Einige Tage später hatte Taehyung den Kleinen schon wieder vergessen. Er sah viele Gesichter, merken tat er sich die wenigsten. Auch wenn es nicht alle Tage vorkam, dass jemand nach einem Kuss fragte. Nach Sex, einem Blowjob...klar. Aber wer fragte denn nach einem Kuss? Und legte auch noch hundert Euro dafür hin? Soviel würde Taehyung normalerweise für richtigen Sex verlangen. Irgendwo auf der Rückbank eines Autos oder auch einfach in irgendwelchen verlassenen Gassen gegen die Wand.

Heute war Mittwoch. Normalerweise arbeitete Taehyung mittwochs nicht im Club, aber irgendwer war ausgefallen und Taehyung freundlicherweise eingesprungen.

Manchmal versuchte er auszurechnen, ob er für zwei Stunden im Club oder an der Straße mehr verdiente, aber die Faktoren wechselten ständig, es war unmöglich auszurechnen. Mal bekam er hier mehr Trinkgeld in sein Höschen gesteckt, mal gab es draußen mehr Kunden. Mal lief es draußen dafür aber auch eher flach. Es war eben immer anders, aber was in Taehyungs Leben war schon fest oder konstant? Nicht viel.

Taehyung steckte mal wieder in den Fischnetzstrumpfhosen, welche seine Beine so umschmeichelten. Der schützende Pelzmantel fehlte. Taehyungs Oberkörper war weitgehend nackt, um seine Hüfte schmiegte sich ein altrosafarbenes Korsett, was seine Rundungen betonte. Er trug ebenfalls eine Pantie derselben Farbe.

Du kannst dich nunmal nicht von oben bis unten eingemummt auf die Bühne stellen, niemand würde dafür bezahlen, niemand würde es sehen wollen.

Das einzige, was die Leute an Taehyung interessierte, war sein Körper und sein attraktives Gesicht.

Die Musik war laut, der Bass dröhnte ihm bis in die Knochen. Doch in seinem Kopf herrschte gähnende Leere. Manchmal tat sein Kopf das, es war wie ein Schutzmechanismus.

Die Highheels an seinen Füßen ließen seine Beine noch länger wirken, als sie in Wirklichkeit schon waren.

Präzise tat er einen Schritt nach dem anderen, bewegte seine Hüften lasziv zum Takt der grässlichen Musik.

Die schlanken Finger umgriffen die Stange, seine Haut glitzerte im Scheinwerferlicht.

Er bewegte seine Hüfte ein paar Mal gegen die Stange, erhielt dafür lautes Geschrei aus Richtung Zuschauerraum.

Geschickt verhakte er seine Beine mit der Stange, verlagerte sein Gewicht nach hinten und drehte sich anmutig um das eiserne Material.

Taehyung erwies schon als Kind ein besonderes Talent für solche Dinge. Natürlich hatte er sich als Kind nie getraut einer öffentlichen Tanzgruppe beizutreten, schließlich war er ein Junge und Jungen tanzten eben nicht. Nun ja, zumindest nicht, bis sie auf dem Strich oder an der Stange landeten.

Heute wäre Taehyung das egal, heute würde er sowas schlicht und einfach nicht mehr wollen. Der soziale Kontakt und die vielen Leute waren ihm mittlerweile einfach zu viel. Er war froh, wenn er mal Zeit für sich hatte und sich nicht mit Menschen abgeben musste.

Natürlich hatte Taehyung nichts generell gegen Menschen, aber die, mit denen er sich nun mal abgeben musste, waren eben nicht ganz das Gelbe vom Ei. Da würde er sich in seiner wohlverdienten Freizeit nicht noch mehr davon antun.

Wieder auf dem Boden angekommen, krabbelte er provokant auf den Rand der Bühne zu, setzte dabei einen verführerischen Gesichtsausdruck auf und biss sich, mit einem Aufblitzen falscher Erregung in den heute blauen Augen, auf die Unterlippe.

Geschmeidig ließ er sich auf den Boden gleiten, hob und senkte seine Hüfte anmutig.

An diesem Zeitpunkt war er so nah am Bühnenrand, dass die Zuschauer ihn hätten berühren können, was natürlich strengstens verboten war. Nicht, dass es ihn interessieren würde.
Hauptsache sie würden viele kleine Scheine in sein Höschen stecken.