sich sie vorstellt, denkst du dir sofort, bevor Jin sich an sie wendet: „Sag' mal, Oma: Wo ist Appa eigentlich?"
„Ach, Taehyung? Er ist noch kurz im Ort", erklärt sie euch mit einer lässigen Handbewegung.
Es ist, als würde dein Herz kurz aufhören zu schlagen. Taehyung? Sein Vater heißt Taehyung?! Dir fällt auf, dass du Jin nie nach dem Namen seines Vaters gefragt hast... Wie von der Tarantel gestochen starrst du sie an.
Taehyung. Dieser Name.
Ein Szenario spielt sich in deinem Kopf ab... aber, nein, das ist unmöglich. Du schüttelst mit dem Kopf und vertreibst damit diesen lächerlichen Gedanken. Dass du überhaupt nur daran denken konntest, pah!
„Alles in Ordnung bei dir, Liebes?", fragt Hye-mi besorgt nach, woraufhin du schnell nickst: „Alles in Ordnung, ich dachte bloß, ich hätte etwas im Flugzeug vergessen, aber es ist alles da."
„Ihre Karten."
Der Portier hält Jin eure Schlüssel in Form von Zimmerkarten hin, die er dankend entgegennimmt.
„Na, dann ist ja gut", spricht Jins Oma dich ein weiteres Mal an und lächelt breit. „Schaut euch am besten erstmal hier um... bis zur Feier heute Abend habt ihr noch so viel Zeit..."
~*~
„Und wie sehe ich aus?"
Grinsend drehst du dich um dich selbst, während Jin in seinem besten Anzug in der Tür gelehnt steht. Sein Blick wandert von deinen Füßen, die in weißen Pumps stecken, über dein rosafarbenes Kleid, das dir knapp über die Knie geht, bis zu deinem Gesicht, das von deinen Haaren eingerahmt wird.
„Sehr schön... so wie immer", meint er schmunzelnd und schließt gähnend seine Augen. Er ist nach wie vor etwas verkrampft, als du dich gegen seinen Oberkörper lehnst: „Keine Lust, hm?" Er nickt. „Kann man so sagen. Bist du aufgeregt?"
Nun musst du verlegen lachen: „Um ehrlich zu sein, schon. Ich werde deine Familie kennenlernen, das ist natürlich toll, aber irgendwie auch beängstigend..."
Er grinst schief. „Falls sie wieder irgendwelche komischen Sprüche machen, sag' mir Bescheid, okay?"
„Ich meinte eigentlich eher, dass ich Angst habe, ich könnte ihnen als deine Freundin missfallen. Auch wenn mir die Meinungen anderer normalerweise recht wenig interessieren, ist mir das wirklich wichtig..."
Du nimmst deine Handtasche und kontrollierst noch einmal dein MakeUp in dem langen Spiegel, der neben der Tür hängt. Für einen kurzen Moment sieht er dich etwas länger und nachdenklicher als sonst an, als würde er sich um etwas sorgen. Dann aber setzt er ein Lächeln auf.
„Die meisten sind so wie meine Oma. Wie mein Vater reagieren wird, kann ich dir nur leider nicht sagen... aber mach dir keine Sorgen. Alles wird schon gut werden."
(...)
Als ihr zusammen den modernen Saal betretet, den Jins Vater für seinen Geburtstag gebucht hat, beginnt dein Herz sogleich schneller zu schlagen. Die Musik ist laut und es ist sehr voll.
Überall stehen Gäste an Stehtischen, ein großes Buffet ist rechts von dir aufgebaut. Dich überrascht, dass du hauptsächlich jüngere - sprich Personen, die keine 15 Jahre älter als ihr seid - Gäste zu sehen bekommst und eine ausgeladene Stimmung herrscht, wie man es bei Familienfeiern eigentlich nicht unbedingt erwartet.
Mit einem Sektglas in der Hand stellt dir Jin einige Gäste, wie Verwandte und alte Bekannte von ihm vor. Es ist eigentlich recht entspannend. Jedoch flüchtest du dich nach einer guten halben Stunde zum Buffet, nachdem du genug davon hattest, stets „Hallo, ich bin (y/n), Jins feste Freundin aus Seoul" sagen zu müssen.
Du kippst ein weiteres Glas Sekt hinunter, ehe du dich an der Torte bedienst und dir das größte Stück auf den Teller lädst. Das hast du dir jetzt erstmal verdient.
Ein Tippen an deiner Schulter lässt dich umdrehen. „(y/n), ich möchte dir gerne meinen Vater vorstellen", vernimmst du die Stimme deines Freundes.
Hättest du zuvor ein paar Gläser mehr getrunken, würdest du höchstwahrscheinlich glauben, du träumst. Wahrscheinlich würdest du vor Schreck ebenfalls in das Buffet hinter dir kippen und durch die Erdbeer-Sahne-Torte dein rosafarbenes, sehr wertvolles Kleid mit den darauf gestickten Blümchen vollsauen.
Jedoch bist du wie versteinert, während du entsetzt deine Augen aufreißt und in keine anderen als in die deiner ersten großen Liebe blickst.
Nämlich in die von Kim Taehyung.
➴ ➴ ➴
Dedemmm
- Habt ihr Vermutungen, wie die zwei reagieren werden?
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