13➳ Blind Date
Arzu
Ich hatte es angenommen.
Ich hatte ihm die Hand gereicht, hatte ihm damit impliziert dargelegt, dass ich es wagen wollte mit ihm eine Freundschaft einzugehen.
Zwischen mir und ihm.
Nun waren einige Tage verstrichen, waren vorbei gerauscht. Der Alltag um mich herum glitt gewöhnlich dahin, doch mein Herz tobte, rief einen Orkan hervor und erschlug mich seelisch nieder.
Hatte ich das Richtige getan ?
War es richtig den Weg mit ihm zu beschreiten ?
Ich hatte nun mehr als einmal in den letzten Wochen bemerkt, dass das Schicksal seine Finger nicht so vorschnell aus dieser Angelegenheit entziehen würde, sondern unsere Fäden, die unterschiedliche Wege zur Strecke hatten immer wieder in eine Überkreuzung lageren und uns erneut einer großen Probe stellen würde.
Es hatte sich nicht vermieden lassen.
So sehr ich es vielleicht auch wollte dem Schicksal konnte ich mich nicht in den Weg stellen.
»Aua...«, fluchte ich auf und wachte somit aus meinen Tagträumereien auf.
Ich verbrannte mich, verbrannte mich so stark an meinen Fingerkuppen mit dem Lockenstab, dass ich leicht aufzischte, als Daphnes Stimme bis zu mir ins Zimmer gelang.
Die Holztür, welches das Wohnzimmer von meinem trennte, war einen minimalen Spalt offen, derweilen ich kurz zuvor an meiner elfenbeinfarbenen Kommode Platz genommen hatte und mir nun vor dem Spiegel sitzend Locken in meine Haare einzuführen versuchte.
Meine dafür in Anspruch genommene Konzentration wurde jedoch jäh durch die immer lauter werdenden Schreie von Daphne im Wohnzimmer auf sich gezogen, sodass ich die letzte Strähne durchging und den Stab zum abkühlen auf meine helle Bettwäsche mit den Blumenmustern warf.
»Ich komme ja schon!«, rief ich mit gewandter Körperhaltung Richtung Tür hinweg aus und strich durch meine Haare damit die Locken nicht zu steif, sondern deutlich fließender hinabfielen.
»Was gibt e-... ?«
Ich hielt inne, als ich Daphne auf dem Sofa sitzen und mit einer kleinen Flasche Nagellack herumhantieren sah. Mit ihrem lila Tanktop und einer locker sitzenden Shorts ausgestattet, hatte sie den einen Fuß an die Tischkante vor ihr abgelagert, derweilen sie das andere Bein, dessen Fußnägel bis dato noch nicht lackiert waren, dicht an ihren Körper gezogen hatte. Weshalb dem so war und warum sie die Farbe offen auf den Tisch gestellt hatte, lag daran, dass Daphne gerade damit beschäftigt war mein Handy zwischen ihre Finger zu klemmen und gebannt auf das Display zu blicken.
Die pink und mintgrünfarbenen Lockenwickler, die in ihre Haare hervorstachen, fielen leicht herab, da sie den Kopf zu weit nach unten geneigt hatte.
Schmunzelnd lehnte ich mich mit dem Körper am Türrahmen an und verschränkte die Arme an dem Stoff meines Kleides zu welchem mich Daphne heute Abend trotz meines Unbehagens überredet hatte. Es war kein allzu körperbetontes Kleid. Einzig und alleine die enge Taille betonte meine Figur, ehe sie fließend über meinen Knien endete.
»Wen haben wir denn da ? Was schnüffelst du in meinem Handy herum ?«, fragte ich amüsiert.
Grinsend hob sie den Blick an und drehte mein Handy in der Hand herum. Ich erkannte den Chatverlauf nicht den sie geöffnet hatte, da sie mit meinem Handy hin und her wedelte, aber ihr böses Lächeln verhieß nichts gutes.
»Dimitros hat geschrieben bis wann er arbeiten muss und wann wir im Restaurant vorbeischauen sollen, um ihn abzuholen.«
Je mehr sie mit dem Augenbrauen wackelte, desto nervöser machte sie mich.
»Gib das schon her«, sagte ich nun in einer weniger erfreuten Laune und tippte ihm eine Antwort ein, wobei ich Daphnes Blicke auf mir spürte.
»Ich sage es doch. Ich werde recht behalten. Der Typ steht ganz klar auf dich.«
Ich verdrehte die Augen. Nun fing das schon wieder an. Während ich mich wappnete gleich ein Wortgefecht gegen Daphne anführen zu müssen, hatte diese den kleinen Pinsel in die eine Hand genommen und sich erneut dem Akt gewidmet ihre nächsten Fußnägel mit der stechenden Farbe zu versehen. Kaugummi kauend huschte ihr Blick immer wieder zum kleinen Fernseher gegenüber dem Sofa und als ich erkannte, dass die Worte der Sprecherin nicht auf türkisch waren, trat ich einige Schritte nach vorne um den Fernseher besser im Blickwinkel behalten zu können.
»Seit wann schaust du wieder euren Sender ?«, fragte ich, als ich erkannte, dass es sich um Prominentenklatsch und Tratsch handeln musste. Daphne und ich hatten uns darauf geeinigt in Rahmen der türkischen Kanälen hin und her zu pendeln. Für mich spielte natürlich auch das Wissen nur einer Sprache eine Rolle, doch auch Daphne bevorzugte den türkischen Sender, zumal wir gemeinsame türkische Serien schauen und gemeinsam mitfiebern konnten.
Den Blick weiterhin konzentriert auf den Monitor gerichtet, murmelte sie fast schon abwesend:
»Hin und wieder ist es schon nötig. Ich möchte nicht unbedingt meine eigene Muttersprache verlernen.«
Ich schmunzelte angesichts ihres fokussiert dreinschauenden Blickes, doch gleichzeitig wurde ich das Gefühl nicht los, als wäre dies nur die halbe Wahrheit, die mir Daphne vorlegte.
Ihre strahlend hellen Augen, waren zu gebannt auf die Lippen der Nachrichtensprecherin gerichtet, wie als würde sie dabei auf eine ganz bestimmte Nachricht warten.
Schulterzuckend und mich damit abfindend, dass Daphne sich mir anvertrauen würde wenn sich für sie der richtige Moment ergab, wollte ich mich mit dem Handy in der Hand gerade wieder von ihr abwenden, als ich in der mir unbekannten Sprache des Senders plötzlich unter all den Worten eines auffasste, was meinen Blick von meinem Handy und meiner bereits umgekehrten Position wieder nach vorne richten ließ.
Zu sehen war er, wie er mitten in der Nacht ein Restaurant im Zentrum eines Stadtviertels verließ, indem er die Treppen des Ausgangs hinunterlief.
Er trug einen grauen Anzug, der im Lichte reflektiert, die Feinheiten des makellosen Schnitts seiner -so wie es schien Maßanfertigung darlegte. Der darüber getragene Mantel, der sich an seinem Schultern leicht anhob und ihm einen länger Hals darbot, saß wie angegossen und verlieh dem strengen Ausdruck eine verborgene anziehende Gefährlichkeit. Seine Haare, die durch den leichten nächtlichen Wind immer wieder leicht zur Seite übergingen, konnten seinem harten Gesichtsausdruck den er in dem Moment darlegte, keine sanftere Note beifügen. Während er das Lichtgewitter der Kameraleute um ihn herum wahrnahm, die sich bei seinen Heraustreten um ihn scharrten, zog er trotz dass es gar nicht zur Tageszeit passte eine dunkle Sonnenbrille aus seiner Jacke heraus, die er sich sodann die Rufe um ihn ignorierend, die immer wieder den Namen Psarianos riefen, auf die Nase setzte und sie demonstrativ mit dem Finger an seine Augen stubste.
Psarianos.
Der Abend der Auktion fiel mir unwillkürlich ein, als ich zum ersten Mal seinen ganzen Namen zu hören bekommen hatte. Ich kannte ihn lediglich als Emran, aber anscheinend war er einer der Menschen, wo der Namen viel mehr war als nur ein gewöhnlicher Name.
Näher befassen konnte ich mich jedoch nicht mit dieser Einzelheit, da nun ein weiterer Aspekt meine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, als hinter ihm plötzlich eine junge schlanke Frau auftauchte, deren auberigenen farbenen Haare mit ihrer auffällig und sündhaft teuer wirkenden fliederfarbenen Handtasche konkurrierte, welches zudem durch das Anheben ihres Armes ihre perfekt manikürten Fingernägel repräsentierte. Sie trug einen dünnen Trenchcout in der Sommernacht, der das hautenge mitternachtsblaue Kleid darunter weitestgehend verdeckte und lediglich an einigen Stellen Durchblicke gewährte - genug, um jedem Menschen der sie sah mit ausreichender Fantasie auszustatten.
»Uh uh das will ich nicht verpassen, das will ich nicht verpassen«, hüpfte die junge Griechin urplötzlich auf der undichten Couch rum, die daraufhin fast schon quälende Quitschgeräusche von sich gab. Erheitert und mit strahlend leuchtenden Augen streckte Daphne ihre Hand in der sie die Fernbedienung hielt demonstrativ aus und kurbelte die Lautstärke an, bis sie auffluchend die Fernbedienung auf die Couch plumpsen ließ und sich dem Nagellack widmete, der bei ihrer ausfallenden Freude umgekippt war und drohte sich über den Tisch zu verteilen.
Mein Blick galt jedoch einzig und allein dem Bildmaterial vor mir, dessen Inhalt ich nur durch das Sehen zu entziffern versuchte, derweilen die griechische Hintergrundstimme, die aus dem Fernseher ertönte meine Frust darüber steigerte diese Sprache immer noch nicht zu können.
Gerade stellte einer der Kameraleute Emran eine Frage und richtete das Mikro in seine Richtung, als ich auch schon Daphnes verträumtes Seufzen vernahm.
»Dieser Typ, macht mich fertig. Er ist so heiß, dass ich mich am liebsten von meinen Kleidungsstücken entledigen würde. Jetzt gleich, auf der Stelle.«
Die offenen und für mich von der Ausdruckweise her recht ungewöhnlichen Äußerungen von Daphne brachten mich erstmals nicht in Verlegenheit. Denn zu fokussiert und gefangen war ich von dem Anblick vor mir und den Stimmen in meinem Kopf, die sich nun langsam in den Vordergrund drängten.
Sieh an, da ist er... der Mann mit dem du Freundschaft geschlossen hast, der Mann, der wie ein unbekanntes Buch, ein unbekannter Kontinent für dich ist.
»W-Wer ist dieser Mann ?«, fragte ich flüsternd.
Damals, als die Ereignisse ihren Lauf genommen hatten, wollte ich nichts von ihm wissen. Wir waren zwei Fremde, die ein eigenes voneinander getrenntes Leben führten. Ich wollte meine Informationen so gering wie nur möglich über ihn halten, auf der anderen Seite sollte es gleichermaßen laufen. Auch ihm war es nicht gestattet, sich zu weit in mein Privatleben hinüberzubeugen. Nach dieser Sache sollten sich unsere Wege trennen. Fremde sollten für immer Fremde bleiben.
Doch er hatte sich nicht daran gehalten, wie er mir vor einigen Tagen berichtete. Er hatte sich extra über meinen Mann und seine OP erkundigt. Und nun, nun hielt ich mich mit der gerade gestellten Frage auch nicht mehr zurück.
Mein Leben war mehr oder weniger nun unmittelbar in irgendeiner verkorksten Weise mit seinem verbunden. So sehr ich auch damals strickt und gewillt jedes Detail, jeden Moment bezüglich dieser Nacht und auch die vielen Male an der Bar, an der ich getrunken hatte aus Verzweiflung weil mir niemand wegen Edis Krankhauskosten behilflich sein konnte, aus meinem Gedächtnis zu verbannen bestrebte, waren diese Ereignisse doch grundlegende Bausteine meines Lebens.
Demnach hatte ich mich nun nicht mehr davon abhalten können Daphne geradewegs über ihn, der nun im Fernseher abgebildet wurde, auszufragen.
Denn wer war er überhaupt ?
Wie wichtig war er, dass selbst in den Nachrichten über ihn berichtet wurde. Mit was für einem Menschen gab ich mich ab ?
»Dieser Mann meine Liebe«, sagte sie und hielt nun beim Lackieren ihres großen Zehs inne, derweilen ihre Augen die meine suchten.
»Ist das große Los der Frauen. Der große Lottogewinn, ein Jackpot ! Unglaublich, dass er Mal wieder in den Klatschnachrichten ist... es ist einfach zu lange her«, sagte sie, doch bevor ich auf diese ungewöhnliche Aussage Stellung nehmen konnte fügte sie hinzu.
»Lass mich ihn dir vorstellen: Emran Rafail Psarianos aka einer der begehrteste Junggessellen auf dieser Insel.«
Ich konnte nicht umhin, als nervös das Handy in meiner Hand hin und zu bewegen. Auch als ich das Vibrieren unter meinen Fingern bemerkte, welches ein Zeichen dafür war, dass ich eine Antwort von Dimitros empfangen hatte, konnte ich mich nicht dazu durchdringen mich nun wieder davon abzuwenden in mein Zimmer zu gehen und ihm zu antworten.
Fragen brannten mir auf der Zunge, die ich irgendwie unauffällig stellen wollte um mehr über ihn zu erfahren, doch gleichermaßen hatte ich Angst dadurch in Daphnes Radarzone zu gelangen, die es als untypisch einstufen würde, wie neugierig ich sie über einen Menschen aufragte.
»Was meinst du mit, dass er endlich mal wieder in den Klatschnachrichten ist ? Hat er denn eine skandalöse Hintergrundgeschichte, weshalb er im Rampenlicht der Gesellschaft steht ?«
Daphne, die nun fertig mit der roten verführerischen Farbe ihrer Fußnägel war, ließ diese hin und herzappeln, ehe sie auf der Couch zur Seite rutschte und auf die nun freie Fläche neben sich mit der Hand klopfte, als würde sie ein ernsthaftes Gespräch mit einem Kleidkind führen wollen.
Mulmig zumute nahm ich langsam Platz, hoffte wirklich mich durch mein Verhalten nicht kenntlich zu machen. Doch Daphne schien interessiert an einer kleinen Geschichtsrunde zu sein.
»Sagt dir der Name Psarianos gar nichts ?«
Ich schüttelte unschuldig den Kopf. In der Türkei war nie die Rede von diesem Namen gewesen, warum sollte es auch ? Wer war er ?
»Nein. Sollte es das denn ?«, fragte ich ernsthaft interessiert an ihrer Antwort.
»Nun hier und auch in vielen anderen Kontinenten ist dieser Name nicht nur ein Name. Es steht für einer der exklusivsten und teuersten Weinsortimente weltweit. Die Familie Psarianos ist seit vielen Jahren in diesem Familiengeschäft vertreten, das, so glaube ich, damals von Emran Psarianos Urgroßvater gegründet und an die nächsten männlichen Nachfahren weitergegeben wurde. Der Wert dieses expandierten Unternehmens häuft sich auf Milliarden«, sagte sie und wartete auf eine Reaktion meinerseits. Aber ich hatte das Gefühl, dass das nur die eine Seite der Medaille war, weshalb ich darauf wartete, dass sie mit den eigentlichen Themen herausrückte.
»Derweilen der Name Psarianos mit Class und Reichtum assoziiert wird, spielt das Leben manchmal eben nicht nach den Regeln, die ihnen vorgelegt werden. Rafail Psarianos, der hingegen im vertrauten Kreise öfters mit dem Erstnamen Emran angesprochen wird, ist ein gutes Beispiel dafür, dass einige Menschen wortwörtlich aus der Reihe tanzen. Er war der lauteste, impulsivste unter den Familienmitgliedern. Inbesondere vor einigen Jahren häuften sich eine Schlagzeile nach der nächsten. Jeden Abend war auf den Bildern eine andere Frau neben ihm zu sehen, derweilen alle paar Stunden Videos von ihn im Internet hochgeladen wurden in der er von einer Party zu Party zog und eine skandalöse Aktion nach der nächsten brachte.
Er genoss sein famoses Nachleben in vollen Zügen und er ist der Art von Kerl, vor denen die Mütter ihre Tochter warnen.«
Ihr Blick wanderte wieder zum Bildschirm, wo sie die Frau neben ihm inspizierte:
»Zumindest war das eine Zeit lang so. Seit einigen Jahren ist es sehr ruhig um ihn geworden... Ich frage mich, ob das seine Neue ist. Weißt du, er war sogar einmal verlobt. Oh der Name... wie hieß sie nochmal... verdammt! Ich habe ihren Namen vergessen. Sie war bildhübsch, aber bis zum Altar hat es nicht gereicht. Seitdem wurde es ruhig um ihn herum. Viele sagen, dass er um seine verlorene Verlobte trauen würde, aber ich weiß nicht so recht, ob das stimmt.«
Mir kam der Mageninhalt hoch, als ich Daphnes letzten Worte vernahm. Augenblick erfasste mich der Ekel der provokant an meiner Zunge haftete. Verlobte...
Er hatte zwar gesagt, dass er sie nicht liebte und doch konnte ich nicht bestreiten, dass ich Schuld daran war. Dass ich einem jungen Mädchen die Chance dazu genommen hatte ein glückliches Leben zu führen. Wie es ihr wohl ging ?
»Ach und die Reporter stellen ihm gerade dieselbe Frage und zwar ob die Dame in seiner Gegenwart nun seine neue Freundin sei. Reine Zeitverschwendung wen du mich fragst. Ich denke er ist erwachsen und reifer geworden. Er und auch seine Schwester, eine schlaue und unglaublich attraktive junge Schönheit, waren die Auffälligsten aus dem Psarianos Clan. Seine Schwester hatte gelegentlich immer Mal wieder an Modenschauen teilgenommen aber auch um sie herum wurde es still als sie den Weg der Ehe einschritt«, redete Daphne wie ein Wasserfall vor sich hin und ihre Worte wollten kein Ende finden. Mein Gehirn jedoch schien maßlos überfordert von all diesen Informationen, die ich noch verarbeiten und in eine Kategorie zuordnen musste.
Denn ob ich es nun wollte oder nicht, mich erschreckten die Worte die sie da von sich gab schon in irgendeinerweise. Skandalöses Nachtleben? Jeden Tag eine andere Frau ?
Das hast du davon, wenn du mit fremdem Leuten Freundschaften schließt ohne sie überhaupt zu kennen !, tadelte mich meine innere Stimme, die nur auf einen Fehltritt meinerseits begierig gewartet hatte. Das Blut in meinen Adern wurde der freie Lauf entzogen hatte ich das Gefühl, als ich die bleiche Farbe meiner Haut abdeckte.
Was hatte ich nur getan ?
Daphne, die damit völlig in Schwung gekommen war, öffnete erneut den Mund. Anscheinend waren ihr weitere Informationen eingefallen, die sie gerne mit mir teilen wollte, aber da erhob ich mich bereits von der Couch.
»Verstehe... wenn wir uns jetzt weiterhin bequatschen kommen wir noch zu spät. Ich muss mir noch die Haare fertig machen«, sagte ich auf die halbfertigen Locken hindeutend und zwängte mich schnell wieder in mein eigenes Zimmer.
Nachdem ich die Tür hinter mir schloss, lehnte ich mich schwer atmend an den Türrahmen und schloss die Augen.
Du kennst ihn nicht...
Du kennst ihn nicht...
In einer Nacht gibt sich nur der Schatten eines Menschen zu bekennen, aber nicht der Mensch selbst.
Du kennst ihn nicht...
Emran Rafail Psarianos ist ein Fremder. Ein Fremder mit dem du damals über deine Seele verhandelt hast.
~∞~
Die darauf folgenden Stunden waren unbemerkt an mir vorbeigerauscht. Meine Gedanken und all die einzelne zerstreuten Puzzleteile, die sich zum einen Fügen wollten, nahmen mein ganzes Konzentrationsvermögen ein, sodass ich das Verstreichen der Zeit und Daphnes auffordernde Worte ich solle mich beeilen, damit wir den Bus zum Hafen bekommen konnten überhörte, bis sie mit dem Finger vor meinem Gesicht schnippste und mich somit aus der Trance befreite.
Vor mir stand eine viel zu übertrieben geschminkte Daphne, deren roter Lippenstift mit ihrem blonden glatten Haar in einem starken Kontrast stand. Andererseits musste ich gestehen, war es zu ihrem One Shoulder Kleid und ihrem Nagellack sehr stimmig gehalten und farblich gut kombiniert.
Derweilen sie aussah, als würde sie perfekt in den Club reinpassen, den wir zusammen mit Taylan und Dimitros besuchen wollten, kam ich mir etwas underdressed vor. Ich hatte das schlichtes schwarzes Kleid an, das bis unterhalb meiner Knie verlief. Anstatt mein Aufsehen nochmal mit meinen Schuhwerk in den Vordergrund rücken zu lassen - wie Daphne es mit ihren Keilabsätzen getan hatte - hatte ich mir unauffällige Ballerinas übergestreift. Meine Haare, die ich mir unterhalb zu Locken frisiert hatte, hatten mich bei meinen Gedanken die mich zunehmend verwirrten, immer weiter wütender gestimmt, weshalb ich sie zu einer fallenden lockeren Hochsteckfrisur gebunden und meine Lippen einzig mit einem leichten bordeauroten Ton verziert hatte.
Nach etwas Auffälligem war ich nicht aus und wenn, dann war mir sichtlich die Laune dazu vergangen. Trotzdem freute ich mich für meine Freundin und ich sah ihr an, dass sie sich extra in Schale geworfen hatte, weil ihr dieser Abend wichtig war.
Auch wenn Daphne es nicht zugab, wusste ich doch, dass sie aufgeregt war von dem was ich von Taylan halten würde. Deshalb spürte ich als wir schweigend nebeneinander am Ufer entlang liefen, nachdem wir aus dem Bus ausgestiegen waren, dass sich Schuldgefühle durch meine Gedanken durchboxen.
Es war ihr Tag. Warum sollte ich ihr den durch meine schlechte Laune zunichte machen ? Das hatte sie sichtlich nicht verdient. Indem ich ein Lächeln aufsetzte und neben ihr herlief versuchte ich eine unbedrückte Haltung darzulegen. Ich wollte nicht, dass sie etwas bemerkte und dann die ganze Zeit über mit mir beschäftigt sein würde. Ich musste jetzt für sie da sein, also entschied ich mich die Stille zu unterbrechen.
»Und... wie läuft es eigentlich zwischen dir und Taylan ? Lernt ihr euch besser kennen ? Sagen dir seine Charakterzüge zu ?«
Daphne, die nicht erfreuter darüber sein konnte, dass ich das Gespräch doch noch zu ihr suchte, wandte sich beim Reden immer wieder in meine Richtung.
»Es tut gut sich austauschen zu können. Eine neue Welt, einen neuen Menschen kennenzulernen, weißt du was ich meine ? Er zeigt Interesse an mir, hört mir zu. Er macht mir Komplimente und sagt, dass es ihm gefällt wenn ich mich in Schale werfe. Er findet, dass die Farbe meiner Augen unglaublich zur Geltung kommen, wenn ich mich schminke und...«
Während sie redete konnte ich nicht umhin die Stirn zu runzeln und mich eine Sache zu fragen. Er mochte zwar all die Sachen an ihr, doch mochte sie dies auch ? Mir war dies nun das zweite Mal aufgefallen, dass sich Daphne so stark schminkte und deutlich gewarteter Outfits trug, wenn sie mit ihm war. Ich hatte nicht vor mich einzumischen. Wenn es ihr gefiel, war es ihr überlassen, was sie mit ihrem Körper oder ihrem Gesicht tat, doch in erster Linie musste sie sich dabei Wohlfühlen.
Was brachte es ihr etwas zu tun, was ihrem gegenüber gefiel, aber nicht die echte Daphne darlegte ? Schließlich versteckte sich hinter all dieser Schminke und den auffälligen Kleidsstücken derselbe wunderbare Mensch, der sie war. In erster Linie sollte sie sich treu bleiben, dachte ich doch ich biss mir auf die Unterlippe derweilen ich ihr aufmerksam weiterhin zuhörte.
Es war nicht meine Absicht sie nun darauf anzusprechen und sie womöglich damit zu kränken. Außerdem hatte ich nicht das Recht über Menschen zu urteilen, die ich nicht kannte. Wer wusste schon, vielleicht gefiel auch Daphne diese Wandlung und ich war womöglich wieder diejenige die das Ganze ein wenig zu streng sah. Wie dem auch sei, heute würde ich mir ein genaueres Bild über die beiden machen um meine aufkommenden Zweifel einer genauen Kategorie zuordnen zu können.
Denn wenn Daphne glücklich war, dann war ich das auch und genau das würde ich mir heute immer wieder vor Augen halten.
»Das freut mich wirklich für dich«, untermalte ich ihre Worte mit meiner Zustimmung, derweilen wir uns nun den Türen des kleinen mediterranen Restaurants näherten, um gleich bei Feierabend Dimitors im Schlepptau an unsere Truppe dranzuhängen und uns gemeinsam auf den Weg in den Club zu machen, wo wir dann endlich Daphnes Partner kennenlernen würden.
Gerade nickte ich Daphne noch ein letztes Mal aufmunternd zu und streckte meine Hand nach der Türklinke aus, ehe meine Hand an Ort und Stelle bei dem widerschallen meines Namen hinter uns zum verharren kam.
Die Stimme durchschnitt meinen gleichmäßigen Atem und fegte mit sanften Luftstößen meine klaren Gedanken beiseite. Meine Nackenhaare hoben sich an, als die tiefen Töne dieser Stimme in mein Bewusstsein durchdrangen.
Daphne, die ebenfalls verwundert und irritiert darüber war, von wo die Stimme kam, drehte sich zeitgleich mit mir um und unsere Reaktionen hätten in diesem Augenblick nicht unterschiedlicher ausfallen können.
Während ich wie versteinert geradeaus blickte und mein Atem zu stocken begann, weiteten sich Daphnes Augen meilenweit, sodass ich das selbst aus dem Augenwinkel mitbekam.
»Θεέ μου, Θεέ μου«, flüsterte sie ungläubig vor sich hin, was, so wie ich ihrem ungläubigen Gesichtsausdruck entnehmen konnte ein Ausruf für 'Oh mein Gott' sein musste.
Ich schluckte hart und drehte meinen Kopf wieder nach vorne um, nur um von seinen Augen in Gewahrsam genommen zu werden.
Da stand er nun, die Hände locker in seine Hosentasche gesteckt, das Hemd was er trug vorne an den obersten Knöpfen geöffnet und das markante Gesicht willig in unsere Richtung gewendet.
Das Flüstern von Daphnes Worte war wie es schien nicht leise genug gewesen, denn augenblicklich legte sich ein leichtes Schmunzeln um Emrans Lippen, der sich von Daphnes Reaktion prächtig zu amüsieren schien. Er nahm seine Hände aus dem Hosentaschen heraus und kam auf uns zugelaufen. Einige Meter vor mir blieb er stehen und ich wusste nicht wohin ich blickten sollte, denn immer wieder stießen unsere Augen zusammen.
»Hallo Arzu«, raunte er mir zu und seine beachtliche Größe schüchterte mich unter seinem wachsamen nach unten auf mich gerichteten Blick noch mehr ein.
»Hallo...«, gab ich beinahe atemlos von mir und schielte unsicher zur Seite in Daphnes Richtung.
Er hatte mich beim Namne angesprochen. Wie sollte ich ihr das jetzt erklären ?
Eine unangenehme Stille bereitete sich aus, deren Übergang Emran hingegen sehr leicht zu überschreiten wusste. Sein auf mich erliegener Blick wanderte nun zu Daphne und ein freundliches Lächeln legte sich um seine Lippen.
»Verzeihen Sie und Sie sind ?« Wenn ich gedacht hatte, dass Daphne bereits auffällig genug war, dann war dies die absolute Krönung. Mit offenem Mund starrte sie auf seine Hand und dann wieder zu ihm hoch, wie als würde vor ihr ein zeitreisender Sultan stehen.
Zögerlich, was ich eindeutig von Daphne nicht kannte, streckte sie ihm die Hand aus.
»D-Daphne... Ich heiße Daphne und bin Arzus Mitbewohnerin. Und Sie sind ?«, fragte sie vorsichtig und in einem ganz feinfühligen Ton, den ich nur zu gut von ihr kannte.
Sie wusste ganz genau wer vor ihr stand. Zwischen den Bildaufnahmen und dem Original gab es keinen Unterschied und sie war nicht blind um das zu erkennen.
Er schüttelte ihr Hand.
»Freut mich Sie kennenzulernen. Ich bin Emran. Arzu und ich sind Freunde.«
»Arzu hat Freunde ?« Bestürzt riss sie dir Augen auf.
»Du hast Freunde?«, wandte sie sich just geschockt bei der letzten Frage an mich, ehe sie sich auf die Zunge biss. Sie hatte selbst bemerkt, dass sie einen Volltreffer mit ihrer Frage landete.
Während ich wünschte nun entgültig vom Erdboden verschluckt zu werden, wurde Emrans Grinsen bei dieser peinlichen Aktion von Daphne nur noch breiter und seine makellose Zahnreihe kam zum Vorschein.
Doch bevor sich dieser Ausdruck in seinen Zügen verfestigen konnte, zogen sich plötzlich seine Augenbrauen zusammen und er blinzelte als er Daphne näher in Augenschein nahm.
»Entschudligen Sie Daphne, aber sind wir uns schon Mal irgendwo begegnet ? Sie kommen mir so bekannt vor...« Emran schien augenblicklich in seine eigene Gedankenwelt abgedriftet zu sein, auf der Suche nach einer Antwort in ihm, die sich wie ein Geist vor ihm versteckte.
Daphne behielt ihr bezauberndes Lächeln bei, doch ich kannte sie mitterweile gut, um zu wissen, dass sich leichte Falten um ihre Mundwinkel bildeten, die ganz klar darauf hindeuteten, dass sie ihr Lächeln nur noch gezwungenermaßen aufrecht hielt. Irgendetwas an Emrans Frage hatte sie zutiefst beunruhigt, doch was es war konnte ich mir nicht zusammenreimen.
Welche Verbindung konnte denn überhaupt zwischen Emran und Daphne bestehen ?
»Oh nein. Da müssen Sie sich irren. Ich sehe Sie zum ersten Mal«, lachte sie auf und obwohl ich Emran ansah, dass er dem etwas hinzuzufügen hatte, erwiderte er das Lächeln und nickte zustimmend.
»Dann muss es sich um eine Verwechslung handeln«, ehe er sich an mich richtete.
»W-Was... suchst du hier ?«, traute ich mich nun endlich zu dem Gespräch etwas beizutragen. Ob ich jetzt schwieg oder redete war irrelevant. Dass ich mich später einem ganzen Fragenhaufen von Daphne hingeben musste, stand fest.
»Ich war mit meiner Yacht hier in der Nähe unterwegs. Meine Erledigungen sind schneller vonstatten gewesen als ich angenommen habe und da dachte ich, dass wir zusammen essen könnten.«
Ich runzelte die Stirn. Mir war schon von vornherein aufgefallen, dass er hartnäckig und kontrolliert war und dass viele nach nach seiner Pfeife tanzten. Denn seine Worte waren keine Fragen, sondern Aussagen und Befehle. Ich wusste nicht, ob mich diese Seite an ihm faszinieren oder beängstigen sollte.
»Du dachtest wir könnten zusammen essen gehen ?«, fragte ich nun eine Augenbraue anhebend.
»Dein auffordernder Ton lässt mir da also keine Wahl ?«
Ich mochte es nicht herumkommandiert zu werden, dachte ich und das wollte ich ihm auch kenntlich machen.
Emrans Augen weiteten sich dezent, verwundert über meinen leicht bissigen Tonfall, aber dann schien er zu verstehen. Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf und fuhr sich anschließend durch die Haare. Diese Geste machte seine Mähne durcheinander, welche ihn noch jünger und sorgloser wirken ließ. Er war ein wirklich hübscher Mann, wie ich mir eingestehen musste.
»Ich... ich wollte das nicht auf diese Weise ausdrücken. Tut mir leid, ich bin diesen Umgang noch nicht gewohnt. Ich wollte dich eigentlich einladen. Unter Freunden ist es doch schließlich normal zusammen essen zu gehen oder etwa nicht ? Außerdem habe ich deine Handynummer nicht und ich wusste nicht wie ich dich zu erreichen habe«, sagte er etwas vorsichtig, weil er anscheinend realisiert hatte, wie er mich dadurch verschreckte, obwohl ich andererseits immer noch den Willen in seinen Augen herauslesen konnte.
Sein Blick wanderte jedoch im nächsten Moment komplett meinen Körper entlang ehe er verwundet aussprach:
»Aber wie ich sehe bin ich zu einem ungünstigen Zeitpunkt gekommen.«
Ich öffnete gerade den Mund um dies zu bejahen, als sich Daphne einmischte.
»Ach nicht doch. Sie sind extra diesen langen Weg hierher gekommen. Arzu sieht mich den ganzen Tag. Sie können ruhig mit ihr essen gehen, wir kommen schon ohne sie klar. Dann gehen wir einfach morgen zusammen aus.«
Mein Blick schoss ungläubig zu ihr und ich hoffte, dass sie bemerkte wie sehr ich sie in diesem Moment erwürgen wollte.
Verdammt, was tat sie denn da !
Sie lächelte mich wissentlich an, wie als würde sie sagen wollen:
Schau ihn dir an! Wie kannst du sein Angebot zurückweisen. Bist du verrückt ?
Vielleicht war ich das, aber ich hatte meine Gründe. Wie konnte sie mich nur so hintergehen ?
»Aber wir wollten doch.... und Dimit...«Ich deutete mit dem Finger hinter die Tür. Irgendwie konnte ich keine normalen Sätze mehr bilden.
Sie winkte fröhlich ab.
»Wir verschieben das Ganze einfach. Hab du deinen Spaß.«
Oh nein, oh nein nein nein !
Emran stellte sich nun wieder selbstsicher hin, grinste mich an als würde er wissen, dass er den Kampf gewann. Dies war ein Siegerlächeln auf seinem Gesicht. Ein Lächeln, dass er Jahre über hinweg perfektioniert hatte.
Doch ich war nicht gewillt mich von der Stelle zu rühren, bis sich völlig unerwartet ein sanfter Gesichtsausdruck in seinen Zügen breit machte und mir somit jeglichen Widerstand nahm.
»Arzu ich würde gerne mit dir essen gehen. Nimmst du meine Einladung an ?«
Er versucht es.
Er hört mir zu, versucht aus diesen Fehlern zu lernen. Wie jetzt auch.
Dies war nämlich eine Frage, eine richtige Einladung und kein Befehl.
Ich blickte ihn an, diesen fremden Mann, der mir ein Rätsel war der hartnäckig war nicht aufzugeben.
Ich kenne ihn einfach nicht...
Woher sollte ich denn auch, wenn ich ihm nicht die Möglichkeit gab sich zu beweisen, sich vorzustellen. Ich war verklemmt, aber wie lange würde ich diese Fassade noch aufrecht erhalten können ?
Ich konnte nicht fassen, dass ich es tat, doch als ich den Mund öffnete gab es kein zurück mehr.
»Wenn du mich so höflich fragst, gerne. Lass und unter Freunden essen gehen«
Ich hasse Lückenfüllerkapiel 😒 Dies war einer davon. Und wie viele wissen, will ich solche Kapitel so schnell wie möglich los werden, weil ich mich in diesen Kapiteln überhaupt nicht mit meinem Schreibstil anfreunden kann.
Verzeiht mir, aber das Kapitel war wirklich nicht meins und da hatte ich auch gar keine Lust mehr dies noch besser auszubauen 😣
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