14

𝐘𝐨𝐮 𝐦𝐚𝐤𝐞 𝐦𝐞 𝐛𝐞𝐥𝐢𝐞𝐯𝐞 𝐈 𝐜𝐚𝐧 𝐥𝐢𝐯𝐞 𝐚𝐠𝐚𝐢𝐧

Es war unheimlich schwül, als wir aus dem Flughafen ins Freie traten. Vor uns reihten sich die Taxis auf und ich hoffte, dass sie, wie das Flughafengebäude, mit guten Klimaanlagen ausgestattet waren. Da es in Korea langsam auf den Winter zuging, trug ich immer noch eine lange Jeans und einen Hoodie, der jetzt dafür sorgte, dass ich innerhalb kürzester Zeit ins Schwitzen geriet. Yoongi griff nach meiner Hand und zog mich zu einem der Taxis.

Es hatte eine Klimaanlage. Zum Glück. Nachdem wir die Adresse unseres Hotels genannt hatten, fuhr das blaue Gefährt los. Ich blickte aus dem Fenster. Draußen waren die Wege mit grünen Palmen gesäumt, die sich hin und wieder in einer sanften Briese bewegten. In der Ferne erkannte ich das Meer. Es fühlte sich unrealistisch an tatsächlich hier zu sein. Ich seufzte und blickte auf meine Hand, die mit der meines Freundes verschränkt war. Dann hob ich meinen Kopf und sah Yoongi direkt in die Augen. Er lächelte liebevoll. Ist alles in Ordnung?" Ich nickte. Ich kann es nicht fassen wirklich hier zu sein", wisperte ich. Ich war noch nie so weit weg von zu Hause." Mein Herz pochte aufgeregt gegen meine Rippen und ich schwitzte. An der Hitze lag es nicht mehr. Das Taxi war im Vergleich zu dem Backofen draußen eine Tiefkühltruhe.

Unser Hotel lag in Pasiris". Ein kleiner Ortsteil direkt am Meer. Der Schwarzhaarige bezahlte den Taxifahrer und dann checkten wir in dem hübschen kleinen Hotel ein. Die haben hier einen Pool. Wollen wir uns umziehen und dann schwimmen gehen?", fragte Yoongi. Ich nickte. Im Flugzeug hatte ich den ganzen Flug verschlafen. Dementsprechend fühlte ich mich jetzt ausgeruht.

Zum Glück hatte mein Freund an zwei Badehosen gedacht, weil ich Derartiges nicht mehr besaß, sobald die Pflicht für den Schwimmunterricht aufgehoben worden war. Eine Viertelstunde später traten wir nur mit Badehosen bekleidet und mit Handtüchern bewaffnet auf den Innenhof des Hotels, wo uns schon das hellblaue Wasser des Pools entgegen glitzerte. Ich hatte mein Handtuch um meinen Oberkörper geschlungen und war erleichtert, dass außer einer Handvoll Kinder und Senioren der Innenhof relativ menschenleer war. Trotzdem wickelte ich das Handtuch enger um mich. Ich wollte nicht, dass mich jemand abfällig anstarrte, wegen meines Körpers.

Hyung", sagte ich leise und blieb stehen. I-ich bin nicht schön genug. Sie werden mich anstarren und hässlich finden, weil ich so dünn bin." Der Ältere griff nach meiner Hand. Ein falscher Blick von denen und ich werde ihnen schon meine Meinung geigen, glaub mir. Jimin! Du bist nicht hässlich! Rede dir das nicht ein, Liebling." Betrübt blickte ich zu Boden. A-aber sieh mich doch an. Ich bin zu dünn!" Das stimmt, aber das heißt auf keinen Fall, dass du hässlich bist! Deine Dünnheit ändert nichts an deiner Schönheit!" Er ließ meine Hand los und griff sanft nach dem Handtuch, um es von meinem Körper zu ziehen. Siehst du? Niemand starrt." Tatsächlich. Jeder fuhr mit seinen Aktivitäten fort, ohne sich um uns zu kümmern.

Und du?", hakte ich trotzdem nach. Willst du dir meinen Anblick wirklich antun?" Der Schwarzhaarige lachte und umarmte mich. Seine Hände waren kühl und hinterließen ein angenehmes Gefühl, wo sie über meine erhitzte Haut strichen. Was heißt hier antun'? Ich liebe deinen Körper! Langsam entspannten sich meine Muskeln. Mein Körper reagierte viel zu sehr auf ihn. Versprochen?", fragte ich. Versprochen." Yoongi zog mich zu den nächsten beiden Sonnenliegen, auf die er unsere Handtücher legte. Komm, mein Schatz. Lass uns endlich schwimmen gehen."

Das Wasser bildete einen angenehmen Kontrast zu der Hitze, die hier herrschte. Erleichtert der ungewohnt heißen Luft zu entkommen tauchte ich in das kühle Nass und fühlte mich sogleich unglaublich erfrischt. Am Himmel hingen schwere Wolken, nichts Ungewöhnliches für Singapur. Ich war erleichtert wenigstens vor den intensiven Sonnenstrahlen geschützt zu sein. Mein Freund tauchte unter und kam direkt vor meiner Nase wieder prustend hoch. Ich lachte und piekste ihn in den Bauch, woraufhin er sich kichernd zusammenkrümmte. Lass das, das kitzelt", schmollte Yoongi und tat beleidigt. Grinsend griff ich ihn bei der Hüfte und zog ihn zu mir. Es war unglaublich, wie kitzelig dieser Junge war. Unsere Lippen trafen aufeinander und meine Hand fuhr über seine warme Haut. Unwillkürlich musste ich in den Kuss lächeln. Es war ein unglaubliches Gefühl hier im Wasser zu stehen und Yoongi so nahe zu sein. Seine Nähe brauchte ich, wie die Luft zum Atmen. Er machte mich süchtig.

Wir beschlossen den Strand aufzusuchen, dort spazieren zu gehen und dann in einem Restaurant essen zu gehen. Ich trug ein lockeres, luftiges T-Shirt von Yoongi und eine kurze Trainingshose. Das T-Shirt war mir immer noch viel zu groß, da ich immer noch viel dünner als Yoongi war. Die warme Luft der Insel fuhr unter den Stoff und strich wärmend über meine Haut.

Es ging auf den Abend zu und die Hitze war längst nicht mehr so unerträglich. Wir spazierten am Strand entlang, ich hatte meine Schuhe ausgezogen. Der warme, weiche Sand rieselt zwischen meinen Zehen hindurch und vereinzelte Palmen warfen ihren Schatten auf uns. Yoongis Hand war mit Meiner verschränkt. Ein angenehmes Schweigen herrschte zwischen uns. Nur das Rauschen des Meeres war zu hören. Und mein eigener Herzschlag. Die Atmosphäre war entspannt und zum ersten Mal seit langem bekam ich meinen Kopf komplett frei. Hier war weder die Schule, in der ich mich so sehr stresste, noch konnte meine Mutter mich erreichen, weil Sumi die Sim-Karte in meinem Handy gewechselt hatte. Nur Yoongi und seine Eltern hatten jetzt meine Nummer.

"Hyung?" Ich blieb stehen. Er drehte sich zu mir um und sah mich fragend an. Am liebsten hätte ich diesen Moment für immer festgehalten. Der Strand, der nahezu leer war, das rauschende Meer und die Sonne, die langsam über dem Wasser unterging. Die Palmen, die sich in der Abendbriese hin- und herwogen. Das Alles ergab so ein wunderschönes Bild. Und mitten in diesem Bild stand mein Freund. Er hatte mir die Möglichkeit geschenkt diesen Moment zu erleben. Ich verdankte ihm Alles. Sogar mein Leben verdankte ich ihm.

Meine Hand griff nach seiner und mit einem Ruck zog ich ihn zu mir, um ihn zu küssen. Meine Augen fielen zu und durch meine geschlossenen Augenlider nahm ich immer noch das orangene Licht der untergehenden Sonne wahr. Seine weichen Lippen auf meinen. Seine Hände, die sich an meine Taille legten und dort auf- und abstrichen. Meine Hände, die sich in seinem weichen Haar vergruben und seine Frisur ruinierten, was ihn allerdings nicht zu stören schien. Unsere Lippen, die sich im Einklang gegeneinander bewegten und so perfekt aufeinander passten, als wären sie schon immer füreinander bestimmt gewesen. Das war mein Himmel.

Ein leichtes Keuchen entfloh mir, als Yoongi seine schlanken Finger unter mein T-Shirt wandern ließ, um dort sanft meine Haut zu streicheln. Seine Berührungen brannten wie Feuer auf mir. Ich zog ihn enger an mich, kein Blatt passte mehr zwischen uns. Wie sehr ich ihn brauchte. Meinen Engel. Nur er schaffte es aus meiner Hölle den Himmel zu machen. Ich liebte ihn. Ich liebte ihn so sehr.

Als wir uns voneinander lösten, musste ich lächeln. "Das war kitschig." Der Ältere lachte. "Stimmt. Aber es hat mir gefallen." Ich nickte leicht atemlos und verschränkte unsere Hände miteinander. "Wollen wir jetzt etwas essen gehen?"

Also verließen wir den Strand und begaben uns zu einem Restaurant. Ich bestellte mir Ramen und Milo, eine Art Kakaogetränk. Mein Freund nahm ebenfalls Ramen, aber trank dazu frische Kokosmilch. Inzwischen war die Sonne untergegangen und, da wir uns an einen Tisch draußen gesetzt hatten, genoss ich die laue Abendluft auf meiner Haut.

Neben dem Restaurant säumte eine Handvoll Palmen die Straße. Einige Blätter der Palmen waren braun und verwelkt, andere waren jung und frisch, während wieder Andere in dem sattesten Sommergrün erstrahlten, das es gab. Denn auf dieser Insel herrschten immer drei Jahreszeiten gleichzeitig: Frühling, Sommer und Herbst. Winter gab es hier nicht. Mein Blick wanderte zu Yoongi, der mir gegenüber saß. Er schenkte mir ein liebevolles Lächeln, welches ich nur zu gerne erwiderte.

Inzwischen war das Lächeln gar nicht mehr so anstrengend für mich. Seit ich den Schwarzhaarigen kannte, lächelte ich viel öfter und inzwischen hatten sich meine Mundwinkel wieder ein wenig an diese ungewohnte Tätigkeit gewöhnt. Ich griff über den Tisch hinweg nach Yoongis Hand. "Ich liebe dich", sagte ich leise. Er erwiderte meinen Händedruck und seine Wangen färbten sich leicht rosa, als er antwortete: "Ich dich auch, Liebling."

Unser Essen kam und in einvernehmlichen Schweigen verspeisten wir es. Es war ein schöner Abend. Die Luft war abgekühlt und nicht länger so schwül und heiß, wie sie es zuvor gewesen war. Ich war glücklich.

Am nächsten Tag besuchten Yoongi und ich Dschungelparks, hatten sogar das Glück auf ein paar Affen zu treffen und chillten am Pool und am Strand. Singapur war wunderschön. Ich hatte diese Insel von Anfang an ins Herz geschlossen.

Die Zeit verflog. Wir besuchten die benachbarten Inseln Pula Ubin und Sentosa, sahen uns die Wassershow beim Merlion und eine Ziegenfarm an und in Singapur selber besuchten wir den Zoo. Ich war traurig, als der letzte Tag anbrach und ich wusste, dass wir am darauf folgenden Tag wieder nach Korea fliegen würden. Am Abend saßen wir auf dem Strand und betrachteten einfach nur das rauschende Meer.

Yoongi stand auf, um zur Toilette zu gehen und ich blieb alleine dort sitzen und starrte auf das schwarze Wasser, in dem sich die Sterne spiegelten. Denn heute war eine der seltenen klaren Nächte hier in Singapur. Mein Handy klingelte und ich zog es aus meiner Hosentasche. Ein Blick auf das Display ließ mich erstarren. Wie hatte sie meine Nummer herausgefunden? Zitternd hob ich ab. "M-Mama?" Nervös vergrub ich meine Zehen in dem warmen Sand. "Jimin. Wo bist du?" Sie klang ruhig. Bedrohlich ruhig.

"I-ich bin morgen wieder in S-Seoul", stotterte ich. "Das habe ich nicht gefragt." Ich biss mir auf die Unterlippe. "Singapur, Mama." Und auf einmal war es nicht mehr so schön hier. Denn nicht länger verspürte ich das Gefühl von Sicherheit, welches diese Insel mir zuvor gegeben hatte. Mama wusste jetzt, wo ich war. Sie würde mir wehtun. Wie hatte sie meine neue Telefonnummer ausfindig gemacht?

"Morgen kommst du nach Hause. Auf dem direkten Weg, hast du verstanden? Ich will dir noch eine Chance geben dich als mein Son zu bewähren. Mit wem bist du in Singapur?" Jetzt zitterte ich am ganzen Leib. Ich wollte nicht zurück zu ihr. "M-mit meinem Freund", wimmerte ich in das Telefon. "Das klären wir noch. Mein Sohn ist keine Schwuchtel. Bis morgen, Jimin." Sie legte auf. Weinend ließ ich mein Handy sinken und schlang die Arme um meine Beine, die ich eng an meinen Körper gezogen hatte.

So schnell konnte aus dem Himmel wieder die Hölle werden. "Jimin?" Ich antwortete nicht. Schluchzte einfach hilflos weiter und versuchte irgendwie das Zittern zu stoppen, welches meinen ganzen Körper beherrschte. Mein Freund schlang seine Arme von hinten um mich und wiegte mich tröstend hin- und her. Morgen würde ich ihn vermutlich für immer verlieren. Denn Mama würde mir den Kontakt zu ihm mit Sicherheit untersagen und auch dafür sorgen, dass ich mich an ihre Worte hielt.

"Willst du mir sagen, was los ist?" Ich schüttelte den Kopf und zog schniefend die Nase hoch. "Dann lass mich dich wenigstens richtig umarmen." Ich drehte mich zu ihm und flüchtete in seine Arme, die mich sofort umschlangen und festhielten. "Ich liebe dich", wimmerte ich. "Ich liebe dich, Yoongi." Und ab morgen würde er mir das vermutlich nicht mehr glauben. Wenn ich ihn alleine lassen würde, um meiner Mutter zu gehorchen.

Der Ältere hielt mich fest und strich mir über das Haar. "Ich liebe dich auch, mein Jiminie." Meine Hände krallten sich in sein T-Shirt und ich sog seinen vertrauten Geruch ein. Sein Jiminie. Heute war ich noch sein Jiminie und er war mein Yoongi. Ich schmiegte mich an ihn, klammerte mich an ihm fest und wollte ihn nicht gehen lassen. Mein Yoongi. Ich liebte ihn so sehr. Aber ich wusste, dass Mama nicht nur mir, sondern auch ihm schaden würde, wenn ich ihr nicht gehorchte. Ich wollte nicht, dass sie ihm schadete.

Lange saßen wir da, umklammerten einander, während mein verzweifeltes Schluchzen sich mit dem Rauschen des Meeres vermischte.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top