Chapter 126

(Bild: Lily)

Selena Black P.o.V.:

Im Ministerium herrscht bereits reger Betrieb, als ich mich auf den Weg zu Alejandros Büro mache. Die Blicke, die mir dank Bertha Jorkins Gerüchteküche folgen, fallen mir schon gar nicht mehr auf. Es ist ehrlich gesagt ziemlich witzig, dass sich wildfremde Menschen so einfach ein Urteil über mich bilden. Aber auch echt traurig.

Etwa zehn Meter vor Alejandros Büro lehnt eine brünette Frau, die sich bei meinem Auftauchen sofort aufrichtet und mir entgegenschaut. Ohne viel Umschweife schüttelt sie meine Hand und stellt sich als Janett Chapman aus der Beamtenabteilung vor. 
"Als erstes möchte ich Ihnen versichern, dass Sie mir alles erzählen können; Ich werde alle Informationen vertraulich behandeln und ihnen nachgehen soweit möglich. Ich komme heute auf Sie zu, weil bestimmte Gerüchte im Umlauf sind, die ich klären muss, ehe Sie weiter mit ihrem Betreuer Alejandro Lopez arbeiten können. Wollen wir bitte in mein Büro gehen?"

"Ich denke", beginne ich mit einem amüsierten Lächeln, "dass das nicht nötig sein wird. Zwischen Alejandro und mir ist absolut nichts Unangebrachtes vorgefallen. Er ist mein Betreuer, aber ganz bestimmt nicht mein Liebhaber."
Janett Chapman mustert mich scharf. "Sind Sie sich sicher, dass Sie nicht mit mir reden möchten? Ich kann Sie kaum zu einen Gespräch mit mir zwingen. Aber wenn Sie jetzt behaupten, dass Alejandro Lopez seine Überlegenheit als ihr Vorgesetzter nicht ausnutzt, können Sie später nicht mit dem Gegenteil zu mir kommen."
"Alejandro ist ein guter Mann und Chef, der seine Familie mehr als alles andere liebt, Mrs Chapman. Ich danke Ihnen für dieses Gespräch, aber ich bleibe bei meiner Aussage."
Die Frau nickt. "Gut. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag."
Damit reicht sie mir noch einmal die Hand und eilt an mir vorbei.

Nachdem ich Alejandro meinen täglichen Morgenbesuch abgestattet habe, der nicht länger als zweimal "Guten Morgen" war, mache ich mich eilig auf den Weg zu Gabriellas Büro.
Seit ich vor ein paar Tagen gehört habe, wie Abraxas Malfoy ihr Anweisungen zu einer Besprechung mit dem Zaubereiminister gab, ist mir ziemlich wichtig, so lange wie möglich in ihrer Nähe zu sein. 
Dass sie unter dem Imperius-Fluch steht, ist für mich inzwischen kaum noch zu verleugnen und auch immer mehr untypische Beschlüsse von ihr werfen im Ministerium Fragen auf. Doch in diesen Zeiten werden diese Fragen nicht gestellt. Die einzigen Merkmale von Kollegen, die vermuten, dass mit Gabriella etwas nicht stimmt, sind verstohlene Blicke, eine unverfängliche Frage. Doch die meisten gehen Gabriella aus dem Weg, wenn sie glauben, dass Voldemort oder seine Anhänger hinter ihrer Verhaltensänderung steckt. 
Vielen fällt auch nichts auf. Und ich frage mich jedes mal wieder, wie jemand nicht bemerken kann, dass sie noch dünner als so schon geworden ist, den Großteil der Zeit mental abwesend ist und oft so aussieht, als würde sie am liebsten schreien.

Der Flur zu ihrem Büro ist leer. Als ich zwei Türen von ihrer entfernt bin, tritt jemand rückwärts aus dem Büro zu meiner reichten und ich wünsche demjenigen einen guten Morgen als er an mir vorbeigeht. Ich bekomme nur ein Brummen zurück. Naja, solche Leute gibt es eben.

Ich stutze, als mir auffällt, das Gabriellas Tür nur angelehnt ist. Normalerweise ist diese immer geschlossen. Bei ihr würde es mich nicht einmal verwundern, wenn sie sogar abgeschlossen wäre. 
Ich klopfe und warte.
Als niemand antwortet, schiebe ich vorsichtig die Tür auf und wünsche vorsorglich einen Guten Morgen - auch wenn ich mir sicher bin, dass Gabriella nicht hier ist. 
Und tatsächlich. Das Büro ist leer. 
Ich sehe mich unwohl um, als ich den unordentlichen Schreibtisch entdecke. Einige Blätter sind auf dem Boden gefallen und ihr Stuhl ist ungewöhnlich weit vom Tisch selbst weggeschoben. Als wäre jemand davorgestanden und hätte einmal über die Tischplatte gewischt. 
Ich trete einen Schritt in den Raum. Außer den Blättern und dem Stuhl ist alles an seinem Platz.
Naja fast. Eine weiße Haarsträhne auf dem Boden direkt neben dem Tischbeinen erregt meine Aufmerksamkeit. 
Wie in Trance gehe ich darauf zu, um hinter den massiven Schreibtisch sehen zu können. 
Ich weiß, was ich gleich sehen werde. Ich weiß es ganz genau.
Dennoch dreht sich mein Magen um, als ich mit einem Mal in Gabriellas blassblaue Augen schaue. Sie sind starr an die Decke gerichtet - aber sie sehen nichts.
Ihre Arme sin ungewöhnlich abgewinkelt und ihr Mund ist verzogen, als hätte sie auf eine vergammelte Limone gebissen.
Gabriella Brooks ist tot.

Lily Evans P.o.V.:

Das Erste, was ich von meiner Schwester am Tag der Beerdigung unserer Eltern zu Gesicht bekomme, ist ein Naserümpfen. 
"Was hast du denn da an?", mault sie mich entsetzt an.
Ich bin zwar neben James' eleganten Anzug und Petunias Etuikleid wirklich underdressed, doch ihr sollte doch wohl klar sein, das ich mich jetzt gleich in meinem Zimmer umziehen werde, oder?

Ohne auf ihre Worte einzugehen, deute ich auf James, den sie bis jetzt gar nicht bemerkt zu haben scheint. "Petunia, das ist James. James, darf ich vorstellen, meine Schwester Petunia."
"Freut mich.", James streckt die Hand aus.
Petunia sieht mich mit vor Schreck geweiteten Augen an und ignoriert James Hand. "Du bringst einen von ihnen mit hierher? Reicht denn deine komische beste Freundin nicht aus?"

Wir stehen noch immer auf beiden Seiten der Haustür und langsam habe ich das Gefühl, dass die immer neugierigen Nachbarn uns entdeckt haben.
Ich will gerade vorschlagen, drinnen weiterzureden, als James die Schultern zurückdrückt und mir den Arm um die Schultern legt. Wie um zu demonstrieren, dass er nicht weggehen wird. Egal was Petunia sagt. 
Meine Haut kribbelt an den Stellen, an denen er mich berührt, und ich versuchen hastig das abzustellen. Heute ist es nicht richtig.

Der Mund meiner Schwester steht einen Moment lang offen. Dann kneift sie die Augen zusammen und tritt zur Seite. Als ich vor James an ihr vorbeigehe, keift sie mir zu, dass ich ja aufpassen soll, dass heute nichts peinliches passiert.
"Keine Sorge.", antwortet James ungerührt.

Ich führe James ins Wohnzimmer und biete ihm etwas zu trinken an, weil Petunia nur in der Tür zum Flur steht und keine Anstalt macht, ihre Höflichkeit wiederzufinden.
Er lehnt ab und macht es sich unnachahmlich lässig auf dem Sofa bequem. "Ich komm klar, Lily, nimm dir die Zeit, die du brauchst. Ich werde hier warten." Er zwinkert mir zu. Doch hinter dieser spielerischen Geste steckt viel mehr als Petunia erahnen könnte. Es ist eine Erinnerung an gestern Abend, als er mir versprochen hat, dass er heute für mich da sein wird.
"Danke, James." Für einen Sekundenbruchteil bringe ich ein Lächeln zustande, dann drehe ich mich weg, damit er nicht sieht, wie schnell es wieder erlischt.

Mein Zimmer ist genau so, wie ich es vor ein paar Tagen verlassen habe, als ich mich mit Selena reingeschlichen habe, als Petunia und Vernon sicher nicht Zuhause waren, um mir Kleidung und andere wichtige Sachen zu holen. Es ist unordentlich, aber nichts im Vergleich zu James' Zimmer als ich es zum ersten Mal betreten habe.

Ich komme mir vor wie ein Roboter als ich in mein schwarzes enganliegendes aber angemessen langes Sommerkleid steige. Im Spiegel richte ich meine Frisur und meine Schminke. Schließlich packe ich mir noch ein kleines Täschchen mit Taschentüchern, Lippenbalsam und Notfallgeld, ehe ich mich rasch wieder auf den Weg nach unten mache. 
James sollte nicht länger als nötig mit Petunia alleine sein. 
Noch auf der Treppe dringt Vernons Stimme zu mir. Er scheint sich mit James zu unterhalten, denn er gibt gerade mit dem Job in der Firma seines Vaters an. Von Petunia ist kein Wort zu hören.

"Und von was lebst du?", fragt Vernon interessiert. Er weiß nicht, dass wir beide Zauberer sind, Petunia konnte es ihm nie sagen. Deswegen hat er die Kluft zwischen meiner Schwester und mir auch nie wirklich verstanden. Doch bis jetzt hat er sich einfach immer von mir ferngehalten, war höflich, aber distanziert. Sein plötzliches Interesse an James überrascht mich.
Ich trete ein, als James gerade antwortet:"Och, das Übliche. Essen, Trinken, Schlafen."
Vernons verwirrter Blick und Petunias nach Luft schnappen hätte mir beinahe ein Auflachen entlockt. Doch dann treffen mich Petunias helle Augen, die so viel zu sagen scheinen wie Woher hast du den denn? und ich halte mich zurück. 
Allerdings nur im ersten Moment. Im nächsten gehe ich direkt auf James zu, der mit mir hier in der Höhle des Löwens steht und bemüht ist, den schlimmsten Tag meines Lebens erträglicher zu machen, und verschränke meine Hand mit seiner. 
Ich bin so froh, ihn hier zu wissen; meine Dankbarkeit dafür werde ich wohl niemals angemessen zeigen können. Da ist das Mindeste, jetzt zu ihm zu stehen, wenn er in den endlosen Strudel von Petunias Missbilligung gerät.

James lässt sich keine Spur von Überraschung anmerken. Stattdessen drückt er bestärkend meine Hand als eine peinliche Stille vom Raum Besitz nimmt.
"Wir sind sehr überrascht, dass du einen Freund hast, Lily.", beginnt meine Schwester schließlich. Ihre Augen taxieren unsere verschränkten Hände. Sie findet solche Gesten in der Öffentlichkeit unangebracht. Genauso wie Vernon, weswegen ich die beiden nie Händchenhaltend oder küssend gesehen habe.

Ich werfe James einen unsicheren Blick zu und sehe seine Augen gefährlich aufblitzen. 
"Hast du dich nicht gefragt, wo Lily war?", fragt er. Seine beherrschte Tonlage erinnert mich an Situationen, in denen er Slytherins gegenüberstand und versuchte, ruhig zu bleiben. 
Jetzt drücke ich seine Hand. Er blickt zu mir und ich sehe ihn bittend an.
Er nickt knapp. Nicht begeistert, doch er scheint sich an meine Bitte zu erinnern, nachsichtig mit meiner Schwester zu sein.
"Lily ist sehr fähig, auf sich selbst aufzupassen. Das hat sie mir oft genug an den Kopf geworfen."
Ich runzle die Stirn. Das habe ich vielleicht einmal gesagt. Aber sie war schon immer der Meinung, die Tatsache, dass ich eine Hexe bin, würde ausreichen, dass ich nicht mehr ihre kleine Schwester bin. Sie hat mich immer so behandelt, als wäre es meine Pflicht, auf sie aufzupassen und die Vernünftige zu sein. Als wäre ich die ältere von uns beiden und für sie verantwortlich. Nur weil ich Zauberkräfte habe, bin ich aber noch lange nicht unverletzbar oder unendlich belastbar.

Ich setze mich auf das Sofa und ziehe James mit mir. Er ist kurz davor auszuplaudern, wie tief am Boden ich war, als ich nach Marlborough kam. Doch das will ich nicht. Ich will einfach den Tag hinter mich bringen und Petunia nicht noch mehr Munition geben, die sie umdrehen und gegen mich zurückschießen kann.

Die restlichen Minuten, bis Vernon endlich vorschlägt, zur Kirche zu fahren, bringen wir mit Smalltalk hinter uns. Nun ja, James und Vernon reden. Petunia und ich halten uns eher zurück und schalten uns nur ein, wenn wir was gefragt werden.
James ist dabei ein Naturtalent. Er spricht über alles mögliche mit Vernon und verschafft mir so noch ein paar Minuten, um mich zu sammeln. Die Ruhe, die er allein mit seiner Anwesenheit auf mich überträgt, lässt meine zitternden Knie etwas weniger zittern und meine schweren Lungen etwas leichter werden.

Auf dem Rücksitz von Vernons Auto scheint James sich dagegen weniger wohl zu fühlen. Da muss ich seine Hand drücken und seinen panischen Blick mit Ruhe begegnen. 
Er ist zwar schon einmal selbst gefahren, aber auf dem Rücksitz muss er einem sich über Motorräder beschwerenden Choleriker das Lenkrad überlassen. Und James Potter ist vielleicht in vielem Gut, aber bestimmt nicht darin, die Kontrolle abzugeben.

In der Kirche hat sich die halbe Vorstadt versammelt. Wir nehmen neben Tante Ella Platz, die einen imposanten Hut mit Schleier trägt und bereits zwei Taschentücher verbraucht hat. Während dem Gottesdienst versuche ich den Worten des Priesters zu folgen, doch meine Gedanken schweifen immer mal wieder ab. Erinnerungen, Zukunftspläne, Charaktereigenschaften, Insiderwitze. Und immer wieder lösen diese Gedanken einen kleinen Tränenschwall aus. Unter normalen Umständen hätte ich diese verbissen zurückgekämpft. Aber heute kann ich gar nichts dagegen tun - und eigentlich will ich das auch gar nicht. 
James drückt meine Hand, scheint aber zu verstehen, dass mehr als das gerade zu viel wäre. 
Der Weg zum Friedhof ist nicht weit, weswegen er zu Fuß bestritten wird. Die frische Luft tut mir gut, auch wenn es eindeutig zu heiß für dieses enge Kleid ist. 

Das Leichenhaus hat kleine Fenster, auf denen verschiedene Szenen aus der Bibel abgebildet sind. Als ich durch das Glas zum ersten Mal die beiden Särge sehe, wanke ich gefährlich, werde aber von James aufgefangen. 
Während die Ministranten die Türen öffnen und die Sargträger sich bereitmachen, führt James mich einige Schritte zur Seite. Erst als wir abseits der Menge stehen bleiben, fällt mir auf, dass ich mich an sein Jackett geklammert habe.
"Was kann ich tun?", raunt er, mich noch immer stützend. 
Ich muss schrecklich aussehen, so wie er mich ansieht.
Hilflos zucke ich die Schultern.
Er runzelt die Stirn und zieht mich schließlich ganz behutsam an seine Brust. Erst habe ich Angst, sein schönes Hemd mit meiner Schminke zu beschmieren, aber im nächsten Augenblick gewinnen die Tränen und ich lasse zu, dass er mich an sich zieht und mich festhält.

Als die Trauergemeinschaft sich langsam entfernt und den Sargträgern zu der Stelle folgt, an der meine Eltern begraben werden sollen, löse ich mich eilig von James. 
Ich muss jetzt gleich ganz vorne beim Priester neben Petunia, Vernon und Tante Ella stehen.
"Seh ich schlimm aus?", frage ich mit krächzender Stimme.
James wiegt den Kopf hin und her. "Das kommt auf deine Definition von schlimm an..."
ich runzle die Stirn und will meine Tasche öffnen, um die Taschentücher herauszuziehen. Doch James hält mich ab, indem er langsam die Hände hebt und sanft an meinen Augenwinkeln entlangfährt. 
"Das war ein Witz. Alles ist gut, du siehst spitze aus.", meint er leise.
Mir entfährt ein kurzes heiseres Lachen. "Klar!" Aber eigentlich ist es ja egal, wie ich heute aussehe.
James sieht blinzelnd auf mich herab. Als würde ihm die Nähe zwischen und gerade eben erst auffallen. Dann beugt er sich mit einer schnellen Bewegung vor und drückt mir einen federleichten Kuss auf die Stirn. 
Ich schließe die Augen.

"Bereit?", fragt er eine Sekunde später.
Ich nicke und stelle erleichtert fest, dass er wieder meine Hand in seine nimmt. 
Mit raschen Schritten folgen wir der Trauergesellschaft und überholen dabei ein paar Nachzügler, die hastig ihre Kleidung richten und ebenfalls aufzuschließen versuchen. 
Selena, Sirius und Remus. Alle drei lächeln mir ungewöhnlich ernst zu.
Bevor ich etwas sagen kann, sind James und ich mitten in der Menschenmenge und ich verliere unsere Freunde aus den Augen.
Wir erreichen Petunia, als die Menschen um uns herum sich gerade aneinandergereiht aufstellen und zu beschäftigt sind, um uns komisch anzusehen, weil wir uns ziemlich frech nach vorne drängeln. Doch Petunia sieht mich sofort mit scharfem Blick an. Wobei ihre Wut auf jegliche Abweichung von der Norm recht schnell zu James wandert, den sie mit zusammengekniffenen Augen anstarrt.

Als sie allerdings etwas oder jemanden hinter mir fixiert, muss ich mich umdrehen, um herauszufinden, wer diesmal ihre Missbilligung auf sich gezogen hat. 
Selena, Sirius und Remus stehen direkt hinter James und mir. Offensichtlich haben sie sich nicht damit zufriedengegeben, ganz hinten zu stehen und sich ebenfalls ins Getümmel geworfen.
Sel streckt mit traurigen Augen die Hand aus und ich fasse sie sofort mit der, die nicht mit James' seiner verschränkt ist. Sie sieht furchtbar blass und angespannt aus.
Remus legt mir kurz seine Hand auf die Schulter. Sirius starrt mit blassem Gesicht auf das ausgehobene Grab und mustert die Leute von der Kirche. Wahrscheinlich hat er noch nie eine Ministrantenkleidung gesehen oder eine Priesterrobe. 
Froh, dass meine Freunde hier sind, wende ich mich wieder dem Pfarrer zu, der gerade mit seiner Ansprache beginnt.

Dank meines kleinen Weinanfalls vorhin, sind während der Beisetzung keine Tränen mehr übrig. Einzig rohe Trauer, die sich auf mein Herz setzt und es unendlich schwer macht. 
Ich dachte nicht, dass ein Mensch eine solche Traurigkeit empfinden kann. 
Als die Särge hinabgelassen werden, denke ich kurz, dass meine Beine nachgeben, doch im nächsten Moment habe ich mich wieder im Griff.
Nach unzählbaren Beileidsbekundungen zum Schluss entfernen sich immer mehr der verschiedensten Bekannten. 
Petunia wirft mir einen strengen fragenden Blick zu, als meine Freunde nicht auch gehen.
Ich erwidere ihn unberührt.
Um mir nicht das letzte Wort zu überlassen, richtet Petunia sich auf und geht schnurstracks auf sie zu. 
Selena ignoriert sie gekonnt, doch Sirius und Remus hält sie nacheinander die Hand hin. 
"Ich bin Petunia. Ich schätze, ihr kennt Lily über ihr ... Internat?"
Wenn sie jetzt dachte, mit ihrem Alter, ihrer Stimme oder ihrem Blick einzuschüchtern, hat sie sich mit Sirius Black den falschen ausgesucht.

"Hogwarts?", fragt er von ihrer kaum versteckten Feindseligkeit nicht im geringsten beeindruckt. "Oh ja, daher kennen wir die Gute. Hervorragende Schule, muss ich sagen. Fast schon magisch." Er zwinkert. Petunina starrt ihn mit offenem Mund an.
"Zauberhafte Ländereien.", fügt Remus hinzu. 

Petunia atmet tief ein, doch bevor sie etwas sagen kann, tritt Tante Ella neben sie und legt ihr eine Hand auf den Arm um sie beiseite zu schieben. "Danke, dass du hier bist, Selena, meine Liebe. Und es ist schön, endlich ein paar von Lilys Freunden kennenzulernen. Sie ist immer so wortkarg, wenn sie von ihrer Schule berichtet. Vielleicht kann ich aus euch ja etwas herausbekommen." 
Ohne eine Spur Verlegenheit hakt sich Tante Ella bei Sirius und Remus unter und führt sie zurück auf den Friedhofsweg. Sirius verdutzt geweitete Augen, die zu uns zurückschauen, erwidert Sel mit einem Luftkuss.
So ist Tante Ella. Obwohl das heute schon sehr dezent für ihre Verhältnisse war. Normal ist sie deutlich bestimmter.

Sel hakt sich bei mir unter und zu dritt gehen wir ihnen hinterher.
Der Leichenschmaus im Dorflokal am Ende der Straße ist beides. Schrecklich und schön. Der Anlass lässt mich kaum einen Bissen hinunterwürgen, doch gesehen zu haben, wie viele Menschen auf der Beerdigung waren und um Mum und Dad trauern, hatte eigentümlicherweise etwas heilendes.
Als ich die Augen über die Menschen im Lokal gleiten lasse, habe ich das Gefühl, das Gewicht auf meinem Herzen hat eine Spur nachgelassen.

"Also", beginnt James. "Dass ihr beide kommt, wusste ich." Er deutet auf Sirius und Remus und ich sehe ihn erstaunt an. "Aber wie hast du es hierher geschafft?", wendet er sich an Sel.
Diese sieht allerdings alles andere als erfreut über seine Frage aus. Sie beißt sich auf die Unterlippe und beugt sich dann vor, um leise sprechen zu können:"Heute morgen wurde jemand in den Räumen des Ministeriums ermordet. Sie suchen gerade die Besucherlisten ab und sichern die Spuren. Da wollten sie nicht auch noch mich an der Backe haben."
Sirius mustert seine Zwillingsschwester forschend. "Wer ist ermordet worden?"
Sel will etwas sagen, zögert dann allerdings. Letztendlich gibt sie unseren gespannten Blicken nach und sagt:"Gabriella Brooks. Ich war ihr diese Woche unterstellt."
"Du hast doch keine Schwierigkeiten, oder?", frage ich nach ihrer Hand greifend.
Sel schüttelt den Kopf, beißt sich wieder auf die Lippe, ehe das, was sie so dringend zurückhalten wollte, doch wieder aus ihr herausbricht:"Ich habe vor ein paar Tagen gehört, wie Abraxas Malfoy ihr Anweisungen gab. Alejandro vermutete den Imperius-Fluch. Er wollte abwarten, ob man damit Voldemort falsche Informationen übermitteln könnte, aber heute morgen habe ich sie gefunden. Tot."
"Du hast sie gefunden?", Sirius ringt nach Atem. "Ich will, dass du da rauskommst. Ich werde mit Alejandro sprechen. Wie konnte er verlangen, dass du ihr weiter unterstellt geblieben bist?", seine Stimme ist die eines verängstigten Bruders, der seine Schwester schützen will. 
"Sirius!", ermahnt Sel ihn. "Alejandro hat mich nur deswegen zu ihr geschickt. Und bevor du jetzt ausrastest, ich wusste von Anfang an, worauf ich mich eingelassen habe. Aber das ist weder der richtige Ort, noch die richtige Zeit, sich darüber aufzuregen. Wir sprechen später in Ruhe. Jetzt gerade sind wir für Lily hier." Sel wendet sich demonstrativ mir zu und Sirius folgt ihr einen tiefen Seufzer später.

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(Bildquelle: https://i.pinimg.com/564x/0a/43/fb/0a43fb5f6172780e8da9b4053191a55e.jpg)

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