Chapter 72
(Bild: Sirius)
Sirius Black P.o.V.:
"Ich wusste nicht, dass du darauf stehst, dir deine Lungen zu verpesten."
Überrascht drehe ich mich um. Extra um solche bescheuerten Sprüche - und Nachsitzen - zu vermeiden habe ich mir die hinterste Ecke des hintersten Korridors ausgesucht, um in Ruhe eine meiner wenigen und deswegen sehr hochgeschätzten Zigaretten zu rauchen.
"Du hast keine Ahnung von mir, Malfoy. Und jetzt verschwinde, ich will das hier genießen können." Geringschätzig wende ich den Blick von Alexander Malfoys Gesicht und sehe aus dem Fenster zu meiner rechten, das ich weit geöffnet habe, damit kein Lehrer dem Geruch folgt.
"Krieg ich auch eine?", fragt Malfoy im gleichen Tonfall wie vorhin. Nicht gerade herzerwärmend, aber noch lange so eiskalt und von oben herab wie normalerweise.
"Ich bin ein stolzer Blutsverräter, Malfoy, du willst keine mit mir rauchen." Es ist mir schleierhaft, wieso er überhaupt fragt. Hat er wirklich erwartet, wir könnten nett in ein Gespräch vertieft eine durchziehen?
"Mag sein, dass du das bist, aber du bist auch der, mit dem als besten Freund die Reinblüter-Treffen nicht ganz so langweilig waren." Obwohl ich langweilig als das falsche Wort empfinde, stecke ich die Hand in meine Umhangtasche und reiche ihm die zwischen meinen Zeige- und Mittelfinger geklemmte Zigarettenschachtel. "Aber nur eine!", ermahne ich ihn. "Sonst kommt noch jemand auf den Gedanken, ich könnte dich mögen."
"Es erschüttert mich zuteifst, dass du das nicht tust, Black.", sagt er trocken, doch mit gehobenem Mundwinkel, was mich vollkommen verwirrt. Er wirkt völlig verändert. Die letzten sechs Jahre hat er sich alle Mühe gegeben, mit keinem Wort und keinem einigermaßen freundlichen Blick auf die elf Jahre Freundschaft aufmerksam zu machen, die vor der Einteilung des Sprechenden Hutes zwischen Selena, Alexander und mir bestand. Und jetzt wirft er mit Lässigkeit und Sprüchen nur so um sich.
"Wie läuft der Apparierkurs?", fragt Malfoy, nachdem er einmal an der Zigarette gezogen hat, die er, als würde er es täglich machen, mit seinem Zauberstab angezündet hat. Doch der ganz und gar uncoole Hustanfall nach seinem ersten Zug, lässt mich vermuten, dass es seine erste Zigarette ist. Woher kennt er die tödlichen Dinger eigentlich? Alte Reinblüter rauchen höchstens mal eine Pfeife, aber Zigaretten sind nicht üblich.
"Smalltalk? Wirklich?", ist meine Erwiderung. Er zuckt mit den Schultern und redet einfach weiter als hätte ich nichts gesagt:"Ich finde, dass diese drei Regeln, die der Typ immer wiederholt, die ganze Sache noch schwieriger machen als es sein müsste. Ich denk dann immer darüber nach, was die dritte ist und nicht einfach daran, in einem Stück da zu landen, wo ich rauskommen will."
"Bedacht, die dritte Regel heißt Bedacht. Aber ja, du hast recht.", ist meine knappe Antwort. Ich ziehe an meiner Zigarette und lasse den Blick über die schneebedeckte Landschaft wandern. Für März ist es noch ziemlich weiß. Mein Blick fällt auf das Quidditchstadion, auf dem gerade die Hufflepuffs trainieren. Hoffentlich wird es bis zum nächsten Spiel zwischen Slytherin und Ravenclaw wieder wärmer. Es würde viel mehr Spaß machen, den Schlangen beim Verlieren zuzusehen.
"Dass ich das noch erlebe! Sirius Black gibt mir recht!", murmelt Malfoy amüsiert und ich lenke meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn. "Ich stecke voller Überraschungen.", sage ich trocken. "Also, Malfoy, wieso bist du so nett? Du solltest damit aufhören, es ist gruslig."
Er grinst, während er auf seine Schuhe starrt. "Es ist kompliziert und nicht der richtige-" Schnelle Schritte nähern sich und Malfoy und ich verstecken gleichzeitig die Zigaretten hinter unseren Rücken. Man muss die guten Dinger ja nicht gleich aus dem Fenster werfen. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass es ausgerechnet einer der Lehrer ist, der hier vorbeikommt, wo doch die Anzahl der Schüler so viel größer ist?
Ich verfluche meine Pragmatismus als die Person um die nächste Ecke biegt. Wir hätten die Zigaretten einfach wegwerfen sollen, denn Professor McGonagall trotzt jeder Wahrscheinlichkeitsrechnung. Mit starren Gesichtszügen mustert sie uns, das offene Fenster und dann die rechten Arme, die jeweils halb von den Rücken verborgen werden.
"Professor!", sage ich erfreut. "Es ist wie immer ein Lichtblick, Sie zu sehen." Vollkommen sinnlos charmant zu sein, das weiß ich, denn Gonnies Katzensinne haben den Zigarettengestank bereits aus hundert Meter Entfernung wahrgenommen. Wo ich so darüber nachdenke, hätte ich doch Hagrid einen Besuch abstatten sollen. Da draußen ist die Professorin nicht so oft unterwegs. Da sowieso alles egal ist, nehme ich noch einen kräftigen Zug, bevor Gonnie sie mir aus der Hand schlagen kann. Ihre Augen hinter der gemusterten Brille blitzen gefährlich.
"Mister Black, ich rate Ihnen, den Zauberstab nicht zu überhitzen. Mister Malfoy, ich muss sagen, ich bin überrascht, Sie rauchen zu sehen. Ich hielt Sie für klüger. Fünfzehn Punkte Abzug für Sie beide." Malfoy zuckt mit den Schultern. "War eine Art Mutprobe für mich selbst. Also, wann geht's los?"
"Heute Abend acht Uhr in meinem Büro. Und nehmen Sie ihre Verwandlungsbücher und Zauberstäbe mit. Wir werden ein Thema behandeln, das für die meisten in Ihrem Alter zu anspruchsvoll ist, weswegen es von kaum einem Lehrer bereits in der sechten Jahrgangsstufe behandelt wird.", damit und einem Schlenker ihres Zauberstabes, das die beiden Zigaretten ins Nichts verschwinden lässt, rauscht sie davon.
"War das ein Kompliment?", fragt Malfoy mit gerunzelter Stirn, während er sich gegen die Fensterbank lehnt. "Natürlich, war es das. Wenn man Gonnies Sprache spricht, ist jeder Satz von ihr ein Kompliment.", ich grinse schief, "Du musst nur aufpassen und eine gesunde Kreativität und Intilligenz besitzen." Ich stoße mich mit meinem Fuß von der Wand ab und lasse Malfoy ohne ein weiteres Wort stehen. Das war eindeutig genug Nettigkeit für heute.
Das Nachsitzen ist gegen alle Erwartungen recht amüsant. McGonagall hat für Malfoy und mich die extra schweren Verwandlungszauber herausgekramt, wodurch es zwar Schwerstarbeit ist, doch eben genau das, was ich unter Spaß verstehe. Ich mag Schulstunden, in denen nichts außer ein paar Hefteinträgen passiert, überhaupt nicht. Herausforderungen und Nervenkitzel ist mir da um ein Tausendfaches lieber.
Sie hat mit den Worten "Sie kennen doch bestimmt Gamps Gesetz der elementaren Transfiguration, nicht wahr?" begonnen und jetzt, zwei Stunden später, versuche ich immer noch, das Nichts in einen gemütlichen Ohrensessel mit rotem Gryffindor-Bezug zu verwandeln. Ich habe schon mehrere Klappstühle und einfache Essstühle und bin entschlossener denn je den Ohrensessel hinzukriegen.
Gamps Gesetz handelt von der Verwandlung des Nichts in etwas Gegenständliches. Demnach gibt es auch fünf Ausnahmen, wie beispielsweise Nahrungsmittel, die man nicht einfach heraufbeschwören kann. Aber alles andere ist zu bekommen, wenn man sich nur fest genug anstrengt.
Malfoy, der sich seit Stunden um eine Leinwand mit einer großem Weltkarte darauf bemüht, seufzt frustriert, als er wieder einmal eine pechschwarze in der Hand hält. Davon hat er schon zehn.
"Konzentration, Mister Malfoy. Frust wird ihnen nicht helfen.", sagt Professor McGonagall vom Lehrerpult aus, wo sie einen Stapel Pergamentrollen korrigiert. Malfoy stellt die Leinwand zu den anderen, drückt die Schultern zurück und startet einen neuen Versuch. Ich kann nicht anders als sein Durchhaltevermögen zu bewundern. Wenn ich schon ein Dutzend Mal das Selbe auftauchen hätte lassen, hätte ich bestimmt schon meine Faust durch den Baumwollstoff sausen lassen.
Obwohl sich bei mir schon die ganze Zeit wenigstens ein kleines Stück verändert, lässt Malfoy vor mir ein lautes "Ha!" hören. Er hält eine Leinwand mit einem flachen Abbild der Welt darauf in der Hand. Jedes Land ist in einer anderer knalligen Farbe.
"Sehr gut, sie haben es nach drei Stunden geschafft.", sagt Gonnie, die von ihren Unterlagen aufsieht. Ich grinse, weil ich an das Gespräch von vorhin zurückdenknen muss, und murmle in Malfoys Richtung:"Das bereits musst du dir selbst dazudenken." Er grinst zurück und richtet seine Augen dann wieder auf die Leinwand. Andächtig fährt er über die kleine Insel, die Großbritannien darstellt.
Ich spüre McGonagalls Blick auf mir und sehe auf. Sie starrt mich an und ich kann mir denken, woran das liegt. "Was? Frechheit siegt!", als ich dazu noch breit grinse, presst sie die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. "Aber zu viel davon kann Sie auch ganz schnell auf die Nase fliegen lassen, Mister Black. Wieso haben Sie aufgehört zu zaubern? Ich sehe hier nirgendwo einen Ohrensessel." Sie taucht ihre Feder ins Tintenfass und wendet sich wieder den Hausarbeiten zu. Dann sagt sie noch ohne aufzusehen. "Sie können gehen, Mister Malfoy. Nehmen Sie zehn Punkte für Ihre fortgeschrittene Verwandlungsfähigkeit."
Ich bleibe mit der Professorin zurück. Drei von den missglückten Ohrensessel bekomme ich zu meinem Frust noch, bevor McGonagall wieder spricht:"Mehr Schwung aus dem Handgelenk, Sie haben es fast." Ich versuche es noch einmal, mit aller Konzentration, die ich aufbringen kann und plötzlich schwebt vor mir ein unheimlich bequem aussehender und riesiger Ohrensessel aus dunklem Holz und mit samtenem rotem Bezug. "Yeah! Der Wahnsinn!" Vorsichtig lasse ich ihn auf den Boden sinken.
"Gute Arbeit. Nehmen Sie ebenfalls zehn Hauspunkte, Mister Black. Und nun sollten Sie schleunigst in Ihren Gemeinschaftsraum verschwinden." Ich verneige mich grinsend. "Vielen Dank für Ihre bezaubernde Gesellschaft, Professor, es war mir wie immer eine Freude."
Während ich den Ohrensessel mit einem gezielten Wingardium Leviosa vom Boden abheben lasse, höre ich Gonnie leise murmeln:"Natürlich war es das. Es ist ja nicht so, als dass das ein verdientes Nachsitzen war!"
"Gute Nacht, Professor.", wünsche ich, sobald ich an der Tür angekommen bin. Doch die Professorin hält mich auf, ehe ich nach draußen treten kann. "Ich bin froh, dass Sie ihr Kriegsbeil begraben haben, Sirius, das zeugt von wahrer Stärke, wissen Sie?"
"Wahre Stärke?", wiederhole ich. Nachdenklich wende ich mich wieder meiner Lieblingslehrerin zu. "Es war nur eine einzige Unterhaltung und eine Zigarette." Auf Professor McGonagalls Lippen bildet sich etwas, das verdächtig nach einem Lächeln aussieht. "Eine Unterhaltung und eine Zigarette sind ein guter Anfang."
Im Gemeinschaftsraum wartet schon Selena auf mich. Sie sitzt vor dem Kamin und springt vom Sofa auf, als ich hinter dem Ohrensessel durch das Porträtloch steige, die neugierigen Blicke der anderen Gryffindors ignorierend. "Alles in Ordnung? Wie war's?"
Ich zucke die Schultern, während ich den Sessel neben dem Sofa abstelle. Erledigt vom Tag lassen wir uns beide auf die Sitzmöbel fallen. "Es war ganz in Ordnung, Malfoy war ganz in Ordnung." Mit großen Augen sieht sie mich an. "Ernsthaft?", fragt sie ehrlich überrascht.
Ich zucke die Schultern. "Ja, vielleicht steckt ja noch ein bisschen was von dem kleinem Alex in ihm. Gehirnwäsche ist ja bekanntlich nicht bei jedem zu hundert Prozent erfolgreich." Ich zwinkere ihr zu und greife nach ihrer Hand, um sie einmal fest zu drücken.
"Wo wir grad von völlig Irren reden, wo sind unsere Freunde?" Sels Mundwinkel zucken und heben sich schließlich. "James ist völlig erledigt vom Quidditchtraining heute Nachmittag. Ich glaub, das ganze herumgeschreie tut ihm nicht gut. Genauso wie die dauerhaft erhöhte Herzfrequenz beim Gedanken an das Pokalspiel. Ach, und Remus und Peter haben den ganzen Abend mit Hausaufgaben verbracht, sodass man den Dampf förmlich aus ihren Köpfen aufsteigen sehen konnte. Frank ist bei Alice und ich warte hier auf Lily, die einen ihrer wichtigen Vertrauensschüler-Rundgänge macht."
Wir sehen beide auf, als am anderen Ende des Gemeinschaftsraumes ein lautes Kreischen ertönt. Zwei Mädchen liegen sich lachend in den Armen und drehen sich taumelnd im Kreis um sich selbst. Mein Herz wird schwer, als ich Marlene als eine davon erkenne.
"Ach, Sirius", flüstert Selena mit mitleidiger Stimme. Sie springt auf die Beine und setzt sich im nächsten Moment auf meinen Schoß, um mich fest zu umarmen. Willig streiche ich ihr Haar von ihrer Schulter und lege dann das Kinn auf ihre Schulter. "Du bist mein Lieblings-Zwillingsbruder und ich habe eine Weisheit, die auf eigenen Erfahrungen basiert. Willst du sie wissen?" Ich nicke leicht. "Schieß los."
"So zu tun, als ob es nicht wehtut, tut am meisten weh. Es ist in Ordnung ein paar Tage oder Wochen traurig zu sein und nicht der Charm in Person zu sein. Man muss nicht immer lächeln und auch nicht immer witzig sein. Lass bitte die Gefühle zu, die du im Herzen fühlst. Es ist nicht gesund, sie eine Schublade zu packen und wegzuschließen."
Ich seufze, weil sie mich so gut durchschaut hat. "Du solltest Psychotherapeutin werden.", sage ich leise in ihr Haar. Sel schüttelt bestimmt den Kopf. "Nein, tut mir leid, mein Traumberuf ist Schokoladentesterin. Aber ich bin gerne deine persönliche Therapeutin. Wochentags immer von null bis 24 Uhr und am Wochenende um die gleiche Zeit."
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(Bildquelle: https://68.media.tumblr.com/d2de8fa767714167f119413e227454a5/tumblr_inline_ov9lvvu9z21v569uw_540.gif)
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