Chapter 67

(Bild: Padfoot)

Remus Lupin P.o.V.: 

Nach dem spektakulären Quidditchspiel am Samstag kommt es mir so vor, als würden sämtliche Gryffindors durch die Gänge schweben. Selbst Lily und ich haben uns den Sonntag frei genommen und sind mit Dorcas, Selena und Frank eine große Runde um den See durch den Schnee gestapft. Das Ganze hat in einer riesigen Schneeballschlacht geendet, bei der nicht nur wir fünf mitgemacht haben. Am Ende waren es ungefähr vier Dutzend Leute, die Gefallen daran fanden, ihren Freunden eine Abreibung zu verpassen. 

Die Slytherins schleichen dagegen ungewohnt ruhig durch die Gänge. Auch wenn Malfoy für seine Boshaftigkeit gefeiert wird - immerhin glauben alle, er hätte Selena hinterlistig nur deswegen seine Hand angeboten, um sie dann selbst Abstürzen zu lassen - bleiben die Slytherin ansonsten recht stumm. Es ist eine willkommene Abwechslung, das muss ich zugeben, auch wenn deswegen noch lange nicht Ruhe im Schloss herrscht. 

Der Mittwoch ist mein Lieblingstag. Die erste Stunde haben wir Gryffindor-Sechstklässler frei und auch am Nachmittag ist für uns kein Unterricht. Dafür haben wir Nachts Astronomie, doch ich zähle diese zwei Stunden gerne zu Donnerstag, damit ich den Mittwoch genießen kann. So kommt es, dass der Rumtreiberschlafsaal normalerweise eine Stunde länger schläft und dann ganz ohne Stress zum frühstücken geht. Aber wie schon gesagt: normalerweise. 

Heute morgen als die Dämmerung einsetzte, hat irgendwer - Prongs! - beschlossen, dass er nicht mehr schlafen kann, und damit er nicht alleine seiner Hirsch-Eigentümlichkeit zum Opfer liegt, die ihm von einem überzeugten Langschläfer zum genauen Gegenteil gemacht hat, beglückt er den ganzen Schlafsaal mit dem neusten Queen-Album. Was für eine schöne Geste, denke ich, während ich mir mein Kopfkissen auf die Ohren presse. Merkt man mir meinen Sarkasmus an? Ich hoffe es!

"Du Arsch!", kommt es gedämpft aus Sirius' Himmelbett. "Stell den Plattenspieler ab!" "Willst du lieber John Lennon hören?", fragt James daraufhin unschuldig. "Es ist nicht mal sechs Uhr!", stöhnt Peter gequält. "Ja", mischt sich Frank ein, "wer, der noch ganz bei Sinnen ist, will noch vor sechs Musik hören?" Ein gewaltiges Knarzen ist zu hören, als James von seinem Bett, auf dem er die letzten Minuten herumgehüpft ist, auf den Boden springt. "Die bessere Frage ist: Wer will noch ganz bei Sinnen sein? Und nicht mit guter Musik in den neuen Tag starten?" Zu viel Philosophie für mein müdes Gehirn!

Wieder ein Stöhnen, dieses Mal von mir. "Wieso seid ihr alle so seltsam?" Ich bekomme mehrere Antworten, doch keine ist eine wirkliche Antwort auf meine Frage: 
"Was heißt hier alle?"- Frank, 
"Du bist selber seltsam!"-Sirius, 
"Ich bin gern seltsam. Das ist doch ein Synonym für außergewöhnlich, oder?"- James, 
"Ich bin nicht seltsam, ich bin müde!"- Peter

Ich hebe den Kopf und starre meine Freunde der Reihe nach entgeisert an. Queen erfüllt den Schlafsaal und ich frage mich, wie lange es wohl noch dauert, bis die Siebtklässler über uns und die Fünftklässler unter uns wütend zu Trampeln und Klopfen beginnen. Wobei die Fünftklässler wohl eher Schuhe gegen die Decke werfen werden. Oder Schulbücher. Sie könnten uns auch kurzerhand wegsprengen, schießt es mir durch den Kopf. Das wäre auf jeden Fall meine erste Wahl.

"Moony!", ruft James, nachdem er damit fertig ist, mit Moves, die zu einer anderen Uhrzeit komisch gewesen wären, durch das Zimmer zu tanzen. Oh nein, ich hätte mich nicht aufsetzen sollen! Er hüpft auf mich zu und schmeißt sich zu mir in mein Bett. Am liebsten würde ich ihm einen nachdrücklichen Stupser gegen die Brust geben und ihm dabei zusehen, wie er aus dem Bett fällt. Aber dafür bin ich vermutlich zu nett. "Ich wusste, dass du mich nicht hängen lässt. Was machen wir als erstes? Frühstücken, Anziehen oder eine Kissenschlacht?" Wer zieht sich bitte nicht an? Bin ich der Einzige, der den Schlafsaal nicht im Pyjama verlässt?

"Ich hab ne super Idee!", verkünde ich, nachdem ich mich dazu entschieden habe, seinen zweiten Vorschlag nicht zu hinterfragen. "Du stellst den Plattenspieler ab, ziehst dich an und schleichst dann in die Küche, um uns allen ein vorzeitiges Frühstück zu holen. Wir machen uns ein schönes Picknick auf dem Schlafsaalboden und danach vielleicht eine Kissenschlacht. Wenn du Lust hast, können wir auch ein paar Partyspiele spielen." 

Wie erwartet springt James sofort auf die Beine und stürzt zu seiner Kommode, aus der er sich seine Schuluniform nimmt. Sekunden später geht er mit dem Tarnumhang in der Hand und den Worten "Bis gleich, Freunde!" ohne Zauberstab aus der Tür. Mühsam richte ich mich auf und nehme meinen Zauberstab vom Nachttisch. Die Musik verstummt augenblicklich und die Jungs seufzen entweder erleichtert oder murmeln ein "Danke".

"Fies!", kommentiert Sirius, als ich den mit rotem Samt bezogenen Stuhl, der als Sirius' persönliche Kram-Ablage funktioniert, quer durchs Zimmer fliegen lasse und dann so vor der Tür platziere, dass die Türklinke nicht hinuntergedrückt werden kann. "Teuflisch!", gibt nun auch Frank seinen Senf dazu. "Er hat's verdient, wenn er uns so aufweckt!", verteidige ich mich, wobei ich eher mein eigenes schlechtes Gewissen beruhigen will. Doch das existiert nur solange, bis ich mich zurück in meine Kissen fallen lasse, mir die Decke über den Kopf ziehe und die Augen zufallen.

Ich hatte Rache erwartet, doch als wir drei Rumtreiber nach zwei Stunden durch die Schlafsaaltür treten, attackiert uns kein Eimer voll eiskaltem Wasser und auch die Treppe sieht unbedenklich aus. Im Gemeinschaftsraum wird klar, wieso James keine Rache übt. Er hat jemand anderes gefunden, mit dem er in der Dämmerung frühstücken kann. Dieser Jemand sieht allerdings keineswegs amüsiert aus. Mit Augenringen und mörderischem Blick stiert Selena uns entgegen, als wir nacheinander die letzte Stufe nehmen und uns zu ihr und James gesellen. Beinahe hätte ich gelacht, als Sirius das in Hundeform macht. Hat da jemand Angst?

"Megan, Mia und Lils haben mich verbannt, weil ihr es nicht fertig gebracht habt, ihm eine gut dosierte Portion Schlaftrank zu verabreichen! Ist das dein ernst? Partyspiele?", bei den letzten zwei Sätzen sieht sie mich an. Ich zucke die Schultern. "Wenn er es glaubt..." James runzelt die Stirn. "Ihr wisst schon, dass ich neben euch sitze, oder?" Selena legt den Finger an die Lippen und wirft ihm einen strengen Blick zu. "Wenn der Kuchen spricht, sind die Krümel leise, James."

Ihm wäre fast die Kinnlade runtergeklappt, so verdattert macht ihn diese Aussage. Der Hund, der sich bis jetzt hinter meinen Beinen herumgedrückt hat, bellt und macht ein würgendes Geräusch, was uns alle zurückweichen und den Mund verziehen lässt. "Hör damit auf, das ist gruslig.", meint Peter mit leiser Stimme. Der Hund erstarrt, starrt ihn eine Sekunde lang konfus an, dann bricht er erneut in Hundelachen aus und muss sich sogar hinlegen, weil ihn seine Beine nicht mehr tragen. 

Eben diesem Moment sucht Lily sich aus, um unserer bescheidenen Runde Gesellschaft zu leisten. Sie will gerade etwas sagen, als ihr Blick auf den schwarzen Hund fällt, der inzwischen nur noch seinen Kopf schütteln kann. "Oh, was ist denn mit dir los?", fragt sie besorgt, aber mit bester Laune. Sie kniet sich vor Padfoot und streicht ihm über den Kopf. 

Wenn sie wüsste, dass das Sirius ist... Ich glaube, sie würde es sich zweimal überlegen, ob sie anfängt, dem Hund das Fell zu kraulen. "Äh, Lils?", beginnt Sel, doch als Lily mit leuchtenden Augen aufsieht, bringt Sel es nicht über sich, weiterzusprechen. Sie winkt ab und nimmt wieder auf dem Sofa neben James platz, der Padfoot äußerst missmutig betrachtet. 

Während Padfoot am Anfang etwas perplex wirkte, gibt er sich jetzt seinen Hundinstinkten hin und gibt wohlige Laute von sich. Er dreht sich sogar irgendwann auf den Bauch. Seine Zunge hängt ihm aus dem Maul und er bellt immer mal wieder. Die Leute, die in den Gemeinschaftsraum kommen, werfen dem Hund neugierige Blicke zu, doch keiner nähert sich. Einige erinnern sich vermutlich noch an die gestrige Wahrsagestunde, in der James' Teesatz den Grimm angekündigt hat. Sirius und James haben den ganzen Abend gelacht, weil alle so besorgt waren.

Aber keiner von ihnen stellt eine Gefahr für die Geheimhaltung unserer Geheimnisse dar, es ist Lily, die uns in Erklärungsnot bringt. "Wem gehört er eigentlich? Und wie ist sein Name?" Wir wechseln ratlose Blicke. Sie kennt Sirius Spitznamen und sie weiß auch, dass keiner von uns mit einem Hund angereist ist. 

"Er ist uns zugelaufen, gestern Abend.", sage ich so ruhig wie möglich. "Wir haben ihn Schnuffel getauft.", fährt James fort. Er grinst breit und zwinkert dem Hund zu, der bei diesem Namen den Kopf hebt und James erschrocken ansieht. "Wie süß. Passt du ihm." Pad dreht den Kopf zu Lily. Im nächsten Moment bellt er einmal laut, irgendwie beleidigt, springt auf und trottet davon. Er schlüpft an einer Siebtklässlerin vorbei, hinter der das Porträt sich noch nicht wieder ganz geschlossen hat, und verschwindet auf den Gang. 

Lily blickt ihm überrascht hinterher. "Das war seltsam."

Wir treffen Sirius - als Mensch - in der Großen Halle wieder. Er hat sich seinen Teller schon ordentlich vollgeladen und ist gerade dabei, sich Spiegelei und Speck in den Mund zu schaufeln. Neben ihm stolziert ein großer, brauner Waldkauz auf der Tischplatte herum. Er klappert ungeduldig mit dem Schnabel und taxiert einem nach dem anderen. An seinem dünnen Fuß trägt Gabriel ein kleines Päckchen. 

Er schüttelt immer wieder sein Bein, damit ihn endlich jemand von seiner Last befreit, aber Sirius isst ohne davon Notiz zu nehmen weiter. James ist da liebevoller zur Eule seiner Eltern. Er nimmt ihr das Paket ab und setzt sie sich dann auf die Schulter, um ihr ein paar Happen seines Frühstücks abzugeben. Aus dem Augenwinkel sehe ich Lilys Lächeln, als sie James und das Tier betrachtet. Ich hab das Gefühl, sie kann ihn inzwischen ganz gut leiden. Die meiste Zeit des Tages zumindest.

Das Päckchen enthält einen kurzen Brief, in dem die Eltern von James fragen, wie es uns geht und wie das letzte Quidditchspiel war. Über sich schreiben sie nur, dass es ihnen gut geht, wo sie gerade sind oder was sie machen erwähnen sie aus Geheimhaltungsgründen nicht. James bedrückt es, so wenig zu erfahren, doch er kaschiert das mit einem breiten Grinsen, als er die Süßigkeiten, die den Großteil des Pakets füllen, verteilt. Ich verziehe angeekelt den Mund, als Peter sich eine Hand voll Lakritz-Schnappern in den Mund schiebt. Ich find das Zeug ja an sich schon widerlich, aber es auch noch zum Frühstück zu essen... Das spengt eindeutig meine Toleranzskala.

James gibt auch Lily etwas von den Süßigkeiten ab. Vor allem Schokofrösche, die bei uns allen heiß begehrt sind. Doch bevor er seine Hand öffnet, um ein paar davon in Lilys fallen zu lassen, setzt er ein charmantes Lächeln auf, bei dem seine Grübchen besonders zur Geltung kommen. "Hättest du Lust, mich nächstes Wochenende nach Hogsmeade zu begleiten?" Lily blinzelt. Kann ich ihr nicht übel nehmen, in letzter Zeit hat James seine Date-Anfragen deutlich zurückgeschraubt.

Sie zieht ihre Hand zurück und schüttelt dann langsam den Kopf. "Das ist keine gute Idee, James. Besser nicht." Das altbekannte, nur eine Millisekunde andauernde enttäuschte Aufflackern in seinen Augen zeigt, dass er immer noch, nach so vielen Malen, die Hoffnung auf ein Ja nicht verloren hat. 

James setzt ein äußerst überzeugendes Grinsen auf und legt Lilys Schokofrösche auf den Tisch vor ihr. Ich bezweifle aber, dass sie das mitbekommen hat, denn sie starrt betreten auf ihren Teller, auf dem ihr Löffel ihren Haferbrei massakriert. Ich tausche eine Blick mit Sel. Wir sind uns einig, dass wir in nächster Zeit auf Lily ein besonderes Augenmerk haben werden.

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(Bildquelle: https://www.lokalo24.de/bilder/2018/02/02/9580828/793160362-merlin-tierheim-frankenberg-1Wa7.jpg)

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