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DIE UHR SCHLUG KURZ NACH MITTERNACHT, als Maria wieder ihre grünen Augen öffnete, aber sie war weder in ihrem Zuhause, noch war sie alleine. Ihr Kopf ruhte auf Pietro's Brust und sein rechter Arm war um sie gelegt. Ihre Finger waren miteinander verschränkt und sein Körper fühlte sich warm und angenehm an. Langsam bewegte sie ihren Kopf und bemerkte plötzlich, dass seine weiche Wange auf ihrem Kopf ruhte.
Eigentlich machte es ihr nichts aus, so in seinen Armen zu liegen und sich sicher und friedlich zu fühlen. Allerdings begann um 10 Uhr in der Frühe die Sonntagsmesse, die sie niemals gern verpasste. Sie musste sich immer noch vorbereiten und ihre Aufgaben erledigen sowie nach ihrem Vater sehen, um zu überprüfen, ob er die Nacht überstanden hatte. Sein Wohlergehen hatte für sie oberste Priorität und sie war bestrebt, stets für ihn zu sorgen.
Sie wollte sich gerade aus seinem Griff befreien, da hielt er sie nur fester in seinen starken Armen. „Mari", hörte sie ihn im Halbschlaf murmeln, war sich aber nicht sicher, ob er wach war oder schlief.
„Piet, lass mich los", flüsterte sie ihm sanft ins Ohr. „Ich muss nach Hause", fuhr sie leise fort, obwohl sie an am liebsten an seiner Seite bleiben wollte.
„Bleib bei mir." bleib für immer...
Er schüttelte den Kopf und wagte es nicht, die Augen zu öffnen, in der Hoffnung, dass die Realität diesen Traum nicht zerstören konnte. Maria war dankbar, dass die Dunkelheit ihre geröteten Wangen verbarg und wollte nicht, dass er sie so sah. Sie schmiegte sich näher an ihn und gab ihm einen kleinen Kuss auf die Wange, damit er sie nicht zu sehr hasste, wenn sie sich im nächsten Moment von ihm befreite.
„Hey, komm zurück–", schmollte er und streckte seine Arme nach ihr aus.
„Du weißt, dass ich nicht bleiben kann, Pietro", begann sie ernst. „Komm mit oder lass es. Aber ich gehe jetzt nach Hause." Sie seufzte nur und strich sanft über sein dunkles, zerzaustes Haar. Er sah so süß aus, wenn er müde war.
Wie erwartet gab er jedoch nach und stieß ein schläfriges Knurren aus. „Alleine? Nein, nein, nein, nein, du bist verrückt, wenn du denkst, ich lasse dich alleine nach Hause gehen, Daragaya", sagte er und rappelte sich mit einer gewissen Wachheit hoch.
Maria verschränkte die Arme vor der Brust, wobei sich ein kleines Grinsen auf ihrem Gesicht ausbreitete. „Na dann, ich habe es sowieso viel lieber, wenn du mich begleitest", antwortete sie zufrieden und zog ihren Beschützer mit sich nach draußen.
Der Himmel war dunkelblau und die silbernen Sterne, die in der Dunkelheit glitzerten, erfüllten die Luft. Die Straßen waren kalt und leer und nur alle paar Meter gab es ein paar Laternen, die ihnen etwas Licht schenkten. Doch wenn die zwei zusammen waren, war ihnen sowieso alles egal.
Sie waren hier in dieser Stadt aufgewachsen. Ihre Kindheit hatten sie auf diesen Straßen verbracht und gemeinsam gespielt und gelacht. Jedes Gebäude und jede Gasse hatten Erinnerungen in ihr Gedächtnis eingeprägt, und jedes Mal, wenn sie die vertrauten Straßen betraten, fühlte sich jeder von ihnen wie zu Hause.
„Irgendwas dort oben gefunden, Mari?"
„Mhm", gab sie nur von sich und starrte weiterhin verträumt in den Himmel, ihren Arm glücklich mit Pietro neben ihr verbunden. Jeder im Dorf wusste, dass Maria Blumen liebte. Aber nur einer, wusste, dass sie Sterne beinahe genauso gern hatte.
„Wenn du ein wenig zur Seite schaust, kannst du die Zwillinge sehen", erklärte sie, während Pietro seinen Kopf nach rechts drehte. „Man kann sie kinderleicht erkennen, weil es aussieht, als würden sie Händchen halten."
„Ahh", nickte er, doch suchte immer noch vergeblich nach den kinderleicht zu findenden Zwillingen.
„Andere Seite, Piet", räusperte sich Maria und schmunzelte, während sie sein Kinn mit ihrem Zeigefinger zu sich nach links drehte. „Genau da!", wies sie ihn hin und lächelte, als er ihrem Blick folgte und schließlich die Zwillinge entdeckte.
„Und links daneben befindet sich der Krebs, aber ich finde es sieht eher aus, wie die untere Hälfte eines Strichmännchens", erklärte sie vor sich hin. „Oh- Oh- Oh- und wenn du ein Stück weiter geradeaus guckst, aber genau zwischen den Zwillingen und Krebs, dann kannst du den kleinen Hund erkennen. Er ist einer der kleinsten Konstellation", fügte sie aufgeregt hinzu und deutete mit ihrem Finger ab und zu zwischen den Sternen hin und her.
Er war gefesselt, ihr zuzuhören. Pietro konnte nicht anders, als sie anzustarren und zu bewundern, da sie so glücklich und voller Aufregung aussah. Ihre hübschen grünen Augen funkelten, als sie über ihre Liebe zu den Sternen sprach, wie sie ihre Schönheit bewunderte und sie ihm einen nach dem anderen zeigen wollte.
„Und das größte Sternbild am Himmel ist..." Maria hörte auf zu weiterzureden, als ihr auffiel, wie aufgeregt und streberhaft sie vermutlich klang. Ihre Wangen wurden rot vor Verlegenheit und Scham, als sie sein breites Grinsen bemerkte. „Tut mir leid. Manchmal bin ich echt peinlich. Du denkst bestimmt–"
„Nein, schon gut", sagte Pietro warm, sein strahlendes Lächeln erfüllte sie mit Ruhe, als er sanft ihre Hand ergriff und sie küsste. „Ich mag es, wenn du mir etwas erzählst", fuhr er fort, lächelte liebevoll und spielte mit ihren Fingern. „Und außerdem bist du so süß, wenn du über Sterne sprichst. Du hast dann immer so ein Funkeln in deinen Augen", sagte er und zog amüsiert und seine Augenbraue leicht nach oben, als er etwas ausstieß das einem Lachen ähnelte.
Maria verdrehte amüsiert die Augen und mied seinen Blick. Insgeheim spürte sie jedoch, wie tausend kleine Schmetterlinge in ihrem Bauch umherschwirrten, und sie konnte nicht anders, als einen Anflug von Gefühlen zu verspüren, als seine Finger sanft ihre Hand streichelten.
Zwar konnte sie selbst es nicht sehen, aber er sah das silberne Funkeln der Sterne im grünen Grün ihrer Augen. Ihre Pupillen waren wie Planeten und schimmerten unter dem Nachthimmel. Sie waren wie Sternbilder, deren Strahlen und Funkeln an die unzähligen Sterne erinnerten, die sie so gerne bewunderte und anstarrte, wenn sie nachts in den Himmel blickte.
„Das sagst du doch bestimmt zu allen Mädchen, oder daragoy?", lachte sie leise und erinnerte sich daran, wie viele Mädchen ihn früher verfolgt hatten. Er war gutaussehend und frech, und es war nicht überraschend, dass er viele Herzen höher schlagen ließ.
Aber als sie ihn noch einmal ansah, verspürte sie ein Gefühl von Wärme und Vertrautheit, als sie die Schüchternheit in seinen Augen sah, die Art, wie er sie ansah, die Art, wie er sprach, und die Art, wie er jetzt nur noch Augen für sie hatte.
„Das ist nicht wahr", sagte er mit einem verspielten Grinsen und einem leicht schelmischen Blick in den Augen. „Das sage ich nur den Wunderschönen, die mir von Sternen erzählen, Prinţesă." Er sprach sanft, aber mit einem neckenden Unterton, als er ihr sanft zwinkerte, seinen Blick unerschütterlich in ihre Richtung. „Du bist nunmal besonders, Maria Novikova."
Sie wollte nichts lieber, als ihm zu glauben. Sie wollte glauben, dass er sie wirklich mochte und dass er sich eine Zukunft mit ihr erhoffte. Und das er sie so liebte, wir sie war. Aber konnte er ein Mädchen wie sie tatsächlich lieben? Ein Mädchen, das für immer von Trauer und Traurigkeit geplagt wurde. Sie fühlte sich fehlerhaft, gebrochen und so unsicher, zweifelnd, dass sie seine Liebe verdient hätte. Maria wusste, dass er jemand Besseres verdient, jemanden, der nicht so heimgesucht war wie sie...
„Also, was ist das größte?", hakte Pietro nach.
„Was?", fragte Maria verwirrt, als ihr Kopf zu ihm herumfuhr.
„Was ist das größte Sternbild?" Was er jedoch eigentlich sagen wollte war; Ich will dich nur noch weiter Lächeln sehen.
„Die-... die Wasserschlange, aber man kann sie kaum erkennen weil sie keine hellen Sterne hat ", sagte sie überrascht über seine Neugier. Sie klammerte sich fester an ihn und drückte sich an seine Schulter. Sie sprach mit einem sanften Lächeln im Gesicht weiter und teilte mehr von ihrem Wissen und er konnte nicht anders, als vor Zufriedenheit und Freude innerlich zu Grinsen, als er sah, wie ihr Lächeln auf ihr Gesicht zurückkehrte. „Weißt du, Sterne, die nicht funkeln, sind in Wahrheit Planeten."
„Ich habe dir schon so viele Blumen geschenkt. Es ist eine Schande, dass ich dir keinen Stern stehlen kann, Prinţesă", scherzte er und entlockte ihr ein kleines Lachen.
„Weißt du, warum ich Sterne so gern habe?"
„Weil sie schön sind?"
„Das natürlich auch", antwortete sie mit einem Lächeln auf den Lippen. „Aber eher, weil jeder von ihnen seinen Zweck hat, egal wie klein oder unbedeutend er auch erscheinen mag." Sie hielt einen Moment inne, als wäre sie tief in Gedanken versunken, als die kühle Nachtluft durch ihr rotes Haar blies. „Und weil kein dort Oben alleine strahlen muss."
Egal wie allein Maria sich manchmal fühlte, Pietro blieb immer eine Konstante in ihrem Leben. So war es für die beiden immer gewesen. Egal wohin der Lebensweg sie führte, es schien, als würden sie immer einen Weg zurück zueinander finden ... Ein Stern und der Mond, die sich gegenseitig immer in der Dunkelheit ihres Lebens erhellen.
„Du bist nicht allein, Mari", sagte er leise, als er ihre Hand losließ und stattdessen seinen Arm um sie legte. Er zog sie nah an sich und bemerkte, dass sie ein wenig fror. Er wollte sie am liebsten trösten, ihr versprechen, dass es allen von ihnen gutgehen wird und dass ihre Trauer irgendwann ein Ende finden würde. Aber leider konnte er dies nunmal nicht...
Ein paar Meter weiter, am Fuße des Hügels, führt ein ruhiger Feldweg zu einem kleinen, malerischen Haus zwischen den Bäumen, dessen Wände mit einer Schicht zartgrünem Moos bedeckt sind. Es ist ein gemütliches und friedliches Zuhause. Es ist ein warmer und sicherer Zufluchtsort, mit Blumensträuchern an den Fenstern geschmückt und von hohen Bäumen umgeben. Als sie am Haus der Novikov's ankamen, erleuchteten nur wenige Laternen die Straße, und der starke Duft der Blumen des großen Gartens erfüllte bereits die Luft.
Die beiden blickten ein letztes Mal in den Himmel und seufzten leise, während sie die nächtliche Landschaft bewunderten. Das Mädchen rieb sich die Augen, müde von der langen Nacht und der Beobachtung des Himmels, während der Junge seine Arme ausstreckte, um seine Muskeln zur Schau zu stellen und sie zu beeindrucken. Aber keiner von ihnen wollte den anderen wirklich verlassen. Nicht wirklich. Am liebsten wollten bis zum Morgengrauen hier bleiben, die Sterne bewundern und die Gesellschaft des anderen genießen.
Maria wollte weiterhin seine Hand halten, heimlich darauf hoffen, dass er ihr einen Kuss unter dem Mondschein und den Sternen schenkte.
Pietro wollte ihr weiterhin zuhören, sie lachen sehen und kichern hören, während die Sterne in ihren Augen heller leuchteten und er ihr Namen ins Ohr flüsterte: Schöne, moya Zvezda (mein Stern), Wunderbarste, Prinţesă, Liebste Maria.
„Wunderschön, nicht wahr?", fragte sie, ihre Augen starrten hoch in den Himmel, ihre Wangen waren rosa aufgrund der Kälte.
Er lächelte und nickte zustimmend. „Ja", sagte er leise, seine Augen lagen jedoch die ganze Zeit auf ihr.
Die beiden blieben stehen und Maria senkte ihren Kopf zu den Gänseblümchen auf dem Boden. In diesem Moment, als sie die Gänseblümchen beobachtete, wollte sie einen der vielen Wünsche äußern, die ihr durch den Kopf gingen. Ich mag dich, dachte sie und ihr Herzschlag beschleunigte sich mit jedem Gedanken. Ich mag dich so sehr, dass ich jedes Mal nervös werde, wenn du in meiner Nähe bist. Aber sie hatte auch Angst, weil sie noch nie zuvor solche Gefühle für jemanden gespürt hatte, wie für ihn.
Er beugte sich zu ihr und seine warme Stirn berührte ihre. Sie schloss die Augen und spürte, wie sein Atem über ihr Gesicht fächerte. Dann spürte sie, wie seine Hände nach ihren Griffen; seine weichen und warmen Hände. Manchmal bist du alles, woran ich denke, wollte er sagen, aber er hielt seine Worte zurück, aus Angst, sie könnte niemals das gleiche für ihn empfinden. Ich wünschte, ich könnte dir mehr geben, liebste Maria...
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