Chapter 85
(Bild: Anwesen der Blacks)
Sirius Black P.o.V.:
Doch Orion Black scheint den Schweißgeruch nicht mir oder Sel zuzuschreiben. Er dreht sich im Türrahmen und brüllt mit seiner tiefen, durchdringenden Stimme durch das ganze Haus:"Kreacher! Wenn du mit der üblichen Hausarbeit fertig bist, entfernst du in der Bibliothek den Staub von den Büchern. Mit Handarbeit. Es beginnt hier zu müffeln!"
Erleichtert, doch es nicht wagend, richtig zu atmen, schaue ich Vater nach, wie er zu dem Stuhl hinter dem Schreibtisch geht und den schwarzen Umhang von der hohen Lehne nimmt. Während er sich den französischen Designerumhang um die Schultern schnallt, sehe ich ihn mir genauer an. Er wirkt dünner als noch vor einem gutem Jahr. Wobei magerer das besser geeignete Wort ist. Er sieht ungesung aus. Auch sein Gesicht wirkt kantiger und eingefallener. Die Zeit ist nicht auf seiner Seite. Seine Haare waren schon seit einigen Jahren zu großen Teilen grau, aber jetzt kann ich zum ersten Mal kein einziges schwarzes mehr erkennen.
Orion hebt den Kopf und blickt sich fast schon nachdenklich im Raum um, wobei er auf einer Regalreihe direkt neben seinem Schreibtisch hängen bleibt. Er runzelt die Stirn, schüttelt dann aber nach einigen Sekunden mit einem Ruck den Kopf und eilt aus der Bibliothek. Die massive Tür lässt er mit einem Knall ins Schloss fallen.
Selena und ich bleiben ohne auch nur die geringste Bewegung genau so stehen wie wir bei Orion's Auftauchen erstarrt waren. So lange, bis wir hören, wie die Haustür geöffent und nach zwei Sekunden wieder geschlossen wird. Alle Anspannung scheint einfach von meinen Schultern zu rutschen, wie ein Fussel, das von der Kleidung gewischt wird.
"Sie sind weg.", murmelt Sel. Sie blickt auf und versucht ein Lächeln. "Wir haben's so gut wie geschafft!"
"Beschwör's nicht.", sage ich, bevor ich tief seufze und mich im Raum umsehe. Der Tresor müsste links von uns sein - doch dort ist nichts als ein gut gefülltes Bücherregal.
"Was zum!", murmle ich und schlüpfe unter dem Tarnumhang hervor, um die Stelle näher zu untersuchen. Ich höre Selenas Schritte, als sie mir folgt. Auch sie ist wieder sichtbar.
"Er ist weg...", ihre Stimme klingt schwach, hoffnungslos, leer. sie wirbelt herum und beginnt, hektisch im Raum auf und ab zu laufen.
"Er muss hier sein! Mehr als fünfig Jahre lang stand hier dieser protzige Tresor, er kann nicht weg sein!" Sel bleibt ruckartig stehen und atmet einmal tief durch. Meine panischen Worte scheinen sie zu beruhigen, oder zumindest klarer denken zu lassen.
"Er muss uns doch einen Einbruch zugetraut haben. Er hat damit gerechnet und Vorkehrungen getroffen."
Ich höre nicht auf ihre Worte, sondern hebe den Zauberstab:"Accio dunkelblaues Auktionsbuch von Orion Black" Nichts passiert. Rein gar nichts. Ich will gerade wieder gegen irgendetwas treten, als Sel mich am Arm festhält. "Vergiss Kreacher nicht! Wenn er uns hört... Das Buch ist noch hier, da bin ich mir sicher. Vater würde es niemals aus dem Haus tragen, er hat es nur besser versteckt."
Um Ruhe und Kühnheit bemüht drücke ich die Schultern nach hinten. "Und wo hat er es versteckt?"
Sel sieht sich im Raum um. "Wenn er den Tresor entsorgt hat, dann hat er das Buch vielleicht auch in einen anderen Raum gebracht. Ich gehe ins Schlafzimmer und du suchst die Bücherreihen ab. Die Möglichkeit besteht, dass er es einfach in ein Bücherregal gestellt hat, weil damit niemand rechnen würde. Es hatte eine rote Raute auf dem oberen Teil des Buchrückens, oder?"
Ich nicke langsam und drücke Sel den Tarnumhang in die Arme. "Benutz du ihn."
Sie will protestieren, doch ich habe mich schon abgewendet, um an den Wänden entlangzugehen und die Buchtitel und -rücken abzusuchen.
Wir haben uns seit etwa drei Minuten getrennt, als ein in den Ohren schmerzender hoher Schrei ertönt. Ich weiß noch im selben Augenblick, dass es Kreacher ist, und so schiebe ich vorsichtig die Tür zum Treppenhaus auf. Vielleicht muss ich den Hauself überrumpeln, da ist es schlauer erste einmal in Deckung zu bleiben. Der Schrei kam aus Richtung der Haustür, was seltsam ist, immerhin ist Sel nur zwei Räume weiter. Mein Herz legt einen Sprint hin. Sind Walburga und Orion zurückgekommen? Haben sie etwas vergessen und dabei Selena entdeckt?
Ich will gerade auf den Treppenabsatz zuschleichen, als Sel den Kopf durch die Schlafzimmertür steckt und mich verwirrt anblinzelt. Sie hebt fragend die Augenbrauen, woraufhin ich mit den Schultern zucke. Erleichterung flutet meinen Körper. Sel geht es gut. Schulter an Schulter schleichen wir zur Treppe und gehen in die Knie.
"Einbrecher! Einbrecher im Haus der ehrwürdigen Blacks! Verschwinde, Abschaum, Blutsverräter, dreckiger Freund der Verräter!", kreischt Kreacher eine Person an, die sich bei genauerem Hinsehen als James entpuppt. Unser Freund hat den Zauberstab gegen den Hauselfen erhoben und sieht sich mit fieberhaftem Blick um, als die Porträts an den Wänden ähnliche Beschimpfungen wie Kreacher von sich geben.
Ich springe auf und renne die Treppe hinunter, was den Chor aus keifenden Vorfahren und Kreachers Wehklagen nur noch anheizt. Alle wenden sich nun mir zu, während ich mich kampfbereit neben James stelle.
"Ruhe!", hallt plötzlich Selenas entschlossene Stimme durch das ganze Haus. Die eintretende Stille ist so abrupt und durchdringend, dass ich glaube, ein lautes Summen in den Ohren zu hören. "Ich bin Selena Black und deine Herrin, Kreacher. Ich befehle dir, kein Wort mehr gegen uns zu sagen und jedes Porträt, das auch nur einen Mucks von sich gibt, geht in Flammen auf." Zur Verdeutlichung ihrer Worte hebt sie den Zauberstab und deutet damit einmal durch die Reihen aus Porträts. Unsere zutiefst erschütterten Vorfahren sind jetzt ungewöhnlich still. Kreacher macht große Augen, dreht sich blitzschnell auf den Fersen und erhebt die zum Schnipsen bereite Hand gegen James und mich. "Stop! Wag es ja nicht, Magie gegen James, Sirius oder mich einzusetzen, Kreacher! Es ist dir verboten!"
Mit hasserfülltem Gesicht wendet sich Kreacher wieder an Selena, die wie eine Hausherrin die breite Treppe herunterstolziert. Langsam und aufrecht. Sie hat ein versteinertes Gesicht, doch als ich sie angrinse, zwinkert sie mir zu.
"Wie lange ist der Tresor schon verschwunden? Antworte, Kreacher!", frage ich, den Zauberstab wieder auf Höhe meines Oberschenkels.
Der Hauself wirft mir einen finsteren Blick zu und zittert vor Hass, doch er muss antworten:"Seit etwa zehn Monaten. Der Herr hat vermutet, dass das Blutsverräter-Balg nach belastendem Material suchen wird. Und er hatte recht. Er hat immer recht. Meine Gebieter sind...", Kreacher murmelt weiter Bewunderungen für Orion und Walburga Black, doch ich höre nicht zu, sondern drehe mich zu James um, der sich neugierig im Treppenhaus umsieht.
"Was tust du hier, Mann? Bist du des Wahnsinns?"
James grinst. "Ich geb die Frage gern zurück, Mann. Wie kommt ihr bitteschön auf die glorreiche Idee, in das Haus einzubrechen, von dem ihr immernoch Albträume habt? Seid ihr komplett bescheuert?"
"Sind wir wohl. Woher wusstest du, dass wir hier sind? Wir sind appariert.", fragt Sel Kracher nicht aus den Augen lassend. Ich verstehe, dass sie die Potters erst einmal aus dem Spiel lassen will und James' Frage mit einer Gegenfrage abschmettert. Zumindest bis wir das Buch haben.
"Es war mehr ein Gefühl als Wissen. Aber dann hab ich euch von London reden hören und neben der Winkelgasse kennt ihr nur dieses Haus wirklich. Ich hab geraten und als Mrs und Mr Teufel gegangen sind, dachte ich mir: riskier doch mal einen Blick. Naja, und hier bin ich. Allerdings werde ich für den Rest meines Lebens von abgehackten Trollbeinen traumatisiert sein.", zum Ende hin wird er leise und wirft einen Blick auf den Schirmständer.
Ich schnaube. "Idiot!" Dann greife ich nach seinem Arm und ziehe ihn die Treppe hinauf. Sel ruft Kracher noch zu, dass er mit uns mitkommen soll, dann folgt sie uns.
"Im Schlafzimmer ist nichts außer Noblesse der Natur - Eine Genialogie... von was auch immer.", sagt Sel im Hereingehen. Kreacher betritt hinter ihr die Bibliothek. Dabei beendet er grimmig den Buchtitel. Er blickt uns der Reihe nach finster an, dann senkt er den Kopf und murmelt vor sich hin, was wohl die lebenden und toten Blacks sagen würden, wenn sie wüssten, was hier vor sich geht. Er bezieht neben dem Schreibtisch Stellung und lässt keinen von uns aus den Augen.
"Bist du sicher, dass es der Noblesse-Schinken ist? Hier ist diese Erstausgabe, mit der Vater uns immer auf die Finger gehauen hat und ich kann mich nicht erinnern, dass es zwei Ausgaben gab." Ich ziehe das Buch aus dem schreibtischnahen Regal vor mir. Seltsam. Ich hatte es dicker in Erinnerung, schwerer.
Die Verwirrung verwandelt sich innerhalb eines Augenblicks, den es braucht, um das Buch aufzuschlagen, in Freude um. Denn außer dem edlen Einband hat das Buch wenig mit Noblesse der Natur zu tun. Innen drin ist es voll mit Orion Blacks Handschrift.
"Ich hab's! Er hat einen falschen Einband benutzt. Hält er uns wirklich für so einfältig? Ich meine, hallo, ein falscher Einband? Wie wäre es mit schrecklichen Flüchen, vor denen man sich bis an sein Lebensende gruselt? Oder eine hübsche altmodische Jägerfälle? Dass er einfach so darauf setzt, dass wir ein Buch unter hunderten nicht entdecken, enttäuscht mich! Ehrlich, es kränkt mich regelrecht!" Als ich aufsehe, verdreht Sel nur die Augen, während James mit großen Schritten auf mich zukommt, um auch einen Blick zu riskieren. "Wo wir grad beim Thema sind, was sucht ihr eigentlich?", fragt er grinsend.
In dem Moment, in dem James dem Hauselfen den Rücken zusteht, nimmt Kreacher eine Hand hinter dem Rücken hervor, die mir bis dahin gar nicht aufgefallen war. Die Klinge eines Brieföffners blitzt im hereinfallenden Sonnenlicht auf und rast ohne eine Chance auf Verfehlen auf James' Rücken zu. Ich habe noch keinen Schritt getan, geschweige denn meinen Zauberstab gehoben, als ein Zauber durch den Raum saust und Kreacher in die Seite trifft. Selenas "Stupor" hallt im Raum wider und James wirbelt erschrocken herum. Gerade rechtzeitig, um dem Hauselfen dabei zuzusehen, wie er in sich zusammenklappt und bewusstlos auf den Boden sackt.
"Was zum...", murmelt James und seine Augen wandern von dem Brieföffner auf dem Boden neben Kreachers runzligen Fingern zu Selenas ausgestreckter Zauberstabhand.
"Ich hätte konkreter sein sollen. Ihm nur zu verbieten, Magie gegen und einzusetzen, war viel zu wenig. Tut mir leid, James."
"Mir geht's gut, keine Sorge.", sagt James, dich sein schneller Atem und sein Blick straft ihn Lüge. Er hat sich ganz schön erschrocken. Und dass ein Hauself, den er noch nie getroffen hat, ihn ohne zu Zögern feige von Hintern abstechen wollte, wird ihn noch eine Zeitlang beschäftigen. Dennoch geht James neben dem Hauselfen in die Knie und macht Anstalt, den Schockzauber wieder aufzuheben.
Davor reicht er mir aber den silbernen Brieföffner, an dessen Griff bestimmt höllisch wertvolle Edelsteine eingelassen sind. Ich schiebe den spitzen Gegenstand aus reinem Silber in meine Hosentasche, als weder Sel noch James herschauen. Ich wollte mir schon seit längerem ein Motorrad kaufen, ein technisches Meisterwerk der Muggel, und der Brieföffner ist dafür eine gute Finanzspritze. Außerdem wird Vater toben vor Wut.
"Warte", ich trete rasch vor, "wenn er bewusstlos ist, ist es offensichtlich, dass er keine Chance gegen uns hatte. Die Porträts haben uns gesehen und Orion wird nicht lange brauchen, um sein Buch zu vermissen. Wenn sie Kreacher so finden, sind sie vielleicht nicht so brutal zu ihm." Selena sieht mich positiv überrascht an. Kein Wunder, sonst ziehe ich nur über den Hauselfen her. Aber ich habe irgendwie das Gefühl, dass Kreacher den Tag nicht überleben würde, wenn er vollkommen unverletzt wäre. Und das will ich dann auch nicht.
"Lasst uns abhaun, wir sind schon viel zu lange hier.", sagt Sel mit einem letzten Blick auf Kreacher. Dann verlässt sie die Bibliothek mit schnellen Schritten. Jetzt, wo wir haben, was wir wollten, will sie so schnell wie möglich von hier weg.
James und ich folgen ihr nur zu gerne. Dieses Haus strapaziert meinen Würgreiz wirklich über!
Auf dem Weg zur Treppe kommen wir am Salon vorbei, einem Raum mit schweren Samtvorhängen und dem Familienstammbaum der Blacks, der eine ganze Wand einnimmt.
Mein Blick fällt auf zwei schwarze Brandlöcher, wo einmal mein und Selenas Namen waren. Ruckartig bleibe ich stehen, um mir die Sache näher anzusehen. Aber es gibt nichts, was man näher betrachten könnte. Wie Andromeda wurden auch Sel und ich mit einem simplen Brandzauber aus der Familiegeschichte herausgebrannt. Wie von Krebs befallenes Gewebe herausgebrannt wird.
Ich hätte nicht gedacht, dass es sich nach all den Jahren, der Fluchtversuche und dem gegenseitigem Hass wie ein Schlag ins Gesicht anfühlt. Ich weiß, dass es Mutter war, die den Zauberstab gegen unsere Namen gedrückt hat und uns so offiziell verstoßen hat. Und ich weiß auch, dass das bedeutet, dass sie uns nie geliebt hat. Welche liebende Mutter wäre zu so einem Symbol des Hasses in der Lage?
Eine kleine Frauenhand legt sich auf meine Schulter und Selena flüstert:"Ich weiß, es fühlt sich scheiße an, aber wir sollten jetzt gehen, Sirius."
"Sie hat Recht, Patfoot. Wir sollten es nicht übertreiben.", obwohl ich nicht gedacht hätte, so etwas jemals aus James Potters Mund zu hören, schenke ich weder ihm noch Sel meine Aufmerksamkeit. Mit zwei großen Schritten bin ich bei den Zweieitzersofa mitten im Raum und werfe das Möbelstück mit all meiner Kraft um. "Wir haben noch Zeit, Innenarchitekt zu spielen. Was haltet ihr davon, diese beschissenen Vorhänge loszuwerden? Dieses grün ist wirklich total schrecklich!", meine Stimme ist vollkommen ruhig. Trotz der Tatsache, dass ich mit dem Rücken zu ihnen stehe, weiß ich genau, dass Sel und James einen beunruhigte Blick tauschen. Umso überraschter bin ich, als plötzlich einer der schweren Samtvorhänge in Flammen aufgeht. Als ich mich umdrehe, sehe ich James, der die Flammen kontrolliert über den Stoff wandern lässt.
Selena verschwindet derweil aus dem Zimmer. Ich habe lange genug in diesem Haus gewohnt, um an den kleinsten Geräuschen herauszuhören, was jemand mehrere Etagen entfernt macht. Sel jedenfalls rennt die Treppen in den obersten Stock hinauf und öffnet die Tür zu ihrem ehemaligem Zimmer. Was sie konkret da oben macht, kann ich nicht sagen, aber ich wende mich sowieso lieber Orion's Schreibtisch in der Bibliothek zu.
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(Bildquelle: https://data.whicdn.com/images/201362728/original.jpg)
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