2

𝐈 𝐣𝐮𝐬𝐭 𝐰𝐚𝐧𝐭𝐞𝐝 𝐭𝐨 𝐦𝐚𝐤𝐞 𝐞𝐯𝐞𝐫𝐲𝐛𝐨𝐝𝐲 𝐡𝐚𝐩𝐩𝐲

Yoongi wohnte mit seinen Eltern in einem kleinen, gelben Haus in einer ruhigen Seitenstraße. Das Haus war einfach, die Gegenstände darin waren weder billig noch teuer. Der Schwarzhaarige führte mich direkt in sein Zimmer, wo er auf sein Bett wies. "Setz dich lieber." Er war so aufmerksam. Obwohl ich mir Mühe gegeben hatte, möglichst aufrecht und normal zu laufen, hatte er bemerkt, dass ich immer noch alles Andere als stabil unterwegs war. Mit einem leichten Seufzen ließ ich mich auf die Matratze fallen.

Das Zimmer war hell, die Wände in einem freundlichen Weiß gestrichen. Überall hingen Fotos und Zeichnungen. "Sind die Alle von dir?" Ich wies auf eine Bleistiftskizze von einem schwarzen Kater. Der Ältere nickte und ich staunte. Er war wirklich gut im Zeichnen. "Ich hole uns was zu Trinken", murmelte Yoongi und verließ das Zimmer. Unter dem Kissen seines Bettes regte sich Etwas. Der schwarze Kater von der Skizze steckte seinen Kopf aus dem Kissenberg und blinzelte mich schläfrig mit seinen gelben Augen an. Ich rang mir ein Lächeln ab. Er war echt süß.

Die Matratze fühlte sich weich an, als ich mich langsam zurücklehnte und an die Decke starrte. Yoongi hatte eine lange Lichterkette mit kleinen Lampen dort oben angebracht und die ganze Zimmerdecke dunkelblau gestrichen. Wenn es dunkel war und er die Lichterkette anschaltete, sah es bestimmt aus, wie ein Sternenhimmel. Es war wirklich ein tolles Zimmer! Viel schöner, als mein eigenes, wo mir die kahlen Wände entgegenblickten, das quitschende, schmale Holzbett, der billige Schreibtisch von Ikea und der zerschrammte Bürostuhl. Notdürftig noch ein schmaler Kleiderschrank, ebenfalls von Ikea. Mein Zimmer war ein steriles Gefängnis. Vor dem Tod meines Vaters hatte es noch anders dort ausgesehen. Doch meine Mutter hatte alles entfernt, was ablenken konnte, unter Anderem meine ganzen Bücher. Sie meinte ich solle mich ganz auf die Schule konzentrieren.

Sogar der Teppich, war weg. Der Steinfußboden sorgte dafür, dass ich nicht selten eine Erkältung bekam. Hier bei Yoongi hingegen versank man förmlich in dem dunkelblauen, flauschigen Fransen wer, welches sich Teppich nannte.

Langsam konnte ich meiner Müdigkeit kaum noch widerstehen. Verschwommen sah ich den Bewohner dieses Zimmers mit zwei Gläsern Wasser zurückkehren. Seine Miene wurde weich, als er mich sah. "Hast du dich schon mit Sir Tiffy angefreundet?" Der Kater neben mir streckte sich und schwach nickte ich. "Wir verstehen uns gut." Das schwarze Tier warf mir einen unergründlichen Blick mit seinen gelben Augen zu, dann legte es den Kopf desinteressiert auf seinen Pfoten ab. Der Schwindel vermischte sich mit meiner Müdigkeit zu einem Strudel, welcher mich hinabzuziehen drohte. Ich gähnte. Yoongi setzte sich neben mich. "Du solltest wirklich dringend schlafen." Ich schüttelte den Kopf. "Darf nicht, muss lernen", brachte ich hervor, aber er griff nach einer Wolldecke und deckte mich zu. Es war so warm und gemütlich. Mir fehlte die Kraft aufzustehen. "Bitte, Jimin. Lernen kannst du später. Bitte schlaf!" Yoongi Strich mir über den Kopf und ich seufzte wohlig.

Langsam konnte ich wirklich nicht mehr widerstehen. Meine Augen klappten zu. Ich wollte sie aufreißen, doch mein Körper machte nicht mehr mit. Der Schlaf übermannte mich.

Der Geruch von Pizza stieg mir in die Nase und ich gähnte ausgiebig, bevor ich mich streckte. Mein Blick fiel auf die schlichte, weiße Uhr, die zwischen all den Zeichnungen an der Wand hing. In drei Stunden musste ich zur Tankstelle. Und davor musste ich den Unterrichtsstoff nachholen. Ich stand auf und wollte gerade aus meinem Ranzen die Schulsachen herauskramen, als Yoongi das Zimmer betrat. "Heute wird nicht mehr gelernt." Er hielt mir einen der beiden Teller hin, die er trug. Pizza Margherita. So viel Essen. Mein Magen war das nicht gewohnt! Trotzdem nahm ich den Teller entgegen. "Danke." Ich konnte jetzt nicht unhöflich werden, nachdem der Schwarzhaarige sich so um mich gesorgt hatte.

"Ich muss gleich nach Hause", meinte ich, während wir aßen. "Meine Mutter wartet auf mich." Lüge! Als ob sie jemals auf mich warten würde. Sie hasste mich. Ich war nur da, um das perfekte Vorzeigekind mit den überdurchschnittlich guten Noten zu spielen.

"Okay, aber du lernst heute, nicht mehr, ja?" Gehorsam nickte ich. Schon wieder eine Lüge. Aber ich wollte nicht, dass er sich Sorgen machte! Nachdem ich jetzt etwas geschlafen hatte, ging es mir deutlich besser. Das musste ich nutzen, um noch mehr zu lernen.

Nachdem ich aufgegessen hatte, verabschiedete ich mich mit viel zu vollem Magen von dem Schwarzhaarigen. "Danke für Alles", lächelte ich. Eher gesagt: ich Zwang mich zu lächeln. Es war eher ein Zähne zeigen. Mein Gegenüber lächelte ebenfalls, doch sein Lächeln war im Gegensatz zu meinem echt. Es reichte, bis zu seinen Augen. Mein schlechtes Gewissen meldete sich. Warum war ich so undankbar? Er gab sich so viel Mühe mit mir. Schließlich hatte er sich ernsthaft um meine Gesundheit gesorgt. Schnell drehte ich mich weg und ging.

Es war kalt draußen, ich hatte vergessen meine Jacke zuzumachen und der Herbstwind brachte mich zum Schaudern. Vereinzelt wehten Blätter die Straße entlang. Vor einem Jahr hätte ich darüber gelächelt und mich gefreut. Bevor mein Vater uns alleine gelassen hatte. Doch jetzt war es mir egal, denn es ging mir viel zu schlecht, als dass ich mich über so Etwas freuen konnte.

"Wo warst du?" Mit eisigem Blick empfing meine Mutter mich im Türrahmen. Ich zog den Kopf ein. "In der Schule?" Ihre Hand traf mit einem lauten Klatschen meine Wange. "Die Schule hat sich erkundigt, ob du gut angekommen seist, du hättest eine Pause vom Lernen bitter nötig und sie wünschen dir gute Besserung." Ängstlich sah ich zu ihr hoch. "Tut mir leid, Mama", wisperte ich erstickt. "Ich war bei einem Freund und hab geschlafen." Dieses Mal schlug sie mich auf die andere Wange. "Geschlafen?", kreischte sie. "Du hast geschlafen? Wie kann man nur so faul sein? Du Versager!" Ich biss mir auf die Zunge, um nicht loszuweinen.

"Tut mir leid." Sie schüttelte verächtlich den Kopf. "Geh mir aus den Augen. Du bist eine einzige Enttäuschung." Ich flüchtete. Und wieder zerschellte Etwas hinter mir. Heißer Kaffee und und Scherben spritzten auf meine Hose. Zum Glück hatte ich heute eine lange Jeans an. Jetzt, wo Mama mir nicht mehr ins Gesicht sah, ließ ich meine Tränen fließen. Der heiße Kaffee brannte auf meiner Haut, die Wunden vom Vortag fingen wieder an zu schmerzen.

In meinem Zimmer setzte ich mich sofort an meinen Schreibtisch und fing an zu lernen. "Was haben wir heute im Unterricht gemacht?", fragte ich in die Klassengruppe. Jemand antwortete mir und schrieb die Themen und Hausaufgaben. Gerade, als ich mein Handy weglegen wollte, vibrierte es in meiner Hand. Eine Nachricht von... Yoongi! "Du wolltest doch heute nicht mehr lernen!" Mit einem schlechten Gewissen ignorierte ich die Nachricht und machte mich stattdessen daran alles nachzuschlagen und aufzuschreiben, was heute anscheinend im Unterricht drangenommen worden war.

Und dann war es Zeit mich für meine Schicht in der Tankstelle bereitzumachen. Widerwillig schob ich die Schulsachen beiseite und zog meine Arbeitsklamotten an. Dann machte ich mich auf den Weg zur Arbeit. Es war schon acht Uhr Abends und der Bürgersteig wurde nur schwach von den Straßenlaternen beleuchtet. Ich fror. Meine Klamotten waren zu dünn für dieses Klima aber ich würde mich hüten Mama um neue zu bitten.

Endlich kam ich bei der Tankstelle an und tauschte wortlos den Platz mit dem Kassierer. Er durfte jetzt nach Hause gehen, vielleicht einen warmen Kakao trinken, während ich die ganze Nacht hier sitzen musste. Eine Gruppe von Jugendlichen blödelte vor der Tür herum. Einige sogar aus meiner Klasse. Ich seufzte und senkte meinen Kopf in der Hoffnung, dass sie mich nicht erkennen würden, falls sie hereinschauen würden.

Das Glück war nicht auf meiner Seite. Zwei von ihnen betraten den kleinen Tankstellenladen und schienen sich Snacks kaufen zu wollen. Namjoon und Hoseok. Sie rätselten eine ganze Weile rum, bevor sie sich für Duplos, Bifi-Wurst und Cola entschieden. Dann kamen sie zu mir an die Kasse. Ich nahm die Produkte entgegen ohne die Beiden anzusehen und scannte den Preis. "Das macht neun Euro und neunundfünfzig Cent", nuschelte ich. "Bist du das, Jimin?" Verdammt. Sie hatten mich erkannt. Ich hob den Kopf, nickte und nahm das Geld entgegen. "Ist es nicht ein bisschen zu spät, um jetzt noch zu arbeiten?" Sie sollten aufhören sich in meine Angelegenheiten einzumischen! Ich zuckte mit den Schultern und reichte Namjoon sein Rückgeld. "Einen schönen Tag noch", wünschte ich monoton.

Er sah aus, als wolle er noch etwas sagen, ließ es dann aber doch und verließ mit Hoseok das Geschäft. Ich seufzte und wandte mich der Kaffee-Maschine zu. Um diese Nacht zu überleben, brauchte ich dringend Koffein.

Ich hatte gedacht, dass ich jetzt in Ruhe gelassen wurde, doch jetzt kamen Namjoon und Hoseok zurück. Mit Yoongi und Seokjin im Schlepptau. Warum mussten sie ausgerechnet dann auftauchen, als ich Schicht hatte? Yoongis Blick durchbohrte mich, das spürte ich, obwohl ich mich nicht einmal traute ihn anzusehen. Mit gesenktem Kopf hob ich meinen Kaffeebecher aus der Halterung der Kaffee-Maschine. Während die anderen Drei sich etwas weiter hinten im Laden aufhielten und die Zeitschriften ansahen, kam Yoongi direkt an die Kasse.

Ich hatte Angst. Bestimmt würde er mich jetzt anschreien, vielleicht sogar schlagen, weil ich nicht das getan hatte, was er gesagt hatte. "Jimin." Ich wollte ihn nicht ansehen, aber wenn ich es nicht tat, würde es ihn wahrscheinlich noch wütender machen. Zitternd hob ich den Blick und biss mir auf die Unterlippe. "B-bitte sei nicht böse." Sein Blick wechselte von verärgert zu sanft und besorgt. "Ich bin nicht böse, Jimin." Meine Hände bebten. Ich musste den Kaffeebecher abstellen, damit die heiße Flüssigkeit darin nicht überschwappte. Er machte noch einen Schritt auf mich zu und ich wich zurück. Zum Glück war die Theke zwischen uns.

"Ich habe gesagt, ich bin dir nicht böse", meinte er sanft. "Bitte hab keine Angst vor mir." Mit großen Augen musterte ich den Älteren. "Hast du was dagegen, wenn ich dir etwas Gesellschaft leiste? Dann bist du nicht so alleine." Ja, ich hatte was dagegen. Vielleicht würde er seine Meinung ja ändern, wenn er mit mir alleine in einem Raum war. Vielleicht würde er dann doch sauer auf mich werden. Aber andererseits... Ich wollte nicht alleine sein. Immer, wenn ich hier alleine saß und nichts tat, dann kamen meine Gedanken. Und sie waren so laut und taten mir weh! Zaghaft schüttelte ich den Kopf. "I-ich hab nichts dagegen", murmelte ich leise.

Der Schwarzhaarige kam um die Theke herum und setzte sich auf den Klappstuhl neben meinem. "Wie lange geht deine Schicht noch?" Unruhig spielte ich mit meinen Fingern. "Bis halb fünf." Er weitete seine Augen. "Das ist doch nicht gesund! Und wann schläfst du?" Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. "Glaub mir, vorhin habe ich bei dir mehr geschlafen, als in den letzten drei Wochen zusammen! Das reicht erst mal aus." Der Blick des Älteren lag auf mir und er sah so traurig aus. "Das ist wirklich nicht gesund, Jimin", flüsterte er. Das wusste ich doch! Aber was hatte ich für eine Wahl? Wenn ich nicht wach blieb und lernte und arbeitete, enttäuschte ich meine Mutter.

Um meine Verlegenheit zu überspielen, griff ich nach meinem Kaffee und trank einen Schluck. Sofort verbrannte ich meine Zunge daran. Aber es lenkte mich davon ab, dass Yoongi mich immer noch ansah. "Ich bleibe bis zu deinem Schichtende", beschloss er und ich verschluckte mich. Heftig hustete ich. Er wollte was? Sofort sprang der Schwarzhaarige auf und klopfte mir auf den Rücken. "Jimin? Ist alles in Ordnung?" Ich nickte und vermied es ihn anzusehen. Diese Situation war mir unendlich peinlich.

"D-du musst nicht so lange bleiben, du bist so wenig Schlaf doch gar nicht gewohnt", protestierte ich, als ich wieder zu Atem kam. Der Ältere lächelte traurig. "Dann werde ich das in Kauf nehmen. Aber glaub nicht, dass ich dich hier alleine lasse! Um diese Uhrzeit an einer Tankstelle zu sein ist wirklich nicht günstig und wenn du schon hier bist, dann lass mich wenigstens bei dir bleiben, damit ich dir notfalls helfen kann dich zu verteidigen." Laut prustete ich los. Er war praktisch ein Stock und viel zu freundlich, um jemanden zu schlagen. "Wenn dann muss wohl eher ich dich verteidigen, oder kannst du ebenfalls Taekwondo?"

Früher war mein Vater immer mit mir in den Kurs gegangen. Es hatte Spaß gemacht gemeinsam mit ihm die Kampftechniken zu lernen und, da ich klein und drahtig war und ebenfalls eine gute Auffassungsgabe besaß, war es nicht selten vorgekommen, dass ich meinen Vater ausgelacht hatte, da er sich wesentlich ungeschickter als ich angestellt hatte.

"Dann diene ich halt als mentale Unterstützung." Yoongi schmollte und ich hatte das Gefühl, dass das Eis zwischen uns gebrochen war.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top