Chapter 76
(Bild: Slytherin-Gemeinschaftsraum)
Alexander Malfoy P.o.V.:
"Nun müssen Sie mir aber verraten, was Ihr Onkel, mein alter Freund Darius, mit dem Koboldverbindungsbüro vorhat, Miss Miller.", sagt Slughorn, während er sich mit einem Stück kandierter Ananas in der Hand in seinen Stuhl zurücklehnt.
Laura Miller wird rot, als plötzlich die ganze Aufmerksamkeit auf ihr liegt. Sie spielt nervös mit den Händen und ich hätte Mitleid, wenn sie meinem besten Freund Adalar nicht das Herz gebrochen hätte, indem sie mit sich auf Sirius Black eingelassen hat. Der im übrigen gerade Olivia Anderson über den ganzen Tisch hinweg schöne Augen macht, die wie Laura eine Ravenclaw aus unserem Jahrgang ist. Er beachtet Laura kaum, als sie anfängt von ihrem bekannten Onkel und seinen Zukunftsplänen zu erzählen, weswegen ich mich abschätzig von ihm abwende.
Die meisten von Sluggis Lieblingen lassen sich mäßig begeistert den großen Eisbecher schmecken, der vor ihnen steht. Der Rest versucht krampfhaft amüsiert oder wenigstens nicht gelangweilt auszusehen. Mein Eisbecher steht noch unberührt vor mir und die oberste Kugel und die Sahne darauf machen sich langsam selbstständig. Ein Seufzen unterdrückend nehme ich meinen Löffel in die linke Hand und schiebe mir etwas Erdbeereis in den Mund. Besser als erwartet.
Ein paar Plätze weiter entsteht ein kleines Gerangel, und als ich aufsehe, zieht Lily gerade ihren Eisbecher aus Potters Reichweite. Potter, der einen Löffel im Mund hat, grinst und zwinkert Black zu, der jedoch bloß die Augen verdreht. Sela seufzt leise, doch ihre Mundwinkel zucken. Ich lehne mich im Stuhl zurück und Selas Druck, mit der sie ihre Hand in meiner hält, verstärkt sich. Hat sie etwa Angst, dass ich loslasse? Mein Herz hüpft freudig. Beruhigend drücke ich ihre Hand.
"Alexander, wie steht Ihr Vater zu der gegenwärtigen Lage? Ist er mit der Arbeit des Zaubereiministers Harold Minchum zufrieden?", richtet sich Slughorn an mich. Nun, ja, die ehrliche Antwort wäre, nein, aber der Plan, ihn mit dem Imperius-Fluch zu unterwerfen, steht, doch das sage ich natürlich nicht. Stattdessen antworte ich:"Vater schätzt ihn auf jeden Fall mehr als Eugenia Jenkins. Er hält ihn für besser geeignet für eine solche Verantwortung."
Lily schnaubt kaum verhalten. "Weil er besser geeignet ist oder weil er ein Mann ist?" Slughorn scheint überrascht, aber durchaus angetan von Lilys Einwurf. Neugierig blickt er zu mir. Meine Muskeln spannen sich an, weil ich genau weiß, dass ich jetzt wieder der Malfoy-Sprössling sein muss, den alle in mir sehen.
Selena drückt meine Hand als stumme Unterstützung. Sie weiß es auch. Als ich an ihr vorbeisehe, um Lily anzusehen, wirkt sie auf den ersten Blick verärgert, aber in den sturmgrauen Augen steht Mitleid.
"Frauen sollten sich nicht in Politik einmischen, Evans, am besten-", ich werde von Lily unterbrochen, die meinen Satz voller Ironie beendet:"-am besten stehen sie in der Küche und stellen die Hausschuhe bereit. Das wolltest du doch sagen, oder? " Lily kneift wütend die Augen zusammen und funkelt mich herausfordernd an. Anscheinend bin ich auf eine waschechte Feministin gestoßen. "So in etwa, ja.", sage ich unberührt. "Traditionen sind da, um bewahrt zu werden. Nicht, um von männerhassenden sogenannten Feministen zerstört zu werden."
"Für Frauen zu sein, heißt nicht gegen Männer zu sein!", stellt Lily empört klar. Ein Satz, den ich nie vergessen werde. "Und Traditionen sind nur Gruppenzwänge von toten Verwandten, die man sowieso nie leiden konnte.", fügt Sirius hinzu. Er hält Lily seine Hand hin und sie klatscht zögernd ein. Anscheinend kann ein gemeinsamer Feind Wunder wirken.
Slughorns Lachen lässt uns alle aufsehen. Er hält sich mit einer Hand den Bauch, während er sich wieder fängt. "Gruppenzwang von toten Verwandten, wie Recht Sie haben, Sirius. Ich weiß noch wie meine Großmutter...", ich höre nicht weiter zu, sondern sehe zu Lily, die in eben diesem Moment zu mir sieht. Sie zuckt mit den Schultern, noch immer mit dem entschlossenem Gesichtsausdruck von vorhin.
Das Dessert bringen wir ohne weitere Diskussionen hinter uns. Nur Slughorn redet und das ist uns allen ganz recht. Als er allerdings ein Thema anspricht, über das ich die letzten Tage mehr als alles andere nachgedacht habe, horche ich auf. "Sie haben doch bestimmt von den Werwolfspuren gehört, nicht wahr? Gibt es unter den Schülern Gerüchte?"
Potter ergreift großspurig wie immer das Wort:"Es sind nicht unbedingt Gerüchte, aber ich kann mir Oliver Stebbins wahnsinnig gut als Werwolf vorstellen. Er verliert in Kräuterkunde immer die Nerven, weil er einfach kein Naturmensch ist, und dann wirkt es immer so, als würde er gleich losbrüllen." "Oder Adam Hughes. Er hat manchmal diesen Blick, als würde er einen gleich zerfetzen.", meint Black.
Auf Potters Gesicht breitet sich ein gigantisches Grinsen aus. "Apropos zerfetzten." Er wendet sich an Selena. "In letzter Zeit mal den Mond angeheult?" Selena hebt beide Augenbrauen, doch Potter redet an Slughorn gewendet weiter, ehe sie etwas sagen kann. "Sie sollten wissen, Professor, dass die Idee, Selenas letzte Tafel Schokolade aufzuessen, die schlechteste meines Lebens war. Ich dachte wirklich, sie wird jeden Moment zum Werwolf."
Slughorn lacht laut und ausgiebig und viele im Slug-Club stimmen mit ein. Auch ich verziehe unübersehbar halbherzig die Mundwinkel. Ich bin allerdings viel zu sehr von den Blicken zwischen Sela, Black und Potter abgelenkt, die so gar nicht zu den Grinsen auf ihren Gesichtern passen wollen. Sie sind viel zu wachsam.
"James, ich habe letztens einem alten Freund getroffen, der mir einige Insiderinformationen aus dem Ministerium zugeflüstert hat. Eine davon wird Ihren Vater bestimmt interessiert." Slughorn zwinkert und genießt sichtlich die Aufmerksamkeit, die ihm in diesem Moment geschenkt wird. Er verrät nicht oft Insiderinformationen, und wenn, dann unter großem Tam-Tam.
"Fleaumont soll in den vergangenen Jahren einen ausgezeichneten Job gemacht haben und da mein alter Freund Graham bald ins Ausland geht, hat er mich nach meiner Meinung gefragt. Sie sollten wissen, ich kenne Graham Howard schon seit seiner Schulzeit. Ich war es, der ihm damals vorgeschlagen hat, Auror zu werden. Ich hatte so ein Gefühl, dass er es zum Leiter des Aurorenbüro schaffen würde. Auf jeden Fall, James, sollten Sie Ihren Vater - wenn Sie die Möglichkeit dazu haben - vorwarnen, dass bald eine gewaltige Beförderung in der Post sein könnte. Oder kann man ihn per Eule überhaupt erreichen? Er soll ja gerade mit Ihrer Mutter im Westen des Landes unterwegs sein, um einige Anhänger von Du-weißt-schon-wen aufzuspüren, nicht wahr?"
Während Slughorn sprach, hat sich Selenas Hand in meiner verkrampft. Sanft streichle ich mit dem Daumen über ihren Handrücken. Schon öfter haben Leute es vermieden, Voldemorts Namen auszusprechen, aber ich habe das Gefühl, dass sich das vor allem in den letzten Monaten, als die Anschläge und Angriffe sich gehäuft haben, zu einer immer weiter ausbreitenden Gewohnheit geworden ist.
Wie alle anderen richte ich meinen Blick auf James, der nach kurzem Blickkontakt mit Sirius und Sela seinen traurigen Blick zurückzudrängen. Er versucht tapfer zu Lächeln. "Ich kann nicht mit Ihnen Kontakt aufnehmen, Professor. Dad wird wohl vollkommen überrascht werden, wenn er wieder Zuhause ist."
"Sie sind sich also sicher, dass er zurückkommen wird?", fragt Slughorn ohne Rücksicht. Sela zuckt neben mir zusammen und drückt meine Hand so fest, dass es beinahe schmerzhaft ist. "Natürlich", überrachenderweise lächelt James nun wirklich. "Meine Eltern sind Superhelden, sie werden immer zurückkommen." Mein Herz verkrampft sich bei den ernst gemeinten Worten. Es muss schrecklich sein, keine Ahnung zu haben, ob es seiner Mum und seinem Dad gut geht, und trotzdem - oder vielleicht gerade deshalb - hat er so ein Vertrauen. In seine Eltern, in ihre Fähigkeiten, in das Gute der Welt.
Rodolphus, der Einzige meiner engeren Freunde, der ebenfalls im Slug-Club ist, verschwindet sofort durch die Tür, nachdem Slughorn um 23 Uhr einen Blick auf die Uhr wirft und wie immer über die vorangeschrittene Uhrzeit erschrickt. Der Professor scheucht uns aus dem Büro und sagt im Hinausgehen wie beinahe jede Zaubertrankstunde zu Lily, wie schade es ist, dass sie nicht in seinem Haus ist.
Und als Black und Potter mit schnellen Schritten vorausgehen und Selena und Lily immer weiter zurückbleiben, nutze ich meine Chance und gehe ihnen nach, bis wir zu dritt vor einem Geheimgang enden. Sie bemerken mich erst, als ich mich ebenfalls an dem Wandteppich vorbeischiebe, und erschrocken drehen sie sich um. Als sie mich erkennen, ändert sich die Minen der beiden aber augenblicklich wieder. Selena lächelt breit, Lily wirkt hin und hergerissen zwischen Neugier und Missbilligung.
"Ich habe noch zwei Dine zu erledigen.", sage ich erklärend. Zuerst wende ich mich an Lily. "Also, ich persönlich bin pro Frauenwahlrecht, pro Rosa Parks, pro Gleichberechtigung jeglicher Art. Es gibt einen klaren Unterschied zwischen den Ansichten meiner Familie, die ich vertreten muss, solange Selena und ich nicht offiziell zusammen sind, und meinen. Wenn du meine kennenlernen willst, solltest du mich nicht vor dem gesamten Slug-Club darauf ansprechen. Und zweitens..."
Ich wende mich Sela zu, die den Kopf schiefgelegt hat und mich genau und mit funkelnden Augen mustert. Als ich ihre Hände in meine nehme und sie für eine kurze Umarmung an mich ziehe, schmiegt sie sich bereitwillig an mich. Ihre Hände legen sich um meinen Rücken und obwohl sie dabei meine Narben durch den Stoff fühlen muss, zucke ich nicht zusammen. Ich drehe den Kopf und drücke ihr einen sanften Kuss etwas oberhalb ihrer Augenbraue auf die Haut. "Gute Nacht, Honey.", raune ich ihr noch ins Ohr, dann löse ich mich schweren Herzens von ihr und trete den Rückzug an.
Am nächsten Tag herrscht eine aufgeladene Stimmung im Schloss und an keinem Ort ist nicht das Wort Quidditch zu hören. Während das Ravenclaw-Team von allen Seiten Glückwünsche und Ermunterungen zugerufen bekommt, müssen unsere Slytherin-Mitschüler alles tun, damit wir nicht schon auf den Gängen Verletzungen abbekommen, die uns am Spielen hindern. Einerseits ist es schön, von Freunden und Bekannten so unterstützt zu werden. Doch andererseits kann ich nicht leugnen, dass es mich bedrückt, dass diese Unterstützung nötig ist.
Der Freitag endet mit einem großen Beisammensitzen im Gemeinschaftsraum, bei dem das ganze Haus trotz unserer miesen Chancen das Glas erhebt und uns versucht mit Worten zu ermutigen, wenigstens den Ravenclaws eine Abreibung zu verpassen. Die Gryffindors konnten wir dieses Jahr nicht schlagen, doch die Ravenclaws, die können sich auf was gefasst machen.
Gegen alle Erwartungen lege ich mich an diesem Abend mit einem guten Gefühl ins Bett. Ich habe zwei Gründe morgen alles zu geben - und wegen keinem der beiden fühle ich mich schlecht.
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(Bildquelle: https://i.pinimg.com/originals/85/2d/6d/852d6d7749222c88fdb1f6ae1d97e2bb.jpg)
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