Nicht fertig werden

Die Herzschläge nicht zählen
Delphine tanzen lassen
Länder aufstöbern
Aus Worten Welten rufen
horchen was Bach
zu sagen hat
Tolstoi bewundern
sich freuen
trauernd
höher leben
tiefer leben
noch und noch
nicht fertig werden

~Rose Ausländer~

Seufzend schlug ich das Buch, welches ich momentan las, zu. Dann warf ich einen Blick auf das lederne Notizbuch neben mir. Einige Sekunden starrte ich es nur an, dann klappte ich das Buch wieder auf.

Einige Sekunden lang folgte ich den Buchstaben, dann hielt ich inne. Wieder sah ich zu dem kleinen Buch. Dann seufzte ich ein weiteres mal. Ich las einige Sekunden lang weiter. Dann hielt ich inne und schloss die Augen. Verdammter Mist.

Entschieden klappte ich mein Buch zu und legte es auf den kleinen Tisch neben mir. Dann ergriff ich das Notizbuch und öffnete es. Wie de letzten Tage schon überflog ich die letzten Stichworte.

Dann zog ich einen Kugelschreiber aus einer Manteltasche hervor. Etwas stimmte einfach nicht mit den Charakteren. Ich konnte sie mir einfach nicht vorstellen. Gedankenverloren ließ ich die Mine des Stiftes herausschnellen. Dann verschwand sie wieder in dem dunklen Gehäuse. Raus. Rein.

„Mir war Ihr seufzen der letzten halben Stunde lieber, guter Herr."

Überrascht blickte ich von dem Stift auf und musterte den älteren Mann, der es sich in dem Sessel neben meinem eigenen bequem gemacht hatte. Seine Haare waren von einem hellen Grau, die Haut gebräunt und faltig. Besonders fielen mir die Lachfältchen um seine Augen herum auf.

„Wenn Sie so weitermachen wird man Sie noch für einen alten Mann halten, nicht mich."

Er lächelte freundlich. Ein Lächeln, das ich aus Höflichkeit erwiderte.

„Es tut mir sehr leid, dass ich sie gestört habe. Ich war nur etwas in Gedanken."

Er nickte und winkte dann ab.

„Das ist überhaupt nicht schlimm. Es nervt mich viel mehr, wenn ich all diese jungen Menschen auf ihre Tastaturen einschlagen höre."

Wie er sah ich mich in dem kleinen Lokal um. Schon als ich es betreten hatte waren mir die vielen Stunden ins Auge gefallen. Wahrscheinlich wurde hier freies Wlan angeboten.

„Mein Name lautet übrigens Herbert Auen."
Ich blickte wieder zu meinem Nebenmann und ergriff die ausgestreckte Hand.
„Elias Dumort."

„Ein poetischer Name", murmelte er vor sich hin während er einen Schluck aus seiner Kaffeetasse nahm.

Ich warf einen bedauernden Blick auf meine eigene Tasse. Der Kaffee war schon vor einer halben Ewigkeit leer gewesen. Wahrscheinlich warf mich die Bedienung nur nicht raus, da ich keinem Internetsüchtigen lernenden im Weg war. Oder sie hatte mich noch nicht bemerkt.

„Was führt Sie her, Elias?"

Ich richtete meinen Blick wieder auf mein aufgeschlagenes Notizbuch in meinem Schoss.

„Ich suche Ablenkung, schätze ich. Oder Motivation. Und Sie?"
Jetzt war es an ihm zu seufzen.

„In meinem Fall ist es wohl die Stille zuhause. Seit ich in Rente gegangen bin scheint mich das Haus zu erdrücken."

Ich nickte verständnisvoll.
„Das kenne ich."
Überrascht fing er meinen Blick auf.

„Tatsächlich? Einem jungen Mann wie Ihnen hätte Ich eine lebhafte Familie zugetraut, von der sie etwas Abstand brauchen."

„Eine Familie ist wohl das letzte, was in meinem Haus zu finden ist. Leider."

„Aber es ist nicht nur die Einsamkeit Ihres Heims, die Sie herführt."
Vielleicht sollte es wie eine Frage klingen, vielleicht hatte er ganz bewusst diese Formulierung gewählt.

„Da haben Sie durchaus recht."
„Was ist es denn?"
„Ich wüsste nicht, wo ich da anfangen soll."

Er nickte kurz, dann winkte er der Kellnerin.
„Könnten Sie uns wohl zwei große Kaffee bringen?", wollte er wieder lächelnd von der Bedienung wissen.

Dann richtete er sich mir zu.

„So, erzählen Sie. Es ist viel zu lange her, dass ich eine ordentliche Konversation mit jemandem führen konnte, geschweige denn hilfreich war."

Ich zögerte kurz, dann klappte ich mein Notizbuch zu und schob es in einem Tasche meines Mantels. Vielleicht würde es mir ja helfen, die Meinung einer unparteiischen Person zu hören.

„Also, ich bin Autor. Und ich habe eine wirklich miese Schreibblockade. In den letzten Wochen war ich durchaus motiviert, etwas neues zu erschaffen. Doch in den letzten Tagen fehlt mir die Motivation. Und ich weiß, dass meinen Figuren etwas fehlt, dass ihnen leben einhaucht. Aber was fehlt kann ich auch nicht feststellen."

Die Kellnerin brachte uns den Kaffee. Herr Auen - oder sollte ich Herbert sagen? – rührte etwas Zucker hinein, dann sah er mich nachdenklich an.

„Was haben Sie denn in den Tagen, in denen Sie motiviert waren gemacht?"
Ich dachte kurz darüber nach.
„Ich habe mich mit Vorlesungen aus meinem Buch beschäftigt."

Er nickte scheinbar verständnisvoll.
„Vielleicht fehlt Ihnen einfach die ständige Gesellschaft anderer Menschen."
„Das kann durchaus sein."

Ein Teil von mir wollte das auch glauben, doch ein anderer schlug mir eine weitere Lösung vor. Doch erst einmal verbannte ich diese aus meinem Gedächtnis.

Stattdessen sprach ich über dieses und jenes mit meinem neu gefundenen Gesprächspartner. Eine ganze Weile sogar lenkte er mich von meinen Sorgen ab. Doch als wir schließlich den Laden verließen und sich unsere Wege teilten kamen sie auf einen Schlag zurück.

Auf der einen Seite waren da all die Gedanken, die meine Aufmerksamkeit verlangten, doch noch ein viel gravierenderes Problem drängte sich in den Vordergrund. Die letzten Tage hatte ich versucht es zu ignorieren, doch mittlerweile war es unmöglich.

Denn das Gefühl, ständig beobachtet zu werden, wurde ich seit der letzten Vorlesung einfach nicht los. Das ständige Auftauchen eines hellen Audis und die gelegentliche Sichtung des jungen Mannes, den ich vom Hotelfenster aus gesehen hatte, machten mich noch verrückt.

Und dann war da noch Chris. In den letzten Tagen hatte er mir kein einziges geschrieben. Bei jeder anderen Person würde ich mir keine Sorgen machen, aber Chris hatte mir zuvor selbst an Tagen, an denen er für Prüfungen lernen musste, mindestens zehn Nachrichten geschickt.

Natürlich war da die Möglichkeit, dass er einfach nicht daran interessiert war, mit mir in Kontakt zu bleiben. Aber wie wahrscheinlich war ein so plötzlich sinkendes Interesse schon? Außerdem sagte mir mein Bauchgefühl, dass etwas eindeutig falsch war.

Vermutlich waren es all diese Sorgen, die mich vom Schreiben abhielten. In den letzten Tagen hatte ich mehrfach überlegt, bei Chris vorbeizufahren, doch ich hatte es noch nicht gemacht. Zum einen war da der Gedanke, dass ich damit in seine Privatsphäre eindringen würde.

Zudem musste es einen Grund haben, weshalb er nicht schrieb. Vielleicht wollte er tatsächlich nichts mit mir zutun haben, er war womöglich nicht einmal mehr zuhause oder hatte einfach viel Stress.

Schlussendlich hielt mich auch mein Schatten davon ab, bei ihm vorbeizufahren. Den mein Bauchgefühl sagte mir, dass das eine schlechte Idee wäre. Und trotz, oder vielleicht wegen all dieser Gründe, wuchs meine Sorge.

^^^drhrtgrthtjuhgjtzursthg^^^

Kennt ihr diese Tage, an denen alles funktioniert? Heute war zum ersten mal seit langem ein solcher Tag für mich. Juhu!

Over and Out, _Amnesia_Malum_

PS: Sorry das die Kapitel in letzter Zeit so voneinander gelöst und irgendwie nicht zusammenhängend wirken. Ich probier momentan was Neues...

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