9 | Glückskekse

Verzweifelt versuchte ich mein Essen von der Verpackung zu befreien.

Es war Mittagspause. Nuri, Jade und ich saßen an einem großen Tisch und warteten auf die sieben Jungs.

Seit dem Vorfall am Freitag pflegten wir zehn ein gutes Verhältnis – auch wenn Yoongi mir ab und zu blöde Kommentare an den Kopf warf.

Doch mein Problem war ein ganz anderes: Ich kam nicht an mein Essen. Das kleine, weiche Brioche, in dem leckere Schokostückchen eingebacken waren, wurde von einer lästigen Verpackung beschützt. Und genau aus diesem Grund, kam ich nicht an mein geliebtes Essen.

Voller Verzweiflung bekam ich nicht mal mit, wie die sieben vom anderen Geschlecht sich zu uns gesellten. Erst als mir mein Essen aus der Hand gerissen wurde, blickte ich auf. Yoongi saß neben mir und gewährte, ohne Kommentar, die Freiheit meines Brioche. Er streckte es mir, weiterhin wortlos, zu, doch würdigte mich keines Blickes.

Lächelnd nahm ich mir mein Mittagessen und biss genüsslich rein. Zwar sättigte diese Kleinigkeit kein Stück, aber es schmeckte einfach zu gut. So lange es schmeckt, scheiß auf Kalorien, das war mein Motto.

»Da wir nun alle versammelt sind, möchte ich bitte das Geschehen von heute Morgen ansprechen«, begann Jade zu erzählen. Beirren ließ ich mich davon nicht und biss genüsslich in mein kleines Gebäck.

»Das hast du nicht wirklich gemacht!?« Lachend schaute mich Nuri an, nach dem Jade alles gebeichtet hatte.

»Mein Handy hing an der Decke, was hätte ich machen sollen?«

Sie schüttelte ihren Kopf. »Ich meinte das mit der Vorwärtsrolle und dem umherschleichen«, lachte sie erneut und stützte sich an Taehyungs Schulter ab.

»Du lagst, wortwörtlich, Namjoon zu Füßen!« Alle hörten auf zu lachen und blickten Hoseok an. Dieser strahlte wie die Sonne und schaute uns erwartend an. Namjoon schüttelte auf den schlechten Scherz nur den Kopf. Yoongi stützte seinen Kopf einfach nur auf einer Hand ab und blickte emotionslos drein.

So schlecht fand ich den jetzt gar nicht. Besser als die Witze, welche Jin manchmal erzählte und ich nicht verstand, weil ich zu jung dafür war.

Doch etwas anders beschäftigte mich mehr.

Mitleid kam in mir auf, da wir alle etwas aßen – außer Yoongi. Dieser saß, ohne Essen vor sich, einfach nur am Tisch und blickte sich in der Cafeteria um. Hatte er sein Essen vergessen? Oder hat er kein Geld, um sich welches kaufen zu können?

Ich vergaß für einen Moment die ganzen Kommentare, die er mir in der letzten Woche an den Kopf geworfen hatte und holte ein weiteres Brötchen aus meinem Rucksack raus. Dieses war eigentlich für später gedacht, wenn ich erneut bei der alten Drachendame eine Vorlesung hatte.

Während sich die anderen Lebensfroh unterhielten, reichte ich das Brötchen Yoongi rüber. Dieser hob darauf seinen Kopf leicht in die Höhe und blickte den Snack an.

Doch, anstatt meine freundliche Geste anzunehmen, schüttelte er nur verneinend seinen Kopf.

»Kein Hunger«, meinte er leise. Überrascht hob ich eine Augenbraue in die Höhe. Wie kann man bitte kein Hunger haben?

Plötzlich kam ich mir extrem verfressen vor. Ich aß gefühlt jede freie Minute.

»Wer hat übrigens dich mit den Nachrichten belästigt?«, wollte Jade wissen und stopfte sich eine Gabel, beladen mit Nudelauflauf, in den Mund. Ich zuckte mit meinen Schultern und holte gleichzeitig mein Handy aus meinem babyblauen Rucksack. Meine Mutter schenkte ihn mir an meinem ersten Tag in der Oberstufe. Seit dem, trage ich ihn immer zu Unterrichtszeiten.

Die Nachrichten von meinen Eltern und die von den sozialen Netzwerken ignorierte ich. So oder so wollte meine Mutter nur wissen, ob ich schon was gegessen hatte und die Beiträge auf den Plattformen konnte ich mir auch noch später anschauen. Also widmete mich den vier neuen Nachrichten von S.

Um ehrlich zu sein, machten mir die Rätsel langsam aber sicher sogar Spaß. Klar, die Aktion mit dem Betäuben war alles andere als in Ordnung, jedoch hätte ich niemals mit den andern acht Kontakt aufgenommen.

Ich würde wahrscheinlich nur mit Luca und Jade reden und den Rest der Zeit irgendwie totschlagen. Doch nun herrschte endlich ein bisschen Spannung bei mir.

Drei davon waren einfach nur unnötige Kommentare von ihm, doch eine klang sehr interessant. »Dieses Mal hattet ihr Glück, doch sagen die Kekse dasselbe?«, las ich die Nachricht vor und blickte dann auf.

Nuri ließ sich in ihren Stuhl sacken. »Schon wieder ein Rätsel? Kann der Mann nicht richtige Anweisungen geben?!«, regte sie sich auf.

»Wer sagt, dass „S" ein Mann ist? Es könnte auch eine Frau sein«, mischte sich Jungkook ein und schaute sie provokant an.

»"S" könntest aber auch du sein. Schon komisch, dass du die ganze Zeit ruhig bist.«

Eskaliert hier jetzt ein Streit? Warte, ich hole Popcorn!

Jungkook lachte sarkastisch auf. »Ich bitte dich. Du bist doch am auffälligsten! Wir sieben kannten uns«, er zeigte auf seine Freunde und auf sich selbst. »Und die zwei kannten sich auch schon«, nun zeigte er auf Jade und mich.

»Nur du kamst plötzlich dazu. Zudem ist es sehr auffällig, dass du in dem Café arbeitest, an dem die Zwei entführt wurden und an dem wir aus dem Wald kamen!«

Oder doch lieber Nachos? Die harten, unaufgepopten Körner vom Popcorn können sehr schmerzhaft sein.

»Wow.« Nun lachte Nuri auf und strich sich eine Strähne ihres lilanen Haars hinter ihr Ohr. »Darf ich dich daran erinnern, dass du nichts – rein gar nichts – am Freitag beigetragen hast, damit wir schnell aus dem Zimmer rauskamen!? Außerdem war die Stimme eindeutig Männlich.«

»Willkommen im 21. Jahrhundert, Stimmbearbeitung ist nicht gerade schwer. Du kamst als Letzte aus dem Raum, also hattest du genügend Zeit, einen Countdown einzustellen und dein Gerede abspielen lassen zu können!«

Namjoon wurde das alles zu viel und mischte sich schnell ein. »Kommt mal runter. Wir haben besseres zu tun, als uns gegenseitig zu verdächtigen! S hat uns eine Nachricht gesendet und um die sollten wir uns kümmern! Je schneller wir seine Aufgaben erledigen, des so schneller sind wir aus der Sache raus.«

Nach seiner politischen Rede vergruben die zwei Streitlustigen ihre Diskussion, vorerst, unter der Erde und widmen sich wieder zu uns.

»Dieses Mal hattet ihr Glück, doch sagen die Kekse dasselbe?«, las Taehyung erneut vor und legte seine Stirn in Falten.

»Glückskekse?«, sprach ich meine Gedanken laut aus. »Der chinesische Laden ist ein paar Häuserblocks von hier entfernt. Die verkaufen Glückskekse«, ergänzte Jade.

»Dann sollten wir so schnell wie möglich an die Glückskekse kommen.«

Wir alle packten unsere Sachen ein. Mein Blick ging zu meinem geliebten Brötchen, welches Yoongi nicht angenommen hatte.

Ich wusste nicht, warum ich es tat – wahrscheinlich aus dem Grund, dass er nicht meint, er hätte was gut bei mir, nur weil er mir geholfen hatte die Tüte zu öffnen – aber ich schloss unter dem Tisch unauffällig Yoongis Rucksack auf und packte das Schokobrötchen bei ihm ein.

Zufrieden und überzeugt davon, dass ich dank dieser Aktion gutes Karma bekommen würde, verließ ich mit meinen neun Mitmenschen die Cafeteria. Wir scannten unsere Schülerausweise am Ausgang und teilten uns in unsere verschiedenen Kurse auf.

Ein großer Vorteil hatte die neue Aufgabe: Wir gehen essen!

W Ö R T E R: 1195

Die nächsten Kapitel (die nächsten 2) sind so kurz, da ich es in mehrere Teile aufteilen musste, da es sonst zu lang gewesen wäre >.<

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