𝐅𝐮̈𝐧𝐟
-Kevin-
Langsam schlug ich die Augen auf. Die Sonne schien bereits knallhell durch mein Fenster, weshalb ich meine Augen gleich wieder zusammenkniff. Schwerfällig richtete ich mich ein wenig auf und sobald ich mich bewegte merkte ich, wie heftig mein eigentlich Kopf schmerzte. Mein Kopf fühlte sich an wie ein Aquarium und jedes Mal, wenn ich mich bewegte, schwappte das Wasser so heftig an die Wand, dass es drohte, diese zu zerbrechen. Also natürlich zerbrach mein Kopf nicht wirklich, aber in dem Moment fühlte es sich so an.
Wie lang hab ich eigentlich geschlafen?, ging es mir durch den Kopf. Ich griff nach meinem Handy und als ich die aktuelle Uhrzeit sah, verschluckte ich mich beinahe an meiner eigenen Spucke. -14:17 Uhr.
Ich muss ja wirklich unmenschlich betrunken gewesen sein. Ich konnte mich nicht mal mehr daran erinnern, mit wem ich gestern Abend und Nacht unterwegs war. Das einzige, woran ich mich erinnern konnte, war dass es jemand aus meinem privaten Freundeskreis war und niemand, der auf YouTube, Twitch oder sonstigem aktiv war.
Neben der Uhrzeit wurde mir auf meinen Startbildschirm aber auch noch etwas anderes angezeigt. 19 verpasste Anrufe von Basti und 27 ungelesene Nachrichten.
Was hab ich denn bitte gemacht, dass der mich so vollspammt?, fragte ich mich.
Neben Bastis ungewöhnlich vielen Nachrichten fiel mir aber auch noch ein anderer Kontakt, welcher mir seit heute Nacht mehrmals geschrieben hatte ins Auge. -Tessa, meine älteste Freundin und eigentlich auch fast die einzige Person aus meiner Schule, mit der ich heute noch Kontakt hatte. Tatsächlich lebten wir nur ein paar Wohnblöcke voneinander entfernt, denn Tessa war schon in der zehnten Klasse mit ihren Müttern nach Köln gezogen und irgendwie hatte ich es geschafft, so krass in ihrer Nähe einzuziehen, ohne es zu wissen. Bis wir uns zwei Monate zuvor zufällig auf der Straße trafen.
Kevin?
(5:39 Uhr)
Oh mein Gott, es tut mir so leid, dass ich dir gestern so eine dumme Pflicht gegeben hab!!!
(5:40 Uhr)
Scheiße Mann wieso hab ich überhaupt zugelassen, dass du dich so betrinkst?
(5:42 Uhr)
Verfickt nochmal, wieso hab ich Idiotin mich eigentlich überhaupt so betrunken?
(5:42 Uhr)
Hat Bastian schon geantwortet???
(7:06 Uhr)
Falls er sauer auf dich ist oder so bitte sag ihm ruhig, dass ich dran schuld bin!!!
(7:06 Uhr)
Es tut mir wirklich so unfassbar leid!!!
(7:07 Uhr)
ALTER KEVIN DU BEHINDERTER AFFE JETZT ANTWORTE DOCH ENDLICH!!!
(11:43 Uhr)
Tessas letzte Nachricht brachte mich irgendwie zum Glucksen.
Mit ihr hatte ich mich also letzte Nacht betrunken und so langsam kam mir auch wieder, was ich Basti geschrieben hatte und wie es dazu kam.
Gestern Abend hatte ich völlig aufgelöst über die aktuelle Situation bei Tessa angerufen. Ich hatte ihr alles erzählt, dass Masha mich betrogen hatte, wie ausgenutzt ich mich gefühlt hatte und über meine Gefühle zu Basti, die vermutlich niemals erwidert werden würden. Darauf hatte sie kurzerhand bei mir geklingelt und mich in irgendeinen Club geschleppt, wo es dann irgendwie dazu kam, dass wir beide und noch ein paar von Tessas Freunden völlig betrunken Wahrheit oder Pflicht gespielt hatten. Tja und dabei ist es irgendwie passiert, dass Tessas Pflicht an mich war, Basti meine Gefühle zu gestehen.
Hey Tessa
(14:21 Uhr) ✓✓
Muss dir nicht leid tun, hätte mich ja einfach nicht so volllaufen lassen müssen
(14:21 Uhr) ✓✓
Basti hat mir schon paar viele Nachrichten geschrieben und paarmal angerufen, mal schauen was er spricht
(14:23 Uhr) ✓✓
Danach tippte ich auf Basis Kontakt und anschließend auf das Telefon-Symbol.
Nach dem dritten Tuten ging Basti bereits ran.
„Oh mein Gott endlich! Ich hatte schon Angst, dass irgendwas passiert ist", redete Basti aufgeregt los. „Nein, alles gut", murmelte ich nur und erschrak darüber, wie angeschlagen meine Stimme klang. „Sicher?", hakte Basti nach. „Ja", erwiderte ich.
„Hör mal Kevin...meintest du das gestern ernst?" Fuck! Wieso musste er dieses Thema jetzt ansprechen? Mir war zwar schon beim ersten Tuten klar, dass er es tun würde, aber insgeheim hatte ich doch gehofft, dass er es einfach vergessen hätte, oder so. „Also...ich", stammelte ich. „Masha hat mich betrogen und mir ins Gesicht geknallt, dass sie nur wegen der Kohle mit mir zusammen war, ich hab mich so verdammt benutzt gefühlt und war dann ziemlich am Ende, also hab ich eine Freundin angerufen und ihr alles erzählt. Tja und dann sind wir in 'nen Club gegangen und haben uns völlig betrunken. Irgendwie hab ich dir dann wohl die Nachricht geschickt", erzählte ich die Kurzversion der Geschichte. „Also...ich weiß ehrlich gesagt selber nicht, warum ich das geschrieben hab. Tur mir leid, Basti." Zum Ende des Satzes hin wurde ich immer leiser. Ich hörte, wie Basti Luft rauspustete. Es sah echt verdammt süß aus, wenn er erst die Backen aufplusterte und dann im Anschluss die Luft entweichen ließ.
„Ist schon okay, das muss es nicht", entgegnete Basti beruhigend. „Du musst nur verstehen, dass mich das gestern auch erstmal ziemlich aus der Bahn geworfen hat", fügte er hinzu, was ja total verständlich war.
„Können wir bitte einfach beste Freunde bleiben, so wie vorher?", fragte ich hoffnungsvoll. Leide lachte Basti auf, doch es klang weder verachtend, noch enttäuscht. „Klar, Kevin." Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Also so fühlte ich es zumindest an. „Danke", flüsterte ich erleichtert.
„Gar kein Problem...im Übrigen, das mit Masha tut mir echt scheiße Leid. Du hast es echt nicht verdient, von so einer oberflächlichen ausgenutzt zu werden", meinte Basti. „Es muss dir nicht leidtun. Du kannst ja nichts dafür. Und sowas hat niemand verdient." Ich lächelte leicht, warum wusste ich selber nicht.
„Anderes Thema, wann wollen wir jetzt die Randomizer Challenge spielen?", erkundigte ich mich. Einige Sekunden war von Basti nichts zu hören, bis auf das Trommeln seiner Finger auf den Tisch, oder wo immer er gerade saß. Das tat er öfter, wenn er nachdachte. Dabei runzelte er meistens noch sie Stirn und kniff leicht die Augen zusammen und es sah echt unverschämt gut aus, wenn er das machte.
„Nächsten Samstag hab ich noch nichts geplant", schlug er schließlich vor. „Alles klar, da müsste ich auch Zeit haben", überlegte ich. „Alles klar. Ich muss dann jetzt mal auflegen, wollte heute noch was mit Oni machen, bevor der wieder zu seinen Eltern geht", verabschiedete sich Basti. „Bis dann", rief ich und dann hörte ich auch schon das Tuten, welches zu hören war, wenn ein Telefonat beendet wurde.
Hoffentlich kaufte mir Basti ab, dass ich einfach nur betrunken war und da nicht noch andere Gefühle mit im Spiel waren.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top