Chapter 46
(Bild: Remus, Peter, Sirius und James)
Remus Lupin P.o.V.:
Die letzte Schulwoche beginnt und damit auch die alljährliche Abschlussaktion von uns Rumtreibern. Ich weiß nicht, wie viele Streiche wir insgesamt pro Jahr in Hogwarts spielen, wie oft wir Lehrer, Mitschüler oder Filch auf die Palme bringen, aber in dieser letzten Woche eines Schuljahres, muss keiner von ihnen mit Überraschungen rechnen - und das, wo wir allein in diesen Tagen die meisten Streiche überhaupt spielen. In dieser Zeit läuft eben alles etwas anders ab.
Wir veralbern nicht zusammen, sondern untereinander. Rumtreiber gegen Rumtreiber. Und Frank führt Buch darüber, was es uns am Ende der Woche ermöglicht einen klaren Sieger zu krönen. Der Auftakt zu dieser, meiner allerliebsten Lieblingswoche war gestern Abend das Lagerfeuer. Ab dem Zeitpunkt, in dem wir das Feuer löschen, beginnt der Spaß. Ab diesem Moment darf man einem anderen Rumtreiber Streiche spielen.
Denn in dieser Woche schleichen wir nicht zusammen durch Hogwarts nächtliche Korridore oder machen gemeinsam Unsinn, nein, in dieser Woche handelt jeder für sich alleine, um die am Anfang des Jahres gemeinsam gekaufte Flasche Muggel-Rotwein zu bekommen. Wobei kaufen wohl das falsche Wort ist für einen Einbruch, bei dem wir neben der Kasse den richtigen Betrag an Münzen zurückgelassen haben. Aber was solls.
Als ich am Morgen nach dem Abend im Wald die Augen aufschlage, bin ich mir sofort bewusst, dass heute äußerste Vorsicht und noch mehr Geschick gefragt ist. Denn nur ein geglückter Streich gibt Pluspunkte auf Franks Liste. Ein misslungener endet mit Punktabzug.
Mit wachsamen Blicken zu beiden Seiten richte ich mich langsam auf und sehe mich, nachdem ich meine Vorhänge beiseite geschoben habe, im Schlafsaal um. Die anderen Jungs schlafen noch, doch jetzt kann ich sehen, was mich aufgeweckt hat, oder eher wer.
Selena hat sich in den Schlafsaal geschlichen und legt gerade mit dem Rücken zu mir etwas dunkelblaues auf die schulterhohe Kommode, in der James' Kleidung und Sachen sind. Ich blinzle und reibe mir den Schlaf aus den Augen.
Es sieht aus wie die Jacke, die James zu Beginn des gestrigen Abends getragen hat und die er dann später auf einmal nicht mehr trug. Wahrscheinlich hat er sie Sel gegeben und sich selbst näher ans Feuer gesetzt. Oder er hat einen Wärmezauber benutzt. Ich sollte wirklich nicht mehr so viel trinken, denn dann würde ich mich an solche Einzelheiten erinnern!
Sel richtet sich auf, sobald sie die Jacke mehr recht als schlecht zusammengelegt hat und dreht sich in Richtung Badezimmer. Was sie da drin wohl will? Im Schutz meines Himmelbettes beobachte ich sie dabei, wie sie hinter der Tür verschwindet, die sie nur anlehnt, und dann nach nicht einmal zehn Sekunden wieder herauskommt.
Da sie sich erst noch einmal im Bad umsieht, bevor sie den Blick über uns Jungs gleiten lässt, habe ich genug Zeit um mich wieder hinzulegen und mich unter meinen Decken zu verstecken. Durch den dünnen roten Stoff kann ich allerdings sehen, wie sie etwas gläsern funkelndes - Vielleicht eine Phiole? - in die Tasche ihre Jeansjacke schiebt, ehe sie zur Schlafsaaltür geht und sie leise hinter sich zuzieht.
Ich setze mich wieder auf und schiebe die Vorhänge jetzt richtig zur Seite. Die Neugier lässt meine Finger zucken und ich habe die Beine schon über die Bettkante geschwungen, als ich mich eines Besseres besinne. Was auch immer Selena gemacht hat, es hatte bestimmt etwas mit unserem kleinen Wettkampf zu tun.
So schwer es mir auch fällt, ich lehne mich gegen das Kopfende meines Bettes und entrolle die Pergamentrolle, auf der alle möglichen Ideen für diese Woche stehen. Ich habe das ganze Jahr über gesammelt und recherchiert, und wenn ich jetzt schon Zeit habe bis jemand vor mir das Badezimmer benutzt, dann sollte ich für heute Mittag den Plan noch einmal durchgehen.
Es ist James, der als nächstes aufwacht. Ich wünsche ihm scheinbar ganz vertieft in das Buch, dass ich vor meinem Pergament als Sichtschutz halte, und ihn nicht sonderlich beachtend einen guten Morgen und warte mit gesenktem Kopf, damit er meine zuckenden Mundwinkel und die umherhuschenden Augen nicht sieht, darauf, dass er aufsteht und im besten Fall gleich ins Bad geht, um sich den Rauch des Lagerfeuers aus den Haaren zu waschen.
James steht auf und geht zielstrebig auf seine Kommode zu. Er nimmt sich zu meiner Erheiterung frische Kleidung heraus, hält dann aber inne, wie ich im Augenwinkel genauestens beobachte kann. "Ich dachte... Hat-", er unterbricht sich. "Wer hat denn die Jacke hierhin gelegt?", fragt er schließlich mit bemüht beiläufiger Stimme.
"Selena hat sie vorbeigebracht.", sagt ich vorspielend abwesend, den Blick weiter aufmerksam auf ihn gerichtet. Ich sehe, wie er die Jacke einige Sekunden lang betrachtet, dann hebt er sie vor sein Gesicht und riecht daran. Ich blättere eine Seite um ohne auf das Papier zu schauen. James wirft seltsamerweise die bestimmt total verqualmte Jacke über das Fußende seines Bettes, wo sich schon mehrere Kleidungsstücke stapelt.
Ich mustere die Jacke genauer, aber ich kann nichts erkennen, und als James dann endlich ins Badezimmer geht, lenkt mich die Neugier von dem dunkelblauen Stoff ab und ich warte mit gespitzten Ohren auf irgendein Anzeichen eines Streiches.
Es kommt nicht. James kommt eine halbe Stunde später, mit noch nassen Haaren und bester Laune heraus und wirft seine dreckigen Klamotten, die er gestern Abend gar nicht mehr gegen einen Pyjama getauscht hat, auf die Stelle am Boden, wo wir immer unsere Schmutzwäsche hinwerfen und von wo sie die Hauselfen dann abholen und frisch gewaschen zurückbringen.
"Alles klar, Moony? Bist du bereit für die genialste aller Wochen, für die besten Tage des Jahres?", fragt er mich sich überschwänglich auf die Brust klopfend und so laut, dass sich Peter auf die andere Seite dreht und sich nach ein paar Sekunden sogar aufsetzt. Verschlafen reibt er sich die Augen und schaut uns verwirrt an.
"Klar, Prongs, wir werden ja sehen, wer gewinnt!", sage ich herausfordernd, während ich mich aus dem Bett schwinge und nun als zweiter in Bad verschwinde. James hat gerade bewiesen, dass es keine unangenehmen oder peinlichen Nebenwirkungen hat zu duschen und sich die Zähne zu putzen, also wird es Zeit endlich aufzustehen. Es ist immerhin schon fast halb Zwölf und ich habe ja schließlich noch etwas vor.
Sirius schläft noch immer, beide Arme auf jeder Seite über die Bettkante baumelnd, als James, Peter und ich uns auf den Weg in die große Halle machen. Ich behalte während wir durch das Porträtloch steigen und die Treppen hinuntersteigen die ganze Zeit eine Hand in meiner Umhangtasche und betastet die Gegenstände, die ich für meinem ersten Streich brauche. Mein Herz klopft aufgeregt in meiner Brust und meine Hände werden schweißnass.
Es sind nicht viele Schüler in der Halle, entweder schlafen sie noch oder sie sind gerade mit frühstücken fertig. Gut so, wäre zu viel los, könnte mein Streich überhört werden. Frank sitzt bereits neben Selena und Lily am Gryffindortisch und blickt uns mit leuchtenden Augen entgegen, als würde er auf etwas warten. Wahrscheinlich auf den ersten Streich.
Lily sieht dagegen recht missmutig aus. Und müde. Genauer gesagt, sieht sie aus wie von einem Riesen verprügelt. Ich kann mir vorstellen, dass sie gerade einen ziemlichen Kater hat, so betrunken wie sie gestern war. Sie reibt sich die Augen und hält sich die Schläfen, als wir neben sie treten, wie als würde sie jeden Moment damit rechnen, dass es ihr durch unsere Anwesenheit schlechter gehen wird.
James grinst breit und legt Lily eine Hand auf die Schulter. "Kopfschmerzen, Evans?", fragt er laut und ein paar Leute drehen sich um und mustern von der Szenerie vor allem Lily. Diese schlägt James' Hand weg. "Ach halt die Klappe, Potter! Und red leiser!", fügt sie noch das Gesicht in den Händen vergraben hinzu.
James grinst und schwingt ein Bein über die Bank um sich neben sie zu setzt, was ich bei ihren mörderischen Blicken nicht empfehlen würde. Peter macht es ihm gleich und ich hole zwei der kleinen Gegenstände aus meiner Tasche. Unbemerkt lege ich sie auf die Sitzbankplätze von James und Peter und lasse mich selbst dazwischen nieder.
Zwei laute, unangenehme Geräusche durchschneiden die Große Halle als sich die Jungs fast gleichzeitig setzen. Jegliche Gespräche verstummen, alle drehen sich zu uns um und blicken uns entsetzt an. Ich erhebe die Stimme:"James! Peter! Hört auf einen Furz-Wettbewerb zu machen! Wir sind in der Großen Halle!" Ich hebe den Zeigefinger und blicke die beiden streng an.
"Ich war das nicht!", behauptet James entrüstet und springt auf die Beine. Peter wird nur schamrot, wobei er ja eigentlich wirklich nichts dafür kann. Selena hat sich die Hand vor den Mund gepresst um nicht in lautes Gelächter auszubrechen und versucht angestrengt mich nicht zu offensichtlich anklagend anzusehen. Lily dagegen scheint das alles überhaupt nicht zu kümmern. Sie hat die Stirn auf die Tischplatte gelegt und die Finger hinter dem Kopf verschränkt.
Es ist schwierig jetzt nicht zu selbstzufrieden auszusehen. Ich erlaube mir ein kleines Grinsen, achte aber darauf, dass es nicht zu breit wird, ganz der brave Vertrauensschüler. James fokussiert mich und Selena, sich höchstwahrscheinlich fragend, wer von uns der wirkliche Übeltäter ist. Sein Blick bleibt an mir hängen.
"Mr Potter", Professor McGonagall kommt vom Lehrertisch, wo sie sich gerade noch mit Professor Flitwick unterhalten hat, auf uns zu. "Was muss ich da hören? Halten Sie und Mr Pettigrew soetwas etwa für angebracht?" Ihre strengen Augen gleiten über uns versammelten Gryffindors. "Nun...", ihr Blick bleibt an dem roten Gegenstand hängen, der auf James Platz liegt. Sie presst die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und macht auch James drauf aufmerksam, der bis dahin mich im Auge behalten hat.
James hebt das kleine, runde Kunststoff Ding auf und betastet es vorsichtig, als könnte es jeden Augenblick explodieren. Peter hat eine Sekunde später das gleiche Ding in der Hand. Ein erneutes Furzgeräusch hallt in der Großen Halle wieder als James beide Hände zusammenpresst, dazwischen das Furzkissen.
"Meinen aufrichtigen Glückwunsch, Mr Potter. Dies ist das erste Mal, dass sie tatsächlich etwas nicht getan haben." Und damit geht sie wieder zurück zum Lehrertisch, wo Professor Flitwick schon wartet um ihr Gespräch fortzuführen.
James wirft das rote Furzkissen auf den Tisch und schaut mich vorwurfsvoll an. Als ich nicht einknicke und seinen Blick ungerührt erwidere, breitet sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus, das nicht breiter hätte sein können. Dann hebt er die Hand und bedeutet mir einzuschlagen. "Gut gespielt, Lupin." Mit wachsamen Blick schlage ich ein und zucke bescheiden mit den Schultern. "Ist nur ein schwacher Einstieg."
"Aber genial.", sagt Frank und wir drehen uns alle geschlossen zu ihm um. Er hat einen Federkiel in der Hand und schreibt etwas auf eine kleine Rolle Pergament. "Originelle Idee, super Ausführung und auf jeden Fall Aufmerksamkeitserregend. Acht von Zehn Punkten, Remus." Und damit steckt er seine Schreibutensilien zurück in seinen Umhang und beginnt wieder damit sich Kartoffel und Speck in den Mund zu schaufeln.
"Ist das dein ernst?" Sirius schlägt mir hart auf den Rücken. "Hast du etwa ohne mich angefangen, Moony? Ich bin enttäuscht!", meint er dramatisch und ich verdrehe grinsend die Augen. "Beim nächsten Streich bist du live dabei, das versprech ich, Pad." Ein lautes "Oh" ertönt überall am Tisch und James flüstert Sirius leise zu, dass er am besten gleich damit beginnen soll zu rennen.
Ich nehme mir gerade etwas von der Kürbispastete, als mir Franks amüsiertes Gesicht auffällt, dass erst auf meine Haare, dann auf die von James gerichtet ist. Ich sehe auf und bemerke mit Entsetzen, dass James Haare knallgelb sind. Und im nächsten Moment sind sie leuchtend pink. Ich sehe mich weiter um und sehe, dass auch Peter Haare hat, die sekündlich in einer anderen grellen Farbe erstrahlen. Ich fasse mir selbst ins Haar und ganz am Rand meines Sichtfeldes erkenne ich ein knalliges Rot.
Um Gnade betend schließe ich die Augen. Bitte nicht, bitte nicht, bitte- Ein lautes Lachen ertönt und ich wirble zu Sirius herum, der sich gar nicht mehr einzukriegen scheint. Er hält sich den Bauch und will mit seiner Hand vermutlich auf mich zeigen, doch das misslingt ihm kläglich, denn er deutet stattdessen auf den Boden, so sehr bebt er vor Lachen. "Dein Gesicht...", keucht er. "Oh man, ich kann nicht mehr!"
Am liebsten würde ich ihm jetzt einen kräftigen Schlag verpassen, der ihn verstummen lässt, aber da ich nicht so außer mir bin, als dass ich die Beherrschung verliere, hat Sirius Glück. Oder doch nicht. Während er sich langsam wieder einkriegt, glaube ich zu sehen, dass sein schwarzes Haar einen blauen Stich bekommt. Und tatsächlich, eine Sekunde später erstrahlt sein Haar hellblau.
"Sirius?", frage ich ganz leise und unschuldig. Er sieht auf. "Wie wäre es, wenn du mal in den Spiegel schaust?" Ich hebe den silbernen Kelch vor mir und hebe ihn vor Sirius' Gesicht. Die Gesichtszüge entgleisen ihm, die Kinnlade klappt ihm runter und seine Augen sehen so geschockt aus, dass s mich nicht wundern würde, dass er gleich aufgrund eines Herzinfarkts rittlings von der Bank fällt.
Ich könnte jetzt sagen, dass es mit leid tut, dass es auch Sirius erwischt hat, wo ich doch weiß, wie sehr er sein Haar pflegt und verehrt, aber das wäre gelogen. Ich sehe mich um und sofort erkenne ich, wer keine Haare hat, die in zahlreichen, auffälligen und wechselnden Farben leuchten. Selena. Ich hätte wohl doch nicht duschen sollen!
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(Bildquelle: https://i.pinimg.com/originals/7d/76/a0/7d76a024bc17e7a071bd84f8140ed3d4.jpg)
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