𝟎𝟐 | 𝐦𝐨𝐭𝐢𝐯𝐞𝐥𝐞𝐬𝐬

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NERVÖS STAND OLIVIA etwas Abseits des Haupteingangs der Cambridge Universität, während sie gerade mit ihrer besten Freundin Grace telefonierte. Seit dem sie von Canterbury, welches im Osten des Landes lag, nach London gezogen war um hier zu studieren, hatten sie sich kaum noch gesehen. Besonders jetzt brauchte sie jemanden bei sich, der ihr nicht komplett fremd war.

,,Und was ist jetzt mit dem heißen Professor, von dem du mir erzählt hast?", fragte ihre Freundin, sofort wurde die Schwarzhaarige rot, sah sich um, so als hätte es jemand hören können. So hatte sie ihn ganz sicher nicht beschrieben.

,,Gutaussehend, charmant und freundlich, nicht heiß, okay?" berichtigte sie ihre Freundin. ,,Ist doch das Gleiche.. also sag schon, was ist mit ihn?", Olivia spürte, wie ihre Wangen an Wärme gewonnen, als sie genauer über Mr. Hiddleston nachdachte.
An sein kurzen, blondes Haar, seinen markanten Kiefer und an seine blauen Augen, sie sie angesehen hatten. Moment, sie verlor schon wieder den Fokus.

,,Er ist einfach ein guter Professor, der scheinbar echtes Interesse an der Literatur hat. Genau das brauche ich auch", antwortete sie ihrer Freundin gespielt genervt. Diese war nicht besonders mit Olivias Antwort zufrieden.

,,Naja, wenn du meinst. Lass dich bloß nicht dabei erwischen, wie du für seinen Kurs deinen eigentlich schwänzt", sprach sie neckisch, ließ die Frau mit den Augen rollen. Zum Glück konnte Grace sie jetzt nicht sehen.

Gerade als die Studentin über den Campus blickte, weckte ein schwarzer Jaguar ihre Aufmerksamkeit, als dieser auf dem Parkplatz, einige Meter von ihr hielt. Niemand geringeres als ihr Professor stieg aus dem Auto, sah heute noch besser aus, als noch vor einer Woche. Wenn das überhaupt möglich war. Die Ärmel seines weißen Hemdes waren hochgekrempelt, wodurch sie noch einen besseren Blick auf seine durchtrainierten Arme werfen konnte.

,,Du Grace, ich muss jetzt auflegen, ich meld mich heute Abend wieder bei dir", sprach Olivia in den Hörer, bevor sie das Gespräch beendete. Sie wollte diesmal unbedingt früher in den Kurs, um nicht wieder in der letzten Reihe sitzen zu müssen. Vielleicht aber auch, damit sie näher bei ihrem Professor war.

Gerade als Tom Hiddleston seine braune Ledertasche aus dem Kofferraum heraus holte, lief sie zum Eingang und verschwand in dem Inneren der riesigen Universität. Hoffentlich würde sie den Raum diesmal schneller finden.

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Auch diese Vorlesung heute konnte man wohl nicht als sonderlich erfolgreich bezeichnen. Die anderen Studierenden waren anscheinend noch immer gedanklich in den Semesterferien. Lieber unterhielten sie sich miteinander, kritzelten auf ihren Blöcken umher oder starrten Löcher in die Luft.

Die anfängliche Motivation ihres Professors war schnell aufgebraucht, mittlerweile sollten sie einen Text lesen, den er ihnen ausgeteilt hatte. "Hamlet, Szene 1" stand als Überschrift. Es war der Auftritt des Soldaten Francisco, der von Bernardo abgelöst wird.
Obwohl das erst der Anfang des Werkes von Shakespeare war, hatte Olivia das Gefühl, sie würden bei dieser Mitarbeit noch das ganze Buch lesen müssen.

Die Aufgabe, die Szene zu interpretieren und sich zu überlegen wie es weitergehen könnte hatte sie schon gelöst, immerhin hatte sie Hamlet schon ein oder zweimal gelesen.

Während die anderen die Aufgabe noch bearbeiteten, oder zumindest so taten, hatte sie ihr Kinn auf der Hand abgestützt, beobachtete ihren Professor dabei, wie er etwas auf seinem Laptop tippte. Olivia erwischte sich selbst dabei, wie ihr Blick immer wieder von seinen Augen, herunter zu seinen Lippen ging dabei gelegentlich seine Kieferknochen streiften.

Doch ihr Herz schien einen Schlag auszusetzen, als sie gerade wieder in seine Augen sehen wollte und dabei bemerkte, dass auch er sie ansah. Oh Gott war das peinlich, er hatte sie beim gaffen erwischt. Sofort senkte sie ihren Blick, tat so, als würde sie etwas schreiben, während sich ihr Puls ganz sicher nicht mehr beruhigten würde.

Das Ertönen der Klingel rettete sie zum Glück aus dieser unangenehmen Situation. Was er jetzt nur von ihr dachte? Bei seinem Aussehen war es wahrscheinlich nicht selten, dass er von irgendwelchen jungen Studentinnen angehimmelt wurde.. obwohl Olivia sich dazu natürlich nicht zählen würde. Sie mochte ihn und fand ihn vielleicht auch ein wenig attraktiv, mehr aber nicht.. oder? Er war immerhin ihr Professor.

Mr. Hiddleston stand von seinem Stuhl auf, stützte sich am Pult ab. ,,Die Aufgabe werden wir nächste Woche miteinander besprechen, aber geben sie mir doch bitte noch ihre Ausarbeitungen vorne ab, ich werde diese benoten", rief er durch den Saal, ließ beinahe alle Anwesenden aufstöhnen.

,,Sie haben aber nichts von einer Benotung gesagt", beschwerte sich eine seiner Schülerinnen, gab ein fast leeres Blatt ab. Das hatte er wirklich nicht, aber irgendwie musste er diesen Kurs ja motivieren, auch wenn er beinahe die Befürchtung hatte, sie damit nur noch mehr zu demotivieren.

Auch der Rest schien seine Aufgabe nicht ernst genommen zu haben, nicht einmal eine halbe Seite hatten die Meisten ihm zurückgegeben. Alle, außer sie. Olivia hatte Stunden daran gesessen die Aufgaben zu ihren eigenen, aber zu seinen Anforderungen zu bearbeiten. Letztendlich sind es deshalb fast fünf Seiten geworden, die sie beschriftet hatte. Vielleicht etwas übertrieben, aber wenigstens hatte er jetzt überhaupt etwas zum lesen.

Olivia legte die Zettel jedoch, genauso schnell wie die anderen, auf sein Pult und versuchte unauffällig mit der Masse zu verschwinden. Der Augenkontakt den sie vorhin mit Mr. Hiddleston hatte steckte noch immer in ihren Knochen.

Gerade als sie den Hörsaal fast verlassen hatte, drehte sie sich doch noch einmal um, bereute es aber im gleichen Moment wieder. Ihr Professor hatte sich auf das Pult gesetzt, blätterte enttäuscht durch die Zettel. Diese Vorlesung hatte ihn wohl noch mehr verletzt als die Erste.

Olivia konnte sich das einfach nicht mehr mitansehen. Sie wollte auf keinen Fall, dass er den Spaß am unterrichten verlor. Auch wenn ihr Kopf ihr sagte einfach endlich den Raum zu verlassen damit die noch genug Zeit hatte um in der Mensa etwas essen zu können, entschied sich ihr Herz dagegen. Und auf dieses hörte die nun mal leider fast immer.

Langsam ging die die Stufen wieder herunter. Mr. Hiddleston hatte sie erst bemerkt, als Olivia direkt vor ihm stand. Viel zu vertieft war er in die erste Seite ihrer Ausarbeitung. Er legte die Zettel zur Seite, gab ihr nun seine ganze Aufmerksamkeit, zwang sich ein Lächeln auf. Eigentlich war seine Stimmung im Keller, jedoch war sie gerade die Letzte, an der er diese auslassen wollte.

,,Wie kann ich Ihnen helfen Ms. Hudson?", sprach Tom freundlich. Olivia versuchte sich ihre Anspannung ihm gegenüber nicht anmerken zu lassen. Sie räusperte sich, bevor sie sprechen konnte.

,,Ich wollte ihnen nur sagen, dass es nicht an ihrem Unterricht liegt", sagte sie aufmunternd, doch Tom wusste nicht ganz was sie damit meinte. Der Studierenden schien bei seinem verwirren Blick schnell zu verstehen, dass sie vielleicht etwas spezifischer sein sollte. ,,Also ich.. ich meine wegen meinen Kommilitonen. Auch in anderen Vorlesungen benehmen sie sich so", log sie. Immerhin war sie im ersten und die restlichen im dritten Semester. Aber irgendwas musste sie doch sagen, damit er sich besser fühlte.

Ein Lächeln formte sich auf seinen Lippen, sanft schüttelte Mr. Hiddleston seinen Kopf. ,,Das ist wirklich sehr nett von Ihnen.. aber vielleicht ist es wirklich besser, nur noch Filme in der Vorlesung zu zeigen" antwortete er der jungen Frau scherzend, auch wenn seine Aussage eigentlich der Wahrheit entsprach.

Was sollte er schon mit diesem Kurs anfangen, wenn alles was er versuchte zu lehren sowieso niemanden interessierte?

Sofort schüttelte Olivia jedoch mit dem Kopf. ,,Nein, tun sie das bitte nicht! Mr. Hiddleston, ihr Unterricht war bisher so interessant für mich, sie schaffen es die Themen so anschaulich darzustellen, dass ich es nicht verstehen kann, wie man ihnen nicht zuhören kann. Ich besuche ihren Kurs jedes Mal so gern, er ist etwas Besonderes. Sie haben so eine tolle Ausstrahlung, bitte verlieren sie diese niemals", wollte Olivia ihn überzeugen, bemerkte erst jetzt, dass sie seinen Arm berührte.

Tom blickte ebenfalls auf ihre Hand, die sanft seinen Unterarm umfasste. Auch wenn ihn diese Geste überraschte, fühlte er sich nicht unwohl dabei. Anders als die Studentin, die sofort ihre Hand zurück zog, ungläubig darüber war, wie nah sie ihm gerade gekommen war.

Verdammt, er war ihr Professor, was sollte das? Mit großen Augen starrte sie in seine, Tom bemerkte dabei ihren Schock, wollte sie beruhigen, doch Olivia entfernte sich ein paar Schritte von ihm, zupfte nervös an den Ärmeln ihrer Jacke.

,,I-Ich sollte jetzt lieber gehen", sagte sie und bevor der Professor noch eine Chance hatte die Situation zu klären, lief sie die Treppen nach oben und verschwand aus dem Hörsaal.

Mit klopfendem Herzen lehnte sie sich gegen die Holztür, fuhr sich wütend durch die Haare. Was war nur los mit ihr? Warum war sie gerade dabei Gefühle für ihren Professor zu entwickeln, die ganz klar falsch waren? Natürlich war nicht ihr Alter das Problem, Mr. Hiddleston durfte vielleicht nur um die sieben Jahre älter als sie sein, aber sie war seine Studentin. Wenn jemand davon erfahren würde, könnte das seinen Job kosten, mal davon abgesehen was Olivia danach für einen Ruf an der Uni hätte.

Sie versuchte sich etwas zu beruhigen, ihre Gedanken nicht weiter auszuführen. Es war nur eine Berührung. Eine kurze, unbedeutende Berührung, die Nichts aussagen musste. Zudem war es offensichtlich nur sie selbst, die Gefallen an ihm hatte, ihr Professor gab kein Anschein daran, dass er etwas für sie empfand.

Sie war einfach nur die Einzige, die Interessen an seinem Unterricht zeigte, deshalb mochte er sie, mehr nicht.

Das ertönen der Glocke holte sie ein weiteres Mal aus ihren Gedanken. Ein schneller blick auf ihre Armbanduhr verriet ihr, dass die nächste Vorlesung schon begonnen hatte. Verdammt, jetzt würde sie schon wieder zu spät kommen.

Währenddessen sah Tom noch immer zu der Tür, durch die seine Studentin gerade geflüchtet war. Sie war so schnell verschwunden, dass er ihr gar nicht für die netten Worte danken konnte. Olivia hatte recht. Solange er wenigstens einer Person etwas beibringen konnte, durfte er seine Motivation nicht verlieren. Es war sein Job zu unterrichten, egal ob ihm jemand zuhörte oder nicht.

Als er seinen Blick wieder lösen konnte, begann er die abgegeben Aufgaben in seine Tasche zu räumen, seinen Laptop herunter zu fahren. Tom schüttelte seinen Kopf, als ihm die schöne Studentin wieder in den Sinn kam. Er hatte sich diese Stunde immer wieder dabei erwischt, wie er sie beobachtet hatte. Was war nur los mit ihm? Wie konnte die junge Frau ihn nach nur so kurzer Zeit in ihren Besitz nehmen? War es ihre Freundlichkeit, ihr Aussehen oder doch ihr Intellekt, wodurch sie immer wieder seine Aufmerksamkeit bekam?

Aber sie war noch immer seine Studentin, auf keinen Fall würde er seinen umkämpften Arbeitsplatz wegen einer Frau verlieren. Zumindest dachte das Tom zu diesem Zeitpunkt noch.

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