Chapter 112

(Bild: Alexander)

Alexander Malfoy P.o.V.:

An meinem Geburtstag, den 5. Juli, werde ich morgens um sechs Uhr von einer mir unbekannten Eule geweckt. Sie pickt erbarmungslos gegen die Fensterscheibe und stört mich aus blauen Augen empört heraus an, weil ich sie so lange warten lasse. Bei einem weiteren müden Blick erkenne ich noch eine zweite und dritte Eule auf meinem Fentersims warten. Alle dei haben erhabene kastanienbraue Federn und das gleiche Band um den Hals hängen. Vielleicht sind es Posteulen aus der Winkelgasse oder Hogsmeade. Das Paket, das ihnen an den Beinen befestigt ist, ist so groß, dass vier Quaffel locker darin Platz hätten.
Stöhnend rolle ich mich aus meinen gemütlichen Kissen und unter meiner warmen Decke hervor.
Barfuß tapse ich über den kalten Steinboden und wickle mir dabei den Morgenmantel um den Körper.
Wer schreibt denn so früh?

Doch es ist kein Brief dabei. Stirnrunzelnd löse ich das Paket von den Eulenfüßen und blicke den fremden Eulen hinterher, die sofort davonfliegen.
Es gibt überhaupt keine geschriebenen Wort, wie mir auffällt, als ich das Paket öffne. Nur so viele Lakritz-Zauberstäbe, dass ich Weihnachten noch welche haben werde.
Meine Laune verbessert sich augenblicklich, als ich auf jedem einzelnen drei Punkte entdecke, die ich noch nie auf einer Verpackung gesehen habe.
Die Zahl drei hat bei Selena und mir schon lange eine ganz besondere Bedeutung. Jeder Punkt steht für ein Wort. Ich. Liebe. Dich.

Ich sehe den Eulen hinterher, die mit weitschlagenden Flügeln davonfliegen. Ich muss wirklich einen Weg finden, die Worte zu erwidern. Am besten wäre es, wenn ich das Armband mit unserem Anhänger wiederbeschaffen könnte. Doch dafür brauche ich eine Gelegenheit, es unbemerkt zu tun.
Ich richte mich auf, die Niedergeschlagenheit, die mich nach Mutters Tod und Bailees Liebestrank überfallen hat, scheint in den Hintergrund zu rücken und meine Zukunft mit Selena in den Vordergrund.
Ich muss mich jetzt zusammenreißen. Jetzt stark sein. Nur so können wir es beide lebend aus diesem Krieg schaffen.

Geburtstage werden in meiner Familie nicht großartig gefeiert, weswegen ich mir keine großen Hoffnungen mache, als ich den Speisesaal betrete. Umso überraschter bin ich, als erneut eine Erdbeertorte für mich bereit steht und bei meinem Eintreten sowohl Vater als auch Lucius aufstehen, um mir auf die Schulter zu klopfen. Soetwas war bist jetzt noch nie passiert, doch vielleicht ist der 17. Geburtstag selbst für meinen Vater etwas besonderes.
Ich sehe mich nach Narzissa um, aber die ist nicht anwesend.
Doch trotz der kurzzeitigen Begeisterung wegen meiner Volljährigkeit, verläuft das Frühstück ohne Gespräche, die sich nicht um Wirtschaft oder Politik drehen.
Auch das Mittagessen nach drei Stunden Unterricht bei dem neuen Privlehrer, auf den Vater besteht, ist recht gewöhnlich. Nur die Aussicht auf das Sommerfest, das am frühen Abend stattfinden wird, versetzt sogar Vater in gute Stimmung.
Meine Begeisterung dafür hält sich in Grenzen. Mir wurde nicht wirklich erklärt, wohin wir genau apparieren werden und Nachfragen ist in diesem Haus nicht gerne gesehen, weshalb ich den Abend wohl oder übel auf mich zukommen lassen muss. Hoffentlich wird Adalar nicht anwesend sein. Er mag vielleicht Vater und Lucius mit seinem Eingreifen auf der Brautschau beeindruckt haben, doch ich werde ihm den gewalttätigen Angriff auf Sela niemals wirklich verzeihen können. Auch wenn ich in naher Zukunft so tun werden müssen, als wäre er in meinem Ansehen wieder gestiegen.

Ich bemühe mich, meine zur Faust geballte Hand wieder zu lockern und esse weiter die Vorspeise in Form einer Suppe, während Lucius und Vater über ihre baldigen Geschäfte mit Borgin & Burke's sprechen. Jetzt, wo auch Lucius von Vaters Krankheit weiß, will Vater mit ihm zusammen alle Angelegenheiten regeln, damit er ohne Probleme sein Erbe als Erstgeborener antreten kann. Und dazu gehört nun mal auch das Verwalten und Verstecken von nicht gerade legalen Gegenständen und Giften.

Ich sehe den beiden zu, wie sie über verschiedene Habseligkeiten beraten, doch als keiner meine Meinung hören will, Schweifen meine Gedanken derweil ab zu einem Thema, das mich schon des längeren beschäftigt. Wenn Slughorn mich in meinem siebten Schuljahr wieder zum Slytherin-Teamkapitän macht, werde ich dann annehmen?
Ich würde Selena vor Fouls bewahren können. Doch eben jener Spielstil hat mir einige Kritik eingebracht, die meine Loyalität zum Haus Slytherin in Frage gestellt hat. Und mit Fouls gegen Selena zu spielen, wäre für mich kaum möglich. Himmel, ich konnte es schon nicht ertragen, sie aus drei Meter fallen zu sehen - obwohl ich wusste, dass sie sich abrollen würde können und uns ganz Hogwarts im Blick hatte. Sollte ich dann wirklich erneut aufs Spielfeld?
Allerdings würde ich, sollte ich nicht erneut Kapitän werden, noch weiter in den Augen der Slytherins sinken. Es ist jetzt schon ein schmaler Grad. Im Moment werde ich fast nur noch wegen meinem Familiennamen respektiert. Im Quidditch gut zu sein, könnte mir wieder ein paar mehr Freunde einbringen - selbst wenn es nur für dieses Jahr ist. Bis Sela und ich aus Hogwarts raus sind und uns endlich nicht mehr mir Häuserrivalitäten auseinandersetzen müssen.
Vor zwei Jahren hat mir der Gedanke, alle meine Freunde zu verlieren, noch Angst gemacht. Jetzt sehne ich mich danach, aus diesem herabziehenden Strudel herauszukommen.

"Alexander!", dringt die erzürnte Stimme meines Vaters zu mir durch.
Ich richte mich auf und blinzle den Schleier vor meinen Augen weg.
"Hör gefälligst zu, wenn ich mit dir spreche. Steh auf.", seibe Stimme ist im Gegenstatz zu gerade eben vollkommen ruhig. Vater schiebt seinen Stuhl mit einem gänsehauterregenden Geräusch über den Steinboden.
Ich schließe für den Bruchteil einer Sekunde die Augen, dann stehe ich auf wie mir geheißen.
"Komm her.", Vater muss gar nicht viel sage, ich weiß, was jetzt passiert.
Ich trete vor ihn, den Kopf gesenkt, und warte darauf, dass Schmerz durch meinen Körper zuckt.
Bei der vorwarnungslosen Ohrfeige mit seinem beringten Handrücken fühlt es sich an, als hätte sein Siegelring mit dem Wappen der Malfoys meine Haut aufgeschürft. Wie passend. Ausgerechnet dieses Symbol bereitet mir nun auch körperliche Schmerzen.
Es sticht und brennt, doch ich lasse mir keinen Schmerz anmerken, sondern drehe den Kopf wieder so, dass er mich erneut schlagen kann.

Doch eine weitere Ohrfeige wie sonst kommt nicht. Vater atmet schwer und starrt auf den einzelnen Blutstrofen, der meine Wanger herunterperlt. Dann sieht er auf seine Hand und tastet sie ab.
Panik steigt in mir auf. Drachenpocken sind in seinem Stadium nicht mehr durch Husten ansteckend, doch sehr wohl durch Blut.
Doch Vater scheint keine Wunde an seiner Hand zu finden. Zum ersten Mal sehe ich den Funken von Erleichterung in seinen Augen aufblitzen. Erleichterung wegen mir.
Ich schlucke. Das ist neu.

"Wir reisen um 16 Uhr ab. Zieh die Kleidung an, die auf dein Bett gelegt wurde." Damit geht er an mir vorbei und aus dem Speisesaal. Ich begegne Lucius' Blick, der anders als sonst nicht das Gesicht abgewendet hat, wenn Vater mich schlägt. Er schnaubt, steht auf und stürmt aus dem Raum, bevor ich verstehen oder ihm ansehen kann, was er denkt.

Das Sommerfest ist anders als gedacht. Es sind nur wenige Alte anwesend, dafür jede Menge junge Erwachsene, die Hogwarts erst vor ein paar Jahren verlassen haben können und von denen ich genug gehört habe, um mir sicher zu sein, dass sie, wenn es darauf ankommt, auf Seiten des dunklen Lords sind.
Sobald wir aus dem Appariersog gelandet sind, gehen Lucius und Narzissa sofort auf eine Gruppe zu, die in Mitten aller anderen steht. Ich erkenne Bellatrix Black und Rodolphus Lestrange, und mir kommt der Gedanke, dass die beiden ja verheiratet sind und sie gar nicht mehr Black heißt. Bellatrix ist etwa fünf Jahre älter als Rodolphus, doch mein Freund aus Hogwarts scheint das nicht zu kümmern. Oder es hat ihn nicht zu kümmern. Er steht neben ihr und unterhält sich wie selbstverständlich mit einer Gruppe aus sehr zweifelhaften Gestalten, die mit Lucius zur Schule gegangen sind. Severus ist auch unter ihnen. Und Adalar.

Vater legt mir eine Hand auf die Schulter und schubst mich unsanft in Richtung meiner Hogwarts-Freunde, Lucius hinterher. Er selbst geht zu einer Gruppe alter Männer, die in Malfoy Manor ein und aus gehen.
Ich schreite auf die Gruppe zu. Dabei wandert mein Blick über die Menschen, die sich in diesem abgelegenen, magisch vergrößerten Pavillon befinden und sich unterhalten, als wären sie keine Mörder und Attentäter.
Ein Kloß bildet sich in meinem Hals als ich eine Gestalt ganz am Ende entdecke. Sie ist hochgewachsen, mit unnatürlich blasser Haut und rötlichen Augen. Sein Umhang wabert um ihn herum, als würde eine unsichtbare Magie von ihm ausgehen. Es würde mich nicht wundern, wenn er über dem Boden schwebt, anstatt darauf zu laufen.
Der Dunkle Lord lacht gerade sein kaltes Lachen, dass viele der Umstehenden aufsehen lässt. Manche fallen aus Höflichkeit oder Angst mit ein, andere starren nur. Verständlich, die Macht, die er ausstrahlt, ist... besonders; Es gibt kein anderes Wort dafür.

Meine Freunde begrüßen mich beinahe schon überschwänglich unter Lucius Augen und binden mich sofort in das Gespräch mit ein. Es könnte ein unterhaltsamer Abend werden. Möglicherweise sogar ein lustiger, denn vom Dunklen Lord oder wirklichen Todessern bekommt man in unserem Kreis wenig mit. Selbst als Adalar und ich uns zum Buffett aufmachen, schwankt die Stimmung nicht, wir reden einfach weiter über die bevorstehende Quidditchweltmeisterschaft in Italien.

Ich nehme mir gerade an der Längsseite des Pavillons eines der winzigen Eierkremschnitten, als vom erhöhten Podest her Voldemorts magisch verstärkte Stimme ertönt. Er hat eine einerseits kalte, unnahbare Stimme, doch gleichzeitig liegt auch etwas mitreißendes darin. Er ändert die Tonlage, hebt und senkt die Stimme, genau auf seine Worte abgestimmt, um das zu betonen, dass er im Kopf seiner Zuhörer verankert haben will.

"Meine verehrten Mitstreiter für eine bessere Zaubererwelt, ich begrüße euch heute nicht nur zu einem gewöhnlichen Sommerfest. Ich möchte diese Versammlung ebenfalls zu einer Demonstrierung meiner Macht nutzen."
Aufregung lag schon in der Luft, als der Dunkle Lord zu sprechen begann, doch jetzt sprühen förmlich die Funken durch die Luft. Die Menschen und auch andere annähernd menschliche Wesen drehen sich ihren Nachbarn zu und wechseln bedeutungsvolle Blicke oder flüstern aufgeregt.
Ich sehe mich genauer um, ob ich weitere bekannte Gesichter sehe.
Das Pavillon ist voll geworden, was bedeutet, dass die Anwesenden unmöglich nur Todesser sein können. Außerdem habe ich das unerklärliche Gefühl, dass hier eher Neulinge sind, die von der Menge an Interessenten mitgerissen werden sollen. Die richtigen, die wichtigen Todesser werden sich wohl kaum in einer solchen Öffentlichkeit zeigen. Das hier ist eine Großveranstaltung zur Anwerbung.
Viele kenne ich entweder aus dem Haus Slytherin oder von den Familienfesten. Ich bemerke, dass sich nur etwa zehn Meter vor mir eine Todesfee mit rotgeweinten Augen und um sie flatternde weiße Gewänder befindet. Ein solches Wesen kannte ich bisher nur aus den Verteidigung gegen die dunklen Künste-Büchern. Ob auch ein Vampir hier ist?
Ich schlucke trocken, als ich einen Bugbear entdecke. Mit diesen Wesen hat mir Vater früher immer gedroht. Sie sind bekannt dafür, unartige Kinder, die weglaufen, zu erwischen und werden mit den unerklärlichsten und schlimmsten Unglücksfällen in Verbindung gebracht. Der Bugbear, oder auch Blutsaugendes Gespenst genannt, dreht den Kopf und ich wende hastig den Blick ab.
Er landet direkt auf Severus, dessen zu Voldemort gereckte Körperhaltung mir augenblicklich einen kalten Schauer über den Rücken Jagd. Er beobachtet Voldemort mit starren Augen. Etwas... fasziniertes liegt in darin. Etwas gefährliches.
Ich sehe weiter zu Adalar, der vollkommen ruhig neben mir steht, während sich hinter ihm die Sonne rötlich verfärbt.

"Doch zuerst möchte ich mich für die großzügigen Spenden von den Familien Xaxley und Malfoy bedanken." Voldemort verzieht die schmalen Lippen zu etwas, das wohl ein Lächeln sein soll. Jemand, der aber schon Menschen wie Selena lächeln gesehen hat, kann das allerdings kaum als ein solches benennen. Es ist eher eine Grimasse. Doch als ich mich umsehe, imitieren die Leute diese Mimik.
"Diese finanzielle Unterstützung wird direkt für unsere Sache verwendet. Die Zaubererwelt wird", er sieht mit einem mal ernst in die Runde, "gesäubert werden. Doch dafür ist ein Zusammenschluss der wahren Zauberer und Hexen nötig. Damit wir unsere Welt zurückbekommen und nach unseren Wünschen gestalten können, ist das hier", er breitet die Arme aus, "von aller größter Bedeutung. Seht eure Nachbar an", verlangt der Dunkle Lord und die Köpfe drehen sich. Ich blicke zu Adalar und behalte meinen vernebelten Blick bei.
Wenn jemand merkt, dass ich zu aufmerksam die Menge mustere, zu auffällig die Stirn runzle, zu nervös bin, weil ich ein Geheimnis habe, das die meisten hier als Hochverrat ansehen würden... dann wäre ich so gut wie Tod.
Vorhin hat mich die Junisonne noch schwerfällig und müde gemacht, doch Voldemorts Stimme ist wie ein Eimer Eiswasser und fünf Tassen Kaffee.
Adalar grinst mir mit einen Funkeln in den Augen zu, das er sonst nur bei einem Quidditchsieg trägt. Er ist bei Voldemorts Worten voll dabei.
Auf meiner anderen Seite sitzt ein alter Mann mit einer Pfeife im Mund. Er wirft mir ein zahnlückenreiches Grinsen zu.

"Diese Nachbarn sind eure Verbündeten. Denn jeder, der heute hier ist, hat sich mit Leib und Leben unserer Sache verschrieben. Nun ja", Voldemort lächelt wieder. Doch diesmal liegt etwas beunruhigendes darin. Er erinnert mich an eine Schlange, die gleich zubeißt. "Fast alle."
Ein Raunen geht durch die Menge.
"Was soll das heißen?", wispert jemand.
"Gibt es einen Verräter?", fragt die Frau vor mir.
Sämtliche Anwesenden sehen sich um. Ich auch, nicht, weil ich glaube, dass man Verrat an der Zauberstabspitze ablesen kann, sondern weil ich mich erstens der Menge anschließen muss, um keinen Verdacht zu erregen, während mein Herz wie verrückt in meiner Brust pocht. Und weil ich zweitens sehen muss, ob mich jemand ansieht. Ich vermeide es mit aller Willenskraft mich zum Dunklen Lord umzusehen. Ob seine Augen auf mir liegen?

"Er ist bekannt. Jeder wird zumindest seinen Familiennamen kennen.", fährt Voldemort fort und ich glaube, meinen Puls im Kopf zu hören. Unter meinem Umhang hebt und senkt sich meine Brust schnell. Ich schwitze.
Mein Zauberstab ist griffbereit, doch ich mache mir nichts vor. Hier, umgeben von all den Menschen und vor allem Lord Voldemort direkt gegenüber - ich habe keine Chance, wenn er mich als Machtdemonstrationsinstrument ausgewählt hat
"Er ist hier. Doch nicht als die Person, die er vorgibt zu sein. Er ist hier - und gleichzeitig gibt er Informationen an den Feind weiter. Denn er ist der Feind. Er ist eine verabscheuungswürdige, ekelerregende Ratte!", Voldemort sieht in die Menschenmenge, um den Effekt seiner Worte zu überprüfen.
Ich muss zu meinem Leidwesen zugeben, dass die mal ruhigen, mal ausgespuckten Worte bei mir Gehör finden. Sie hallen in meinem Kopf wider, prägen sich ein.

"Er ist heute hier als", er legt eine Kunstpause ein und lächelt dabei in die Menge, "Philius McBrian."
Schweigen, komplette Stille. Es ist so leise, dass ich Angst habe, man hört, wie sich mein Herzschlag langsam aber stetig beruhigt. Niemand weiß von Selena und mir!

Keiner rührt sich, aber nur, weil keiner weiß, wer gemeint ist. Ich habe noch nie von einem Philius McBrian gehört. An Vaters und Lucius' Blicken sehe ich, dass auch sie unwissend sind.
Mein Kopf ruckt herum, als sich etwa zehn Meter entfernt ein Mann um seine eigene Achse dreht. Er muss aufgesprungen und ein paar Schritte gekommen sein, doch nun war er von mehreren mit Zauberstäben bewaffneten Männern eingekesselt worden. Er dreht sich um sich wie ein in die Enge getriebenes Tier, seine Augen strahlen pure Panik aus.

"Bringt ihn her!", verlangt der Dunkle Lord und die Männer treten näher. Jetzt, als einer von ihnen sich bewegt, erkenne ich Lucius unter ihnen. Der Mann neben ihm war in Hogwarts sein engster Freund. Beide haben die Gesichter zu Grimassen verzogen.
"Nein... nein!", fleht der Mann namens Philius McBrian die Männer um ihn herum an. Doch die ziehen ihren Kreis enger und schließlich packt ihn jemand am Kragen und zerrt ihn vor zu Voldemort. Aufs Podest, wo ihn alle sehen können und das er lebend wohl kaum wieder verlassen wird.
Philius McBrian sinkt von selbst auf die Knie und der Mann, der ihn dem Dunklen Lord gebracht hatte, sieht fast ein wenig enttäuscht aus.
Voldemort nickt ihm zu, wendet sich aber noch in der selben Bewegung dem angeblichen Verräter zu.
"Philius McBrian. Kreativer Name, Howard.", spottet der Dunkle Lord. Er hat seinen Zauberstab in der Hand, jedoch nicht erhoben. Er lässt ihn sogar beinahe spielerisch um seine schlanken, langen Finger wirbeln.
Howard? Es gibt eine bekannte Familie mit diesem Namen. Doch der einzige Mann, der in der körperlichen Verfassung für Vielsafttrank wäre, ist vor einigen Monaten mit Frau und Kindern aus dem Land geflohen.
Ich schlucke, als mir klar wird, dass er wohl doch nicht ausgewandert war.

"Graham Howard, ehemaliger Leiter des Aurorenbüros.", verkündet der Dunkle Lord mit ironisch erfreuter Stimme. "Willkommen auf dem Fest!"
Ein Raunen geht durch die Menge, als die, die mit dem Namen Howard nichts anfangen konnten, endlich die Wahrheit erkennen.
"Ich muss sagen, es war eine gute Idee mit der Flucht. Wer würde es nicht verstehen?", beginnt Voldemort. Er beginnt, raubtierartig um den vor ihm knienden Mann herumzugehen. "Doch ich dachte mir, dass du einer dieser Ministeriumsbeamten bist, die zu arrogant sind, um einzusehen, dass die Schlacht schon längst gefochten wurde. Du würdest nicht feige aus dem Land fliehen."
Howard sagt kein Wort, doch sein ganzer Körper zittert und er hat die Hände vor der Brust gefaltet als würde er beten. Seine Lippen bewegen sich jedenfalls stumm.
Irgendwo hinter mir jubelt jemand Voldemorts Worten zu.
Voldemort sieht mit sich hin und her bewegenden Kopf auf, und wieder kommt mir unwillkürlich das Bild einer Schlange in den Sinn. "Sei still!", faucht er. "Jetzt rede ich, Lord Voldemort!"

Neben mir seufzt jemand, und als ich den Kopf unmerklich drehe, sehe ich Adalar, der mit großen Augen zu seinem Idol hinaufblickt. Er bemerkt nicht einmal meinen Blick. Was aber wahrscheinlich besser ist.
Für eine Sekunde schließe ich die Augen und als ich sie wieder öffne, hat meine Maske aufgehört zu bröckeln.

"Du bist hier, verwandelt durch den Vielsafttrank, nachdem du dich bei uns eingeschlichen hast. Du hast dich bei uns eingenistet wie eine Ratte. Informationen gesammelt und sie an deine Freunde im Phönixorden weitergegeben. Dafür verurteile ich dich zum Tod."
Graham Howard entfährt zum ersten Mal seit er Voldemort gegenüberkniet ein Laut. Es ist mehr ein Wimmern. Man sieht richtig, wie er Atem holt und ansetzt, um zu sprechen.
Doch Voldemort ist schneller. Er verwehrt ihm seine letzten Worte und nimmt ihm mit einem durch Mark und Bein gehenden "Avada Kedavra" das Leben.
Ein hellgrüner Blick erleuchtet das Pavillon, das sonst nur von der untergehenden Sonne rot beleuchtet wird. Und Graham Howard sinkt tot zu Boden. Die Augen starr und leer gegen die weiße Decke gerichtet.

"Nun, da die ernsten Angelegenheiten geregelt sind", verkündet Voldemort, mit aufmerksamen Blick in die Menge, "lasst das Sommerfest beginnen." Er hebt die Arme mit einer eleganten Kreisbewegung und Musik ertönt aus dem Nichts. Ebenfalls wurden die Buffetts und Weinflaschen aufgefüllt.
Applaus brennt auf und nimmt bereits nach kürzester Zeit das ganze Pavillon ein. Die Leute jubeln Voldemort zu. Für einen Mord. An einem Auror. Einem Spion des Phönixordens. Einem von Dumbledores Männern. Einem Ministeriumsbeamten, der seine Familie für diese Mission verlassen hatte und nun nie wieder nach Hause kommen wird. Ich sehe auf seine leblose Gestalt, die durch den Vielsafttrank vollkommen verändert wurde. Er wird nicht einmal in seinem eigenen Körper beerdigt werden. Wenn überhaupt.

Adalar stößt mir seinen Ellenbogen in die Seite und ich erwache aus meiner Starre. Mit meinem Malfoy-Lächeln klatsche ich gute fünf Minuten die Handflüchen aneinander, bis der Applaus endlich abflaut.
Voldemort ist von seinem Podest gestiegen und schreitet durch die Menge, die jetzt, durch dieses Erlebnis, so berauscht und zusammengeschweißt ist wie es kaum etwas anderes schafft.
Ich schmecke Galle in meiner Speiseröhre aufsteigen, doch ich spiele weiter meine Rolle, zeige weiterhin meine Maske und gebe vor, mit Leib und Leben einer von ihnen zu sein.

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(Bildquelle: https://i.pinimg.com/originals/f2/3d/c9/f23dc90ded0306191b781beea3092b94.jpg)

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