𝐄𝐢𝐧𝐬

-Basti-

Müde ließ ich mich auf mein Bett fallen. Ein Blick auf meinen Handy-Display verriet mir, dass es bereits zehn nach drei in der Früh war. Kevin und ich haben ja echt verdammt lange gestreamt, realisierte ich. Aber es hat sich gelohnt. Ich glaube, ich habe selten so viel gelacht, wie in dieser Nacht und das nur dank meinem langjährigen besten Freund. In meinen Ohren konnte ich immer noch Lachen nachhallen hören. In mir machte sich wieder dieses warme Gefühl von Geborgenheit breit, obwohl ich nur an ihn dachte.

Bevor ich aber noch länger über Kevin oder den vergangenen Stream nachdenken konnte, fielen mir bereits die Augen zu und ich driftete langsam ins Land der Träume.

~~~

Ich blinzelte ein paar Mal unwillig, bevor ich meine Augen aufschlug. Durch die halb geschlossenen Jalousien wurde ich bereits vom Tageslicht geblendet. Missmutig richtete ich mich in eine sitzende Position auf und rieb mir gähnend über die Augen.

Ich hatte schlecht geschlafen. Richtig schlecht. Und sonderlich viel Schlaf hatte ich auch nicht bekommen. Ich hatte zwar bis zehn Uhr oder sogar länger geschlafen, was ich daran festlegte, dass aus dem Nebenzimmer, welches meinem kleinen Bruder Oni gehörte, schon laute Musik und dazu sehr schief gesungene Töne zu hören waren und Oni in den Ferien niemals vor halb Zehn aufstand, aber ich war im Laufe der Nacht immer wieder aufgewacht.

Nachdem ich geschlagene vier Minuten damit verbracht hatte, gegen die gegenüberliegende Wand zu starren und über einen der merkwürdigen Träume, den ich hatte nachzudenken, raffte ich mich endlich dazu auf, erst auf mein Handy zu sehen, um zu bemerken, dass es schon 11:18 Uhr war und danach aufzustehen und durch den Flur in die Küche zu schlurfen, um mir Frühstück und einen Kaffee zu machen. Auf dem Weg klopfte ich noch an Onis Tür und brummte ein „Es gibt Frühstück", auch wenn ich wusste, dass mein Bruder, verfressen wie er war, sich vermutlich schon vor einer Stunde Frühstück gemacht hatte. Trotzdem setzte er sich immer aus Höflichkeit und vermutlich auch aus schlichter Langeweile mit dazu.

Während Oni neben mir schon seine dritte Portion Cornflakes an diesem Morgen verdrückte, starrte ich nur Gedankenverloren in meine Schüssel und dachte über meinen Traum nach.
Erst als mir mein kleiner Bruder einmal mit voller Wucht gegen die Schulter schlug, wurde ich wieder zurück in die Realität zurück gerissen.

„Was zur Hölle ist denn mit dir heute los?", wollte mein kleiner Bruder wissen und sah mich ungewohnt ernst an. Kurz zögerte ich. Eigentlich wollte ich meine Mitmenschen nicht mit Problemen belasten, wenn sie mein Leben nicht großartig beeinflussen. Trotzdem räusperte ich mich nun und redete los:

„Also...ich hatte heute Nacht so einen Traum. Von Kevin und mir. Und in meinem Traum haben wir uns geküsst und miteinander geschlafen...ich geh lieber nicht weiter ins Detail", begann ich zu erzählen. „Das Ding ist, ich weiß nicht, ob ich wirklich romantische Gefühle für Kevin habe, oder ob ich einfach nur verwirrt bin. In den letzten Monaten hatte ich so oft Träume oder auch bewusste Vorstellungen der Art. Aber ich hab eine Freundin und ich liebe sie." Auch wenn zuletzt genannte seit Tagen kaum noch bei mir war und nicht einmal mehr auf meine Nachrichten reagierte und wir uns innerhalb des letzten Monats auch ziemlich oft gestritten hatten.

„Okay, also um das zusammen zu fassen, du hast das Gefühl, dass du in Kevin verliebt sein könntest, weißt aber nicht, ob dein Gehirn dich nicht nur irgendwie austrickst, oder so?", fasste Oni meine Erzählung noch mal für sich zusammen. Fuck. Diese Worte von einer anderen Person zu hören machte mir erst bewusst, wie es wirklich war. Das Kribbeln, was sich jedes Mal in meinem Bauch breitmachte, wenn Kevin mit mir redete. Das Bedürfnis, die ganze Welt zu umarmen, wenn er lachte. Das Erröten, wenn wir wieder einmal mehr aus Spaß mit dem anderen flirteten. Die Eifersucht, die sich unangenehm in mir breitmachte, wenn Kevin von seiner Freundin redete. Es erschien alles einen Sinn zu ergeben.
Langsam nickte ich. „Ich glaube, genauso ist es", murmelte ich.
„Nimm dir am besten erst einmal ein bisschen Zeit zum Nachdenken. Versuch herauszufinden, was du noch für deine Freundin fühlst und versuch, herauszufinden, was genau du Kevin gegenüber empfindest. Mach dir keinen Druck, sondern nimm dir genug Zeit, um sicher zu gehen, was du willst. Weil alles ist besser, als überstürzte Entscheidungen zu treffen und sie am Ende zu bereuen, ich glaube, das wissen wir alle."

„Danke", lächelte ich einfach nur und umarmte Oni. Ich war meinem kleinen Bruder in diesem Moment einfach unglaublich dankbar. Ich wusste zwar nicht, wie genau das ging, aber auch wenn er in einigen Bereichen immer noch ziemlich kindisch sein konnte, schaffte er es irgendwie immer, für Andere da zu sein und ihnen gute Ratschläge zu geben.

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