Chapter 62

(Bild: Zauberschach)

Alexander Malfoy P.o.V.:

Mit einem metallenes Klimpern reiße ich Selena aus ihren Gedanken. Ich habe sie vorhin bei unserem Kuss, ihrem Liebesgeständnis, neben mich gezogen, um sie beim Frühstück ganz nah bei mir zu haben und jetzt kann ich meinen Blick nicht von ihr abwenden. Ich kann mich noch nicht einmal für ein Frühstück entschieden, weil ich dann wegsehen müsste. Sie sieht auf, den Mund voller Fruchtjoghurt, in den sie sich zusätzlich Obst geschnitten hat. In ihrem linken Mundwinkel ist ein bisschen Joghurt, was ihr sich gerade bildendes Lächeln noch süßer macht. 

Selena folgt meinem Blick zu meiner Hand, an der das Armband baumelt, das ich ihr geschenkt habe. Sie betrachtet es mit nachdenklichem Blick, der sich erst klärt, als ihr die Schüssel mit Joghurt aus der Hand nehme, ihre Hand sanft in meine nehme und ihr das Armband umlege. "Sally hat es auf meinen Wusch hin mitgenommen.", erkläre ich mit gesenkter Stimme. 

"Dankeschön", murmelt sie leise gegen meine Lippen, als ich mich vorbeuge, um mir einen Minikuss von ihr zu stehlen. Die Magie, die wie ein dichter Nebel den ganzen Raum ausfüllt, hat nichts mit Zaubersprüchen zu tun. Diese Magie ist anders. Berauschender, abhängig machender und wie ein stummes Versprechen. Meine Hand lege ich auf ihre Wange, während wir Stirn an Stirn verweilen. Selenas Atem streift meine Haut und ihre Haarspitzen kitzeln mich am Kinn. Ich nehme mir vor mir diese Sinneseindrücke für immer im Gedächtnis zu behalten, denn es gibt keinen Ort im Universum, an dem ich lieber wäre und keinen Augenblick zu dem ich selbst in 70 Jahren lieber zurückkehren würde. 

Unser Moment wird unbeabsichtigt von mir beendet, als ich tief Luft hole und meine Lippen Selenas berühren. Augenblicklich versinken wir in einen leidenschaftlichen Kuss, von dem ich einfach nicht genug bekommen kann. Selenas Finger krallen sich an meinen Schultern fest und sorgen so für mehr Nähe. Ich will gerade meinen Arm um sie schlingen, um sie auf meinen Schoß zu ziehen, als Selena sich atemlos von mir löst.

"Warte", ihr Tonfall ist heißer, aber nachdrücklich, was mich sofort zurückweichen lässt. Ich lehne mich gegen die Kopflehne, um ihr Raum zu lassen und lege den Kopf ein kleines bisschen schief, während meine Lippen als Reaktion auf den Kuss prickeln und mein Herz rast. Ich zeige ein echtes Lächeln, doch es baut sich unleugbar Nervosität in meinem Bauch auf. Ist ihr das alles zu viel? Zu früh? Ich für meinen Teil bin ganz schön überwältigt und durcheinander. Vielleicht braucht sie Zeit, um ihre Gedanken zu ordnen. Oder sie hat sich doch umentschieden.

"Machen wir jetzt da weiter, wo wir vor einem halben Jahr aufgehört haben? Geheime Treffen, keine Sympathie in der Öffentlichkeit und-"

"Sympathie in der Öffentlichkeit?", fragt ich mit gehobenen Brauen. Im nächsten Moment habe ich mein Vorhaben ausgeführt und sie zu mir auf meinen Schoß gezogen. Auf Selas Gesicht blitzt ein Lächeln auf und sie windet sich leicht. Dieser Wiederstand erstirbt aber schnell und sie legt ihre Unterarme auf meinen Schultern ab und vergräbt die Hände in meinem unordentlichen Haar. 

"Glaub mir, Honey, wenn ich dir sage, dass ich dir am liebsten Tag und Nacht egal vor wem oder wann oder wie meine Liebe gestehen würde. Aber ich werde bestimmt nicht das Risiko eingehen, dich zu verlieren, Selena." Mein Griff verfestigt sich. "Ich liebe dich. Ich kann dich auf keinen Fall noch einmal verlieren." 


James Potter P.o.V.:

Angespannt sieht Lily zum zweiten Mal in einer Minute auf ihre Armbanduhr. Dann reibt sie sich über die Nasenspitze und starrt wieder auf die Rolle Pergament vor ihr. So geht das jetzt schon seit Stunden. Seit sie sich nach dem Frühstück mit ihrem Schulzeug einen der Tische geschnappt hat und mit der Zauberkunst-Hausübung angefangen hat. Wobei man das, was sie da macht, nicht lernen nennen kann. Eigentlich rutscht sie nur auf ihrem Platz herum und stiert entweder die Uhr oder das Porträtloch an. 

Und mich. Erst will ich mich rasch abwenden, als ihre Augen auf mir landen, doch dann entscheide ich mich für mein bestes  Grinsen. Wahrscheinlich blitzen sogar meine Zähne kurz auf, so breit scheint es mir zu sein. Lily runzelt die Stirn, mustert mich einen Moment lang und sieht dann wieder auf ihre Uhr. Sie wirkt so wütend, dass die Zeit nicht verstreicht, dass ich einen Augenblick lang Angst habe, dass sie die Uhr gegen die nächste Wand wirft. Doch dann reibt sie nur wieder über ihre Nase und greift nach einem der vielen zylinderförmigen Gegenständen vor sich, von denen jeder eine andere Farbe hat. 

Ohne auf Sirius' Protest zu hören, weil ich ihn und Peter während ihrer Schachpartie einfach alleine lasse und nicht weiter seinen großspurigen Kommentaren zu jedem Zug lausche, lege ich den inzwischen verknitterten Zettel mit der kerzengeraden Schrift weg und bahne mir meinen Weg zu Evans. Bei genauerem Hinsehen wirkt sie gar nicht wütend, eher nervös, besorgt. Ich frage mich, ob es etwas mit ihrer Familie zu tun hat. Oder mit Snape, den strunzdummen Trottel.

"Na, Evans" Schwungvoll setze ich mich neben sie. "Alles roger in Kambodscha?" Sie sieht mit hochgezogenen Augenbrauen auf und ich glaube kurz, ein klitzekleines Lächeln ihre Mundwinkel umspielen zu sehen, doch dann verdreht sie seufzend die Augen und schaut mich missmutig an. "Hallo, Potter. Und, alles cool in Istanbul?"

Überrascht lehne ich mich ein Stück zurück, damit der Effekt größer ist, als ich sie mit großen Augen ansehe. "Evans, du bist ja ein richtiges Konter-Talent!" Sie verdreht noch einmal die Augen, diesmal weniger schlecht gelaunt und vielleicht sogar mit einem Hauch Röte auf den Wangen. Der ernste Ausdruck ist aus ihren Augen verschwunden, und allein deswegen war es die richtige Entscheidung, mich zu ihr zu setzten. 

"Hast du nächstes Hogsmeade-Wochenende schon was vor?" Lily hebt eine Augenbraue. "Ich gehe nicht mit dir auf ein Date, das solltest du inzwischen wissen." Ich schenke ihr mein bestes Grinsen. "Irgendwann wirst du mit mir Hogsmeads Straßen unsicher machen, versprochen." Sie sieht mich zweifelnd an, sagt aber nichts.

Ohne hinzusehen weiß ich, dass Sirius und Peter, die zusammen auf einem der Sofas am anderen Ende des Raumes sitzen, uns beobachten, doch ich sehe nicht zu ihnen, um zu sehen, wie sie mich zu sich winken. Ein paar Minuten werden sie schon ohne mich auskommen. 

Ich schnappe mir den roten der zylinderförmigen und fingerbreiten Gegenstände und betrachte ihn. Beide Enden haben eine Kappe, die ich leicht runterziehen kann. Darunter kommen zwei rote Spitzen zum Vorschein, eine dünner, eine dicker. "Was macht man damit? Benutzen Muggel das?" Über Lilys Gesicht huscht ein amüsiertes Grinsen. "Das ist ein Stift, ein Buntstift, um genau zu sein. Und ja, das ist eine Erfindung der Muggel." Von sowas habe ich noch nie gehört. Meine Ratlosigkeit muss man mir ansehen, denn Lily schüttelt belustigt den Kopf und schnappt sich dann den sogenannten Stift aus meiner Hand. 

"Also", beginnt sie, dabei schiebt sie eine der Kappen wieder auf den Buntstift, "gib mir mal deine Hand." Ganz automatisch folge ich ihrer Anweisung. Sobald sie ihre Hand unter meine legt, um sie ruhig zu halten, während sie den Buntstift zu meiner Haut führt, wird mir bewusst, wie nahe wir uns sind. Ich glaube nicht, dass sie jemals meine Hand berührt hat. Freiwillig und mit Absicht, meine ich. Sonst gibt sie sich immer Mühe, mir aus dem Weg zu gehen und mir nicht zu nahe zu kommen. 

Staunend starre ich auf meine Hand, auf der mit der kitzelnden Berührung des Stiftes eine dünne Linie erscheint. Lily Blick ruht auf mir, den ich allerdings nur erstaunt erwidern kann. Sie kichert leise, bevor sie nach einem anderen Buntstift greift und diesmal mit grün auf meine Haut malt. "Ich kann nicht fassen, dass du noch nie von Stiften gehört hast, Potter, das ist irgendwie ein bisschen traurig." Ich zucke die Schultern. "Ich hab kein Muggelkunde."

James pragt ein paar Sekunden später auf meiner Haut, in schöner runder Schrift, die der sonst so ordentlichen von Lily Evans kaum ähnlich sieht. "Wie hast du das gemacht? Ohne Tinte!" Lily wedelt mit dem Stift vor meiner Nase herum. "Die Tinte ist in der Mitte, damit man nicht immer ein Tintenfass mit sich herumschleppen muss." "Und seit wann kennst du meinen Vornamen?" Sie runzelt die Stirn. "Äh, schon immer?", es klingt wie eine Frage.

Ich nehme den blauen Buntstift und mache einmal mit der dünnen und einmal mit der dicken Seite einen Punkt auf die Ecke von Lilys Pergament. Überraschenderweise sagt sie nichts. "Bist du sicher, dass das Muggel erfunden haben? Das klingt ziemlich nach Magie." Sie lacht leise, was mich aufsehen lässt. Ihre Augen scheinen Funken zu sprühen und ihr Mundwinkel sind nach oben verzogen. Zum ersten Mal bekomme ich diese Funken in Verbindung mit einem Lachen ab und nicht mit einem wütendem Blick. Ich muss sagen, dass mir das gefällt. 

"Ich bin sicher, James. Die Muggel haben keine Magie, aber sie können mit Köpfchen und Geschicklichkeit eine Menge aufholen." "Und wieso benutzt du die und nicht eine Feder wie alle in Hogwarts?" 

Ihr Lächeln verrutscht ein wenig und sie setzt sich wieder zum Tisch gedreht hin, anstatt zu mir. "Severus meinte einmal, dass man in Hogwarts nur mit Federn schreiben darf und dass Stifte zu sehr nach Muggelgeborene schreien. Also habe ich sie erst gar nicht mitgenommen. Aber als ich über Weihnachten Zuhause war, sind sie mir wortwörtlich in den Koffer gefallen. Ich", sie stockt und sieht sich nach den richtigen Worten suchend im Gemeinschaftsraum um, "ich habe inzwischen nichts mehr dagegen, dass jeder weiß, dass meine Eltern Muggel sind. Im Gegenteil, ich bin sogar stolz drauf."

Sie durchbohr mich förmlich mit ihrem Blick. Es kommt mir vor, als würde sie mich dazu auffordern, etwas gegen ihre Abstammung zu sagen. Was ich nicht mache. "Und genau deswegen bist du in Gryffindor. Du bist mutig und stolz und hast nichts dagegen, deinem Gegenüber in den Arsch zu treten." Auf Lilys Gesicht zeichnet sich jetzt wieder ein Lächeln ab, ein verlegenes, wenn ich es richtig interpretiere. Heute ist ein Tag voller Premieren.

Sie öffnet gerade den Mund, um etwas zu erwidern, als Selena die letzten Stufen der Treppe zu den Mädchenschlafsälen herunterhüpft und sich neben sie fallen lässt. Sie grinst uns breit an und fragt, was wir gerade so machen. Lily kneift die Augen zu Schlitzen zusammen, blickt zum Porträtloch, dann zur Treppe, dann zu ihrer besten Freundin, um sie von Kopf bis Fuß zu mustert. Im nächsten Moment springt sie auf und zieht Sel an deren Ellenbogen in die Richtung, aus der Sel eben erst gekommen ist. "Tut mir leid, James, aber ich muss mal kurz mit meiner besten Freundin reden. Sie hat mir viel zu erzählen."

Sobald die beiden Mädchen verschwunden sind - wobei mir Sel ein wissendes Grinsen zuwirft, ehe sie die Treppe nach oben eilt - springe ich auf die Beine und zu meinen beiden Rumtreiber-Freunden. "Habt ihr das gehört? Sie hat mich James genannt! James! Einfach so!" Sirius sieht mäßig begeistert von dem Schachspiel auf und blickt mich stirnrunzelnd an. "Sicher, dass du dich nicht verhört hast? Ich meine, es sind inzwischen mehr als fünf Jahre, in denen sie dich mit Überzeugung Potter nennt." Peter nickt zustimmend, wendet sich aber sofort wieder ab, weil er kurz vorm Verlieren steht. Gegen Sirius hat eben keiner eine Chance.

Meine Schultern sacken gefühlt einen Meter nach unten. "Ich geh und erzähl es jemanden, der es zu schätzen weiß. Moony zum Beispiel." Mit der festen Absicht Remus als erstes in der Bibliothek zu suchen, verlasse ich den Gemeinschaftsraum, Sirius amüsierte, theatralische Rufe ignorierend. Und mit jedem Schritt, lasse ich das letzte Gespräch mit Lily Evans Revue passieren. Es scheint so weit weg zu sein, unwirklich.

Auf meinem Weg komme ich an Pfofessor McGonagalls Büro vorbei. Kurzfristig klopfe ich und trete ohne auf eine Antwort zu warten ein. "Sie werden nicht glauben, was eben passiert ist! Ein Wunder! Wo ist Ihr Kalender, Sie müssen diesen Tag rot anstreichen, am besten mit einem Buntstift."

Vollkommen verwirrt sieht die Hauslehrerin von Gryffindor von einigen Pergamentrollen vor ihr auf, legt ihre Feder weg und beobachtet mich mit strengem Blick dabei, wie ich mich ihr gegenüber auf einen der beiden Stühle fallen lasse. "Ist mit Ihnen alles in Ordnung, Mister Potter? Ich weiß, dass ich diese Frage bereuen werde, aber dennoch", sie seufzt leise, "was ist passiert?"

"Der Anfang von allem ist passiert, Professor. Der Anfang von allem." Als McGonagall mich nur verständnislos anstarrt, fahre ich breiwillig fort:"Ich habe gerade mit Lily Evans ein ganz normales Gespräch geführt, ohne Anschreien und ohne wütendem Wegstampfen. Sie hat mich sogar", ich lege eine Kunstpause ein, "James genannt. Als wäre es das Normalste auf der Welt." Professor McGonagalls Augenbrauen sind währenddessen ich gesprochen habe immer weiter nach oben gewandert. Ihren Mund hat sie fest zu einer dünnen Linie zusammengepresst. Doch dieses Mal ist es etwas anderes als Ärger, das sie dazu bringt. Ich habe das Gefühl, dass sie sich ein Lächeln verkneift. 

"Das sind sehr erfreuliche Nachrichten, Mister Potter. Ich freue mich über Ihren Erfolg." "Und ich mich erst!" Ich komme wieder auf die Füße. "Ab heute ist es offiziell, dass Sie innerhalb der nächsten zehn Jahre auf einer Hochzeit tanzen werden, auf der Lily Potter in einem weißen Kleid neben ihnen das Tanzbein schwingt." Ich öffne schwungvoll die Bürotür. "Markieren Sie den 1.1.1976, Professor, vergessen Sie's nicht!"

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(Bildquelle: https://i.pinimg.com/564x/02/9c/83/029c83ebee8b275979b21474e56e9084.jpg)

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