Chapter 47

(Bild: Peter)


Selena Black P.o.V.:

"Nein, das stimmt jetzt wirklich nicht, Lupin, überhaupt nicht!", sage ich aufgebracht. Remus lacht nur. "Ich war keine lernverrückte Irre mit Tunnelblick! Ich war die letzten Wochen sehr wohl bei Bewusstsein. Und ich habe ganz sicher nicht auf meinen Schulbüchern geschlafen!" Die Hände in die Hüften gestemmt schaue ich zu ihm auf.

Mir ist gar nicht aufgefallen, welchen Wachstumsschub er - und wahrscheinlich auch die anderen Jungs - seit Beginn des Schuljahres hinter sich haben. Ich bin natürlich nicht gewachsen, was mich dazu zwingt das Kinn ziemlich weit nach oben heben zu müssen, um Remus überhaupt in die Augen sehen zu können.

Remus schnappt sich meinen Ellenbogen und schiebt mich weiter auf die Marmortreppe zu, denn ich bin unvermittelt stehen geblieben. "Du weißt, dass es nicht nett ist jemanden anzulügen?"

Ich ziehe die Nase kraus und werfe ihm einen vernichtenden Blick zu. "Na gut, einmal bin ich womöglich ... für ein paar wenige Minuten ... auf dem Zaubertrankbuch eingeschlafen. Aber das ist wirklich nur ein einziges Mal passiert!", füge ich den Finger hochhebend hinzu.

"Natürlich...", sagt Remus leise und er drückt meine Hand wieder nach unten. Ich spüre, wie er plötzlich erstarrt und hastig werfe ich einen aufmerksamen Blick auf sein Gesicht. Es ist wie versteinert, seine Augen sind auf die Ferne fokussiert, und als ich auf eben jene Stelle sehe, bemerke ich Dorcas mit ihren Ravenclaw-Freundinnen von den Ländereien durch die Eingangstür kommen. Dorcas sieht auf, und das Lächeln auf ihren Lippen gefriert, als sie Remus erblickt.

Ich will die Hand rasch von seiner wegziehen um keinen falschen Eindruck zu vermitteln, aber in just diesem Moment schiebt Remus seine Finger zwischen meine und zieht mich dicht an sich heran. Ich will ihm meine Hand entwinden, aber er hält sie fest. "Ist das dein ernst, Remus? Sowas willst du machen?"

"Bitte! Nur ein paar Sekunden!", seine Stimme klingt, als würde er mich um Gnade um sein Leben anflehen. "Das ist feige, Moony, verdammt feige!", zische ich ihm zu, achte aber darauf, möglichst entspannt auszusehen.

Aus dem Mundwinkel spreche ich weiter, diesmal eher leise und in dem Versuch, dass er diese schwachsinnige Idee doch aufgibt:"Du weißt, dass Dorcas damit klar kommen würde. Es würde sie nach dem ersten Schreck nicht weiter kümmern, dass du ein Werwolf bist, so gut kenne ich sie inzwischen." Remus' Gesicht ist starr und ausdruckslos, nur beim Nennen von dem Wort Werwolf zucken seine Augen erst in meine Richtung, dann scannen sie unsere nähere Umgebung ab.

"Ich habe keine Angst davor, was sie sagen könnte, Selena, ich fürchte mich nur davor, dass sie es akzeptiert, dass es ihr nichts ausmacht.", seine Stimme steht in einem krassen Gegensatz zu seinem Auftreten. Er mag vielleicht mit schweren, stampfenden Schritten die Marmortreppe hinuntergehen, aber seine Stimme ist ganz vorsichtig. Ich weiß nicht, was ich darauf sagen soll, aber als Antwort höre ich nun ganz auf meine Hand aus seinem Griff ziehen zu wollen.

Dorcas hat unser gespieltes Händchenhalten natürlich gesehen. Ich beobachte sie dabei, wie sie auf dem Absatz kehrt macht und wieder hinaus auf die Ländereien rennt, ihre Freundinnen ratlos stehenlassend. Nach einigen Sekunden Verblüffung, rennen sie ihr hinterher und Remus lässt endlich meine Hand los.

"Super, Moony, jetzt wei-", ich drehe mich mitten auf der Treppe zu Remus um und verstumme, als ich den Ausdruck in seinen Augen sehe. Schmerz ist nichts dagegen. Ergeben lasse ich meine angespannten Schultern sinken.

"Lauf ihr hinterher.", schlage ich behutsam vor. "Na los, es ist noch nicht zu spät." Remus schüttelt matt den Kopf. "Nein", sagt er dumpf. "Du musst ihr ja nicht gleich deine ganze Geschichte erzählen. Oder sie heiraten. Aber denkst du nicht, dass du es mehr als jeder andere verdient hast glücklich zu sein? Remus..."

Ich trete vor ihm und lege meine Hände sanft an seine Wangen, da er gar nicht mehr damit aufhört den Kopf zu schütteln. "...du bist weder bemitleidenswert, noch verabscheuungswürdig. Du bist Remus John Lupin, der mit Abstand beste Kerl, den Hogwarts jemals gesehen hat, mein bester Freund, und ich werde nicht dabei zusehen, wie du dich selbst dazu verdammst unglücklich zu sein!" Seine grünen Augen schauen mich voller Zweifel an. Aber ich glaube auch einen Hauch von Hoffnung in ihnen zu sehen.

Ich lege meine Hände jetzt auf seine Schultern und drehe ihn mit sanfter Gewalt um. Ich muss gar nicht viel machen, denn Remus will anscheinend selbst in diese Richtung gehen. Naja, oder eher sprinten. Grinsend sehe ich ihm dabei zu, wie er immer zwei Stufen auf einmal nimmt und innerhalb von Sekunden aus der Eingangshalle verschwunden ist. Mission Remus einen sanften Stups verpassen abgeschlossen.

Ich drehe mich mitten auf der Treppe um, jetzt, wo mein Begleiter, der ja unbedingt in die Eulerei musste, nicht mehr hier ist, und gehe sie wieder hinauf. Blöderweise fällt mir allerdings am oberen Teppenabsatz wieder ein, dass ich ja noch in den Kerkern vorbeischauen wollte, um nach meinem Trank zu schauen. Nerviger Vergessenstrank!

Wieso auch musste mein allerliebster Bruder nur darauf kommen, uns einen Zaubertrank einzuflößen, der einem alle 30 Sekunden vergessen lässt, was man gerade Gedacht hat? Glücklicherweise lässt die Wirkung schon wieder nach, aber gestern war zweifelsohne einer der anstrengendsten und verwirrendsten Tage meines Lebens! Ich drehe wieder um und kann mir dabei einen tiefen Seufzer nicht verkneifen.

Der Stärkungstrank blubbert fröhlich vor sich hin, als ich das größtenteils ausgeräumte Klassenzimmer betrete, das Slughorn seinen Schülern zum selbstständigen Brauen von Zaubertränken überlassen hat.

Wie immer, wenn ich an den hohen Tisch trete, auf dem mir Alexander einmal das Leben gerettet hat, als ich so schwer verletzt war, fühlt es sich an, als würden mir hunderte von Messer ins Herz gestoßen werden, aber ich schiebe sämtliche Gedanken an ihn einfach in eine der hintersten Schubladen meines Gehirns - genau so, wie ich es immer mache.

Zufrieden über meine eigenen Fähigkeiten fülle ich den perfekt geratenen, pastellblauen Trank in ein kleines Glasfläschchen und stecke dies in meinen Umhang. Den Kessel, den ich vor ein paar Tagen in diesen Raum gefunden habe, säubere ich mit einem überschwänglichen Ratzeputz und dann verlasse ich den finsteren Kerkerraum auch schon wieder.

Am nächsten Morgen beim Frühstück werde ich einfach jedem ein paar Tropfen in die Kürbissäfte tröpfeln - was weit aus weniger gruselig ist, als das was Sirius vorgestern Nacht gemacht hat. Er hat uns nämlich den Vergessenstrank eingeflößt, während wir alle geschlafen haben.

Ab jetzt werde ich nie wieder einschlafen können, ohne daran zu denken, wie sich Sirius mit einem breiten Grinsen über mich beugt und sich ausmalt, wie ich und die anderen Jungs mit immer wiederkehrenden Gedächtnislücken durch Hogwarts wandeln.

Aber morgen, da bekommt er seine Rache. Er wird nicht einmal einen Silberkelch halten können, ohne ihn zu verbiegen.

Sirius Black P.o.V.:

Der letzte Tag unseres Wettbewerbs beginnt. Ich recke mich ich greife nach meinem Zauberstab, der neben mir auf der Matratze liegt. Ein Gähnen unterdrückend schnippe ich kurz und der Zauber, der wie eine unsichtbare Wand um mein Himmelbett herumgelegt war, leuchtet für einem Sekundenbruchteil lila, dann ist er vollständig aufgelöst. 

Besondere Ereignisse fordern nun mal besondere Vorsichtsmaßnahmen. Vor allem, nach der Sache mit dem Vergessenstrank. 

"Na, kommst du auch endlich aus deinem Bunker? Wir sind schon spät dran.", James klingt ein wenig genervt, beinahe schon wütend. Neugierig hebe ich den Kopf. James strahlt so deutlich aus, dass man ihm jetzt besser nicht nahe kommt, dass ihm genauso gut eine großes Schild auf der Stirn kleben könnte. "Was ist den los, Prongs? Hast du dich am Geweih gestoßen?" 

James dreht sich mir ganz zu und wirft mir einen giftigen Blick zu, sodass ich direkten Blick auf sein Gesicht habe. Ein beachtliches Geweih ragt aus seiner Stirn heraus. Und das meine ich nicht als Synonym für Pickel oder Furunkel. Das riesige Schild, das offensichtlich wahrhaftig auf seiner Stirn klebt, sieht aus wie das Geweih eines Hirsches. 

Ich mühe mich nicht damit ab mein Lachen zurückzuhalten, sondern pruste los. Während ich mich nach Luft ringend krümme, verzieht sich James' Gesicht immer mehr zu einer Grimasse, was seine hübschen Gesichtszüge weniger attraktiv macht. "Ich wette, das war Remus!", meldet sich Peter zu Wort. Er sitzt im Pyjama auf seinem Bett und macht den Eindruck, als wäre er auch erst vor wenigen Sekunden aufgewacht.

"Würd ich auch sagen.", stimme ich ihm zu. "Nur Moony findet solche abgefahrenen Zaubersprüche in irgendwelchen alten Büchern in der hintersten Ecke der Bibliothek." 

Die Tür zum Badezimmer geht auf, als ich gerade aus meinem Bett steige, und Frank tritt pfeifend mit nur einem Handtuch um die Hüfte heraus. Das Bad ist so mit Wasserdampf gefüllt, dass man nur weißen Nebel sieht, der ihm im übrigen auch in den Schlafsaal folgt. Auf Franks Gesicht breitet sich ein Grinsen aus, als er James' Geweih bemerkt. "Wessen Werk war das?", in seiner Stimme klingt nicht ein Hauch von Überraschung mit, nur geschäftliche Neugier. Wahrscheinlich ist er inzwischen abgehärtet, was unsere Streiche angeht. 

"Meines!" Remus ist unbemerkt zur Schlafsaaltür hereingekommen und grinst jetzt ohne die geringsten Schuldgefühle in die Runde. "Du!", James klingt aufgebracht. Ich springe auf die Beine und wirble zu ihm herum, aber da hat er schon den Zauberstab erhoben und Remus windet sich nach einem Lichtblitz lachend am Boden. Sieht nach dem Kitzel-Fluch aus. Ich halte in der Bewegung inne, nicht sicher, ob ich gebraucht werde. 

"Der war mies, du weißt, wie kitzlig Remus ist.", Franks Stimme könnte nicht trockener sein. James schnaubt, dann, nach einem Schwenker seines Zauberstabs und einem erneuten Lichtblitz, beruhigt sich Moony allmählich wieder. Jetzt liegt er nur noch nach Luft ringend auf den Boden, breit grinsend an die Decke blickend. Als er "Das tat gut!" murmelt, werfe ich ihm einen amüsierten Blick zu, doch er bemerkt ihn nicht. Während er sich aufrappelt, wende ich mich ab, grinsend und den Kopf schüttelnd.

"Das macht neun Pluspunkte, Remus. Aber du musst mir verraten, wie du ausgerechnet auf ein Hirschgeweih gekommen bist. Ist es eine Anspielung auf irgendwas?" Ich habe gerade in meiner Kommode nach einem passenden Pullover für den letzten Tag in Hogwarts gesucht, aber als Frank das fragt, sehe ich mit einem bangen Gefühl in der Magengegend auf. 

Doch Remus winkt ganz entspannt ab und meint, dass es eine Anspielung auf James' Spitznamen Prongs ist. Dann rappelt er sich auf, schnappt sich sein Buch von seinem Nachttisch und geht dann wieder zur Schlafsaaltür. "Ich bin mit Dorcas am See, aber sucht mich nur, wenn der Schlafsaal in Flammen steht, ich brauche keinen von euch Idioten bei einem Date.", und damit verabschiedet er sich und schließt die Tür hinter sich. 

"Nett... Also... Ist das was Ernstes?", fragt James in den Raum und wir alle zucken synchron mit den Schultern. "Sieht so aus...", meint Peter im selben Moment, in dem ich "Wurde aber auch Zeit!" sage. 


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(Bildquelle: http://2.bp.blogspot.com/_Yt3M33fzOLA/RiYbSuhrdRI/AAAAAAAAAtQ/r5uyYXQlxsE/s320/chumscrubber06.jpg )



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