Chapter 52

(Bild: Sirius)

Sirius Black P.o.V.:

Als ich mich in der ersten Stunde dieses Jahres auf den Stuhl neben Selena fallen lasse, wandern Professor McGonagalls Augenbrauen in die Höhe. Ich erhebe mich und nehme mit erhobenen Händen und einem charmanten Grinsen eine Reihe weiter hinten neben James Platz - und die Augenbrauen meiner Lieblingslehrerin erhebt sich noch ein Stückchen.

"Ach, kommen Sie schon!" Professor McGonagall, die vorne an der Tafel steht, schüttelt knapp den Kopf und deutet auf die Schulbank direkt vor ihrem Pult. Super, ganz ganz toll! Ich schlurfe von der letzten Reihe, von wo aus mich James auslacht, zur ersten, wo mich immerhin nette Gesellschaft erwartet.

Verwandlung haben wir in diesem Jahr mit dem schlauen Haus, und ich habe die wunderbare Ehre, neben Laura Miller, einer hübschen, blonden Ravenclaw, zu sitzen.

Während ich auf sie zusteuere, mache ich es mir zur Aufgabe, sie mit meinem Charm zu verführen, sodass sie sich in Verwandlung nicht mehr auf Gonnie konzentrieren kann und mir immer wieder mit geröteten Wangen schüchterne Blicke zuwirft.

Mit meinem besten Grinsen nehme ich neben ihr Platz. Und prompt bilden sich eine rosa Schleier auf ihrer Haut. Laura dreht den Kopf von mir weg, womit ihre Haare ihr Gesicht verdecken und schreibt dann das heutige Datum auf ihre noch leere Pergamentrolle, um mich auf keinen Fall ansehen zu müssen. Das wird ein Spaß, so viel ist sicher.

Nach Verwandlung geht es für uns Gryffindors weiter zu einer Doppelstunde Zauberkunst und dann für Peter, Remus, Selena und mich zu einer Stunde Muggelkunde, während die anderen Gryffindors frei haben. Danach haben auch wir Jungs Schluss für diesen Tag, nur Sel und Evans müssen noch zu Alte Runen.

Ich bin froh, dass ich den ersten Schultag hinter mir habe, als ich neben Moony und Wormtail den Gryffindorturm betrete, meine Schulsachen in irgendeine Ecke werfe und hoffe sie in der Zeit zu vergessen, die mir bleibt, bevor ich mich an die Hausaufgaben machen muss.

Ich lehne meinen Rucksack gegen die hinterste Wand, die ich finden kann, und nehme dann schwungvoll in dem Sessel Platz, der mir am nächsten ist.

In nehme nur am Rande wahr, dass Remus seine Schulsachen am Tisch neben mir ausbreitet und Peter die Stufen zu den Jungenschlafsälen hinaufeilt. Ich bin froh, dass Remus mich jetzt nicht dazu überreden will, meine Schularbeiten zu erledigen. Vielleicht merkt er, dass ich eine kurze Auszeit brauche.

Und so sitze ich mindestens eine halbe Stunde mit geschlossenen Auge in diesem bequemen, mit rotem, weichen Stoff bezogenen Sessel und gebe vor zu schlafen. Dabei denke ich nach. Über Marlene, das neue Schuljahr, Marlene, meine Freunde, Marlene, die Potters und - wer hätte das Gedacht - Marlene.

Ich bemühe mich wirklich meinen Kopf frei zu bekommen und nicht an diese eine, bestimmte Person zu denken. Aber es will mir einfach nicht gelingen. Dieses Mädchen hat meine Gedanken fest im Griff, wenn nicht sogar mein Herz. Sie hat mich abhängig gemacht, von sich, ihren Berührungen, ihren Lippen. Wann war das passiert? Das frage ich mich immer wieder, seit jetzt nunmehr fast drei Monaten. Wann hat sie mich so süchtig gemacht?

Mit einer vorsichtigen Berührung streichen plötzlich weiche Finger über meine Wange. Trotz der Sanftheit zucke ich heftig zusammen. Wieso, kann ich nicht genau sagen. Womöglich hat mir meine Erziehung eine Achtsamkeit und ständige Angst vor Berührungen eingebläut. Was würde ich nur dafür geben, diese wieder loszuwerden.

Ich weiß, dass es Marlene ist, die bei meiner erschrockenen Reaktion kurz zurückgezuckt ist und nach Luft geschnappt hat, schließlich aber doch wieder ihre Hand auf meine Haut legt und jetzt mein Gesicht umfasst. Ich weiß es, noch bevor ich die Augen öffne, noch bevor ich die Arme hebe und sie blind auf meinen Schoß ziehe.

"Sirius!", ich höre ihr Lächeln in ihrer Stimme und rasch öffne ich die Augen, um einen Blick auf ihre nach oben gebogenen Lippen zu erhaschen. Ihr Lächeln lässt mein Herz schneller schlagen, doch als ich in ihre Augen sehe und einen dunklen Schatten darin sehe, der schlechte Nachrichten vermuten lässt, macht es sogleich einen schmerzhaften Salto rückwärts.

"Alles in Ordnung?", frage ich leise, mir nicht sicher, ob sie reden will oder gekommen ist, um eben das nicht zu müssen.

Marlene nickt, schüttelt den Kopf und nickt dann wieder. Letztendlich senkt sie den Kopf und sieht auf meine Brust. Ihr verschleierter Blick macht mir Angst und lässt Unruhe in mir aufkommen.

"Was ist passiert?", frage ich behutsam. Dabei wandern meine Hände von ihrer Taille zu ihren Händen, die noch immer auf meinen Wangen ruhen, und ganz langsam nehme ich ihrer kleineren Hände in meine und verschränke unsere Finger.

Einen Moment lang ist sie wie erstarrt. Dann zieht sie ihre Hände aus meinen und steht mit wackligen Beinen rasch auf. Ihre blonden Haare fallen nach vorne, als sie für meinen Geschmack etwas schuldbewusst den Kopf senkt. Ihre Augen tragen noch immer diesen dunklen, beunruhigenden Schatten. Meine Hände fühlen sich seltsam kalt und leer ohne ihre an und Unbehagen breitet sich in meinem Körper aus.

"Ich muss dir was sagen, Sirius." Sie hat mich noch nie bei meinem Namen genannt. Die Marlene, die vor mir steht, ist nicht die, die leichtfüßig und mit ein wenig zu viel Schwung durchs Leben geht.

Ich setze mich auf und schaue sie aufmerksam an. "Und was?", meine Worte klingen komisch in meinen eigenen Ohren, so, als würden sie Meilen entfernt gesagt werden, auf jeden Fall nicht von mir selbst.

Zögerlich sieht Marlene auf und mir in die Augen. Als sie anfängt zu sprechen, hat sie den Blick schon wieder gesenkt. "Das mit uns muss aufhören, Sirius.". Wieder mein Vorname. Erst sobald ich meine Überraschung darüber überwunden habe, wird mir die Bedeutung ihrer Worte bewusst. Ich blinzelt, versuche zu verstehen, was Marlene mir zu sagen versucht.

"Ich habe in den Ferien jemanden kennengelernt. Robert. Er wohnt in der gleichen Stadt wie meine Familie. Es tut mir leid, Sirius, aber ich habe mich in den letzten zwei Monaten in ihn verliebt."

"Du machst Schluss? Du hast dich ... verliebt...", meine ich flüsternd im Grunde das wiederholend, was sie gerade gesagt hat. Irgendwo tief in mir verschließt sich etwas, was ich für das Tor zwischen meinem Körper und meinen Gefühlen halte. Mein Herz ist taub und schwer. So unglaublich schwer.

Abgesehen von dieser erdrückenden Last spüre ich nichts. Es ist, als hätte sich mein Körper von meinen Emotionen getrennt, um weiter funktionieren zu können.

Ich richte mich auf, mir mehr als nur bewusst, dass meine Augen verschlossen und abweisend sind. "In Ordnung. Ich verstehe. Dann weiß ich jetzt Bescheid. Wir sehen uns." Ich stehe so cool und gelassen wie ich kann auf und gehe ohne einen Blick zu irgendjemanden die Treppe zum Rumtreiber-Schlafsaal nach oben.

Als Peter zwanzig Minuten später unseren Schlafsaal betritt, um seine Schultasche neben seinem Bett abzustellen, liege ich mit hinter dem Kopf verschränkten Händen auf meinem Himmelbett und starre auf den Baldachin über mir.

Ich bemerke natürlich seinen verwirrten Blick, als er wenig später die Tür wieder hinter sich schließt. Ich würde wetten, dass in nicht einmal fünf Minuten Remus unter irgendeinem Vorwand in den Schlafsaal kommt.

Ich behalte Recht. Remus wirft als erstes seinen Umhang auf sein Bett, dann baut er sich über mir auf. Anscheinend gibt er sich nicht die Mühe, einen Vorwand zu erfinden. "Was hat Marlene gesagt? Ich hab dein Gesicht geseh-"

"Sie hat Schluss gemacht." Ich schaue noch immer an die von rotem Stoff verhüllte Decke meines Himmelbettes, nicht darauf aus, Remus' mitleidigen Gesichtsausdruck zu sehen. "Dabei waren wir nichtmal richtig zusammen..."

"Oh", Remus' Blick gleitet aufmerksam über mich, "ich wusste nicht, dass sie dir so viel bedeutet, Pad."

Ich verdrehe die Augen und zucke cool mit den Schultern, was in meiner jetzigen Position bestimmt eher lustig und kindisch aussehen muss - zumindest durch Remus' Sicht der Dinge. "Sie ist nur ein Mädchen, mit dem ich gerne rumgemacht habe, mehr war da nie."

Remus sieht nicht überzeugt aus. Kein Wunder. Wenn es wirklich so wäre, wie ich besagt habe, dann würde ich nicht auf diesen bescheuerten Baldachin starren und mich fragen, wie Marlene mich so verdammt leicht abservieren konnte. Wie sie unsere Beziehung, oder was auch immer das war, was wir hatten, einfach so in den Wind schießen konnte. Für einen Muggel mit dem Namen Robert, den sie erst seit ein paar Tagen kennt.

Was hat er, was ich nicht habe? Ist er attraktiver? Stärker? Lustiger? Hat er keine von Narben übersäte Vergangenheit, die auf seinen Rücken gezeichnet ist? Lebt er bei einer normale Familie, mit der sie Tee trinken kann und die sie auf die Probe stellen und ausgequetschen wird? Ist er nicht so kaputt wie ich?

Ich weiß es nicht. Das ist die einzige Antwort, die ich mir geben kann. Ich weiß es nicht. Und raten hilft mir auch nicht weiter. Aber es gibt gewiss andere Dinge, die mir jetzt helfen können. "Wo ist James?"

Remus runzelt die Stirn, antwortet aber:"Bei dieser Besprechung mit den anderen Quidditch-Kapitänen, das weißt du doch." "Gut, die wird gleich zuende sein!" Ich springe auf und fange an in meinem noch unausgepacktem Koffer nach meinem Besen zu kramen.

"Das glaube ich eher nicht, sie hat erst vor einer Viertelstunde angefangen. Und James wird sicher wieder einen Grund finden, sich mit Malfoy anzulegen. Wie jedes Jahr."

Ich halte inne und drehe mich demotiviert zu Remus um. "Seit wann lässt du dich denn vom Hass gegen die Schlangen anstecken, Moony?", spiele ich auf seinen Tonfall gerade eben an. Es ist mir noch nie vorher aufgefallen, mir welcher Verachtung Remus über Malfoy spricht.

Moony zuckt die Schultern und wendet den Blick ab. "Langsam bin ich total verwirrt von den Rivalitäten und all dem... Wo ist eigentlich Selena?" Ich zucke die Achseln. "Vermutlich mit-", ich verstumme. "Selena!"

Mit großen Augen starre ich Remus an. Dann wende ich mich wie vom Blitz getroffen ab und öffne eines der Fenster. "Sie wird ihren Donnervogel bestimmt noch nicht in den Besenschuppen gebracht haben.", erkläre ich leise Remus, dessen fragendes Gesicht ich im Spiegelbild des Fensters sehen kann.

"Accio Selena Blacks Donnervogel" Beim darauffolgenden Bersten einer Fensterscheibe, verziehen sich automatisch meine Mundwinkel zu einem Grinsen. Selena wird dagegen wahrscheinlich nicht so begeistert sein. Eine Sekunde später bleibt der Donnervogel auf Hüfthöhe neben mir in der Luft stehen.

Remus mustert mich die ganze Zeit schweigend, auch als ich an ihm vorbeigehe und die Schlafsaaltür öffne, sagt er kein Wort. Einzig ein geseufztes "Viel Spaß" ist zu hören, als ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen lasse.

Ich habe mich schon darauf eingestellt, mich mit zwei Besen in die Bibliothek stehlen zu müssen, aber zu meinem Glück, sitzen Selena und ihre rothaarige beste Freundin inzwischen im Gemeinschaftsraum und tuscheln über etwas, was ziemlich unterhaltsam sein muss.

Bei meinem Auftauchen verstummen sie zeitgleich wie auf Kommando mit einem unterdrücktem Grinsen im Gesicht und einem Ausdruck in den Augen, als würden sie etwas wissen, das ich nicht weiß. Ich vermute, dass es um einen Jungen oder um irgendeinen anderes Mädchenthema geht. Ich will es ehrlich nicht wissen, dafür habe ich gerade keinen Nerv.

Ich halte meiner Schwester schweigend ihren Besen unter die Nase und sie legt überrascht die Stirn in Falten. "Quidditchtraining oder kleiner Ausflug?", fragt sie schließlich mit schief gelegtem Kopf. "Ausflug", sage ich nur. Meine einsilbige Antwort lässt Sel aufhorchen. Sie hat innerhalb kürzester Zeit den gleichen Gesichtsausdruck wie Remus.

Ich versuche mir nichts weiter anmerken zu lassen und versuche ein Grinsen. Ich weiß, das mir das gut gelingt, aber eindeutig nicht gut genug für Selena. Sie hat schon längst durchschaut, dass mich etwas beschäftigt. Oder dass zumindest etwas passiert sein muss.

Meine Schwester steht auf und deutet kurz auf ihre Schuluniform. "Ich zieh mich nur kurz um, ja? Im Rock zu fliegen ist erstens verdammt kalt und zweitens nicht gerade ratsam." Damit verschwindet sie hoch in den Turm der Mädchen.

Evans und ich bleiben zurück. Bei ihrem einigermaßen freundlichem Blick, der ohne Zweifel gezwungen ist, habe ich sofort das Gefühl, dass sie es mir übel nimmt, dass ich ihr Selena sozusagen klaue.

"Na dann...", sage ich mit einem übertriebenem Grinsen, bevor ich mich auf dem Absatz drehe, um neben dem Porträtloch zu warten. Die angespannte Stimmung zwischen Evans und mir muss ich mir jetzt echt nicht antun.

Das Warten, der Gang durchs Schloss und das Treten durch das Schlossportal, zieht an mir vorbei, als würde ich als Beobachter zusehen und es nicht selbst erleben. Erst der dann doch unerwartet eisige Wind, der mir beim Aufsteigen mit dem Besen ins Gesicht peitscht, rüttelt mich wieder wach.


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(Bildquelle: https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/originals/3b/67/6d/3b676d7fbae0daddf8264b1a542a587c.jpg)


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