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𝐂𝐨𝐯𝐞𝐫 𝐦𝐞 𝐮𝐩 𝐢𝐧 𝐬𝐨𝐟𝐭 𝐥𝐢𝐞𝐬, 𝐛𝐞𝐜𝐚𝐮𝐬𝐞 𝐬𝐨𝐦𝐞𝐡𝐨𝐰 𝐭𝐡𝐞𝐲 𝐦𝐚𝐤𝐞 𝐦𝐞 𝐡𝐚𝐩𝐩𝐲! 𝐈 𝐰𝐢𝐬𝐡 𝐲𝐨𝐮𝐫 𝐰𝐨𝐫𝐝𝐬 𝐰𝐞𝐫𝐞 𝐭𝐫𝐮𝐞!

"Wie viel verdienst du denn, dass du diese Arbeit hier machst?" Yoongi blinzelte mich müde an. Es war drei Uhr Morgens und seine Freunde waren schon längst gegangen. Ein Seufzen entglitt meinen Lippen. "Keine Ahnung." Ich wusste es wirklich nicht, denn das Geld wurde direkt auf das Konto meiner Mutter überwiesen. Ich sah davon im Monat vielleicht zwanzig Euro, die ich für Koffein in jeglicher Form ausgab.

"Wie: Keine Ahnung?" Jetzt sah der Ältere wieder hellwach aus. "Das Geld ist nicht für mich", zuckte ich mit den Schultern. "Ich arbeite, um meine Mutter finanziell zu unterstützen." Er sah mich an, als würde ich nicht mehr ganz ticken. "Und deine Mutter lässt das einfach zu? Dass du dich so kaputt arbeitest?" Sie war doch diejenige, die dafür sorgte, dass ich genau das tat. Doch den Gedanken sprach ich nicht laut aus. "Ich arbeite mich nicht kaputt", entgegnete ich stattdessen halbherzig. Der Schwarzhaarige schnaubte. "Das willst du wem weismachen?" Erneut zuckte ich mit den Schultern.

Draußen parkte ein schwarzes Auto an einer der Zapfsäulen. Ein großer Mann stieg aus und tankte. Mein Blick lag auf ihm. Er schien ganz voll zu tanken, denn es dauerte eine ganze Weile, bis er fertig war. Jetzt hastete er zum Laden und ich stand auf, um ihn zu bedienen. So konnte ich wenigstens dem Gespräch für eine Weile entgehen.

"Das macht hundertdreizehn Euro und sechs Cent", verkündete ich und der Mann zahlte mit der Karte. Als er wieder weg war, drehte ich mich zu dem jungen Mann um, der immer noch auf dem Klappstuhl saß. Ich machte mich auf weitere strenge Worte gefasst, doch er war eingeschlafen. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Mundwinkel und sie taten mir jetzt schon weh, da ich es definitiv nicht mehr gewohnt war zu lächeln. Es war so ein friedlicher Anblick, wie Yoongi dort saß und schlief.

Bis zu meinem Schichtende saß ich leise auf meinem Stuhl und beobachtete den Älteren beim Schlafen. Es war wirklich lieb von ihm, wie er sich um mich sorgte und nicht von meiner Seite weichen wollte. Um halb fünf beugte ich mich nach vorne und rüttelte an seiner Schulter. Womit ich nicht gerechnet hatte, war, dass er aufgrummelte und nach mir griff, bevor er mich als Kuscheltier missbrauchte. Ein leises Lachen entkam mir. "Yoongi, du musst aufwachen." Seine Arme schlangen sich warm um mich und schenkten mir das Gefühl von Geborgenheit. Eigentlich wollte ich gar nicht, dass wir aufhörten uns zu umarmen, es war so schön, warm und gemütlich. Aber wir mussten auch noch zur Schule.

Also piekte ich den Schwarzhaarigen in die Wange, der daraufhin erneut grummelte: "Nur noch ein bisschen." Ich lachte erneut. "Das geht leider nicht, du musst jetzt aufstehen". Schläfrig öffnete er die Augen und blinzelte mich an. "Hallo, Schlafmütze." Obwohl er jetzt wach war, machte er keine Anstalten mich loszulassen. "Wir müssen los", meinte ich sanft. "Ich will nicht", nörgelte er. "Ich will bei dir bleiben und darauf achten, dass es dir besser geht." Kopfschüttelnd wand ich mich aus seinen Armen. "Steh auf, Yoongi."

Die Frau, die nach mir die Schicht übernahm, betrat den kleinen Ladenraum und warf mir ein freundliches Lächeln zu. Nur ganz widerwillig folgte Yoongi mir nach draußen. Gemeinsam liefen wir den Bürgersteig entlang bis zu dem Punkt, wo wir in verschiedene Richtungen mussten. Ich hob die Hand und winkte. "Danke, dass du mir Gesellschaft geleistet hast." Der Ältere rieb sich schläfrig die Augen. "Kein Problem. Bis nachher."

Meine Mutter schlief noch. So konnte ich in Ruhe meine Schulsachen packen, und ein paar Koffeintabletten schlucken, bevor ich mich auf den Weg zur Schule machte.

Yoongi schlief auf seinem Platz fast ein und ein schlechtes Gewissen überkam mich. "Willst du?", flüsterte ich und hielt ihm eine Koffein Tablette zusammen mit einer Flasche Wasser hin, als die Lehrerin nicht zu uns sah. Er zögerte, bevor er dankbar nickte und die Tablette schluckte.

Er sah so fertig aus und das war meine Schuld. Ich hätte ihn wegschicken sollen. Stattdessen war ich so egoistisch gewesen ihn bei mir behalten zu wollen, da ich es eigentlich hasste alleine zu sein. "Tut mir leid, dass du wegen mir so müde bist", wisperte ich schulbewusst. "Rede keinen Unsinn, es war meine eigene Entscheidung bei dir zu bleiben." Ich zog dir Schultern hoch und blickte wieder nach vorne.

Jetzt hatte ich ein paar Sekunden nicht aufgepasst und bestimmt unzählige Chancen verpasst mich zu melden. Verdammt. Unter dem Tisch ballte ich die Fäuste und Tränen stiegen in mir hoch. Wie ich mich dafür hasste so ein Versager zu sein. Den Rest der Stunde hing ich wie verbissen an den Lippen der Lehrerin und meldete mich, wo ich nur konnte. Sie wirkte leicht verstört darüber, dass ich ihr beinahe ins Wort fiel, weil ich die Themen schon so gut kannte.

Innerlich fühlte ich mich tot. Auch, wenn ich durch den Koffein hellwach war, litten mein Körper und meine Psyche. Sie schrien mich an, ich solle aufhören sie zu quälen. Doch ich ignorierte es so gut ich konnte. Ich machte weiter, denn ich durfte Mama nicht enttäuschen.

Es schnellte zur Pause. Vor meinen Augen verschwamm die Sicht und ich musste mich auf meinem Tisch abstützen, um nicht vom Stuhl zu kippen. "Verdammt, Jimin!" Yoongi sah deutlich wacher aus. Stützend hielt er mich fest. "Was hast du gefrühstückt?" "Nichts." Meine Stimme klang schwach. "Lass mich raten: zuletzt hast du die Pizza gegessen, nicht wahr?" Hilflos nickte ich.

Der Ältere verdrehte die Augen und kramte etwas aus seinem Rucksack. "Hier. Zum Glück habe ich mir genau so Etwas schon gedacht." Verwirrt sah ich auf das belegte Brot, welches er mir hinhielt. "F-für mich?", stotterte ich überrumpelt. Er nickte. "Wenn du nicht auf dich aufpasst, dann tu ich das eben." Er verstand das nicht: Ich hatte keine Zeit auf mich selber aufzupassen, selbst, wenn ich das wollte. Mein Tag bestand ununterbrochen aus Schule, Arbeit und Lernen. Auch für diese Pause hatte ich mir schon Sachen bereitgelegt, die ich lernen konnte. Trotzdem griff ich dankbar nach dem Brot, welches der Schwarzhaarige mir entgegenhielt.

"Danke." Ich versuchte zu lächeln, doch es misslang mir kläglich. Er lächelte trotzdem zurück. Warum war er so gut zu mir? Ich war ein Versager! Nichts wert! Wenn sogar meine eigene Mutter das sagte, musste es doch wohl stimmen! Ich griff nach meinem Physikbuch, mit der anderen Hand führte ich das Brot zu meinem Mund und biss ab. "Du willst doch nicht schon wieder lernen, oder?" Yoongi klang entsetzt. Müde nickte ich. "Doch." Ich konnte nicht mehr, aber ich musste. Mit einem Ruck riss er mir das Buch aus der Hand. "Du bist völlig am Ende, Jimin. Lass das!"

Ich versuchte ihm das Buch wieder wegzunehmen. "Lass mich", hauchte ich. "Ich muss lernen." Der Appetit war mir vergangen und ich legte mein Brot auf dem Tisch ab. "Bitte, Yoongi", flehte ich. Er sah mich ungläubig an. "Iss dein Brot auf, erst dann darfst du lernen." Er konnte das doch nicht machen! Er hatte kein Recht über mich zu bestimmen! Widerwillig griff ich nach dem Brot und aß es auf. "Zufrieden? Kann ich jetzt mein Buch wieder haben?"

Er gab es mir und genau in dem Moment gongte es. Eine Viertelstunde, die ich sinnvoll hätte nutzen können, für die Katz. Verzweifelt und aufgelöst stieß ich die Luft aus und durchwühlte meine Haare. "Jimin?" Ich blinzelte die Tränen weg. Langsam trudelten unsere Mitschüler wieder ein. "Komm her." Yoongi breitete die Arme aus. Hatte er gar keine Angst um seinen Ruf? Schämte er sich nicht einen Versager zu umarmen? Doch sein Blick blieb freundlich und er streckte immer noch die Arme nach mir aus.

Also flüchtete ich mich in seine Umarmung und kuschelte mich an ihn. Mein Gesicht war in seinem Pulli vergraben, sodass niemand meine Tränen sehen konnte. Stumm weinte ich und mein ganzer Körper bebte von den unterdrückten Schluchzern. Lieb mich, bitte hab mich lieb! "Wollt ihr rausgehen?" Die Stimme der Lehrerin ertönte und klang mitfühlend und verständnisvoll. Dieses Mal war ich zu schwach, um auch nur gedanklich dagegen zu protestieren. Ich ließ mich einfach von Yoongi mitziehen.

Auf dem Schulhof ließ ich das Schluchzen frei. Der Ältere umarmte mich fest und ich weinte bitterlich in seine Schulter. Alles brach aus mir. Die Angst davor zu versagen, der Druck, die fehlende Liebe von Mama, der Stress, der wenige Schlaf... "Bitte hab mich lieb", weinte ich. "Ich bin es leid nicht gut genug zu sein!" Yoongis Umarmung wurde fester. "Natürlich bist du gut genug, Jimin. Du bist mehr, als gut genug." Das sagte er doch nur, damit ich aufhörte so jämmerlich zu flennen. "H-hilfe!" Ich bekam kaum noch Luft. Es wurde zu viel, alles wurde mir zu viel!

"Beruhige dich! Tief einatmen, ja?" Der Schwarzhaarige nahm mein Gesicht zwischen beide Hände und ich war gezwungen ihn anzusehen. Himmel, warum sah er mir freiwillig ins Gesicht? Ich musste doch einen erbärmlichen, jämmerlichen Anblick bieten! Doch es half. Seine Augen sahen ruhig in meine und es beruhigte mich. Kein Ekel vor mir lag in seinem Blick. "Ich hab dich lieb, du bist gut genug für mich, Jimin!" Und am Liebsten hätte ich ihm geglaubt, ja, beinahe hätte ich das wirklich getan, denn er schaute so ehrlich und ich konnte kein Anzeichen von einer Lüge in seinem Blick erkennen. Verdammt, er war so ein guter Lügner!

Seine Lügen klangen so schön in meinen Ohren. Zu schön, um die Wahrheit zu sein. Sie machten mich glùcklich, obwohl es Lügen waren. Ein bitterer Nachgeschmack breitete sich in meinem Mund aus. "Wirklich?" Meine Stimme klang so dünn und gebrochen. "Wirklich!" Er wirkte so selbstsicher im Gegensatz zu mir. Zittrig lächelte ich. Ich wollte seine Lügen auskosten, solange er sie noch nicht aufdeckte. "Kriege ich noch eine Umarmung?" Ohne zu zögern umarmte er mich und bot mir den Halt, den ich so dringend brauchte.

Warum war er so? Yoongi hätte die Tatsache, dass es mir schlecht ging, genauso, wie die Anderen einfach ignorieren können. Hatte er ja auch ganz lange, aber jetzt war er auf einmal da und sorgte sich mehr um mich, als meine eigene Mutter. Er sagte, dass er mich lieb hatte!

Mein Weinen war verstummt. Still stand ich da und genoss die Zuneigung, solange ich noch konnte. "Tut mir leid", entschuldigte ich mich leise. "Ich wollte dich nicht vollheulen , ich weiß nicht, was in mich gefahren ist!" Der Schwarzhaarige strich mir über den Kopf. "Entschuldige dich nicht! Es ist alles in Ordnung!", meinte er ruhig. "Du darfst gerne weinen, ich bin da und unterstütze dich. Ich werde versuchen dir so gut ich kann zu helfen, ja?" Oh er war so ein guter Lügner! So ein verdammt Guter! Ich wollte seinen süßen Worten glauben, die meine Sinne vernebelten.

"Okay", murmelte ich. Beinahe würde ich ihm glauben. Er war bekannt dafür nett und freundlich zu sein. Aber es war immer noch ich, der getröstet wurde. Ich, der ein Versager war und ganz bestimmt niemanden verdiente, der gut zu mir war. Und auf Einmal wurde mir Yoongis Plan bewusst: Er wollte mich davon abhalten weiterhin gut in der Schule zu sein. Er wollte nicht, dass ich lernte, damit meine Noten abrutschten und Mama mich noch mehr hasste. Ja, er tat doch nur so nett und freundlich, damit ich auf ihn hereinfiel und ihm blind vertraute!

Vorsichtig löste ich mich aus der Umarmung. "Wir müssen wieder rein!" Auf keinen Fall wollte ich mehr vom Unterricht verpassen! Yoongi griff nach meiner schwitzigen Hand. "Okay, aber, wenn es dir schlechter geht, sagst du Bescheid, nicht wahr?" Ich zwang mich dazu so aufrichtig wie möglich zu lächeln. "Mache ich." Mit diesen Worten zog ich ihn wieder ins Gebäude.

Den Rest des Tages bemühte ich mich darum den gesündesten Eindruck überhaupt zu machen. So hatte der Schwarzhaarige keinen Grund mehr mich aus dem Unterricht zu ziehen. Nach der Schule packte ich eilig meine Sachen zusammen und hastete aus dem Raum, bevor der Ältere noch etwas zu mir sagen konnte. Ich wollte nicht, dass er mich noch mehr in diese zuckerwattenweiche Wolke aus Lügen hüllte, die mir das Gefühl gaben Etwas wert zu sein.

Zuhause versuchte ich so leise, wie möglich die Wohnungstür aufzuschließen. Doch Mama hörte es trotzdem. Mit einem spöttischem Blick trat sie in den Flur. "Na? Warst du dieses Mal in der Schule, ohne irgendwelche Wehwechen vorzutäuschen?" Mit gesenktem Kopf nickte ich und streifte mir die Schuhe von den Füßen. "Wie oft hast du dich pro Stunde gemeldet?", forschte sie nach. "Zwanzig Mal", murmelte ich ängstlich. "Nur zwanzig Mal? Himmel du hast doch fünfundvierzig Minuten, warum meldest du dich nicht öfter?" Ich zog die Schultern hoch. Dieses Mal schlug sie mich mit der Faust. Meine Wange brannte und ich konnte die Tränen nicht zurückhalten. "Du bist so eine Enttäuschung!" Und ihr abfälliger Blick tat weit mehr weh, als der Schlag.

"Wann lernst du denn endlich, dass du nicht so verdammt faul sein sollst? Setz dich auf deinen Hintern und fang an zu arbeiten", fauchte sie. "Ich will Leistungen sehen!" Erneut schlug sie mich, dieses Mal in den Magen. Ich wurde zu Boden gestoßen. "Hör auf, wie ein jämmerliches Kleinkind zu flennen!" Ich schluckte und versuchte mich zusammenzureißen. Ihr Fuß traf mich mit voller Wucht am Rücken, im Magen, mein ganzer Oberkörper schmerzte. Es war das erste Mal, dass sie wirklich auf mich losging. "Auf dein Zimmer! Bis deine Schicht anfängt, will ich dich nur noch am Schreibtisch sehen!"

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