Chapter 22

(Bild: Severus Snape)


Lily Evans P.o.V.:

Nachdem Slytherin den Quidditchpokal gewonnen hat, sind sie noch gemeiner und herablassender, als sonst. Sie stolzieren über die Flure und beleidigen sie anderen Häuser. Vor allem die Muggelstämmigen unter ihnen. So musste auch ich mir bereits mehrere Male das Wort Schlammblut anhören oder die Drohung, dass ich nicht alleine auf den Fluren unterwegs sein sollte.

Gerade laufe ich mit Mary McDonald, einer Freundin aus Hufflepuff, zum Nordturm, wo wir gleich zusammen eine Doppelstunde Wahrsagen haben, als uns ein paar Slytherins entgegen kommen. Howard Avery und Gerrick Mulciber gehen vorneweg, direkt hinter ihnen gehen Sev, Blake Conteville und Rodolphus Lestrange und das Schlusslicht bilden Alexander Malfoy und Adalar Pitres. Avery und Mulciber kichern ungehalten, als sie uns sehen und wie zu erwarten lassen sie einen blöden Kommentar los. "Oh lala, was seh ich da, zwei dreckige Schlammblüter!", singt Avery, nein brüllt es eher, was Severus, Conteville, Lestrange, Malfoy und Pitres dazu bringt aufzusehen.

Sev schlägt Avery hart gegen den Oberarm und Mulciber verzieht missmutig das Gesicht. Ich weiß es zu schätzen, dass Sev mich vor seinen Freunden beschützt und lächle ihn an. Er grinst schwach zurück. Es wirkt nicht ganz ehrlich. Doch Mulciber lenkt mich von meinem Freund ab, in dem er im vorbeigehen mit der Schulter gegen die von Mary stößt. Er macht keine Anstalt sich zu entschuldigen, im Gegenteil. "Wie kannst du es wagen mich zu berühren, Schlammblut?" Er spuckt angewidert auf den Boden. Ich verziehe den Mund. Doch bevor ich etwas sagen kann, spricht Avery:"Man sollte dir den Imperius-Fluch verpassen und dir befehlen dich vom Astronomieturm zu stürzen!"

Jetzt reicht es mir. Ich schiebe mich vor Mary und funkle Avery und Mulciber aufgebracht an "Zehn Punkte Abzug für Slytherin. Wie könnt ihr es wagen, so etwas anzudrohen? Und das auch noch vor einem Vertrauensschüler! Ich werde das Professor McGonagall melden, damit sie mal mit Professor Slughorn spricht." Einen Augenblick lang sehen mich Avery und Mulciber mit großen Augen an, dann brechen sie in lautes Gelächter aus. Sie können sich kaum auf den Beinen halte, so sehr müssen sie lachen. Ihre Freunde lachen nicht. Sev sieht mich mit mitleidigem Blick an, Conteville und Lestrange Grinsen lediglich. Genauso wie Malfoy und Pitres. Was zum Teufel ist so witzig?

Ich werfe Sev einen fragenden Blick zu, doch der dreht dann doch den Kopf weg. Anscheinend ist er nicht länger bereit mir zu helfen. Ich schnaube und greife nach Marys Arm, um sie weiter zu ziehen. Ich sehe, dass sie Tränen in den Augen hat, aber ich bleibe erst stehen, als das Gelächter der beiden Slytherins in den Gängen verklungen ist. "Hör nicht auf die Idioten! Sie haben keine Ahnung." Mary schnieft und drängt die Tränen zurück, schaut mir aber nicht in die Augen. "Du bist viel mehr wert als die beiden. Tu ihnen nicht den Gefallen und mach dich wegen dem, was sie gesagt haben, fertig, Mary. Das haben sie nicht verdient." Meine Freundin nickt langsam. "Du hast recht, ich sollte mich wegen den Schlangen nicht fertig machen."

Sie hebt den Kopf und schaut mich trotzig an. "Es ist aber trotzdem unfair, dass jeder in Hogwarts der Muggelstämmig ist darunter zu leiden hat. Jeder. Außer dir..." Ein mir unbekannter Ausdruck tritt in ihr Gesicht. Feindseligkeit. Erschrocken weiche ich einen Schritt zurück. "Du verurteilst mich, weil ich mit Severus befreundet bin? Weil ich, als Schlammblut, es wage mit einem Slytherin befreundet zu sein?" Ich starre sie ungläubig an, als sie schuldbewusst den Kopf senkt. "Oh, tut mir leid, dass ich ihn schon vor Hogwarts kannte, bevor diese ganzen Häuser-Rivalitäten alles durcheinander gebracht haben!", meine ich sarkastisch. Ich hasse es, was die Aufteilung in die verschiedenen Häuser mit Freundschaften macht.

In der ersten Klasse haben Sev und ich fast jeden Tag etwas gemeinsam unternommen, aber dadurch, dass wir beide neue Freunde gefunden haben, die nur sehr wenig von unserer Freundschaft halten, wurde der Kontakt immer weniger. Inzwischen treffen wir uns nur noch ein- bis zweimal die Woche um gemeinsam in der Bibliothek Hausaufgaben zu machen.

Und jetzt scheint diese Häuser-Sache auch einen Keil zwischen Mary und mich getrieben zu haben. Ich wende mich von Mary ab und gehe weiter in Richtung Nordturm, wo Professor Chambers Klassenzimmer liegt. Ich warte ab, ob Mary wieder mit mir mitgehen will, aber sie bleibt stehen, bis ich um die nächste Ecke gebogen bin. Und das verletzt mich. Und es macht mich unglaublich wütend. 

So wütend, dass ich, sobald ich das stickige Turmzimmer über die silberne Leiter und durch die hölzerne Falltür erreicht habe, meine Tasche zu schwungvoll, auf den Tisch werfe, den Mary und ich seit Anfang des Schuljahres zusammen besetzen. Die Tasche schlittert über das runde Tischchen und fällt auf der anderen Seite auf den Boden. "Schlechter Tag, Evans? Ich wüsste da etwas, das dich aufmuntern könnte." Der hat mir gerade noch gefehlt! Potter. Und sein Busenfreund Black sitzt auch noch neben ihm. 

Ich werfe dem schwarzhaarigen einen finsteren Blick zu. Schon das ganze Jahr nerven mich die beiden während der Wahrsagen-Stunden. Wieso sie unbedingt den Platz neben mir und Mary haben wollten, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass sie sich gerne reden hören. Vor allem über Sachen, die niemanden interessieren. Oder zumindest mich nicht. 

"Und was wäre das deiner Meinung nach, Potter? Und wenn du jetzt sagst, ein Date, dann werde ich dir den Flederwichtfluch aufhalsen!" Der sonst so draufgängerische Quidditchkapitän öffnet den Mund, schließt ihn aber einen Augenblick später wieder und sieht mich mit großen Augen an. Ha, ich wusste, dass er ein Date meinte! Was allerdings keine sonderlich große Leistung war, wenn man bedenkt, dass er mich schon seit mehr als zwei Jahren jeden Tag nach einem fragt. 

Black grinst mich an, aber als er sieht, dass ich nicht einmal ein kleines Zucken der Mundwinkel wegen Potters Reaktion zeige, sieht er mich nachdenklich an. "Alles in Ordnung mit dir, Evans?", es ist mit einer Stimmlage gesagt, wie man sie benutzt, wenn man mit Fremden im vorbeigehen spricht, so als wäre es eigentlich vollkommen egal, was ich jetzt sage, weil es den anderen nicht interessiert, aber Blacks Augen mustern mich genau und es liegt ein Ausdruck in ihnen, den ich auch bei Sel schon einmal gesehen habe. Sorge. Verwirrt nicke ich mit dem Kopf. "Klar, Black. Nur weil mir ein paar Slytherins über den Weg laufen, heißt das nicht, dass ich mich davon beeindrucken lasse." 

Die beiden Jungs runzeln die Stirn, aber ich drehe mich von ihnen weg und hebe meine Tasche auf. Das war eine Lüge. Die Begegnung mit Sev und seinen Kumpels hat mir schon zugesetzt. Es hat mir noch einmal vor Augen geführt, wie sehr sich Sev in den letzten Jahren verändert hat und wie kompliziert die Zaubererwelt mit ihren rassistischen Vorurteilen und ihrer Stigmatisierung ist. 

Ich bezweifle, dass die beiden Rumtreiber verstehen, wie es ist, wegen etwas ausgegrenzt und heruntergemacht zu werden, was im Grunde überhaupt keine Rolle spielt. Und was keinen Sinn ergibt. Wie kann jemand dreckiges Blut haben? Blut ist Blut und Magier ist Magier. Es sollte keine Rolle spielen, welche Eltern wir haben und welchen Namen wir tragen. Wir sind alle Menschen.

Mary taucht die ganze Stunde nicht mehr auf, und ich sage Professor Chambers, dass sie sich nicht gut gefühlt hat und in den Krankenflügel gegangen ist. Er hat es ohne nachzufragen akzeptiert und ich bezweifle, dass er der Sache nachgehen wird. Oder, dass er sich am Ende der Stunde noch daran erinnern kann. 

Professor Chambers ist ein alter Mann, mit kurzen grauen Haaren und einem Drei-Tage-Bart in derselben Farbe. Er ist sehr vergesslich äußerst verpeilt. Er kennt weder unsere Namen - obwohl er uns schon seit fast drei Jahren unterrichtet -, noch hat er eine Ahnung wie spät es ist. Er fragt alle paar Minuten nach, und wenn man es ihm dann gesagt hat, winkt er mit der Hand an und meint:"Im Grunde ist es ohnehin unerheblich, was die irdische Zeitrechnung sagt. Es gibt viel Wichtigeres und Spannenderes." 

Und dann fährt er wieder damit fort von Kristallkugeln oder Teetassen zu sprechen, die natürlich viel wichtiger sind, als das Wissen, wie lange wir noch in diesem stickigen und staubigen Raum ausharren müssen. Ich bereue es schon ziemlich lange, dass ich statt der zwei Pflicht-Wahlfächer drei genommen habe, aber ich will etwas, das ich mir ausgesucht habe nicht hinschmeißen. Am Ende des Jahres kann ich es sowieso ablegen. Dann werde ich nur noch Arithmantik und Alte Runen als Wahlfächer belegen.

Potter und Black sprechen mich ausnahmsweise nicht mehr an. Ich spüre zwar hin und wieder ihre Blicke auf mir, während ich mit meinem Kopf auf den Händen gestützt unserem Professor zuhöre, aber davon lasse ich mich nicht beirren. Ich versuche dem Unterricht zu folgen, obwohl mir jeden Moment die Augen zuzufallen drohen. Ich halte sie mit großer Mühe offen und bin, sobald die Stunde aus ist, sogar noch vor Potter und Black durch die Falltür verschwunden. 

Jetzt muss ich nur noch Zaubertränke überleben. Sel hatte in der letzten Stunde eine Freistunde, weil sie nur Muggelkunde und Alte Runen belegt und gleich gesagt hat, dass man sich Wahrsagen sparen kann. Ich falle ihr erleichtert um den Hals, als ich sie vor dem Klassenzimmer im Kerker erreiche. Sie lacht mir ins Ohr und legt die Arme um mich, als ich sie so stürmisch begrüße. "Hast mich wohl vermisst, was?", meint sie, als ich mich wieder von ihr löse. "Ja, hat sie, sie hatte ganz schlechte Laune und hat mir gedroht.", sagt Potter, während er einen Arm um ihre Schulter legt. Na toll, und schon wieder habe ich die beiden an der Backe. Die beiden und Peter und Remus, welcher wie Selena gerade eine Freistunde hatten, gegen die ich allerdings nichts habe. Remus ist ein guter Freund und Peter ist das genaue Gegenteil von Potter und Black - wenn man von der Gemeinsamen Liebe zu Streichen mal absieht.

Meine beste Freundin grinst mich an. "Waren sie so schlimm?" Ich würde gerne nicken und die Sache somit erklären, aber das wäre nicht fair. Also schüttle ich den Kopf. "Eigentlich liegt es nicht an Potter und Black. Ich und Mary sind vor Wahrsagen Sev und seinen Freunden über den Weg gelaufen. Sie haben natürlich wieder irgendeinen Mist geredet, aber nur zu Mary, weil Severus dabei war. Nachdem wir weitergegangen sind, hab ich herausgefunden, dass sogar Mary mir die Freundschaft mit Sev übel nimmt." Sel hat sich neben mir angespannt, während ich gesprochen habe, aber auch die anderen sehen beunruhigt und irgendwie verlegen aus. Nur Remus nicht, ihm steht nur das Mitleid in den Augen. Heute ist echt nicht mein Tag.

Ich verdrehe die Augen. "Ach, vergesst es, ihr habt ja auch etwas gegen ihn." Ich wende mich ab und gehe in das Klassenzimmer, das inzwischen von Professor Slughorn geöffnet worden ist. Darin befinden sind bereits die Slytherins von vorhin, aber ich würdige sie alle keines Blickes. Leider habe ich vergessen, dass ich während dieser Doppelstunde neben Severus sitze. Er hat bereits auf seinem Stuhl Platz genommen und sieht mir entgegen, als ich mich nähere. "Hey Sev." Ich will mich heute nicht mehr streiten, also beschließe ich zu vergessen, was vorher geschehen ist. Das er Mary nicht auch verteidigt hat. "Hey Lily." 

Bevor sie zu ihrem Platz neben James geht, bleibt Sel kurz bei mir stehen und flüstert mir ins Ohr:"Ich werde nichts gegen deinen Freund sagen, solange er dich nicht verletzt. Ich weiß, wie wichtig er dir ist und ich stehe hinter dir, wenn es um eure Freundschaft geht." Sie drückt meine Schulter und huscht dann, nachdem Professor Slughorn ihr einen zur Eile antreiben Blick zugeworfen hat, zu ihrem Platz. Ich lächle sie dankend an, als sie mich kurz ansieht und sie nickt mir zu. 

"Heute werden wir den Aufpäppeltrank brauen, welcher vor allem zur Vorbeugung und Behandlung einer Erkältung genutzt wird. Er ist deswegen knifflig, weil sobald man nur in die falsche Richtung umrührt, der Trank seine Wirkung verliert." Professor Slughorn klatscht in die Hände. "So, dann schlagen Sie das Buch auf Seite 394 auf und holen die Zutaten aus dem Vorratsschrank, damit wir beginnen können." 

Ich spüre Sev's Augen auf mir, doch ich konzentriere mich voll und ganz auf das Zaubertrankbuch in meinen Händen. "Was ist denn los? Ist irgendetwas passiert?", fragt er mich leise. Ich hebe ungläubig den Kopf und sehe in seine fast schwarzen Augen. "Fragst du das gerade wirklich? Deine Freunde sind passiert!" Severus zieht die Augenbrauen in die Höhe. "Meinst du das von vorhin? Das war doch nichts." Skeptisch kneife ich die Augen zusammen. "Das nennst du nichts?" 

Sev rudert hastig zurück. "Nein, natürlich nicht. Das, was die beiden gesagt haben, war natürlich falsch.", doch seine Stimme sagt etwas anderes als seine Worte. Für mich klingt es so, als würde er das nicht ganz so ernst nehmen, wie er tut. Aber wie schon gesagt, ich will keinen Streit mehr. Also akzeptiere ich ohne weiter nachzuhaken seine Antwort. "Ich hole die Zutaten." Damit stehe ich auf und verschwinde zum Vorratsschrank. 


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(Bildquelle: https://i.pinimg.com/originals/20/2b/83/202b83cc3357208b865530f1a8729562.jpg)

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