siebzehn

"Bist du dir auch wirklich sicher? Du weißt, du kannst-"

"Jaha. Ich muss wieder arbeiten gehen."
Taehyung verschränkte die Arme und sah Jungkook mit erhobener Augenbraue an. Natürlich wollte er nicht, und sicher war er sich erst recht nicht. Aber er hatte keine Wahl. Er würde sich nicht abhängig von einem verwöhnten Achtzehnjährigen machen.

Jungkook schaute ihn mit seinen großen Rehaugen an, die Lippen beinahe schon bockig zusammengedrückt.

Taehyung war eben erst aus dem Badezimmer gekommen, sah wieder ganz so aus, wie er auszusehen hatte. Wie er immer aussah. Nur die letzten Tage nicht. Die letzten Tage war er Taehyung, nicht V. Ungeschminkt und in Jungkooks Gammelklamotten.

Jetzt waren seine Haare wieder gestylt, das Gesicht hübsch geschminkt und er trug wieder die Klamotten, die er auch vor vier Tagen getragen hatte. Welche immernoch viel zu kalt für das Wetter waren, aber das waren sie ja immer.

Jungkook saß auf seinem Bett, die Schultern eingesunken.

"Schön, aber dann begleite ich dich. Das du sicher nach Hause kommst." Er stand vom Bett auf und ging einige Schritte auf Taehyung zu, welcher neben der Tür stand. In seinen Händen hielt er einen dicken Hoodie, seine Finger spielten nervös mit dem Stoff. Jungkooks Worte klangen endgültig, als würde nichts in der Welt ihn davon abhalten Taehyung nach Hause zu bringen. Bei dem Gedanken wurde es warm in Taehyungs Bauch. Zurückhaltend sah er zu Jungkook hoch, blickte ihn durch seine langen, stark getuschten Wimpern an.

Jungkook knabberte leicht auf seiner Unterlippe herum, drückte Taehyung den Hoodie schließlich in die Hand. "Es...ist kalt draußen."

Gegen seinen Willen zogen seine Mundwinkel sich ein Stück nach oben. Behutsam nahm er den Hoodie entgegen, streifte ihn sich über. Seine Hotpants versank vollkommen unter dem schweren Stoff.

Etwas unschlüssig beugte er sich schließlich ein wenig vor, presste seine Lippen für den Bruchteil einer Sekunde auf Jungkooks Mundwinkel, bevor er sich ruckartig umdrehte und aus der Tür huschte, sodass er das dümmliche Lächeln nicht sah, welches über Jungkooks Gesicht geisterte.

Das letzte Mal, als Jungkook ihn mit zu sich genommen hatte, war er bei seinem Abgang gehetzt die Treppen runtergestürzt, hatte wie blind das prunkvolle Gebäude verlassen. Jetzt hatte er Zeit. Er ging die Treppen in normalem Tempo runter, seine Absätze klickten leise auf dem Marmor. Jungkook dicht hinter ihm.

Taehyungs Blick wanderte über seine Umgebung. Überall hingen Gemälde an den Wänden, mit großen Augen musterte er die meist expressionistischen Gemälde, wusste aber zu wenig über Individualitäten der Kunst, als dass er den Bildern einen Maler hätte zuordnen können.

Mit langsamen Schritten gingen sie durch die Taehyung riesig erscheinende Eingangshalle. Gerade als sie diese zur Hälfte durchquert hatten, wurde die Eingangstür aufgeschlossen und ein Mann in seinen Vierzigern betrat das Gebäude. Er war in einen teuer aussehenden Anzug gehüllt, seine Frisur saß perfekt. Er hatte denselben strengen Blick wie Jungkooks Mutter.

Taehyung und Junkook erstarrten mitten in der Bewegung. Nachdem zu urteilen, wie Jungkook reagierte, wie er sich anspannte, hatte er nicht mit dem plötzlichen Auftauchen seines Vaters gerechnet.

Nervös musste Taehyung schlucken.

"Jungkook." Mit erhobener Augenbraue durchquerte der Mann die Halle, Taehyung fühlte sich wie ein hilfloses Tier in der Falle. Er würdigte Jungkook keines Blickes, seine Augen lagen einzig und allein auf Taehyung, er schaute genauso abfällig wie die Haushälterin und Jungkooks Mutter.

"H-hallo Vater." Jungkooks Stimme war keineswegs mehr so fest und endgültig, wie sie vor einigen Minuten noch war. Er hörte sich unsicher und schwach an.

Endlich fiel der Blick seines Vaters auf Jungkook. "Ich wüsste nicht, dass ich dir beigebracht hätte Nutten mit nach Hause zu bringen. Erst Recht keine männlichen. Meine Güte, Kind, hast du dein Hirn aus dem Fenster geschmissen?", er nahm seine Brille ab, massierte sich die Schläfen. "Du heiratest irgendeine Frau aus dieser Gegend, mit der kannst du in Gottes Namen schlafen. Aber doch nicht-", sein Blick richtete sich fast schon angewidert auf Taehyung, welcher die Tränen mühevoll zurückhielt.

Er presste die zitternden Lippen fest zusammen, die Tränen kämpften sich über seine Wasserlinie und liefen ohne sein Einverständnis über seine blassen Wangen. Er hörte garnicht weiter auf die Schimpftirade, flüchtete beinahe schon aus der Tür, raus, in den peitschenden Regen.

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